Die Europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly rügte in einer offiziellen Entscheidung die Europäische Kommission dafür, Dokumente zur Überwachung durch den britischen Geheimdienst GCHQ nicht herausgegeben zu haben. Die Kommission begründe dies zwar mit ihrer Untersuchungstätigkeit, habe jedoch „anscheinend seit 2013 ihre Untersuchung nicht fortgesetzt“. Ihr Verhalten stelle „einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit“ dar und komme sogar einem schweren Missstand gleich, „da dieses bestimmte Thema für die EU-Bürger von besonderer Wichtigkeit ist“.
Gegenstand ihrer Untersuchung ist eine Beschwerde aus der Redaktion der c’t. Diese hatte bereits kurz nach Bekanntwerden der Bespitzelung durch den GCHQ im Juni 2013 die Kommission auf Grundlage der sogenannten Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG, pdf) um Herausgabe verschiedener Dokumente gebeten, darunter solche, „die Aufschluss darüber geben, welche Informationen der Kommission bezüglich Erhebung, Speicherung und Nutzung von Daten aus dem Internetverkehr durch Behörden des Vereinigten Königreichs vorliegen“. Die Kommission hatte die Herausgabe der Dokumente jedoch verweigert, da die Freigabe „ihren Dialog mit den britischen Behörden beeinträchtigen [würde], für den gegenseitiges Vertrauen bis zum Abschluss der Verhandlungsphase nötig sei“.
In der Entscheidung der Bürgerbeauftragten heißt es, die Kommission habe ihre Haltung weiterhin damit begründet, dass sie immer noch der Frage nachgehe, ob die Massenüberwachungsprogramme des Vereinigten Königreichs gegen EU-Recht verstoßen, insbesondere in Bezug auf das Recht des Einzelnen auf Datenschutz. Generell müsse „Druck von außen vermieden werden“, damit die Kommission ihre Untersuchung „effektiv durchführen und eine angemessene Entscheidung treffen könne“. Grundsätzlich erkennt die Kommission außerdem „kein übergeordnetes öffentliches Interesse an der Freigabe“ der geforderten Dokumente.
O’Reilly stellt abschließend fest:
Die Kommission hat keine stichhaltigen Gründe gegen die Freigabe der Bürgerbeschwerden und ihrer Briefe an die britischen Behörden angeführt. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit dar, der aufgrund der Wichtigkeit des Themas besonders schwerwiegend ist.
Die Kommission hat nun bis Mai Zeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die Redaktion der c’t hat den gesamten Schriftwechsel mit der Kommission und der Bürgerbeauftragen in einem PDF dokumentiert.
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