Wer hat im Sommer den zivilen Luftverkehr mit EloKa gestört? Verkehrsministerium drückt sich um Antwort

elektronische Kampf (EloKa).
elektronische Kampf (EloKa).

Im Juni kam es im gesamten östlichen Alpenraum zu zweitägigen Störungen der zivilen Flugsicherung. Damals waren Transponder von Verkehrsflugzeugen (die sogenannte Sekundärradarerfassung) durch eine „externe Störquelle” lahmgelegt worden. Die Transponder übermitteln Signale, die am Boden aufgefangen werden und Daten wie die Route oder die Flughöhe beinhalten. Der Flugverkehr war wegen der Störungen auf bis zu 50% reduziert, es kam zu Verspätungen von insgesamt 41 Stunden. 57 Flugzeuge waren betroffen.

Die Herkunft der Störung ist nicht aufgeklärt, vermutlich waren aber die NATO-Manöver „NEWFIP 2014“ verantwortlich. Dies war auch vom deutschen „Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum“ im niederrheinischen Uedem vermutet worden. In Ungarn wurde während der Vorfälle der sogenannte elektronische Kampf (EloKa) geübt, entsprechende Manöver fanden später auch in Italien statt. Teil der Übungen war, gegnerische Radaranlagen zu stören.

Untersuchungen der EASA übergeben

Nun hat das Verkehrsministerium eine weitere Kleine Anfrage zu den EloKa-Ströungen beantwortet, die allerdings inhaltlich durchweg mickrig ist. So habe zwar die Deutsche Flugsicherung (DFS) die Auswirkungen der Störsignale auf Radaranlagen der zivilen Flugsicherung „eingehend technisch untersucht“. Allerdings verfüge die Behörde nicht über die technischen Mittel, „den genauen Ort der Störaussendung und den Verursacher der Störung zu ermitteln“. Die Möglichkeiten der DFS seien damit „vollständig ausgeschöpft“. Nun sei die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) mit weiteren Untersuchungen beauftragt. Der Auftrag an die Agentur mit Sitz in Köln kommt von der EU-Kommission. Wann ein Bericht hierzu vorliegen soll und wer diesen erhält, teilt das Verkehrsministerium aber nicht mit.

Allerdings gibt es weitere Hinweise, zu denen die Bundesregierung laut der nun vorliegenden Antwort jegliche Kenntnis abstreitet. Die österreichische Zeitung „Die Presse“ schreibt, die Störsignale seien von AWACS-Aufklärungsflugzeugen ausgegangen. Eine weitere Störung sei von einem „noch nicht identifizierte[n] Objekt in der Nähe der US-Air Base Ramstein in Deutschland“ ausgesendet worden. Deshalb ermittelt auch das NATO-Hauptquartier in Ramstein in der Angelegenheit. Auch die Luftfahrtbehörden in Österreich, Polen und Tschechien sind mit Untersuchungen beauftragt.

EloKa-Manöver auch in Deutschland

Laut dem Verkehrsministerium stünden die „Entwicklung der elektronischen Gegenmaßnahmen von Stör- und Täuschsystemen“ in einem „kontinuierlichen, gegenseitigen Wettbewerb“. Die Anfrage hatte sich deshalb erkundigt, inwiefern die NATO eigentlich in der Lage ist, Störungen des Flugverkehrs vorzunehmen. Die Antwort ist ausweichend: So sei der Bundesregierung nicht bekannt, dass die NATO hierzu „über eigene Kräfte verfügt“.

Auch die Antwort auf die Frage, ob die Bundeswehr entsprechende Kapazitäten besitzt, wird umschifft. So heißt es, das deutsche Militär verfüge „über keine Kräfte des Elektronischen Kampfes, die zur Störung des zivilen Flugverkehrs vorgesehen sind“. Weder war aber lediglich nach dem zivilen Flugverkehr gefragt worden, noch beschränkte sich die Frage auf die vorgeschriebene Verwendung entsprechender Systeme.

Es ist also davon ausgehen, dass die Bundeswehr durchaus über Anlagen zum elektronischen Kampf verfügt, die auch die zivile Luftfahrt beeinträchtigen könnten. In der Antwort werden einige EloKa-Übungen aufgezählt, die im Sommer und Herbst teilweise in Deutschland stattfanden. Gezielte Störungen „von Transpondern bzw. zivilen Flugsicherungseinrichtungen“ seien nicht Bestandteil der Übungsszenarien gewesen, erklärt das Verkehrsministerium. Durchaus möglich, dass dort zwar elektronische Angriffe auf militärische Anlagen simuliert werden sollten, sich diese Störungen wie im Alpenraum dann allerdings zu zivilen Anlagen verirrt haben.

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4 Ergänzungen

  1. „Es ist also davon ausgehen, dass die Bundeswehr durchaus über Anlagen zum elektronischen Kampf verfügt, die auch die zivile Luftfahrt beeinträchtigen könnten.“

    Ich würde mir eher sorgen machen, hätte sie keine.

    1. Ich verweise mal auf die gegenwaertige Situation in und um London.

      PS: Natuerlich hat die Bundeswehr diese mittel, denken sie die Batallione EloKa bspw. in Frankenberg sitzen den ganzen Tag nur rum und spielen sich an den fuessen? Etwas Naiv.

  2. Wem nützt also der Bullshit in der Kolonie BRD? Ach so ja wenn der Russe dann mal kommt. Gut zu wissen, dass man die Übungstermine dieser Angriffskriegevorbereiter in Zukunft ernster nehmen muss.

  3. Lieber Andrej Hunko, lieber Matthias Monroy,
    Vielen Dank!
    habe leider erst jetzt diese Anfrage gefunden, habt Ihr nachgehakt: mich würde interessieren:
    „Die Bundeswehr verfügt über keine Kräfte des Elektronischen Kampfes, die zur Störung des
    zivilen Flugverkehrs vorgesehen sind.“
    Mag ja sein, daß sie seitens der Bundesregierung nicht dafür vorgesehen sind, wie kann die Bundesregierung denn gewährleisten, daß sie nicht doch dafür verwendet werden?

    „auf Flugplatz Hohn stationiert“ wirklich? – nicht in Jagel?

    „Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor.“ – Wie denn auch, EloKa ist geheim!

    zum Informationsabgleich: http://www.bundeswehrabschaffen.de/eloka.htm

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