Wir leben noch frei, aber nicht mehr lange

Frank Rieger hat in der FAZ auf einen Kommentars unseres Innenministers geantwortet: Wir leben noch frei, aber nicht mehr lange.

Wirklich furchterregend ist ein Detail, das einem im politischen Berlin immer öfter begegnet. Ob Ministerialbeamte, Staatssekretäre oder Mitarbeiter von Politikern: wenn die Mikrofone aus sind, die Anhörungen und Beratungen vorbei, offenbaren die Klugen unter ihnen, ganz privat natürlich, dass sie die Sorge um eine Zukunft teilen, in der die Bürgerrechte vom Staat nur noch quasi gnadenhalber gewährt werden. Darüber nachzudenken, was passiert, wenn die tiefgreifenden Befugnisse und Möglichkeiten des Sicherheitsapparates durch zukünftige politische Umwälzungen in skrupellose Hände geraten, bereitet also auch denen, die die Mechanik des Regierens bedienen, schlaflose Nächte. Nur führt die private Sorge leider selten dazu, dass neue Vorstöße der Innenpolitiker rechtzeitig von ebendiesen ganz privat besorgten Beamten abgebogen werden.

14 Ergänzungen

  1. Meiner ganz persönlichen „Erfahrung“ nach befinden sich die Dienststellen des Sicherheitsapparates bereits in den Händen von vollkommen skrupellosen Menschen und das Schlimmste daran ist für mich, dass diese Menschen trotzdem immer noch vom RECHTSSTAAT Deutschland sprechen.

  2. Und wieder einmal bewahrheitet sich eine „Verschwörungstheorie“.
    Wann begreifen die Menschen endlich das dieses Wort nur dazu da ist um die Menschen weiter in die Irre zu führen. Viele Theorien mögen total bescheuert sein, viele von Ihnen sind es aber nun einmal nicht.

  3. Mir zeigt der Artikel wie wichtig es ist, immer und immer wieder über dieses Thema zu sprechen. Das zum Beispiel die extremen Sicherheitsvorkehrungen bei Flugzeugen als „okay“ empfunden werden und man auch nichts dagegen hat, stärkere Kontrollen bei Bahnreisen einzuführen, kann, durch die inzwischen in größerer Zahl vorhanden guten Artikel, gut gegen Argumentiert werden.

    Seit zehn Jahren werden wir von der Politik vor Terroristen geschützt und leben vor diesen (angeblich?) sicherer, doch seit zehn Jahren ist auch die Sicherheit, nicht Opfer von Willkür zu werden, geschwunden :/

    Lieber lasse ich mich von den wenigen Terroristen auf der Welt in die Luft jagen, als willkürliches Opfer der Sicherheit zu werden! Den tausenden überprüften und durchleuchteten Menschen auf der ganze Welt verteilt, die Zugriff auf die Daten haben (Reisedaten, Bankdaten, Biometrie, VDS im Ausland…), traue ich keinen Meter weiter als den Terroristen!

  4. Statt zu schreiben wird hier immer öfter einfach ein Artikel von irgendwo anders rausgekramt, einfach verlinkt und ein beliebiger Absatz als Block zitiert. Öde. Qualität von netzpolitik.org sinkt.

    1. @Rene: Das wirst Du nicht glauben, aber das machen wir seit Anfang an so. Wenn Zeit und Lust da ist, schreiben wir auch mal längere Beiträge.

      1. Ein bisschen spekulativ, Deine Aussage, aber trotzdem danke für den Hinweis. Ich habe dennoch den Eindruck, dass Eure Qualität sinkt. Ist ja auch nicht schlimm, so lange die Leserschaft Euch noch ausreicht.

  5. Also wenn der Staat kippt, haben wir doch eh keinen Datenschutz mehr. Sollten wir daher nicht eher dafür kämpfen, dass der Staat nicht kippt? Sollten wir nicht eher dafür sorgen, dass man auf seine Meinung offen sagt, wenn es drauf ankommt und dies dann eben nicht nur seinen 3 Freunden auf Facebook mitteilt?

    Es hört sich immer so an, als würde Datenschutz das verhindern. Tut er aber nicht. Die Herausforderungen liegen woanders.

    1. Moin, an der Stelle geht es nur am Rande um Datenschutz. Frank Rieger beschreibt hier die umfassende Ausweitung der Befugnisse des Sicherheitsapparates, den Ausbau der öffentlichen Überwachungsinfrastruktur und die zunehmende Gewöhnung an „notwendige“ Beschränkungen der persönlichen Freiheiten, um Sicherheit zu gewährleisten. In dieser Sicherheitsarchitektur zieht Datenschutz nicht, denn der Zugriff auf umfangreiche Datensammlungen ist ja der rechtstaatliche „Ausnahmefall“, erfolgt also entweder gesetzeskonform oder bei zunehmender Erosion des Kontrollregimes quasilegal. Die Frage ist nicht, ob man sein Heil lieber im Datenschutz oder in der transparenten Gesellschaft sucht, sondern ob der Aufbau eines Überwachungsstaates im Namen der Terrorismusabwehr akzeptabel ist oder nicht. Datenschutz kann überhaupt erst wieder greifen, wenn die Logik der Notwendigkeit massenhafter Informationssammlung und -auswertung im Namen der Sicherheit durchbrochen ist.

      1. Gibt es denn diese Gewöhnung? Zeigen nicht die Ereignisse in der DDR und auch im Moment in Nordafrika, dass man so was durchaus abschütteln kann?

        Auch scheint mir hier Datenschutz meist um seines selbst Willen diskutiert zu werden. Mich würden aber durchaus die Probleme interessieren, die dadurch gelöst werden. Klar ist, dass Datenschutz in einer Diktatur wünschenswert, aber kaum erreichbar ist, während es in einer Demokratie vielleicht nicht ganz so notwendig ist (aber erreichbarer ist), soweit die Nutzung der Daten geregelt ist.

        Ich will hier aber auch nicht für VDS und so plädieren, vor allem, da ja keine belastbaren Argumente dafür gegeben sind. Es ist ja im Endeffekt eine Abwägung. Hätten wir pro Tag 20 Anschläge und wir es gäbe Zahlen, die darlegen, dass man 90% der Fälle durch VDS verhindern könnte, dann sollte man das vielleicht nochmal überdenken. Nur haben wir weder die Anschläge noch die Zahlen und von daher sieht man die Notwendigkeit ja nicht wirklich. Andererseits wäre trotzdem eine Reform der PKS sicherlich sinnvoll, damit man im Zweifel auch mal belastbare Zahlen hat (am besten EU-weit) und nicht nur beide Seiten irgendwelche Angstszenarien an die Wand malen.

        Aber wie gesagt, an eine Gewöhnung glaube ich nicht, vor allem dann nicht, wenn sie in einem Failstate auch teilweise dramatische Konsequenzen hat. Aber da würde ich eben doch lieber primär die Konsequenzen abstellen, denn auch ohne Daten kann es die ja geben, dann allerdings einfach nur mit mehr Willkür.

      2. Wie gesagt, wir sprechen hier eigentlich mehr über die Ausnahmen vom Datenschutz. Aber grundsätzlich stellt Datenschutz ein strukturelles Hindernis gegen Informationskonzentration dar. Die Kontrolle über Informationen ist ein Aspekt von Macht, insofern ist Datenschutz ein Element der Machteinschränkung.

        Es tritt Gewöhnung ein, wenn eine Überwachungsmaßnahme wie die Vorratsdatenspeicherung oder, vielleicht etwas sichtbarer, Kameraüberwachung öffentlicher Räume Teil des Alltags ist.

        Hier gäbe es viele Aspekte zu bedenken. Wie man einzelne Risiken für die Entwicklung einer Gesellschaft bewertet ist dabei entscheidend, aber überaus schwer zu quantifizieren. Belassen wir es dabei, Mechanismen gegenseitiger Kontrolle und Machtbegrenzung sind nicht einfach nur nettes Beiwerk eines Rechtsstaates. Sie sind Ausdruck seiner Natur. Das Vorhandensein von soetwas wie Datenschutz, aber nochmal das ist nur ein Teilaspekt, ist ein Indiz dafür, dass rechtsstaatliche Prinzipien herrschen.

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