Opposition und Regierung begrüßen Entscheidung des Kartellamtes zu Facebook

Soviel Einigkeit war selten: über Parteigrenzen hinweg wird das Vorgehen des Kartellamtes gegen den Datenkonzern begrüßt. Nur Facebook selbst hält sich nicht für marktbeherrschend und zweifelt die Zuständigkeit der Behörde an.

Kein Guter Tag für Facebook. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Thought Catalog

Die Entscheidung des Bundeskartellamts, Facebooks Datensammelei und -zusammenführung zu limitieren, hat nicht nur bei Datenschützern, sondern auch bei Regierungs- und Oppositionsparteien gleichermaßen positive Reaktionen hervorgerufen. Der vom Kartellamt beschränkte Datenkonzern ist naturgemäß nicht einverstanden.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hält die Entscheidung des Bundeskartellamtes zu Facebook für „richtig und wegweisend“. Jetzt müssten auch die europäischen Datenschutzbehörden gegenüber Facebook die europäischen Datenschutzregeln durchsetzen. Seine Behörde unterstützt laut einer Pressemitteilung die Entscheidung:

„Das aktuelle Geschäftsmodell von Facebook verstößt in mehreren Punkten gegen die hiesigen datenschutzrechtlichen Vorschriften. Gerade die Tatsache, dass Einwilligungen als wesentliche Grundlage für die meisten Datenverarbeitungen nicht den Vorgaben der DSGVO entsprechen, habe ich schon mehrfach kritisiert. Ich freue mich, dass das Kartellamt hier ein klares Zeichen gesetzt hat. Facebook muss nun zeitnah handeln und seine Datenverarbeitung endlich gesetzeskonform umgestalten.“

Die Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagt:

„Ich begrüße es nachdrücklich, dass das @Kartellamt die massive Zusammenführung von Nutzerdaten geprüft hat und eine erhebliche Einschränkung dieser Praxis fordert“, twitterte ihr Ministerium. Facebook habe die Sammlung und Vernetzung von Nutzerdaten inzwischen weit über seine eigene Plattform hinaus ausgebaut, sagte die SPD-Politikerin gegenüber Spiegel Online. „Die Schnittstellen des Konzerns greifen die Daten nicht nur bei den anderen Diensten des Konzerns ab, sondern auch bei zahlreichen Apps und Webangeboten von Dritten“, kritisierte sie weiter.

Der wirtschaftspolitische Sprecher von CDU/CSU, Joachim Pfeiffer, begrüßt die Entscheidung. Er sagt:

Das Bundeskartellamt hat das erkannt und der Sammelwut von Facebook nun Einhalt geboten. Das ist richtig und wichtig. Denn auch im Internet sind Monopole nicht ratsam. Sie schaffen Abhängigkeiten; dem Missbrauch wird Tür und Tor geöffnet. Es war höchste Zeit, dem Datenabfluss einen Riegel vorzuschieben und die Reichweite und den Einfluss des Netzwerks durch Drittanbieter zu begrenzen.

Für die Grünen erklärte Katharina Dröge, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Wettbewerbspolitik, dass sie die Entscheidung für richtungsweisend halte. Sie gibt jedoch zu bedenken:

Facebooks „Friss oder Stirb“-Taktik wurde damit verboten. Doch diese Entscheidung zeigt auch nochmal, wie falsch die Genehmigung der Fusionen von Facebook mit diesen Diensten war. Hier gibt es weiterhin Nachschärfungsbedarf bei der Fusionskontrolle – auch auf EU-Ebene. Und schlussendlich bleibt die Frage, wie die Nicht-Zusammenführung der Daten kontrolliert werden soll. Das beste Kontrollinstrument wäre hier eine Entflechtung von Facebook, WhatsApp und Instagram.

Auch der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer begrüßt die Entscheidung und hält sie für wegweisend:

[..] Facebook ist wie auch andere große Digitalkonzerne seit geraumer Zeit marktbeherrschend. Zudem muss die Wahrung der informationellen Selbstbestimmung auch gegenüber Internet-Giganten möglich sein. Die Absage an eine ungebremste Datensammelwut war überfällig. Mit seiner Entscheidung hat das Bundeskartellamt deshalb ein Zeichen gegen die starke Marktmacht von Digitalkonzernen und für den Verbraucherschutz gesetzt. In Zeiten des digitalen Wandels sind konsequente Wettbewerbshüter wichtiger denn je.

Facebook hingegen wehrt sich gegen die Entscheidung. Es hält sich nicht für ein dominantes Unternehmen und will gerichtlich dagegen vorgehen. Das Zusammenführen von Daten würde die einzelnen Services verbessern und sicherer machen, heißt es weiter zur Entscheidung des Kartellamtes. Weiterhin vertritt das Unternehmen die Auffassung, dass das Kartellamt nicht für die Überprüfung des Datenschutzes zuständig sei. In einer Erklärung heißt es:

Das Bundeskartellamt hat im Rahmen seiner eigenen Umfrage festgestellt, dass Facebook in Deutschland von über 40% der Nutzer von sozialen Medien überhaupt nicht genutzt wird. Wir haben in Deutschland einen harten Wettbewerb mit anderen Diensten, doch das Bundeskartellamt hält es für irrelevant, dass unsere Apps mit YouTube, Snapchat, Twitter und vielen anderen Wettbewerbern um die Aufmerksamkeit der Nutzer konkurrieren.

Genau entgegengesetzt argumentiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er hebt hervor, dass Facebook jetzt nicht nur mit den Mitteln des Datenschutzes, sondern auch mit dem Kartellrecht Grenzen aufgezeigt würden:

Nachdem auch der vzbv selbst seit Jahren gegen das Unternehmen vorgeht, freuen wir uns umso mehr über die Entscheidung des Bundeskartellamts. Der Datensammelwut des Unternehmens wird nun zum Schutze von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch mit Mitteln des Kartellrechts begegnet. Auch nach unserer Auffassung verstößt das vom Bundeskartellamt beanstandete Verhalten von Facebook gegen geltendes Datenschutzrecht und sollte wegen der dargelegten Gefahr eines Marktmissbrauchs untersagt werden.

Beim Telemedicus gibt es eine längere Einschätzung zu der Entscheidung des Bundeskartellamtes. und weist auch auf die geplante Zusammenführung der Messenger bei Facebook, Instagram und WhatsApp hin:

Das würde WhatsApp, Instagram und Facebook also an sich bereits unter einem Dienst vereinen. Bleibt es bei der Entscheidungspraxis, dass die umfangreichen Verarbeitungsspielräume außerhalb des Dienstes einen Konditionenmissbrauch darstellen, so könnte sie bereits mit diesem einfachen Integrationsschritt umgangen werden. Allerdings hat das Bundeskartellamt auch schon klargestellt, dass eine Zusammenführung auch nur mit einer Einwilligung der Nutzer erfolgen kann.

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Eine Ergänzung

  1. Welche Lobbyisten arbeiten eigentlich für Facebook?

    Deren Stellungnahme wäre auch noch sehr interessant, weil man seinen Gegner unbedingt besser kennenlernen muss.

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