Martin Schulz hat auf der Buchmesse eine Rede gehalten, die der Börsenverband des Deutschen Buchhandels gerne zitiert:
Es gibt keine Trennung zwischen analoger und digitaler Welt, meint Schulz. „Bei fast allen sogenannten Netz-Fragen geht es im Wesentlichen um gesellschaftspolitische Fragen, die wir schon in der analogen Welt kannten. Deshalb ist es nicht entscheidend, was Netzpolitiker oder Netzaktivisten sagen, sondern auch derjenige, der kein Digital Native ist, hat ein Mitspracherecht in dieser Diskussion. Denn wenn wir diese Fragen allein den technischen Experten, den Programmierern und Nerds überließen, lebten wir in einem selbstreferentiellen System, es käme zur Herrschaft der Ingenieure und Mathematiker, zu einer Expertenregierung im Platon‘schen Sinne. Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.“
Entscheidend ist dabei nicht, was er sagt, sondern wie er es sagt.
Update: Nochmal zur Einordnung. Schulz sagt das so vor der Buchindustrie. Die Urheberrechtslobby vertritt seit Jahren den Spin, dass man die Meinung von Nerds, Netzpolitikern (aka Irgendwas pro Internet) in der Urheberrechtsreform-Debatte nicht (so stark) berücksichtigen sollte (aka einfach nicht drauf hören). Was natürlich Unsinn ist, weil es seit 15 Jahren keinerlei Reform in Richtung Nutzerrechte gab, sondern immer mehr Verschärfung und Durchsetzung. Und die Nerds und Netzpolitiker haben lediglich verhindert, dass wir jetzt Netzsperren, VDS und 3-Strikes-Systeme haben, was die Urheberrechtslobby durchbringen wollte. Möglich, dass Schulz das unbewusst so dort gesagt hat. Aber der Börsenverein zitiert ihn ja bewusst damit und wird das gerne auch weiter verwenden.
Genau. Weil… was er sagt stimmt.
Wie hätte er diese Wahrheit denn sonst aussprechen sollen? Er warnt vor einer Technokratie – und da sind eben „wir“ die, vor denen gewarnt werden muss. Imho zu recht. Vielleicht sollten wir DAS mal bemerkbarer reflektieren.
Wie ich schon sagte, es geht nicht darum, was er sagte, sondern wie. Und das liest sich wie eine persönliche Abneigung gegenüber Netzpolitikern und Nerds. Kann man natürlich machen, man kann das angestrebte aber auch anders ausdrücken.
Ja, die entscheidende Formulierung ist „Deshalb ist es nicht entscheidend, was Netzpolitiker oder Netzaktivisten sagen, sondern auch […]“.
Eigentlich müsste der Satz „Deshalb ist es nicht nur entscheidend, was Netzpolitiker oder Netzaktivisten sagen, sondern auch […]“ heißen. Jedoch wurde das „nur“ weggelassen. Vielleicht absichtlich?
Hört sich an als wäre es der letzte Versuch die eigene Unfähigkeit der persönlichen Entwicklung zu kaschieren. Das letzte aufbäumen gegen die Entwicklung der Digitalen Gesellschaft. Ich meine, der letzte Satz ist doch insofern bemerkenswert, als dass er ein neues Schreckgespenst offeriert, wenn mehr Digitale Kompetenz auf der Bildfläche erscheinen würde: „Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.“.
Übersetzt könnte man, zu dem was er sagt, behaupten: „Bitte keine Leute die etwas davon verstehen, ich will meine alte analoge Welt behalten.“. Alles andere ist keine Demokratie mehr.
Sehr merkwürdig das ganze …
Naja.. wenn ich mir zB div populistische Debatten bez „Cybermobbing“ ansehe, tendiere ich zB auch zu der Auffassung, dass es sich schlicht in solchen Fällen um Mobbing handelt, welches gleichermaßen real wie digital geahndet werden sollte – da braucht es keinen extra Cyberparagraphen im Strafgesetzbuch.
Dass wir bei dem EU-Kommissionspräsidenten lediglich eine Niete ziehen konnten, sollte allerdings spätestens nach der „Kandidatendebatte“ nicht weiter verwunderlich sein.
Tja, WIE sagt er es denn? Oben im Text kann man ja nicht sehen, WIE er es sagt; das wird hier nur „irgendwie“ behauptet, keck unterstellt. Grinst er dabei? schüttelt er wütend die Feuste in der Luft? Stampft er mit den Füßen auf? Oder sagt er nur schlicht, was er meint?
Das einzige, was ich hier mitbekomme ist, dass die „netzpolitik“ kein (oder ein viel schwächeres zu Lasten der Urheber) Urheberrecht haben will, wie einst die Piraten, die damit zu Recht auf die Schnauze fielen.
Disclosure: ich bin Urheber und muss davon leben.
wahrheit? welche wahrheit? du redest hier über martin schulz !! er warnt VOR einer technokratie? IN einer technokratie? wie soll das denn gehen? zeitmaschine oder was ?
heute eine zukunft kritisieren die dank seiner kritik gestern nicht mehr existiert haben wird?
bist du vielleicht 2013 nicht dabei gewesen, anderer planet oder so, als das prinzip vor aller augen, umfassend und planmäßig offengelegt wurde?
welcome to the future shock ! aber: mach mir bitte nicht auf techno-interpretations-elite wenn du die basics emotional noch nicht gediggt hast.
es gilt: „das internet ist eine überwachungsmaschine, mit der man nebenbei auch flüge buchen kann“.
wer das nicht als grundtatsache zu akzeptieren in der Lage ist, macht sich zum horst, so auch du.
peace and pove
futureshock hin, realitätsverweigerung her, als allgemeine Tatsache kann derzeit nur angenommen werden: „Das Internet ist eine Überwachungsmaschine, mit der man nebenbei auch Flüge buchen kann“.
Lass das doch einfach mal emotional bei dir ankommen, lass da mal wirken, digg das mal richtig .
Dann ist doch deine Begeisterung für das technokratische warnungsgesabbel dieses ober-technokraten einfach nur… ja was denn ? sag doch mal? ich wollts nicht sagen, ist mir peinlich.
peace and pove
hm
Aber dann Jaron Lanier gut finden? Klingt nach einem Plan …
Martin Schulz sagt das, was sein Gast hören möchte. Sein Demokratieverständnis ist eher gering ausgeprägt. Für ihn würde sich eine diktatorisch geprägte EU besser eignen.
Er sagt: Die Nerds und Netzpolitiker sind alle Demokratiefeinde die eine Technik Diktatur errichten wollen.
Kann man gegen solche Beleidigenden Äußerungen nicht Juristisch vorgehen ?
So ein dummer Quatsch.
So? Wo sagt er das denn?
@ Redaktion: Den Titel des Artikels finde ich etwas irreführend. Er suggeriert eine Äußerung von Schulz, die sich so in der Form zumindest nicht in dem präsentierten Zitat wiederfinden lässt. Er zeigt sich ja keineswegs froh darüber, dass die „Nerds“ gar nichts zu sagen haben sondern bringt lediglich seine Sorge bezüglich einer Technokratisierung netzpolitischer Fragestellungen zum Ausdruck. Die Art und Weise WIE er das tut, ist allerdings etwas daneben.
@ Artikel: Die Aussage von Schulz zielt an einer weitaus wichtigeren Frage vorbei. Wieviel technische Unwissenheit in netzpolitischen und informationstechnischen Sachverhalten der digitalen Gesellschaft des 21. Jh. kann man sich noch erlauben? Insb. das Internet hat nahezu alle Lebensbereiche durchzogen und dieser Umstand wird sich weiter ausweiten — er wird nie wieder weniger werden. Ähnlich wie sich bei der Fähigkeit zu Rechnen und zu Schreiben in keinster Weise die Frage nach der Notwendigkeit solcher Kenntnisse stellt, wird dies mittelfristig auch mit „digitalem Know-How“ der Fall sein. Zumindest wenn man sich einigermaßen sicher innerhalb der digitalen Gesellschaft bewegen will.
Ich möchte an dieses Interview erinnern: https://www.taz.de/EU-Parlamentspraesident-ueber-Spionage/!127046/
„Ich kann sowieso mit diesem ganzen Computergedöns nicht umgehen.“
„Mit diesem Telefon hier hat der Herrgott ja selbst noch telefoniert. Das Ding können die Amerikaner nicht abhören. Dafür ist die Technologie zu alt.“
Egal wie man zu Schulz steht und wie er dieses Statement formuliert hat. Im Kern hat er nicht völlig Unrecht. Denn eine Trennung zwischen digitaler und analoger Welt ist nicht zielführend. Der digitale Wandel beispielsweise berührt den gesamtgesellschaftlichen Bereich. Also auch den „analogen“ Bereich.
Es sind nicht die Nerds die zwischen sogenanntem »echtem Leben« und digitalem Leben unterscheiden. Es sind Internetausdrucker die das tun. Die auch immer betonen müssen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.
Die Trennung von 2 Welten sieht ein Netzaktivist gerade nicht. Das macht ihn/sie aus.
Wäre vielleicht sinnvoll, wenn Leute entscheiden könnten, die Ahnung haben und nicht nur irgendjemand nach Bauchgefühl oder wie auch immer
Was genau daran so schlimm wäre, wenn
Mathematiker oder Informatiker und Netzaktivisten an der Macht wären, leuchtet mir
leider nicht ein. Mit Verlaub: Wenigstens ist dort eine gewisse
Intelligenz vorausgesetzt. Diese Menschen haben
zumindest ein Grundverständnis von wissenschaftlicher Methodik, Informationsaquise, Beweise aufstellen, Quellen darlegen, begründete Rückschlüsse, strukturiertes vorgehen und sind gut im abstrakten Denken.
Gerade bei den meisten Fällen in der CDU könnte man glauben, bis auf quatschen und Süßholz raspeln, hätten die nichts gelernt.
Siehe Herrn Schulz.
Man muss noch nicht einmal bis zur Piratenpartei vordringen, um zu erkennen, dass aus „technikaffin“ nicht notwendigerweise kompetent, in wissenschaftlicher Methodik bewandert, lösungsorientiert u.ä., von Steve postuliertes folgend muss. Das sporadische Lesen der Mailinglisten irgendeines Hackerspaces genügt.
Die Einlassung von Schulz ist, rhetorisch, in erster Linie peinliches Einschmeicheln bei der jeweils aktuellen Zielgruppe. Ich würde mir auch mehr technische Kompetenz bei den Leuten wünsche, die politische Entscheidungen treffen. Aber: die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, ist keine technische. Mindestens ebenso wichtig, wie technische Kompetenz sind die Werte, für die der- oder diejenige eintritt. Und dass aus technischer Kompetenz weder ethisch-moralisches noch verfassungstreues Handeln folgen muss, zeigen noch immer täglich die Mitarbeiter von NSA, GCHQ, BND und anderen. Im nichtstaatlichen Bereich bietet sich bzgl. der Moralfrage wie stets der Blick auf die Rüstungsindustrie an. Im digitalen Bereich zeigen Mitarbeiter von Gamma, Vupen und anderen, dass Kompetenz noch kein ethisches Handeln bedingt.
Die Piratenpartei zu erwähnen war überflüssig. Denn gerade diese sind durch technische Inkompetenz aufgefallen. Zumindest die bekannten Gesichter, nicht diejenigen die Zeit und Geld geopfert haben die Infrastruktur am Laufen zu halten.
Netzpolitik gab’s da schon lange nicht mehr.
Weil es für eine pluralistische Gesellschaft, die wir vielleicht sein wollen(?), immer schlecht ist, wenn nur eine bestimmte (Experten)Gruppe an der Macht ist. Eine Herrschaft der Mathematiker, Ingenieure und Technokraten wäre genauso schlecht, wie eine Herrschaft nur der Juristen oder nur der Geisteswissenschaftler. Es gehören nun mal alle ins Boot geholt, die da im Meer schwimmen.
Wir haben derzeit eine promovierte Physikerin als Kanzlerin. Ist das wirklich *eindeutig* besser als der Jurist Gerhard Schröder oder der Jurst und Geschichtler Dr. Phil Helmut Kohl? (An die Zeit des Diplom-Volkswirt Helmut Schmidt wird sich ja kaum noch wer erinnern)
Martin Schulz ist SPD-Mitglied.
„Denn wenn wir diese Fragen allein den technischen Experten, den Programmierern und Nerds überließen […]“
Hatte die SPD etwa vor, dem nächst netzpolitische Themen nur noch Experten für das Gebiet zu überlassen, oder wie soll man das verstehen?
Schulz wirft besusst Nebelkerzen: Alle Entscheidungen, um nicht mehr im demokratischen Sinne „gerungen“ werden darf und die wegen sogenannter Sachzwänge als „Alternativlos“ hingestellt werden und „den Bürgern erklärt“ werden müssen ist Technokratie in reinster Form. Aktuelle Beispiele klassischer Technokratie sind CETA, TTIP, Aussageverbot u. geschwärzte Akten im NSA- und NSU- Skandal und viele andere „alternativloser“ Beschlüsse,
Vor der Gefahr politischer Alterternativlosigkeit (damals Sachzwänge) warnte der übrigens konservative Sozionloge Helmut Schelsky bereits im Jahr 1961 und beschreibt damals schon den Teufelskreis innerhalb der heutigen „Alternativlos-Filterbubble“:
„Damit verliert die Idee der Demokratie ihre klassische Substanz. An die Stelle eines politischen Volkswillens tritt die Sachgesetzlichkeit, die der Mensch als Wissenschaft und Arbeit selbst produziert.“
(Quelle: „Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation“ (Köln, Opladen 1961), Seite 21)
Ich weiß nicht, welches Zitat ihr lest, aber ich lese dort, dass er sowohl Nerds/Digital Natives/wie auch immer man sie nennen will ALS AUCH Menschen, die nicht so bewandert im Technischen sind, ein „Mitspracherecht“ einräumen will. Das ist m.E. das Allersinnvollste, was er sagen kann – keine gesellschaftliche oder Berufsgruppe sollte auf einem Feld das alleinige Bestimmungsrecht haben ohne Rücksicht auf andere Menschen.
Dass die Digital Natives manchmal vielleicht noch etwas zu wenig zu sagen haben, nicht gehört werden, missachtet werden, das spricht Schulz nicht an (oder sieht es anders) und sollte dringend geändert werden. Dennoch halte ich seine Aussage grundlegend für sehr vernünftig!
Auch das Thema von @Reinmar von Bielau (https://netzpolitik.org/2014/martin-schulz-zum-glueck-haben-die-nerds-nichts-zu-sagen/#comment-1614216) ist natürlich sehr wichtig. Mehr digitale Bildung, um diesen Bereich der Gesellschaft besser einschätzen zu können und informiert darüber entscheiden zu können.
Die „Nerds“ sagen: Fehlender Datenschutz, Geheimdienste und Zensur, mir egal, hab ich schon immer gewusst, kann ich alles umgehen mittels Nutzung der richtigen Dienste, mittels Verschlüsselung, mittels Tor, mittels Mesh-Networks. Die Gesellschaft muss aber eben auch die Kommunikation der technikfernen, der planlosen und der ungebildeten schützen. Ich habe selten bis nie den Eindruck, dass viele „Nerds“ diese unattraktive Klientel aufrichtig auf dem Zettel haben. Insofern hat Schulz – allerdings eher unfreiwillig – damit recht, dass die Herrschaft der „Nerds“ durchaus undemokratischer ausfallen könnte, als manche es wahrhaben wollen.
Welche „Nerds“ meinst du damit?
Die meisten „Nerds“ auf dieser Plattform sind meinem Eindruck nach eher so gestrickt das für alle Menschen gegen Zensur, Geheimdienste und für mehr Datenschutz gekämpft wird. Dienste, Crypto, Tor und was auch immer sind nur Werkzeuge für die Zeit bis dahin den niemand glaubt das auf diesem Gebiet die Bürgerrechte sofort und vollständig instanziert werden und bis dahin kann man eben nicht einfach den Kopf in den Sand stecken.
Sind nicht alle jungen Leute heute Digital Natives? Ich verstehe das eher als „Ihr jungen Leute haltet bitte schön euer Maul. Und nach uns die Sinnflut“. Ich meine wir sind natürlich auch ein bisschen schuld, das wir uns so zurück halten. Dann bekommen die alten halt auf unsere kosten fette Renten Erhöhungen. Vielleicht fordern wir im Gegenzug dass die Renten ab jetzt von uns Jungen Leute festgesetzt werden. Warum darf man erst ab 40 Bundeskanzler werden. Könnte man doch auch umdrehen und sagen ab 50 ist schluss!
Nur der Bundespräsident ist per Gesetz automatisch ein alter Sack (wobei der Spielraum mit den 40 Jahren Mindestalter ja gar nicht ernsthaft ausgenutzt wird – Christian Wulff war mit seinen 51 sehr deutlich jüngster Bundespräsident, normal sind so 70+-Greise). Der Bundeskanzler muss nur wählbar sein, da reicht 18.
Das ändert aber nichts daran, dass in unserer umgekehrten Bevölkerungspyramide die Alten das Sagen haben – die sind auch recht sendungsbewusst, und was sie am allerwenigsten mögen, sind Leute, die auch nur etwas klüger sind wie sie selbst. Tja, das Ergebnis sehen wir ja.
Vielleicht liegt unser Problem ja darin, dass wir nicht verstanden haben, was Demokratie ist: Wir denken an Mitbestimmung, die korrupte Eliten verhindert, an Rechtsstaatlichkeit, die den Polizeistaat verhindern. Das ist alles ganz nett, aber Demokratie ist zu allererst eine Veränderungsbremse, und zwar gerade wegen der Checks and Balances und dem allgemeinen Wahlrecht in einer alternden Gesellschaft. Demokratie verhindert Wandel. Alte Leute sind konservativ und sehen Wandel als etwas bedrohliches, nicht als Chance – das Neue wird nur unter 30 akzeptiert und man muss dann warten, bis diese Leute alt genug sind, um von dem dicken Ende der Bevölkerungspyramide in Ämter gewählt zu werden. Das ganze Neue ist für diese Leute Unsinn, braucht kein Mensch (wobei man rhetorisch gerne alle die Leute, die gar nichts gegen den Wandel haben, aus der Menge der Menschheit ausschließt – gerade die SPD hört gerne nur auf die Menschen in den Ortsvereinen, und das sind bei der SPD zu einem sehr großen Anteil Rentner – bei der Union noch mehr, aber die hört nicht auf ihre Basis, und aufgrund deren antidemokratischer Grundhaltung ist das Argument „wäre keine Demokratie mehr“ dort eh lächerlich ;-).
Der Buchhandel gehört natürlich zu den Betroffenen des Wandels, wobei der größte Buchhändler irgendwie gar nicht mitmachen darf oder so – Amazon hat ja gar nichts gegen den digitalen Wandel, im Gegenteil!
Eine Technokratie mag vielleicht nicht wuenschenswert zu sein, aber man stelle sich mal vor, er haette gesagt, man solle die Meinung von VWL-Experten in der Finanzpolitik ignorieren. Hach, was wuerde da die Bude brennen…
Anders gesagt: ich kann nur hoffen, dass in anderen Bereichen der Politik die Leute mit Fachwissen nicht so konsequent als irrelevant abgestempelt werden, wie es in der Netzpolitik passiert.
Nix „Irgendwas pro Internet“. In jedem Nerd steckt ein Larry Page.
In dem Zusammenhang sollte man wissen, dass der Herr Schultz gelernter Buchhändler ist.
„Und die Nerds und Netzpolitiker haben lediglich verhindert, dass wir jetzt KEINE Netzsperren, VDS und 3-Strikes-Systeme haben …“.
Das ist doppelte Negation. Das „KEINE“ muss da wech.
Stimmt. Korrigiert.
Parteien, Zeitungen, Fernsehen usw. verlieren immer mehr die Deutungshoheit über das aktuelle Geschehen, schuld daran ist das Internet und die Nerds die das Internet machen. Klar wird gegen diese Gruppe gefeuert – man wäre ja auch schön blöd seine Macht einfach so aus den Händen zu geben.
„[…] die wir schon in der analogen Welt kannten […]“ Daran zeigt sich ja das er nicht die geringste Ahnung hat was er erzählt. Eine VHS Kassette kann ich schon aus techn. nicht beliebig vervielfachen und schon gar nicht mit der ganzen Welt teilen. Das gleiche gilt für das Foto vom Schorsch der auf der Party zwei Bier zu viel hatte, das ist auch 10 Jahre später mindestens abgegriffen, wenn nicht verschollen und lässt sich eben nicht vom künftigen Arbeitgeber per Google finden. Aber wem erzähle ich das…
SPD halt … Zudem hat er nicht verstanden, dass Informatiker/mit Informatik befasste Leute oftmals viel kritischer sind (und die durch ihr Fach-Wissen überhaupt erst ’seinen‘ können) als die „normalen“ Google-Apple Nutzer oder Politiker … Für mich klingt es schlimm „himmlisch“ schwarz-grün und nicht sonderlich „aufgeklärt“ :
Schulz: „Die Moral der Machbarkeit entspricht nicht unserer Ethik“
Lanier:
http://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/819335/
„Love creation.“
Neil Postman wäre schneller und deutlicher gewesen. Zudem ist Lanier’s Kritik außerhalb der Geneinplätze (Rudel, Wirtschaft, Optimierung) oftmals nicht nachvollziehbar, da er sie nicht weiter begründet (bis auf mehr Geld für den kleinen Kreativen der gegen das „Rudel“ steht — Kooperation — auch mit anderen Uud-Spielern — scheint es bei ihm nur zu geben, wenn es ihm passt ….)
Der „Cyper-Humanist mit mehr Wirtschaft durch DRM für den Mittelstand“ auf den die „Schwarz-Grüne“ (Die SPD zählt in diesem Bereich nicht mehr) Kulturelite seit so lange hofft, ist er eh nicht. Er ist weiter … und weiß das man es nicht mehr einfangen kann und die Politik — und besonders Parteien wie die SPD durch verfehlte Politik zwischen dem Schutz der Wirtschaft und dem Schutz der Privatperson — SCHULD sind. Und zwar schwer.
Schulz macht bei den Prämissen der Ausgangslage einen riesigen Fehler: „… die wir schon in der analogen Welt kannten.“. Und das ist (s)ein Irrtum.
Zwar ist ihm zuzugeben, dass das Netz weder tatsächlich, noch rechtlich in einem luftleeren Raum hängt, aber dennoch ist seine Ausgangsannahme falsch: Die Grundsituation in der „Netzwelt“ zeigt Probleme und Spannungspunkte auf, zu denen es in der Kohlenstoffwelt keine Entsprechung gibt (und so weit es Entsprechungen gibt, keine Pläne, die ähnlich zu reglementieren: Weiße Laken vor Kiosken, die Kinderpornografie feil halten? Protokollierung jeglicher Post? Das massenweise Austauschen von urheberrechtlich geschützten Werken?)
Man muss die Streitpunkte weder befürworten, noch ablehnen – aber IMO sollte klar sein, dass das neue Phänomene sind, zu denen es grade keine Entsprechung gibt. Die Politik – und der Politiker – muss an dieser Stelle unvoreingenommen Meinungen einsammeln, abwägen und eine Entscheidung treffen – wie auch immer die Aussehen mag.
Dass sich aber Politiker hinstellen und von vornherein sagen: ich bin voreingenommen, denn ich glaube, dass ich das alles schon erlebt habe (auch wenn ich in anderem Kontext zugegeben habe, dass ich überhaupt gar keine Ahnung vom Gesamtbild habe), deswegen nehme ich die andere Auffassung erst gar nicht zur Kenntnis und sage das auch öffentlich – das ist an bodenloser Arroganz kaum zu überbieten (wobei diese Arroganz für heutige Politikerkaste ja schon typisch ist; alle rein in den Sack und mit dem groben Knüppel drauf – man kann sicher sein, dass es ’nen Richtigen trifft).
Das wäre ja eine Katastrophe wenn man zur Abwechslung mal auf die Leute hören würde, die wirklich Ahnung von der Materie haben. Das könnte noch dazu führen, dass die Allgemeinheit profitiert und nicht nur die Leute, die sich ordentlich die Taschen auf Kosten anderer vollstopfen wollen…
„Denn wenn wir diese Fragen allein den technischen Experten, den Programmierern und Nerds überließen, lebten wir in einem selbstreferentiellen System, […]“
Wir brauchen mehr Sicherheit und Überwachung wegen Terroristen und KiPo und den Raubmordkopieren, ist da weniger selbst-referenziell?
„es käme zur Herrschaft der Ingenieure und Mathematiker, zu einer Expertenregierung im Platon‘schen Sinne. Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.““
Yoa die Herrschaft der Juristen ist da deutlich besser. Aber ich vergaß, Merkel ist ja Physikerin.
Möchte mal wissen, wer ihm diesen Vortrag geschrieben hat. Über das gesagte mal ein wenig selbst reflektieren war halt nicht mehr drinnen.
Ich kann nichts verwerfliches an Schulz‘ Äußerungen finden. Er bringt einen validen Standpunkt vor und bedient sich, im Gegensatz zu vielen anderen Politikern, einer Alltagssprache. Der Autor scheint das hier, vorsätzlich oder nicht, als eine Art abfällige Bemerkung misszuverstehen. Die Schlagzeile polarisiert hier stärker als die eigentliche Aussage es tut, weil sie aus dem Kontext gerissen wurde.
Bitte investiert meine Spenden doch in sinnvolle Artikel, welche die Netzgemeinde weiterbringen, anstatt in diese sinnlose Polemik. Danke !
Textverständnis Sechs?
Lieber Markus Beckedahl,
ich glaube, da sind die Reflexe mit Ihnen durchgegangen. Herr Schulz hat, so wie ich den Text lese, Nerds nicht grundsätzlich ausschließen wollen oder findet ihre Meinung weniger wichtig. Es moniert hingegen etwas an, was in Ihrem Kommentar auch offenbar wird: Dass wir uns Nerds evtl. ZU wichtig nehmen und dass jene, die keine Digital Natives sind eben darüber nicht mehr gehört werden. Gerade den letzten Satz im Zitat „Denn wenn wir diese Fragen allein den technischen Experten, den Programmierern und Nerds überließen, lebten wir in einem selbstreferentiellen System, es käme zur Herrschaft der Ingenieure und Mathematiker, zu einer Expertenregierung im Platon‘schen Sinne. Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.“ kann ich als Informatiker nur unterschreiben.
http://www.nytimes.com/2014/10/12/us/transcripts-kept-secret-for-60-years-bolster-defense-of-oppenheimers-loyalty.html?ref=science
Technik != Wissenschaft != Wirtschaft != Politik
Das in einer Demokratie die Meinung aller gehört werden sollte, ist klar. Ob das dann auch bei politischen Entscheidungen so berücksichtigt wird, steht auch einem anderen Blatt. Der Trackrecord der SPD in NP-Fragen ist nicht gerade gut, Herr Schulz sollte solchen Allgemeinplätze anders formulieren, wenn der sie denn so meint.
Und NP-Fragen sind bekanntlich immer schwer manche sogar hart.
… Ich bitte um Entschuldigung – daran konnte ich nicht vorbei.
Wenn digitale und analoge Meinungswelten nicht getrennt sind,
dann muss Schulz auch wissen, dass BEIDE Meinungen Einfluss haben werden.
Und das ist gut so, weil gerade die Politiker nicht unabhängig von den Meinungen anderer und gewissen Mehrheiten sind. Schulz‘ Meinung mag zwar richtig sein, nützt ihm jedoch nichts, eben weil Seinesgleichen abhängig von beidem ist.
ich sag nur; „spezialdemokraten“ ;-)
Nur eine kleine Frage zur Klarstellung: ist diese Aussage im Rahmen der Laudatio zum Friedenspreis gefallen oder an anderer Stelle? Das wird im Artikel nicht klar.
Wo er recht hat, hat er recht: wir haben kein Urheberrechtsproblem sondern ein Gesellschaftliches. Wie wäre es mal zur Abwechslung mit mehr Respekt vor der Leistung/ Arbeit anderer? Das bezieht sich nicht nur auf das Urheberrecht ;-)
Egal vor wem er dies so gesagt hat. Unrecht hat er (Schulz) nicht.
Und vielleicht sind wir eh schon soweit.
Selbst ein Elon Musk, der sicher weder in dem Verdacht steht Technikfeindlich zu sein oder gar unbedingt überkommene Geschäftsmodelle mit ristriktiver Politik künstlich am leben zu halten macht sich so seine krtischen Gedanken.
Ketzerische Frage, die auch ein Schulz nicht ganz erfasst haben wird.
Aber wenn morgen eine AI auf einem der HFT server wirklich ein Eigenleben entwickelt, würden wir es überhaupt merken?!
Kein Respekt für Martin Schulz!
In meinen Ohren beklagt Martin Schulz, Nerds und Netzaktivisten hätten das sagen, und normale Menschen (d.h.: Buchindustrie-Lobbyisten) müssten mehr Macht bekommen. Wie viel Macht haben den Netzaktivisten? Ich denke, fast gar keine, sonst würde die NSA nicht gleich mein Posting auf einem SErver in der amerikanischen Wüste speichern. Von dieser vielen Macht sollen Netzaktivisten also wasabgeben, an Wirtschaftsvertreter, die unter Strukturwandel leiden.
Für die digitale und die analoge Welt sollten wir die gleichen gesellschaftlichen Fragen stellen, z.B. wie sorgen wir für Gerechtigkeit und Effizienz? Die Antworten fallen aber teilweise drastisch unterschiedlich aus. Die CDU findet z.B., der Staat solle öffentliche Bereiche des Internets, wie diese Postings z.B., überwachen. Ist ja öffentlich. Als die Stasi in der analogen Welt z.B. in für alle zugänglichen Kirchen spioniert hatte, da war das noch Unrechtsstaat. Beim Buchhandel ist es ähnlich. Im Netz lassen sich Informationen zu extrem geringen Kosten vervielfältigen und allen zugänglich machen. Könnte man daraus andere Geschäftsmodelle entwickeln, die effizienter und gerechter sind? Das Internet bietet zusätzliche Möglichkeiten, wir könnten daraus Lösungen entwickeln, die in der rein analogen Welt nicht sinnvoll waren.
>>Expertenregierung im Platon‘schen Sinne. Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.
Die Frage stellt sich, ob eine Idiotenregierung eine Regierung im demokratischen Sinne wäre. Für mich spricht aus seinen Befürchtungen nicht unbedingt nur Antinerdaismus sondern Wissenschaftsfeindlichkeit. Der versteht halt nicht, was Mathematiker machen und diese anderen Okkultisten. Interessant ist auch, wie er von einem zu großen Mitspracherecht der Nerds bei „diesen Fragen“ spricht, dann aber allgemein etwas über „Herrschaft“ faselt.
sorry, „Fäuste“ latürnich.
Einfach mal „technische Experten, Programmierer und Nerds“ durch Aerzte ersetzen (oder eine andere Gruppe von Spezialisten). Selbstverstaendlich ist wichtig, WAS er sagt.
Ich schau mir die „Adminpartei“ Piratenpartei an (vor allem deren traurige aktuelle Enwicklung!). Und ich sage, hier hat er recht. Ein besserer Kommissionspräsident wäre er deswegen nicht unbedingt. Aber dieses Angefressen-sein, „weil er die Nerds beledigt hat, heul, schluchz“ ist lächerlich. Es ist so, wie er sagt, man google einfach mal, wie Nerds zum Beispiel über „DAUs“, also „dümmste anzunehmende User“ ihrer Technikspielereien, sprechen. „Selber schuld“ ist da noch das harmloseste. Und der Nerd-Blick auf Politik ist ein verengter Tunnelblick, der alles so regeln will wie in einem Computerprogramm. Menschlich fehlt es da oft an allen Ecken und Enden, politisch auch. Siehe wiederum Piratenpartei. Bildung umfasst doch noch etwas mehr als einen PC zu verstehen oder in Ruby was programmieren zu können.
PS: Wo das alles scheinbar ja mit dem Buchpreis zu tun hatte: Nerds schreiben zb. selten Bücher, noch seltener gute Bücher die ich lesen möchte. Nerds schreiben wie fefe (Netzpolitik ist da schon höheres Niveau). Nix gegen fefe. Aber… hmm.
Nerds schreiben gute Textverarbeitungsprogramme und gute Tauschbörsenprogramme (wo sie dann die Bücher von anderen tauschen), oder Betriebssysteme. Aber z.B. keine guten Romane oder Parteiprogramme, denn damit sind sie eben überfordert. Mit der Lanier-Preisvergabe bin ich auch nicht so glücklich, misslungener Anbiederungsversuch an Nerds, die selber höchstens mal Tolkien und Douglas Adams lesen (nix gegen Douglas Adams!).
Etwas anderes ist es vielleicht mit Politik-, Geschichts-, Philosophie-Nerds. Aber wir reden hier ja von klassischen Techniknerds.
Er hat Recht. Genau wie in der analogen Welt sollte es auch in der digitalen Welt Tabu sein, zu speichern, wer mit wem redet. Es sollte auch in der digitalen Welt das uneingeschränkte Recht auf Privatkopie geben, und dazu sollte es – genau wie ich in der analogen Welt meine gekauften Geräte mit Gewalt öffnen darf – legal sien, in der digitalen Welt Kopierschutz zu knacken um mein Recht auf die Privatkopie wahrzunehmen. Ich finde es gut, dass er den Autoren und Verlegern die Stirn bietet, gegen DRM, Vorratsdatenspeicherung und den ganzen Quatsch so klar Stellung bezieht. Etwas unfair ist, dass er deren Unwissenheit ausnutzt um sie denken zu lassen, er würde eine Position zu ihrem Vorteil beziehen.
Allerdings sehe ich uns Nerds trotzdem in der Pflicht, den Content-Produzenten beratend zur Seite zu stehen, um auch ihnen in Zukunft noch ein gute Einkommen zu ermöglichen. Als Leser bin ich schließlich gerne bereit, für den Lesegenuss zu zahlen, auch wenn mit das im Moment durch völlig inakzeptable DRM-Mechanismen und rechtliche ungleichbehandlung der Digitalen und Analogen Welt ziemlich verleidet wird.
@Klippert:
„Die CDU findet z.B., der Staat solle öffentliche Bereiche des Internets, wie diese Postings z.B., überwachen.“
Die Nerdpartei Piratenpartei (etwa Simon Lange von der Zuse-Crew) macht das doch auch selbst, „feindliche“ Piratenpostings auf Twtter werden da für spätere Verwendung vorratsdatengespeichert. Oder was machen denn die Nerds von 4Chan mit privaten Bildern. Ihr Heuchler!
Die „Nerds“ und Netzpolitiker sind die größten Kritiker der Urheberrechtsverschärfungen die die Zuhörer begrüßen. Damit wird gesagt: „Ihr mit euren Verschärfungen habt unrecht“. Schulz sagt nun im wesentlichen: „Man soll nicht auf die hören sondern auf uns damit auf mich.“ Damit will er nur seine Position stärken und die der Gegenseite in diesem Bereich marginalisieren. Dabei den Netzpolitikern einen Mangel an Demokratiewillen zu unterstellen ist insbesondere angesichts der Demokratiedefizite im europäischen Machtaparat mit seiner ausgeküngelten Kommission schäbig und irreführend.
Die Kommentatoren hier die den Piraten mangelndes Technikverständnis, mangelnde Kompetenz oder mangelnden Demokratiewillen unterstellen sollten sich mal klar machen was eine Partei ist. Im Durchschnitt sind die Piraten deutlich kompetenter in Technikfragen als alle anderen Parteien. Sie wollen diese Kompetenz in die Parlamente bringen und damit den Netzpolitikern und Aktivisten einen direkten Einfluss einräumen. Leider verallgemeinern die Leute so wie hier. (*) Offenbar wollen viele einfach regiert werden und sind mit mehr als dem Zettelfalten überfordert. Anders ist die stärke von cdu und afd kaum zu erklären.
Wie hier auch bemerkt wurde würde Niemand die Notwendigkeit von Finanzexperten bei Wirtschaftsfragen anzweifeln obwohl Wirtschaft in täglichen Leben für die meisten nicht die Hauptbeschäftigung ist. Dass dies in netzpolitischen Fragen doch getan wird liegt an der Schwäche der Aktiven sich eine Stimme in den Parlamenten zu etablieren – und wenn es eine gibt diese entsprechend als „Seine“ Stimme anzuerkennen und zu unterstützen. Konservative haben kein Problem damit. Darum kann auch Schulz hier schwadronieren: „Hört nicht auf die, hört auf mich. Ich habe keine Ahnung und bin damit einer von euch.“
Musste glucksen ob des Konjunktivs, den Martin Schulz da gewählt hat. Immerhin ist er Mitglied einer Partei und damit einer sozialen Bewegung, die nur in der Technokratie existieren kann.
Wer hat uns verraten?
Der Herr Buchhändler spricht über Digitalisierung.
Das was er sagt ist richtig und wie er es sagt ist nicht falsch.
Wir sollten nicht vergessen, dass das Internet eine technische Revolution war und ist, die ungerechtfertigt politische und gesellschaftliche Revolutionen nach sich gezogen hat und noch immer zieht.
Das Internet ist kein Bereich, der in sich abgeschlossen nur für sich steht. Das Internet wirkt massiv in die (Offline-) Welt hinein. Die Netzpolitiker und Nerds, um bei diesen Ausdrücken zu bleiben, möchten das Netz gerne als eigenständiges System behalten, denn sie sehen es als ihr Welt, als ihr Spielzeug.
Was sie aber nicht erkennen, das sind die riesigen Gefahren, die das Netz mit sich bringt. Nicht technisch, sondern gesellschaftlich und politisch und gerade ebend nicht für das Netz selbst, sondern insbesondere für das was für Netzpolitiker der Offline-Bereich ist.
Als zB das Grundgesetz geschrieben wurde und die freie Meinungsäußerung ein wichtiger Bestandteil wurde, kam niemand auf die Idee, dass wirklich jeder seine Meinung ungefiltert der ganzen Welt verkünden kann (*1). Man ging davon aus, dass unerwartete Meinungen lokal gesagt werden und sich nachvollziehbar und auch stoppbar verbreiten. Eine Zeitschrifft, die zu ‚randikal‘ war, ließ sich verbieten und Rundfunk / Fernsehen waren reglementiert und in fester Staats-Hand. Wer schlagartig die Masse erreichen wollte, der mußte ‚genehm‘ sein.
Das Internet hat das alles revolutioniert, jeder kann heute seine Meinung ungefiltert in die Welt tuten und im Falle eines Falles gibt es kaum Möglichkeiten diese Meinung zu unterbinden / zu zensieren. Das war nie so vor(her)gesehen.
In unserem moralischen Bewußtsein handelt doch derjenige falsch, der „sich das Recht nimmt“ und nach einem Gerichtsbeschluß zu einem Fall heißt es doch „X hat Recht bekommen“.
Denn Rechte fallen einem nicht einfach zu, man muß sie von denen, die es traditionell besitzen erkämpfen und erstreiten, so sieht es die gesellschaftliche Ordnung in der wir leben einfach seit jeher vor.
Die technische Entwicklung hat daran gerüttelt, denn sie hat etwas erschaffen, was zu Beginn „rechtsfrei“ war (*2). Niemand hatte die neuentstanden Rechte inne. Dies ist das Kernproblem. Denn wer hat sich die unerwart aufgetauchten Rechte einfach genommen? Richtig, diejenigen denen Recht nie einfach zusteht: das gemeine Volk, vertreten durch Netzpolitiker und Nerds.
Anstatt abzuwarten, welche Rechte ihnen, von denen die das ganz große Recht -die Macht- für sich beanspruchen, gegeben werden, haben sie sich die Rechte einfach geklaut und erwarten jetzt auch noch, diese unlauter erworbenen Rechte behalten zu dürfen.
Aber genau dieses Recht bekommen sie nicht!
Alles, was Menschen, die sich ihre Position der Macht erarbeitet haben (oder von Geburt an besitzen), wollen, ist nichts anderes, als die ihnen zustehende Macht zurück zu bekommen, auch im Internet. Sie sind es nicht, die traditionell um Rechte kämpfen müssen, sie sind eigentlich diejenigen die das Recht vergeben.
Die Macht und das globale Recht im und am Internet sollte ersteinmal denen übergeben werden, denen es zusteht und erst dann dürfen Nerds / Netzpolitiker als Fürsprecher des gemeinen Volks kommen und sich Rechte erkämpfen!
So und nicht andersherum hat es zu sein!
Für Martin Schulz, also jemand, der sich seine Position auf traditionell hergebrachte Weise erarbeit hat, sind Netzpolitiker und Nerds einfach gemeine Revolutionäre, die es unbedingt zu stoppen gillt. Natürlich sagt er das nicht so direkt, allerdings unterdrückt diese Wahrheit auch nicht.
Anmerkungen:
*1) Spätestens seit den London-Riots sollte jedem die gesellschaftliche und politische Gefahr bewusst sein, welche das Internet erschaffen hat.
*2) Die Mär, dass man einfach alle bereits bestehenden Rechte auf das Internet übetragen könnte, wird dem ebend nicht gerecht. Viele Rechte lassen sich zwar vom Wortlaut auch im Netz anwenden, aber nicht von ihrem eigentlich sehr beschränkentem Sinn her. Das Internet hat einfach die Beschränkungen gekappt, weshalb die damals eingeräumten Rechte nun für das Internet neu gefasst werden müssen, damit sie ihren alten Sinn behalten.
Erstmal ist Herr Schulz unser angestellter. Er hat die Macht von uns zur Verwaltung demokratisch übertragen bekommen, und sie sich nicht erarbeitet, um uns zu vertreten, nicht seine Pfründe zu sichern.
Ich als Technik-Interessierter Bürger hege in keinster Weise den Wunsch nach einer Technokratur oder sonstiger Allmachts-Phantasien. Das eigentliche Problem bringst Du in Deinem langatmigen Beitrag in „*2)“ gut auf den Punkt: Die Rechte lassen sich nicht einfach 1:1 übertragen. Aber das behauptet Herr Schulz mehr oder weniger. Um die gleichen Rechte sinnentsprechend umzusetzen, braucht man Leute, die die Technik verstehen, und nicht unbedingt eine einzelne Interessensgruppe vertreten. Ich vertrete nicht die Meinung, jeder solle alles für Lau bekommen, und denke auch nicht, dass alles über Kickstarter-Ähnliche Modelle finanzieren lässt. Aber Tatsache ist nunmal, dass sich technisch Kopien nicht verhindern lassen (ja, es gibt DRM, aber eben immer auch die analoge Lücke), und es praktisch nur zwei grundsätzliche Optionen gibt: Totale Überwachung, um Kopierer zu erwischen, oder Kopieren legalisieren und das Geld anderweitig eintreiben.
Umkehrschluß: 95 Prozent der Bundesbürger sprechen dann über ein Thema, von dem sie wenig bis gar keine Ahnung haben. (So die aktuelle Statistik: http://de.statista.com/infografik/2811/internetkenntnisse-in-europa/)
„Entscheidend“ in der Sache soll also derjenige sein, der gar nicht weiß, worüber er eigentlich redet geschweige denn entscheidet.
Klassisch: Das Volk dumm halten und für Notfälle (wie Wahlen) vorbeugend Angst machen – in diesem Fall vor dem bösen, vernichtenden Internet.
Ist das so gewollt?
Gut dass Martin Schulz sich keine Sorgen machen muss, mit einem Philosophenkönig verwechselt werden zu können.
Zitat Martin Schulz: „…… es käme … zu einer Expertenregierung im Platon‘schen Sinne. Das wäre dann sicher keine Demokratie mehr.“ Würde Schulz das Wort „Demokratie“ durch Plutokratie ersetzen, dann würde es stimmen.
Außerdem: Wo kämen wir denn hin, wenn alle Posten nur noch nach Qualifikation besetzt werden würden? Dann gäbe es ja keinen Platz mehr an den Futtertrögen für Schulz, Öttinger und Konsorten.
Unsere Probleme in Deutschland beruhen vor allem darauf, das Politiker wie Herr Schulz schon lange den Boden der Realität verlassen haben. Man spricht nicht umsonst von Volksferne, die miserablen Wahlbeteiligungen sind ebenfalls ein selbst verschuldetes Ergebnis solcher Politiker.
Sorry, aber sein wir ehrlich: weder haben wir eine „Demokratie“, noch will unsere Regierung eine haben. Wir haben eine parlamentarische Stellvertreterbürokratie westlicher Prägung mit abendlich christlichem Doppelmoralwertesystem, kurzsichtiger, beinahekapitalistischer Egoismuseinspritzung, welche jegliche individuelle Verantwortung oder Beteiligung am Gemeinwohl je nach Windrichtung als „undemokratisch“, „unchristlich“ oder „kommunistisch“ bezeichnet und stattdessen Staatsegoismus als Kern einer demokratischen Grundordnung darstellt. Oder anders ausgedrückt: wir haben eine Diktatur der Vollidioten!
Nennen wir es einfach das „Prinzip Dreck“. Wo einmal Dreck ist, da klumpt über die Zeit sich immer neuer Dreck an. Das trifft zu auf Großunternehmen, trifft zu auf Führungsetagen und trifft zu auf jede Regierung. Wo erst einmal ein selbstverliebter Machtpolitiker am Hebel sitzt, finden sich genug Typen, die nach unten treten und noch oben buckeln, um sich ihm (oder ihr) als willige Vollstrecker anzubieten, solange sie dafür nur auch ein paar Krümel vom Kuchen haben können.
Dieses Geschmeiss hat absolut gar nichts mit Demokratie zu tun. Warum haben diese Politiker Angst vor Nerds? Weil diese „widerlichen Nerds“ schreckliche Idealisten sind! Wir lassen uns nicht kaufen, wir interessieren uns nicht für Quoten, religiöse Verblendung oder scheinheilige Moral, sondern treten tatsächlich für das ein, wovon andere nur reden. Wir sind die Reinkarnation einer Sonntagsrede mit weißen Rittern und fliegenden Fahnen. Obendrein setzen wir uns dabei nach bestem Wissen und Gewissen stets für die sinnvollste Lösung ein. Das heißt: für jemanden dem die Fachkenntnis und das Hintergrundwissen fehlt das zu bewerten sind wir völlig unberechenbar! Obendrein haben wir auch noch eine unerschütterliche Moral, die sich nicht einmal mit politischen Bequemlichkeiten das Maul verbieten lässt und keine Angst hat, alles infrage zu stellen was wir „nicht ändern können weil wir das schon immer so gemacht haben!“
Kompetenz macht Angst! Und wie lösen unsere Politikerattrappen das Problem? Sie behaupten „eigentlich ist Inkompetenz sogar was Gutes“ und „eigentlich gibt es gar keinen Unterschied zwischen der analogen und digitalen Welt und deshalb muss ich mich damit auch gar nicht auskennen“! Richtig: Weil ja auch für Datenautobahnen schließlich die Verkehrsminister der Länder zuständig sind.
Am Schönsten ist die Aussage „die Politik steht jedem offen“, was natürlich in einer Parteiendemokratie kompletter Schwachsinn ist, weil man außerhalb der Parteien eigentlich keine Politik betreiben kann und die Parteien sich intern gegen unbequeme Besserwisser abschirmen. Es lebt sich eben auch viel bequemer in der Mittelmäßigkeit. Da sieht im Vergleich keiner völlig dumm aus, keiner muss sich besonders anstrengen, neue Ideen braucht man auch keine haben und die eigene Verantwortung kann man schön über Ausschüsse und Sitzungen abfedern bis niemand mehr an irgendwas „schuld“ ist, kurzum: alle werden glücklich.
Meine Meinung? Teeren und federn das ganze inkompetente Pack! Diese gesamte kriminelle Bande von Dummschwätzern auf dem Marktplatz festbinden und kostenlos Eier verteilen! Dieses Gesindel hat nicht das Recht von Demokratie zu schwafeln. Sie haben schließlich noch nie eine gesehen!