Europaparlament: CDU fühlt sich beim Datenschutz für Polizei und Justiz übergangen

Morgen stimmt das Plenum des Europaparlaments in Strassburg über die Datenschutzreform ab. Bei dem Gesetzesvorhaben, das Anfang 2012 von der Europäischen Kommission vorgeschlagen worden war und anschließend in den Ausschüssen des Parlaments bearbeitet und verändert wurde, besteht im Parlament weitgehend Einigkeit, während sich der Rat der Mitgliedsstaaten immernoch schwer tut, zu einer gemeinsamen Position zu kommen und das Paket Richtung Abschluss zu schieben.

Ministerrat, komm mal in die Puschen!

Jan Philipp Albrecht (Grüne), der Berichterstatter für die Verordnung, betonte, dass der breite Konsens für einen hohen Datenschutzstandard zeige, dass die Europäische Union gewillt sei die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Wie auch der sozialdemokratische Schattenberichterstatter Dimitrios Droutsas und viele weitere Abgeordnete kritisierte er den Ministerrat für die seiner Meinung nach unverantwortliche Verzögerungstaktik. Eine einfache Lösung wäre, dass der Rat einfach die Position des Parlaments übernehme, denn schließlich hätten sich dort Vertreter aller Parteien aus allen Ländern auf ein gemeinsames Dokument geeinigt. Immer mehr Bürger entschieden sich für sichere Dienste, dieser Entwicklung könne man nun auch politisch Nachdruck verleihen.

Justizkommissarin Viviane Reding, die 2012 den Entwurf des Pakets vorgelegt hatte, warb nochmal für Datenschutz als Wirtschaftsfaktor. Sie zeigte sich erneut erfreut über den neuen Schwung, den die griechische Ratspräsidentschaft mit sich gebracht habe, und lobte, dass wie auch seinerzeit unter der irischen Präsidentschaft gute Arbeit geleistet werde, nachdem man während der litauischen Präsidentschaft Winterschlaf gehalten habe.

Arbeitnehmerdatenschutz gestärkt

Nadja Hirsch (FDP) meinte als Berichterstatterin des Beschäftigungsausschusses, dass es vor allem auch gut sei, dass in Zukunft eindeutig europaweit verboten sei, Angestellte mit Kameras zu überwachen. Evelyn Regner (SPÖ) ergänzte, dass in diesem Bereich das Verbot von Blacklisting, also dem Anlegen von Schwarzen Listen für beispielsweise Gewerkschafter und Betriebsratsmitglieder, die dadurch vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden, ein Erfolg sei.

Während sich weitere Sprecher von Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen, Linken und Grünen weitgehend zufrieden mit der gemeinsamen Position zeigten, gab es Widerspruch von der Fraktion der Europaskeptiker. Der Tory-Vertreter Timothy Kirkhope nannte Daten das Lebensblut der Wirtschaft. Man dürfe kleine Unternehmen nicht nach den selben Regeln wie Konzerne behandeln und Forscher nicht daran hindern, weiterhin tolle Medikamente zu erfinden. Seine Parteifreundin Vicky Ford geriet relativ hitzig mit der Liberalen Baroness Ludford aneinander. Ford hatte eindringlich vor den Risiken von Datenschutz im Gesundheitsbereich gewarnt und auf die Lobby-Anstrengungen der Gesundheitsbranche verwiesen, denen nach ihrem Geschmack zu wenig Gehör geschenkt worden sei. Ludford fragte nach, ob das im Angesicht der fortwährenden Fails im englischen Gesundheitswesen ihr Ernst sei. Dort seien Gesundheistdaten „wie Junkmail“ versendet worden.

CDU fühlt sich übergangen

Dimitrios Droutsas, der nicht nur Schattenberichterstatter der Verordnung, sondern auch Berichterstatter des Schwesterdokuments, der Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz, ist, mahnte in diesem Bereich zum Zusammenhalt im Parlament. Wenn man hier morgen die Richtlinie stoppe, würde man den schmutzigen Job der daran interessierten Mitgliedstaaten erledigen. Sophie in’t Veld (Liberale) zeigte sich besorgt über die Haltung von Christdemokraten und Euroskeptikern, die die Richtlinie für Justiz und Strafverfolgung gefährdeten. In diesem Bereich sei hoher Datenschutz besonders wichtig und ein Abschwächen unverantwortlich. Von Axel Voss (CDU) kam der Vorwurf, man habe seine Fraktion ignoriert und könne daher nicht ernsthaft mit Unterstützung rechnen. Droutsas reagierte wütend. Alles was von den Christdemokraten bei diesem Dokument gekommen sei, sei Verzögerungstaktik gewesen. Sich nun hinzustellen und zu behaupten, man sei in den zwei Jahren der gemeinsamen Arbeit am Dokument nicht berücksichtigt worden, sei schlicht dreist.

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