De Maiziere zum Urheberrecht: „Debatte festgefahren“

Wie Markus bereits gebloggt hat, beschwert sich Bundesinnenminister Thomas de Maiziere in seinem FAZ-Gastbeitrag zur Digitalen Agenda der Bundesregierung zwei Absätze lang über die Agenda-Leaks. Nur drei Sätze hingegen widmet de Maiziere einem zentralen Digitalisierungsthema, dem Urheberrecht – und zwar als Beispiel für die „Ausformulierung eines Ordnungsrahmens“:

Der Staat als Akteur dieser Debatte muss bei der Ausformulierung eines solchen Ordnungsrahmens drei Aufgaben erfüllen. Erstens: Der Staat muss die verschiedenen Positionen und Aspekte in den verschiedenen von der Digitalisierung betroffenen Feldern gegeneinander abwägen und Interessen ausgleichen. Das mag nicht spektakulär klingen, ist aber kompliziert und mühsam. Denn es ist die ureigenste Aufgabe von Politik überhaupt, das große Ganze im Blick zu behalten. Wie schwer dies ist, zeigt exemplarisch der jüngst veröffentlichte Konsultationsbericht der Europäischen Kommission zu den rund 11 000 eingegangenen Anregungen zur Weiterentwicklung des europäischen Urheberrechts. Die Ergebnisse verdeutlichen, wie festgefahren die Debatte zwischen den verschiedenen Interessensgruppen allein in diesem Aufgabenfeld der Digitalisierung ist. Sie zeigen auch, welche großen Aufgaben die Politik an dieser Stelle hat.

Wie hier bereits mehrfach dargelegt, sind die Ergebnisse der EU-Konsultation zum Urheberrecht in der Tat instruktiv. Sie zeigen allerdings mehr als nur den Umstand, dass die Debatte „festgefahren“ ist. Die Auswertung der Ergebnisse nach Stakeholder-Gruppen weist nämlich auch den Weg, um das Urheberrecht wieder besser auszubalancieren: Unzufriedenheit herrscht vor allem auf Seiten der Konsumenten und institutionellen Nutzer wie Bibliotheken und Forschungseinrichtungen, während auf Seiten der Verlage und Verwerter keinerlei Reformbedarf gesehen wird:

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Wie groß der Bedarf nach Urheberrechtsreformen ist, wird noch deutlicher, wenn auch die Anzahl der Rückmeldungen im Rahmen der Konsultation berücksichtigt wird, wie das die deutsche Piratenabgeordnete im EU-Parlament Julia Reda auf Basis meiner Rohdaten getan hat:

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Es stimmt also, wenn de Maiziere an dieser Stelle von „großen Aufgaben“ für die Politik schreibt. Die Ergebnisse der EU-Konsultation könnten aber eine große Hilfe dabei sein, diese auch zu bewältigen. Dazu ist es aber notwendig, nicht nur die Frontstellung sondern auch das Unzufriedenheitsgefälle zwischen Nutzern und Rechteinhabern wahr- und ernstzunehmen.

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