„Herausforderungen im Cyber- und Informationsraum“: Bundeswehr sucht Tips für Aufbau einer „Cyber-Reserve“ [Update]

Motiv der Kampagne "Digitale Kräfte".
Motiv der Kampagne „Digitale Kräfte“.

Mitte März hat die Bundeswehr ihr „Projekt Digitale Kräfte“ gestartet. Mit dem Ziel der Nachwuchsgewinnung will sich die Armee als Arbeitgeber präsentieren.

Slogans wie „Gegen virtuellen Terror hilft kein Dislike-Button“ und „Deutschlands Freiheit wird auch im Cyberraum verteidigt“ sollen aber auch die Akzeptanz der digitalen Aufrüstung fördern. Militärische Maßnahmen würden demzufolge also auch gegen „Terror“ im Cyberraum in Erwägung gezogen.

Nach einem Bericht des Spiegel will die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommende Woche ein neues Konzept für die digitale Kriegsführung vorstellen. Eine neue Abteilung „Cyber- und Informationsraum“ (CIR) im Verteidigungsministerium würde demnach verschiedene Bereiche zusammenführen. Dies beträfe Aufklärung, Schutz, Erkennung und Abwehr von Cyberstörungen gleichermaßen.

Neue Cyber-Truppe von derzeitigem Manager geführt

Laut einem vom Spiegel zitierten Konzeptpapier würde der virtuelle Raum die „Konflikte der Zukunft maßgeblich bestimmen“, deshalb brauche die Bundeswehr einen „Fähigkeitszuwachs für Cyber-Operationen“. Zu Ende gedacht werden auch die Cyber-Angriffsfähigkeiten im neuen CIR gebündelt. Die Einheit aus 300 SoldatInnen soll ab April 2017 bereitstehen, rund 13.500 SoldatInnen mit Informationstechnik stünden unter ihrem Befehl. Geleitet wird die Truppe von dem derzeitigen Manager von ThyssenKrupp, Klaus-Hardy Mühleck.

Geplant ist auch der Aufbau einer „Cyber-Reserve“. Dies hatte die Bundeswehr-Webseite im Gespräch über „Herausforderungen im Cyber- und Informationsraum“ mit der Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder bereits im Februar angekündigt, Details jedoch offen gelassen.

Ähnlich nebulös klingt ein Schreiben, das kürzlich vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) an alle Reservedienstleistenden im Amtsbereich versandt wurde. Die Behörde in Koblenz bittet darin, die ehemaligen SoldatInnen mögen dem BAAINBw „Namen zukommen lassen, die Ihnen aus dem Bereich IT bekannt sind“. So jedenfalls schreibt es der „Newsletter Verteidigung“ in seiner heutigen PDF-Ausgabe. Das Lobbyblatt nennt das Schreiben einen „Hilferuf ohne konkrete Angaben, welche Art IT-Bewerber eigentlich gesucht werden“.

„Nun bitte wir Sie darum, dass Sie einmal über den Sachverhalt nachdenken“

Möglich wären demnach „Hacker, IT-Programmierer, IT-Sicherheitsfachleute, Penetrationstester, Systemadministratoren oder IT-Entwickler“. Diese hätten jedoch häufig Ausbildungsgänge beschritten, die eine „Beorderung als Reserveoffizier“ nicht ermöglichten. Haupthinderungsgrund sei jedoch, dass die Soldatenlaufbahnverordnung im höheren Dienstgrad nur studierte BewerberInnen zulässt.

Auszüge des Schreibens im Wortlaut:

[…] dass man sich in der Bundeswehr dazu entschlossen hat, einen neuen Bereich Cyber aufzubauen. Vor diesem Hintergrund denkt man auch ‚vollkommen frei‘ über den Aufbau einer Cyber-Reserve nach.

[…] Es ist beabsichtigt, im OrgBer AIN (Organisationsbereich Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung) ein Netzwerk zu entwickeln, um sich dem gestellten Thema langsam zu nähern. Nun bitten wir Sie darum, dass Sie einmal über den Sachverhalt nachdenken und uns Namen zukommen lassen, die Ihnen aus dem Bereich IT bekannt sind. Wir wollen folgend mit dem Kommando Streitkräftebasis in Verbindung treten und uns vor allem mit dem FüUstgKdoBw (Führungsunterstützungskommando der Bundeswehr) austauschen […].

Update: Die Abteilung Abteilung „Cyber- und Informationsraum“ (CIR) wurde heute durch von der Leyen vorgestellt. Ein Bericht gibt Empfehlungen zur Neuorganisation von Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben und enthält entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung der „Strategischen Leitlinie Cyber-Verteidigung“.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

8 Ergänzungen

  1. „Cyber-Reserve“ – das klingt für mich irgendwie nach „Staatsreserve“, wie Menschen mit geistiger Behinderung in der ehemaligen DDR im Volksmund – zugegebenermaßen despektierlich – genannt wurden.

    1. Ich frage mich, welche spezifische geistige Behinderung es einem erlauben würde, diese Bundeswehr-Kampagne ernstzunehmen.

      Strategische Cyber-Reserve klingt für mich auch wie strategische Öl-Reserve. Wäre ja gelacht, wenn uns mitten im Cyberkrieg die Cyber ausgehen würden!

    2. Zu DDR Zeiten gab es die sogenannten „Kampfgruppen“ (der Arbeiterklasse, Betriebskampfgruppen – paramilitärische Organisation in der DDR) … das waren Reserveeinheiten (ähnlich wie die Nationalgarde der US&A), die nicht mehr unter dem direkten Kommando der NVA standen … aber voll bewaffnet, mit eigenem Equipment ausgestattet waren …

      Sowas meinte unsere Ursula sicherlich!
      Spezialisten, die wie terroristische Schläfer tagsüber ihrem Job/Weiterbildung nachgehen und … im Bedarfsfall in das westliche Ausland reisen können … ups … falscher Gedankengang!

  2. Heute wurde in Berlin der Abschlussbericht des Aufbaustabs präsentiert:

    http://cyber-peace.org/2016/04/26/bundeswehr-plaene-fuer-aufbau-der-cyber-einheit-veroeffentlicht/

    Besorgniserregend für die Aussenwirkung ist dabei vor allem die formelle Zusammenlegung der defensive Bereich mit der CNO Einheit. inwiefern hier noch ernsthaft versucht wird Defensive und Offensive zu trennen ist mehr als fraglich. Ich bin auf die Reaktion der anderen Staaten sehr gespannt.

  3. Eine wesentliche Frage lautet dabei: „Wie sind die zu schaffenden Personalstellen dotiert ?“ Mit der bisher üblichen Sachbearbeitereinstufung im gehobenen Dienst bekommt man gewiss nicht die Besten der Besten der Besten. Selbst eine Einstufung in den höheren Dienst wäre im Vergleich zu Industriegehältern nicht konkurrenzfähig.

  4. Hm, die DDR war klar diszipliniert.
    Bei uns im Westen konntest Du auch Zivi machen und lange Haare haben :-)
    Tauglich waren die natürlich alle nicht, aber IT können die auch, denke ich.
    Außerdem sind die jungen hübschen Frauen bei der Bundeswehr alle Gardemaß und auch noch blond –
    was soll das?
    Lieben Gruß SUSI

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.