Mit einem Offenen Brief wand sich heute am Freitag Birgit Bohle, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Vertrieb GmbH, an Michael Kreil, Initiator von „openPlanB“. Die Initiative hat in den letzten Monaten die Fahrplandaten der DB decodiert und in einem offenem Format zum Download bereitgestellt. Bohle wirft Michael nur vor, damit dem Anliegen von Open Data zu schaden. Wir haben Michael Kreil interviewt.
So oft schreibt die Bahn nicht offene Briefe. Warst du überrascht?
Michael Kreil: Auf jeden Fall! Üblicher Weise stellt sich die Deutsche Bahn in solchen Angelegenheiten tot. Die öffentliche Nachfrage hat jedoch wohl etwas bewegt.
Dir werden jetzt rechtliche Konsequenzen angedroht. War es taktisch klug, die Daten unter einer „Open Data Commons Open Database License (ODbL) zu stellen?
Michael Kreil: Mir war von Anfang an bewusst, dass eine Neulizenzierung juristisch hinterfragt werden könnte. Womöglich auf meinem Rücken. Falls es zu einer juristischen Klärung kommen sollte, muss die Deutsche Bahn jedoch begründen, warum sie unserer Gesellschaft eine freien Nutzung der Fahrpläne nicht ermöglichen möchte. Mir ist unklar, in welchen Punkten denn die ODbL dem gesellschaftlichen Auftrag der deutschen Verkehrsunternehmen widerspricht.
Frau Bohle erinnerte in dem Schreiben an ein Treffen zwischen euch. Wurden da konkrete Vorhaben in Sachen OpenData der Bahn besprochen? Wurde dir von der Zusammenarbeit der Bahn und Google berichtet?
Michael Kreil: Wir hatten die Möglichkeit, uns mit der Deutschen Bahn im Vorfeld zu unterhalten. Insbesondere haben wir über eine mögliche Öffnung der Fahrplandaten gesprochen.
Jedoch wurde uns deutlich gemacht, dass die Deutsche Bahn nicht bereit ist, konkrete Schritte vorwärts zu gehen. Das finde ich sehr bedauerlich, insbesondere weil das europäische Ausland viel weiter ist. Ich erinnere nur an die französische Bahn oder an Großbritannien.
Von einer Zusammenarbeit seitens der Bahn mit Google war nicht die Rede.
Dir wird im Brief vorgeworfen, der Sache von OpenData zu Schaden. Was sagst du dazu, auch im Licht der nahezu exklusiven Kooperation der Bahn mit Google?
Michael Kreil: Das Argument der Deutschen Bahn ist ja „Sie leisten der Skepsis gegenüber offenen Daten jedweder Art Vorschub.“ Ich kenne diese Skepsis nur zu gut. Sie basiert auf der Angst vor Veränderung. Gegen diese Angst kann ich nichts machen. Damit müssen die Entscheidungsträger_innen selbst auseinander setzen. Nachdem sich viele Menschen dafür engagiert haben, die Fahrpläne zu erhalten, kommt die über zwei Jahre dauernde heimliche Zusammenarbeit mit Google wie eine Ohrfeige für alle Open Data-Unterstützer daher.
Gleichzeitig haben aber die Entwickler in Deutschland nun die Möglichkeit, mit den veröffentlichten Daten eigene Anwendungen zu entwickeln und die Vorteile von Open Data zu beweisen.
Da jedoch die Deutsche Bahn mehrfach darauf hinweist, dass die Verwendung der Daten eine Rechteverletzung bedeutet, droht sie damit genau diesen Entwicklern. Vermutlich benötigen wir eine öffentliche, durch Crowdfunding gefüllte Kriegskasse, um freie Entwickler vor juristischen Angriffen durch die Deutsche Bahn zu schützen.
Frau Bohl schreibt aber nun, dass man sich „derzeit nicht in der Lage sehen“ würde, „sämtliche Daten für jedweden Zweck freizugeben“. Open Data und die „Qualitätssicherung der Informationen für unsere Kunden“ stünden miteinander im Widerspruch.
Michael Kreil: Ich glaube, dass der Qualitätsanspruch der Deutschen Bahn im Widerspruch zur Qualität ihrer eigenen Fahrplanauskunft steht. Nicht zuletzt aufgrund der eigenen, rigiden Datenpolitik.
Wenn in einem Zug der Deutschen Bahn wieder mal das Internet ausfällt, hat man nicht mehr die Möglichkeit, unterwegs eine Fahrplanauskunft per Smartphone zu bekommen. Wir würden gerne eine Auskunftsapp entwickeln, die notfalls auch offline funktioniert, dann aber mit Internetzugang auch aktuelle Informationen wie z.B. Verspätungen berücksichtigen kann.
Mit dir will man nicht mehr zusammenarbeiten heißt es abschließend in dem Brief: „Wir werden das Gespräch mit anderen Open-Data-Förderern suchen“. Der Wikimedia Deutschland e.V. hat bereits reagiert und will die Bahn an dieser Aussage messen. Kannst du damit leben?
Michael Kreil: Das ist das einzig Positive, was ich dem offenen Brief entnehmen kann. Endlich sucht die Deutsche Bahn das Gespräch mit Open-Data-Unterstützern!
Wer schon einmal mit der Bahn zusammengearbeitet hat, kennt die Qualität von deren Datenbeständen und Systemen, die man dann unfreiwillig verwenden muss. Nicht nur, dass besagte Systeme von ständigen Ausfällen geplagt sind, die Abfragemöglichkeiten sind häufig auch stark beschränkt.
Selbst wenn man sich mit OpenPlanB nicht besonders Mühe gibt und da nur irgendein Ergebnis hinschmiert, wird man die Bahn bei Weitem übertreffen. Seit jeher hat die Bahn Angst vor jedwedem Informations- und Kontrollverlust. Sie muss sich aber endlich stellen! Sie ist STAATSEIGENTUM und damit EIGENTUM DER BÜRGERINNEN UND BÜRGER! Vielleicht hat es der Ein oder Andere verpennt oder nicht mitbekommen: BÖRSENGANG IST ABGESCHRIEBEN!
Es ist für mich als Bahn-Vielfahrer nicht von der Hand zu weisen: Die Bahn hasst Ihre treuesten Kunden und Fans abgrundtief – das ist der Anschein den sie auf mich macht. Ein Warum habe ich bisher noch nicht herausfinden können.
Ich stehe zwar voll und ganz hinter dem Open-Data-Gedanken und denke, dass es nie genug frei verfügbare Daten geben kann – aber das decodieren einer vorhandenen Datenbank und das anschließende Veröffentlichen dieser Daten unter einer anderen Lizenz sehe ich auch als extrem problematisch an.
Lieber Michael Kreil,
Falls es zu einer juristischen Klärung kommen sollte, muss die Deutsche Bahn jedoch begründen, warum sie unserer Gesellschaft eine freien Nutzung der Fahrpläne nicht ermöglichen möchte.
Ich fürchte, hier liegt der politische Irrtum. Die DB muss gerade solche Fragen gerade nicht begründen, letztlich weil sie sich – juristisch gesehen zurecht – darüber echauffieren können, dass die Daten unberechtigt unter einer freien Lizenz veröffentlicht worden sind.
Da hat die Bahn mit der Kritik halt einfach recht, dass dadurch die „Idee“ ODbL unter Druck gerät (schau dir mal an, wie groß beispielsweise die Angst bei der OSM ist, dass ja keine Daten die nicht lizenzkonform sind in der Datenbank landen, da man ja die Verantwortung dafür trägt).
Ich fand eure Aktion – auch den subversiven Charakter(!) – einfach mal die Veröffentlichung zu wagen großartig! Aber die Freigabe unter ODbL erlaubt der Bahn jetzt auf euch zu zeigen und sich als Opfer darzustellen, was schon ne gewisse Ironie birgt. Hoffen wir, dass die Aktion trotzdem dazu führt, dass sich insgesamt dahingehend etwas bewegt.
Denn das Argument, dass man der Bahn hätte vorführen müssen, wie man es richtig macht, das verstehe ich zwar, halte es aber aus einer politischen Perspektive für etwas naiv – bzw. ich finde, dass es auch gegangen wäre, ohne sich diesen Fehler zu erlauben.
Aber gut, Kritik übt sich immer leicht, daher zuletzt noch: Grundsätzlich Respekt dafür, die Diskussion in dem Bereich befeuert zu haben!
Ich oute mich mal kurzzeitig und frage total doof:
Wie und warum Fahrplandaten „kodiert“ sind ? Die gibts doch im Kursbuch zum Nachlesen….
Die hier zugrunde liegende Problematik erschließt sich mir leider nicht. Daher bitte ich um kurze Erläuterung.
Naja, grundsätzlich ist alles auf einem Computer erst mal „codiert“, wobei codiert nicht unbedingt automatisch verschlüsselt heißen muss.
Kann man nicht sagen, die Fahrplandaten hat man mit Notizbuch selbst gesammelt, ebenso die Bahnhofs-Namen und GPS Koordinaten? So wie openstreetmap? Was ist den sonst so geheimes auf der Bahn-CD gewesen? Denn er hat diese Kauf-CD nach ODbL übersetzt oder hatte er andere/weitere Daten benutzt? (Nebenbei, ich denke soetwas wie openbahnmap würde sehr schnell wachsen und in kürzester Zeit vollständig werden)
Kann man nicht sagen, die Fahrplandaten hat man mit Notizbuch selbst gesammelt, ebenso die Bahnhofs-Namen und GPS Koordinaten? So wie openstreetmap?
Nein, kann man nicht, weil bei der Erfassung in der Wirklichkeit nicht die Ankunftszeiten herauskommen, die im Kursbuch versprochen werden.
fonsana
Salve!
Als hartnäckige + sodann geoutete „ÖPNV+DB-FAIRweigerIN“ braucht man meines Erachtens zur Nutzung + Findung von GTFS mindestens rubymentäre Python-Kenntnisse, um ON rails Wegweiser (z.B. die S8) zu eruieren.
Dagegen hülfe auch kein OpenData-Goooo beim DE-Codieren…
In diesem Py-Thron-Sinne verbleibe ich mit Greetz
Sabine Puttins aus frankfutt.DEutschland
Könntest du dich bitte darum bemühen, syntaktisch korrekte Sätze zu formulieren? Mein Deutsch-Parser floodet mich gerade mit Errors, die ich jetzt alle nach /dev/null verschiebe.
Verdammt Ey, Man kann die Pläne als Papier in jedem Info Touristen Zentrum oder Bahnhofsschild sehen, wieso nicht auch im Web?.
Ein Terrorist würde eher die Standardmittel wählen als übers Internet seinen Aufenthalt zu präsentieren.
Die Bahn plagt wahrscheinlich die Sorge, dass man mit Echtzeitdaten ihres Fahrplans inkl. aktuellen Verspaetung ihre wahre Puenktlichkeit errechnen koennte. Darum macht sie ja immer ein Riesengeheimnis, statt darauf hinzuweisen, dass man mit dem Auto seltenst auf 5 Minuten hin puenktlich pendelt oder gar staufrei durch halb Deutschland kommt.
Wenn jedermann im Internet die Pünktlichkeit von Zügen (auch Rückwirkend) minutengenau nachvollziehen könnte, wie das DB-intern weitestgehend der Fall ist, würden aus rein behaupteten Pünktlichkeitswerten belastbare Zahlen, die jedermann anhand eigener Beobachtungen nachvollziehen könnte.
Also ich wäre für die „Strengste Geheimhaltung“ sämtlicher Fahrpläne des öffentlichen Personen Verkehrs .
Diese Geheimhaltung ist unbedingt Notwendig sonnst könnte ja jeder Terrorist mit den Zug fahren , die Anschläge vom 11/9 wären sicher nicht passiert ohne öffentliche zugängliche Flugpläne.
Bahnfahrten ect. sollten nur noch durchgeführt werden nach vorheriger Anmeldung , wo dann der Reisende max 12h vor Reisebeginn über die Uhrzeit der Zugabfahrt vertraulich Informiert wird.
;-)
Ich fühle mich an die Telefonbuch-CDs vergangener Tage erinnert, was mich auf die möglicherweise dümmliche und rein theoretische Frage bringt: Würde man den Krempel aus einem gedruckten Fahrplan abtippen.. wär’s dann ok?
Ja, wäre es meiner Meinung nach.
Beim aktuellen Vorgehen könnte man beispielsweise den Vergleich mit Musik-CDs heranziehen. Da weiß inzwischen auch jeder, dass es nicht okay ist die Lieder auszulesen, in MP3 umzuwandeln und sie dann mit einer anderen Lizenz wieder zu veröffentlichen.
Dann wäre das ja mal ein Ansatzpunkt. Ich hätte da jetzt kein großes Problem schnell das Faltblättchen des Zuges in dem ich gerade fahre in’s Notebook zu haken und im Anschluss auf eine sammelde Seite hochzuladen. Wenn das ein paar Leute machen, sollten sich doch recht fix -zumindest die Hauprtverkehrswege- „legalisiert“ zusammentragen lassen. Zugegeben, so’n richtig tolles Konzept ist das sicher nicht.. aber so als vorrübergehende Notlösung (bis die DB einsieht das die Idee ihre Daten in vernünftiger Form rauszurücken keine ganz schlechte Idee ist) könnte das evtl. ein gangbarer Weg sein.
Ich glaube ja. Daten an sich sind urheberrechtlich nicht geschützt, nur Datenbanken und Sammelwerke (§4 UrhG). Siehe hierzu z.B. http://archiv.twoday.net/stories/4165075, die Regeln von OSM bzgl. Kopieren existierender Stadtpläne, oder den tzdata-Streit vor einigen Monaten.
Ich würde mich freuen, von neuen Anwendungen zu lesen und nicht von irgendwelchen Kopierern von irgendwo bereits öffentlich rumliegenden Daten. Wenn es diese Anwendungen gibt, fliegen einem die Daten wie von selbst zu. Die Entwicklung kann man locker ohne Echtdaten machen.
Wie stellst du dir denn das vor?
Du meinst also ernsthaft, dass OpenData-Aktivist/inn/en einfach ins Blaue hinein entwickeln sollen ohne einen Schimmer, was für eine Art von Daten sie parsen müssen?
Du bist kein Programmierer, stimmt’s? Man kann ohne Echtdaten einen Fake-Prototypen basteln. Dann hat man ’ne Menge Arbeit und keinen interessiert’s.
So ein Quatsch. Man kann die DB-Daten nehmen und etwas fertig programmieren, man hätte auch die freien Daten anderen Länder nutzen können oder völlig abstrakt mit 10 oder 20 optimal komplexen Dummystrecken die meisten Algorithmen und Funktionalitäten abbilden können. Das Zielformat der Daten ist doch wohl festgelegt. Woher die Daten stammen ist dann unabhängig für die Anwendung. Aber nur kopieren ist deutlich einfacher und wirkliche Arbeit will man sich anscheinend nicht machen.
Man sollte nicht vergessen, dass der Nutzen offener Fahrplandaten über klassische Reiseauskünfte hinausgeht. Sobald die vollständigen Fahrplandaten mehrerer Jahre vorliegen, ließen sich beispielsweise mit viel geringerem Aufwand als bisher Zeitreihenanalysen zur Erreichbarkeit von Bahnhöfen oder auch zu Reisezeiten anstellen.
Dass die Daten, wenn sie direkt offen von der Bahn geliefert würden, absolut wertvoll und für diverse absolut sinnvolle Zwecke genutzt werden könnten, stelle ich auch gar nicht in Abrede. Nur, man sollte nicht einerseits der Bahn ständig Unfähigkeit, Unwille, etc. vorwerfen und dann – obwohl man schon in Gesprächen war – einfach selbst gegen verschiedene gute Sitten verstoßen und sich dann auch noch empören, wenn man die dann nicht glücklich sind und entsprechend reagieren. Und mehr als ihr deutliches Missfallen haben sie doch nicht ausgedrückt. Da wäre eine weitaus schärfere Reaktion denkbar gewesen – worauf man natürlich auch hinweist.
Es ist sicher nicht verkehrt, die Diskussion über offene Daten mit diesen und anderen Projekten zu forcieren. Gerade weil diese Daten maßgeblich auf Milliarden Euro Steuergelder pro Jahr zurückgehen und gerade weil die Deutsche Bahn selbst ungeniert in erheblichem Ausmaß offene Daten und freie Software nutzt, sollten wir die Frage, warum die DB eine riesige Menge Nutzdaten vielfach ohne erkennbare objektive Schutzbedürfnisse unter Verschluss hält, endlich einmal breiter diskutieren. Im Grunde ist es den Machern von openplanB nur zur wünschen, dass es zu einem Rechtsstreit kommt, damit diese Diskussion in eine breitere Öffentlichkeit getragen wird.
Ich glaube, dass sowohl die DB als auch weitere Teile der Politik einfach noch nicht verstanden haben, worin die Potentiale tatsächlicher Transparenz liegen. Leider wird tagein, tagaus von „Transparenz“, „Nachhaltigkeit“ und anderen hohlen Dingen geschwafelt, ohne jedoch vielfach auf diese Worte Taten folgen zu lassen…
Hmm – den Vergleich mit Großbritannien find ich hinkend. Da es dort keine vernünftige Fahrplanauskunft gibt, ist so eine Initiative halt sinnvoller als hier, wo man ja wenigstens rausfindet, wie man von a nach b kommt. (Mit anderen Worten: Ich glaube, dass das in GB nur ein Vorwand ist, als Zugunternehmen selber nix auf die Beine stellen zu müssen).
Selbst englische Universitäten verlinken für „Anreise per Zug“ auf deutschebahn.de … (Quelle: http://ijcar.cs.manchester.ac.uk/?page_id=31 )
In Sachen Transparenz der Bahnen ist uns Großbritannien in vielerlei Hinsicht meilenweit voraus: Pünktlichkeits- und Zuverlässigkeitsstatistiken werden ebenso selbstverständlich veröffentlicht wie konkrete Konditionen der im Franchise-System vergebenen Konzessionen für Fern- und Regionalverkehr. Ebenfalls haben wir es in Deutschland noch nicht geschafft, zu einem großen Eisenbahnprojekt konkrete Pläne in nennenswertem Umfang online zu bringen. Wer zu Stuttgart 21 und Co tatsächlich konkrete Informationen sucht, kommt um einen Besuch beim Eisenbahn-Bundesamt vielfach nicht herum –. auch wenn diese Pläne längst digital vorliegen und ohne großen Aufwand in einfacher Form veröffentlicht werden könnten.