Peter Tschmuck über „das Problem der Einnahmenverteilung“ bei Musikstreaming

Peter Tschmuck.

Peter Tschmuck, Professor an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst, ist Betreiber des Blogs Musikwirtschaftsforschung und hat dort eine detaillierte und lesenswerte Analyse zur Frage der Einnahmenverteilung bei Musikstreaming veröffentlicht. Sein Fazit:

Trotz aller bestehender technologischer Möglichkeiten, jeden Download und Stream im Netz nachzuvollziehen, sind die Einkommenströme intransparenter als je zuvor. Für eine KünstlerIn ist es so gut wie unmöglich nachzuprüfen, ob die Tantiemenabrechnungen der Labels und Verlag korrekt sind. Den KünstlerInnen bleibt gar nichts anderes übrig, als den Rechteverwertern zu vertrauen. Das komplexe System der Rechtelizenzierung und die vertraulichen Verträge zwischen allen Beteiligten macht es geradezu unmöglich, einzuschätzen, wie viel von den Streamingeinnahmen bei den KünstlerInnen ankommen.
[…]
So gesehen profitieren eigentlich nur die Plattenfirmen vom derzeitigen Boom des Musikstreamings und natürlich auch die MusikkonsumentInnen, die aus einem so großen Angebot von Musik wählen können wie noch nie zuvor.

Besonders gelungen ist eine Übersichtsgrafik, die (am Beispiel der USA), die Rechteklärungssitution im Bereich On-Demand-Streaming jener im Bereich (Web-)Radio gegenüberstellt:

Die Lizenzierungsstruktur für einen Musikstreamingdienst in den USA (Quelle: Peter Tschmuck nach Rethink Music (2015: 11-13))
Die Lizenzierungsstruktur für einen Musikstreamingdienst in den USA (Quelle: Peter Tschmuck nach Rethink Music (2015: 11-13))

Darin ist ersichtlich, dass die Lage bei Musikstreaming ungleich komplexer als bei Webradios ist und gleichzeitig die Major Labels in einer stärkeren Position sind. In Deutschland ist die Situation vergleichbar – Soundexchange ist das Pendant zur deutschen GVL, die (über die GEMA) Radiorechte standardisiert anbietet, für On-Demand-Streaming allerdings nicht. Deshalb müssen hier Rechte im Einzelfall geklärt werden.

Folge dieser Bewilligungskultur im Bereich des On-Demand-Streamings sind, wie Tschmuck erläutert, Vorschuss- bzw. Garantiezahlungen an die Labels, um überhaupt Zugang zu den jeweiligen Katalogen zu bekommen. Hinzu kommt, dass gerade Major Labels Beteiligungen an Streamingdiensten im Gegenzug zu Vergünstigungen bei Tarifen erworben haben. Tschmuck zu Folge ist es zweifelhaft, dass damit verbundene Beteiligungs(veräußerungs)erlöse auch an die Kunstschaffenden ausgeschüttet werden.

Der Beitrag ist Teil einer Reihe zu Musikstreaming, interessant auch der Beitrag zum Musikstreaming-Einkommen der Superstars.

4 Ergänzungen

  1. Mich würde hier noch interessieren, wie stark das streaming die Musikverkäufe steigert.
    Und wann ein Künstler überhaupt Einnahmen durch das streaming erzielt: Muss der Song kpl. gespielt worden sein, reichen 75% oder reicht ein anspielen aus?

    1. Es ist sicherlich möglich, dass das Streaming auch die klassischen Musikverkäufe steigert. Entgegen vieler schwarzer Prognosen gibt es nach wie vor Endkunden – viele – die bereit sind, für Unterhaltung zu zahlen. So erklärt sich auch, dass die Kinos Rekordeinnahmen verzeichnen, trotz Tauschbörsen und Co..Die Einnahmeverteilung ist letzten Endes Vertragssache. Hier sollten sich die Künstler nicht verbiegen und wissen, was ihre Werke wert sind und sich entsprechend beteiligen lassen – auch wenn es ein schwieriger Weg ist.

  2. So in transparent sind die Zahlungsströme gar nicht. Das problem bei vielen Musikern ist das diese nicht wissen wie es funktioniert. Zoe Keating hat einige wunderbare Docs stellt in denen Sie die Einnahmen der Streamingdienste gegenüber stellt. Auch hat sie ihre Einnahmen des selben Zeitraums von iTunes mit aufgelistet. In transparent sind allerdings die Modalitäten nachdem Spotify&co. Auszahlen. Es hängt von diversen Faktoren ab. Major oder Indie, das Land in dem der Stream läuft, der User selber. All das wird unterschiedlich bewertet. Hier mal eine Link der das ganze recht einfach darstellt und dabei etwas mehr tiefe beinhaltet http://www.rockbase-entertainment.de/musikstreaming-fuer-musiker-fluch-oder-segen-spotify-und-apple-music-vs-kuenstler/

  3. Das haben sich die „Alten Verwerter “ prächtig von dem Neuen Verwerten ala YouTube abgeschaut
    Längst gibt es eine Allianz neuer und Älter Verwerter, die vor vorrangig das europäische Recht, welches die Schoepfer und das WERK schützt, durch das amerikanische, das die Verwertung schützt austauschen wollen, um sich somit die aktuelle Praxis, die aktuell Stück fuer Stück durch Gerichte fuer Illegal erklärt wird, rechtssicher zu machen. Dagegen stemmen sich. Erfolgreich unsere Kreativen. Unser Deutsches Urheberrecht kann als erfolgreiche Schablone herhalten. Allerdings sind Verbesserungen im nachrangigem Vertragsrecht notwendig, damit dieses Recht schneller und formloser durchgesetzt werden kann. Auch müssen Schutzmechanismen hinzugefügt werden,
    die verhindern, daß Digitale Vertriebamacht ein Zwangsverschenken dieser Rechte per AGBs, z
    B mit einer Creative Commerzbank Pflicht, voraussetzen dürfen

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