Modellbau und Amateurfunk sind gemeinnützig, Journalismus aber nicht. Die wenigen unabhängigen gemeinwohl-orientierten Medienprojekte in Deutschland nutzen daher thematisch passende andere Zwecke wie Verbraucherschutz (in unserem Fall) oder Bildung (Correctiv), um trotzdem einen Gemeinnützigkeitsstatus erhalten zu können und die eigene Arbeit über Spenden und/oder Stiftungsgelder finanzieren zu können.
In Zeiten des Medienwandels zeigt es sich in vielen Ländern, dass gemeinwohl-orientierter und gemeinnütziger Journalismus als weitere Säule zwischen kommerziellen Geschäftsmodellen und dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk eine Chance verdient hat. Das Forum Gemeinnütziger Journalismus hat sich auch deshalb gebildet, um dafür zu werben, dass die Finanzminister aus Bund und Ländern im Rahmen der derzeitig diskutieren Reform des Gemeinnützigkeitsrechts Journalismus als weiteren Punkt in den Katalog der Gemeinnützigkeitszwecke aufnimmt.
Medienvielfalt stärken
Aber vor allem geht es den Gründungsmitgliedern darum, den gemeinwohlorientierten, nicht kommerziellen Journalismus in Deutschland zu stärken und für bessere Rahmenbedingungen zu werben. Auf der Webseite des Forums finden sich zahlreiche Argumente dafür. Das Ziel ist mehr Rechtssicherheit, aber auch ein Werben dafür, dass mehr Stiftungen sich bereit erklären, gemeinwohl-orientierte nicht-kommerzielle Medienprojekte zu fördern und zu finanzieren:
„Indem wir Journalismus ins Gemeinnützigkeitsrecht aufnehmen, können wir für gemeinwohlorientierte, nicht kommerzielle Angebote neue Finanzierungsmöglichkeiten erschließen. Das stärkt Medienvielfalt, vor allem in Bereichen, die kostenintensiv und nicht skalierbar sind – wie beispielsweise Investigativ- oder Lokaljournalismus. Spenden würden steuerlich absetzbar. Und gemeinnützige Stiftungen, von denen es in Deutschland rund 23.000 gibt, könnten sich mit einem Teil ihres Kapitals leichter zugunsten einer informierten Öffentlichkeit einbringen“, so Stephanie Reuter, Sprecherin des Forums und Geschäftsführerin der Rudolf Augstein Stiftung.
Zu den Gründungsorganisationen gehören:
- August Schwingenstein Stiftung gGmbH
- CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH
- Finanztip gGmbH
- Gesellschaft für Medienkultur und Qualitätsjournalismus gUG
- GLS Treuhand e. V.
- Hostwriter gUG
- Investigate Europe gSCE mbH
- KONTEXT:Wochenzeitung
- netzpolitik.org e. V.
- Netzwerk Recherche e. V.
- n-ost – Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung e. V.
- Die Reportageschule / Reutlingen gGmbH
- Rudolf Augstein Stiftung
- Schöpflin Stiftung
- taz Panter Stiftung
Das Forum ist offen für weitere Mitglieder.
Das klingt sehr gut, scheint sehr nötig, aber bei all dem finanzwirtschafltichen Argumenten um die Spendenfinanzierung gibt es inhaltliche Fragen…
Kennzeichnung: Ein Großteil dieses Kommentars basiert auf Unsicherheit
Auffällig ist eine hohe Unzufriedenheit auf Seiten der Bevölkerung, Rezipienten, und dem häufigen Gebrauch des Wortes Lügenpresse.
Interpretativ gesprochen scheint es also eine hohe Unzufriedenheit mit der Berichterstattung zu geben, unklar allerdings, ob der Frust tatsächlich der Presse gilt oder den Inhalten, über die sie berichtet (oder nicht berichtet).
Die Gewaltbereitschaft gegenüber Journalisten scheint zu steigen.
Auf Seiten der Kommunikatoren wird besserer Schutz durch staatliche Gewalten gefordert. Von Schulungen im Umgang mit Journalisten wurde gesprochen. In berichtender Haltung schreibt man über die Angriffe.
Subjektiver Eindruck: die Protestbewegung prallt völlig ab, es gibt keine Auseinandersetzung mit Hintergründen, zumindest in stark präsenten Medien. Die Politik kommuniziert die Adressierung oder Ausleuchtung der Hintergründe auch nicht. In der Fachliteratur wird beim Auftreten von Journalismuskritik oder -misstrauen grundlegend von Bildungsdefiziten gesprochen (weitaus unverblümter als diese Formulierung).
Noch ein subjektiver Eindruck: In der Konstellation bisher weicht der Journalismus diesem Problem aus, da er entweder auf seine Rechte auf Makroebene verweist (keine Solidaritätspflicht und Pressefreiheit) oder sich hinter seinen Pflichten auf Meso-Ebene verschanzt (Wirtschaftlichkeit, Kunden, Publikumsinteresse).
Wo steht der Journalismus da jetzt? Berichtend erfüllt er seine Informationsfunktion. Es wirkt aber so kritiklos, dadurch vielleicht auch schon mit der Politik sympathisierend. Ein Teil der Bevölkerung tut auch nur händeringend, was er tun kann, um zu überleben (oder den Laden am Laufen zu halten) und bräuchte dringend politische Unterstützung. Dazwischen scheint eine riesige Kluft. Gleichzeitig kämpft die Medienwirtschaft um ihr Überleben, was auf Kosten des Journalismus geht.
Viel Subjektives.
Jetzt will sich eine neue Bewegung in dieses Konstrukt einbringen, die unabhängigen, spendengeförderten Journalismus bieten will, der genau das tun soll, wofür die öffentlich rechtlichen ja eigentlich die Rundfunkgebühren erhalten sollten.
Inwieweit soll/wird sich gemeinnütziger Journalismus in diesem Konstrukt positionieren? Welche Aufgaben sieht er für sich selbst? Ganz konkret vielleicht: Welche Themen zum Beispiel?
Und wie will er die Öffentlichkeiten erreichen?
Wie transparent kann er unter Berücksichtigung des Informantenschutzes oder der Persönlichkeitsrechte berichten, wenn es darum geht, in die wirklichen Missstände zu blicken?
//studiert was mit Medien, großer kommunikationswissenschaftlicher Anteil
//fühlt sich in „der Lage der Nation“ zunehmend dümmer
//versucht, (vermeintliche?) Beobachtungen einzuordnen