Zeitungs-Abo über Facebook: Die Sicherung der Medien auf Kosten der Leserinnen und Leser?

Facebook plant ein neues Abo-Modell, um bezahlten Journalismus zu stärken. Artikel sollen so direkt auf die Handys von Nutzerinnen und Nutzern gelangen. Die gute Idee hat allerdings ihre Tücken, wie immer steckt der Teufel im Detail.

Der Teufel steckt im Detail (Symbolfoto) CC-BY 2.0 Sandra

In Kooperation mit großen Medienhäusern plant Facebook zum Ende des Jahres ein neues Abo-Modell für Bezahlartikel, berichtet das Wall Street Journal (Paywall). Das diskutierte Angebot zielt vor allem auf die mobile Nutzung auf Handys ab und soll die Artikel teilnehmender Verlage möglichst direkt zu den Nutzerinnen und Nutzern bringen, ohne dass sie die Plattform verlassen müssten.

Vieles daran ist noch unklar. Etwa, ob ein solches Feature für alle Medienbeiträge gelten soll oder nur für solche, die Facebook als „Instant Articles“ ausliefert. Eine andere offene Frage betrifft die Bezahlung: Facebook schwebt hier ein sogenanntes „metered-payment-model“ vor, also eine Staffelung, wie wir sie bereits von Medien wie der Washington Post kennen: Nach dem unentgeltlichen Lesen einer bestimmten Anzahl von Artikeln im Monat müssten Nutzerinnen und Nutzer für weitere bezahlen. Ebenso offen sind die Zahlungsmodalitäten, insbesondere die Frage, ob Facebook einen Anteil an den Gebühren der Abonnements erhielte. Zur Debatte steht augenscheinlich aber auch, dass die Gebühren allein an die Medienunternehmen gehen, Facebook dagegen die Zahlungsinformationen der Kundinnen und Kunden einsammelt.

BILD zeigt Interesse

Jüngst wurden nun weitere Details der laufenden Verhandlungen bekannt: Dazu zählt etwa der Zugriff der Medienunternehmen auf die Facebook-Daten der Abonnenten. Zweck sei es, die Zielgruppen besser zu verstehen. Aktuell bleibt die Absicht, entsprechende Abonnement-Modelle zum Ende des Jahres auszurollen. Nach Presseangaben gehört in Deutschland die BILD zu den Unternehmen, die hierzu mit Facebook sprechen. In den Vereinigten Staaten haben sich derweil große Medien wie die New York Times, das Wall Street Journal und die Washington Post zusammen getan, um ihre Position in den Verhandlungen mit Facebook und anderen Plattformen wie Google zu stärken und mögliche kartellrechtliche Bedenken bereits im Vorfeld aus dem Weg zu räumen.

Der Vorstoß könnte wesentlich sein: Er würde den Medienunternehmen eine Möglichkeit bieten, ihre Angebote den Nutzerinnen und Nutzern über Facebook zur Verfügung zu stellen und dafür entlohnt zu werden. Geht der Plan auf, könnte das die Position der Verlage stärken: Sie erhielten wieder eine gewisse Kontrolle über die Verbreitung ihrer Inhalte sowie einen Teil des digitalen Werbekuchens, den Google und Facebook zunehmend exklusiv untereinander aufteilen. Gleichzeitig machten sie sich aber von den großen Plattformen und ihren Algorithmen abhängig, die darüber bestimmen, wer von den Nutzern welche Inhalte wann zu sehen bekommt.

Den Preis zahlen die Nutzerinnen und Nutzer

Fraglich erscheint zudem der Preis, den die Nutzerinnen und Nutzer obendrein bezahlen müssten: Sollte sich die Idee durchsetzen, dass Gebühren ausschließlich den Medienunternehmen zu Gute kommen und Facebook lediglich die Zahlungsinformationen erhielte, würde die notwendige Sicherung der Medienlandschaft auf Kosten des Datenschutzes erfolgen und zwar in einem äußerst sensiblen Bereich: Facebook würde zusätzlich zu den eigenen Daten über Nutzerinnen und Nutzer und zusätzlich erworbenen Datenbanken weitere Informationen erhalten, die mit Sicherheit nicht nur Aussagen über eine Zahlungsbereitschaft ermöglichten, sondern beispielsweise auch über Identitäten. Die Initiative sollte daher im Kontext des allgemeinen Medienbabels wohl durchdacht werden.

Ebenso kritisch ist der nun debattierte Transfer von Nutzerdaten an die großen Medienhäuser zu sehen. Ob Nutzerinnen und Nutzer einverstanden damit sind, der BILD oder F.A.Z. ihre persönlichen Daten zukommen zu lassen, damit die Verlage einen besseren Deal mit Facebook erzielen? Das sollte man sie wohl mal fragen.

Jenseits des individuellen Datenschutzes sollte aber auch das Kartellrecht nicht zu kurz kommen: Neben der Monopolstellung im Medienbereich und der geplanten Bereitstellung von Internet-Infrastruktur öffneten sich hier neue Geschäftsbereiche, deren Ausmaß kaum zu unterschätzen ist.

*Update (18.07.17)* Mehr Informationen zur amerikanischen Debatte auf NiemanLab

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