Remixer #11 Andi Otto: „Der Track schlummert für immer auf einer Backup-Platte“

Andi Otto (Foto: Robin Hinsch)
Andi Otto (Foto: Robin Hinsch)

In der Serie “Remixer/in” erzählen Menschen über ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Andi Otto.

Der in Hamburg lebende Andi Otto veröffentlicht seit 2002 Musik als „Springintgut“ auf Pingipung und City Centre Offices. Seit 2007 tritt er solo oder in Duos mit DJs mit dem „Fello“ System auf, ein um Sensoren erweitertes Cello. „Fello“ wurde  am niederländischen STEIM entwickelt, über dessen Geschichte und die dortigen Instrumental-Konzepte verfasst Otto außerdem gerade seine Doktorarbeit. Außerdem komponiert er für Theater- und Tanzperformances und arbeitet selbst als DJ.

Du hast mit dem „Fello“ sogar ein eigenes Musikinstrument entwickelt. Was hat es damit auf sich und wie verwendest Du es?

Die Gesten des Bogens beim Streichen oder in der Luft verändern den Cellosound durch Software, die die sensorisch erfassten Daten meiner Gesten liest, das ist schon das ganze Konzept. Weil es etwas grundsätzlich anderes ist als Cello zu spielen, habe ich dem System einen Namen gegeben. Seit 6 Jahren spiele ich nur noch mit dem „Fello“ in unterschiedlichsten Kontexten. Es ist eine experimentelle Klangsuche, ich improvisiere viel, aber ich sehe es am liebsten im sogenannten Clubkontext und spiele oft mit DJs.

Was macht für Dich einen guten Remix aus?

Wenn jemand seine Begeisterung für ein bestehendes Stück Musik durch eine eigene Produktion mitteilen kann, dann ist ein Remix gut. Also nicht fremde Ideen in eigene einbauen, sondern mit dem Produzenten-Finger auf die Genialität eines bereits komponierten Sounds zu zeigen.

Auf welche Weise verwendest Du selbst Werke Dritter?

Kürzlich habe ich ein Konzert auf einem Festival in Ancona gespielt. In der zweiten Hälfte habe ich aus iTunes Techno Maxis abgespielt, zu denen ich improvisiert habe. Diese Maxis sind auf „Sutsche“ aufgenommen, also von einem Plattenspieler gesampelt der auf 33 statt 45 läuft. Sutsche ist das Soundsystem in Hamburg, die nur nach diesem Prinzip auflegen. Durch das herunterpitchen entsteht viel Raum im Sound, zu dem ich gut spielen kann. Das prozessierte Cello fügt sich immer wieder neu ein und macht live etwas Neues aus dem Track. Wenn ich kann trete ich live mit dem Sutsche DJ „akaak“ auf (siehe auch Video-Embed)

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Außerdem nehme ich manchmal einen Sound, ein Fieldrecording oder ein Sample aus einem Track und prozessiere ihn mit Software, nur so, z.B. beim ICE Fahren – das finde ich spannender als Filme schauen oder ein Spiel spielen. Daraus entstehen dann manchmal Ideen für Neues, meistens ist es aber um des Moments willen, wie eine Etüde kennenzulernen etc.

Hast Du schon einmal nur aus rechtlichen Gründen ein Sample oder ähnliches nicht verwendet und wenn ja, warum?

Naja, nicht direkt rechtlich, aber einmal hatte ich Bedenken: Ich hab mal einen Edit von einer William Onyeabor Platte gemacht, die ich in Nigeria gekauft habe. Das ist eine ganz seltene Platte, von der ich ein paar Hooklines gesampelt und dann mit dem Cello etwas darum herum arrangiert habe. Den Track wollte ich eigentlich auf das aktuelle Album packen. Letztlich habe mich dann aber dagegen entschieden, weil ich den Credit natürlich angeben müsste, aber keine Ahnung hatte was da alles dranhängt. Und das Label fand den Track auch nicht so zwingend, dass man da jetzt Kohle dafür in die Hand nimmt. Der Track schlummert jetzt wahrscheinlich für immer auf einer Backup-Platte.

Wurdest Du schon einmal abgemahnt oder hattest rechtliche Probleme wegen Deiner künstlerischen Tätigkeit?

Noch nie. Wenn sich Samples in meinen Tracks befinden, dann sind die so sehr prozessiert oder geschnitten, dass ich teilweise selber nicht mehr weiß was das im Ursprung war.

Was hältst Du von der Idee, ein vergütetes Recht auf Remix einzuführen?

Auf den ersten Blick klingt ein Vergütungsmodell nach Bürokratie, weil erfasst und ausgewertet werden muss. Ich glaube, dass das spontane Einfach-Machen ein charakteristischer Teil der Sampling-Kultur ist.

Zum Abschluss, was ist Dein persönlicher Lieblingsremix?

Da fallen mir spontan zwei ein, beide spielen einen Track nach und sind also keine waschechten Remixe.

School Of Zuversicht: A Night In Berlin (Festland Replay):

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Caribou: Melody Day (Four Tet Remix):

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Das ist ein Crosspost vom Blog der Initiative ‘Recht auf Remix‘, die in einer Petition um Unterstützung samt Link zum persönlichen Lieblingsremix bittet. Das Interview führte Georg Fischer.

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Eine Ergänzung

  1. Ein guter Remix? Entweder besser als das Original oder man hört ihn genauso gern, ohne das Orginal zu vermissen. Aber, wenn von der Originalversion kein Substanz mehr übrig ist, sollte man es nicht remix nennen, also was eigenes schaffen.

    Das mit dem Cello hört sich gut an, gibts das als video?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.