Bericht vom 3. Symposium der BfDI zur Informationsfreiheit: Alles eine Frage der Transparenz

Quelle: j. (CC BY-NC-SA 2.0)

Am 11./12. Septmeber fand das 3. Symposium der BfDI (Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit) in Berlin statt. Vor neun Jahren wurde das IFG (Informationsfreiheitsgesetz) eingeführt und wir machen fleißig Gebrauch von IfG Anfragen (FragDenStaat.de hilft dabei). Informationsfreiheit in diesem Zusammenhang bedeutet das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen von öffentlichen Behörden und ist nicht mit der Informationsfreiheit des Art.5 Abs.1 S.1 Var.2 GG (sich informieren aus „allgemein zugänglichen Quellen“) zu verwechseln. Nach dem IfG können Bürger*innen Zugang zu amtlichen Unterlagen von Behörden fordern. Wie ihr unseren Blogeinträgen jedoch entnehmen könnt, werden häufig Auskünfte von den Behörden verweigert. Das 3. Symposium zur Informationsfreiheit sollte nun einer Bestandsaufnahme des IfG dienen, den Handlungsbedarf beschreiben und Grundsatzfragen zum Thema Informationsfreiheit erörtern.

Transparenz und Kodifikation?

Mit Grundsatzfragen fing das Symposium an. Christoph Gusy stellte in seinem Vortrag abstrakte und theoretischen Überlegungen an zum Thema Transparenz staatlichen Handelns. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob Transparenz einen Eigenwert an sich hat, oder nur etwas ist, das wir brauchen um andere Verfassungsrechte und -werte durchzusetzen. Mit anderen Worten, gibt die Verfassung uns einen eigenen Anspruch auf Transparenz oder ist das Recht auf Transparenz nur das Anhängsel von anderen Verfassungsrechten?

Anschließend ging Matthias Rossi in seinem Vortrag der Frage nach, ob wir ein Informationsfreiheitsgesetzbuch brauchen. Momentan kann man Anträge auf Auskunft nach verschiedenen Gesetzen stellen. Neben dem IfG können auch Gesetze wie das UIG (Umweltinformationsgesetz) einen Anspruch auf Auskunft geben. Die Gesetze verwenden mitunter verschiedene Begrifflichkeiten und normieren unterschiedliche Voraussetzungen. Es ist also alles reichlich kompliziert. Sollten diese verschiedenen Gesetze zusammengeführt werden in einem einheitlichem Informationsfreiheitsgesetzbuch? Es bestand Konsens, dass eine solche Kodifizierung nur dann Sinn macht, wenn tatsächlich eine Harmonisierung stattfindet und wenn die Kodifizierung einen Fortschritt bedeutet, nicht einen Rückschritt. Zum Beispiel könnte die Kodifizierung genutzt werden, um die Ausnahmen für ein Auskunftsgesuch zu reduzieren (so Kloepfer). In Schleswig Holstein wurden auf Landesebene die verschiedenen Ansprüche zusammengeführt, so dass es für alle Ansprüche auf Auskunft nur noch ein Informationszugangsgesetz gibt. Die Zusammenführung hätte zu noch mehr Verwirrung bei den Bürger*innen geführt. Die Gesetze für Transparenz sollten auch selber transparent sein, so der Kommentar von einer Person aus Schleswig Holstein.

Transparenz als Ideologie oder als Schutz gegen Diktatur?

Der Nachmittag war geprägt von zwei Impulsreferaten und einer anschließenden Podiumsdiskussion. Den Anfang machte Göttrik Wewer. Wewer war u.a. Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und hat reichlich behördliche Praxis gesammelt. Sein Impulsreferat hatte den Titel „Totale Transparenz?“. Wewer distanzierte sich von „Facebook Wissenschaft“ und wies darauf hin, dass es nicht darum gehe, ob er Transparenz gut oder schlecht finde, sondern dass man sich endlich einmal empirisch der Frage nähern müsste: bringt mehr Transparenz etwas? Laut Wewer: nein. Es gebe keine Korrelation zwischen Information, Korruption, Machtmissbrauch und Wahlbeteiligung. Will heißen, Transparenz verringere nicht die Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit von Korruption und Machtmissbrauch. Mehr Transparenz verhelfe auch nicht zu mehr politischer Beteiligung und mehr politischer Diskussion. Wewer befürchtet einen menschenverachtenden Kontrollstaat, sollten Transparenz und Informationsfreiheit zu hoch gehalten werden. Maximale Transparenz sei eine Ideologie und nicht optimal. Außerdem sei totale Transparenz nicht möglich, da Forschung belege, dass der Mensch sich selbst nicht transparent gegenüber sei. (Einen Einblick in Wewer’s Ansichten könnt ihr hier bekommen).

In eine andere Richtung ging das zweite Impulsreferat von Roland Jahn, dem Leiter der Stasi Unterlagen Behörde. Laut Joahn war das Stasi Archiv das Herz und Hirn der Diktatur. Diese Unterlagen waren niemals für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Intransparenz ist also Wesensmerkmal einer Diktatur. Transparenz sei elementar wichtig für eine Demokratie, zwar gäbe es dann weniger Untersuchungsausschüsse und weniger Schlagzeilen für investigative Journalist*innen, aber für die Demokratie sei mehr Transparenz wünschenswert. John plädierte für eine verstärkte demokratische Kontrolle von Geheimdiensten; zumal wir in Deutschland reichlich Erfahrung mit Geheimdiensten und deren Schlüsselposition in Diktaturen gemacht hätten.

Transparenz – Last, Pflicht oder Gefallen?

Die anschließende Podiumsdiskussion war geprägt von Statements von Göttrik Wewer und vehementer Kritik an diesen. Die Kritik kam sowohl vom Podium als auch aus dem Publikum. Wewer hatte von seiner Behördenpraxis berichtet und als Argument gegen Transparenz angeführt, dass er so viele Behördenvermerke gesehen habe, bei denen er froh gewesen sei, dass die nie an die Öffentlichkeit gekommen seien. Wäre das behördliche Arbeiten transparent, dann müssten die Behörden ihre Arbeitsweise komplett ändern. Die allgemeine Reaktion: Was wäre daran so schlecht? Wollen wir nicht gerade ein effektiveres und saubereres Arbeiten von Behörden erreichen durch eine Zunahme an Transparenz? Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass Transparenz nicht nur eine Bürde für Behörden sei, sondern ihnen auch helfe bei ihrer Arbeit. Zum Beispiel hätten Auskunftsanfragen von Greenpeace dazu geführt, dass eine Behörde Subventionsbetrüge aufdeckte.

Es wurde auf falsche, bzw. fragwürdige Prämissen bei der Diskussion um Transparenz und Informationsfreiheit aufmerksam gemacht. Warum bedürfe das Recht der Bürger*innen auf Informationszugang immer einer Legitimierung, während andere Rechte als gegeben und unhinterfragbar angenommen werden. Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen zum Beispiel müsste auch nicht jedes Mal aufs Neue legitimiert werden, nur weil in vielen Verhandlungen die Gerichtsbänke im Zuschauerraum leer seien. Im Gegensatz dazu, werden die Informationsansprüche des Staates gegen die Bürger*innen für selbstverständlich angenommen. Warum sollte es diese Asymmetrie bezüglich Informationsansprüchen geben? In der Diskussion wurde auch daran erinnert, dass die Behörden und staatlichen Stellen von wem bezahlt werden? Genau, den Steuerzahler*innen. Diese müssten dann auch den Anspruch haben, zu wissen, was mit ihren Steuergeldern getan wird. Die Aufgabe von öffentlichen Behörden sei es, der Öffentlichkeit zu dienen. Also sei es vielmehr eine den Behörden inhärente Pflicht, der Öffentlichkeit Auskunft zu geben und kein Gnadenakt den Bürger*innen gegenüber.

2 Ergänzungen

  1. > […]
    > Es gebe keine Korrelation zwischen Information, Korruption, Machtmissbrauch und Wahlbeteiligung.

    Als die Sache in Dresden mit der indivualisierten Funkzellenabfrage bekannt wurde, habe ich in anderen Bundesländern angefragt, ob es welche gab. Die Antwort war dann nein, natürlich kann ich jetzt nicht empirisch belegen, was gewesen wäre, wenn ich nicht angefragt hätte, ob man dann eher die Kompetenzen überschritten hätte…

  2. Das gewollte Falschverstehen in der Politik nervt so. Uuunglaublich… wem hilft das denn bitte? Was haben die zu verlieren? Kann mir doch keiner erzählen, dass Berufspolitiker nicht in der Lage sind, Transparanz bei den Behörden und Gläsernheit bei lebenden Personen auseinander zu halten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.