50 Kubikmeter Popcorn: DLR und Bundespolizei testen unbemannte Flugzeuge und Satellitenüberwachung über der Nordsee

In einer mehrtägigen Übung erprobt das Bundesinnenministerium verbesserte Verfahren zur luft- und weltraumgestützten Überwachung. Die Technik stammt zu großen Teilen vom Rüstungskonzern Airbus. In einem ähnlichen Projekt unterstützt das DLR die EU-Grenzagentur Frontex bei der Aufklärung von Schiffsbewegungen im Mittelmeer.

Jede Menge Popcorn für die Beobachtung aus der Luft und aus dem All. (Bild: DLR)

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erprobt vor Helgoland neue Formen der luft- und weltraumgestützten Überwachung. Zu den Partnern des Projekts „Echtzeitdienste für die Maritime Sicherheit – Security“ (EMSec) gehören das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR sowie die Rüstungskonzerne Atlas Elektronik und Airbus. Ebenfalls beteiligt sind Wasserschutzpolizeien der Bundesländer und die Universität Rostock. Als Verbundprojekt wird EMSec innerhalb des Programms „Forschung für die Zivile Sicherheit“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Seit Montag wird in EMSec die Entführung einer Fähre simuliert, hierzu wird das Schiff „Bayreuth“ der Bundespolizei See genutzt. Das Schiff wird in dem Szenario gezwungen, vom Kurs abzuweichen und auf eine „maritime kritische Infrastruktur“ zuzufahren. In mindestens einem Fall ist dies eine Windkraftanlage. In einem anderen Szenario wird mit 50 Kubikmetern Popcorn ein Ölteppich simuliert und die vermutliche Driftrichtung berechnet.

Schließlich wird in den Tests das GNSS (Globales Navigationssatellitensystem)-Signal gestört, so dass die Positionssysteme der „Bayreuth“ nur schwer zu verfolgen sind. Ein im EMSec-Projekt entwickelter Demonstrator soll die Störquelle aufspüren und lokalisieren. Die Durchführung einer solchen Störung ist jedoch mit Gefahren verbunden: In einem ähnlichen, von der NATO durchgeführten Manöver zur „elektronischen Kampfführung“ sollen unbeabsichtigt Transpondersignale von zivilen Flugzeugen neutralisiert worden sein. Anderen Berichten zufolge sie die Ursache der Störung eine in der Tschechischen Republik angesiedelte Firma für Passiv-Radargeräte gewesen.

Datenquellen aus radarbasierten und optischen Satelliten

Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines „Sensor-Verbunds“, der vor Bedrohungen im maritimen Bereich warnen soll. Hierzu werden zunächst die „schiffsspezifischen Informationen“ abgeglichen. Die Behörden verfolgen etwa das Positionssignal des Schiffes, das von dem AIS-Transponder (Automatic Identification Signal) gefunkt wird. Zusätzliche Datenquellen stammen von Satelliten und von Kameras an Bord von Flugzeugen. Abgefragt werden die teils privaten Radarsatelliten TerraSAR-X, Radarsat 2 oder Sentinel 1 sowie die optischen Satelliten Landsat 8, RapidEye oder World View.

Die Verarbeitung der Satellitendaten soll „in nahezu Echtzeit“ erfolgen. Bei den Satelliten, die nicht geostationär positioniert sind, ist dies jedoch nur mit Relaisstationen möglich. Eine solche „Weltraumdatenautobahn“ hatte Airbus kürzlich installiert, zu den ersten Kunden gehört die Grenzagentur Frontex der Europäischen Union.

Die weltraumgestützten Bilddaten werden in EMSec mit „auswählbarer luftgestützter Sensorik“ angereichert, die laut dem DLR von „Klein-Flugzeugen“ aufgenommen werden. Genannt werden Flugzeuge „im bemannten sowie unbemannten automatischen Flug“, diese könnten auch „im Verbund“ aufsteigen. Abrufbereit seien demnach Flugzeuge der Typen „Diamond DA42“ von Airbus mit einem maritimen Radarsystem sowie eine „Do 228“ des DLR mit einem optischen Kamerasystem. Es ist unklar, welche Software zur Auswertung der Datenquellen und zum Modellieren der verschiedenen Risikoprognosen genutzt wird.

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Vermutlich kommen die Ergebnisse der in EMSec durchgeführten Forschungen auch in EU-Projekten zum Tragen. Das DFD unterhält in Neustrelitz Antennenanlagen, über die ein großer Teil der deutschen und europäischen Satellitenmissionen empfangen, innerhalb kurzer Zeit verarbeitet und für die Analysen in verschiedenen Anwendungsbereichen zur Verfügung gestellt werden. Das Bundesinnenministerium nennt hierzu die Satelliten TerraSAR-X, MODIS, Radarsat-2, Sentinel-1 A und Oceansat-2.

Das DLR ist auch an dem EU-Forschungsprojekt OPSSERVE beteiligt, in dem Produkte und Verfahren zur Aktivitäts- und Schiffsdetektion von „höchstaufgelösten optischen Satellitendaten“ entwickelt werden. Diese werden in nahezu Echtzeit der europäischen Agentur für maritime Sicherheit (EMSA) bereitgestellt. In Kooperation mit der Grenzagentur Frontex ist die EMSA für die Überwachung der Meere mithilfe von Drohnen zuständig. Frontex hat das Überwachungssystem EUROSUR entwickelt, das auf Satelliten basiert und beispielsweise Risikoprognosen für möglicherweise verdächtige Schiffsbewegungen erstellt.

Mit dem System AISat kann das DLR mittlerweile weltweite Schiffsbewegungen mit Hilfe der AIS-Signale verfolgen. Zu den Einsatzzwecken gehört unter anderem die Sicherung der europäischen Außengrenzen. Die Daten werden ebenfalls in der Bodenstation in Neustrelitz empfangen und verarbeitet. Hierzu hat das DLR ein „hochmodernes Echtzeitdatenzentrum“ errichtet. Im Projekt PIRASAT haben das DLR, die Bundespolizei See und die Deutsche Marine das System testweise im Golf von Aden zur Bekämpfung der Piraterie eingesetzt. Dabei wurde unter anderem der gekaperte Tanker „Sirius Star“ von Neustrelitz aus überwacht.

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