Wie lebt es sich in einem Land mit Zensur?

Thomas Wanhoff hat für KoopTech einen interessanten Bericht über das Leben mit der Zensur in Vietnam verfasst:

Wie also lebt es sich in einem Land mit der Zensur? Für mich gar nicht so schlecht, weil ich per Internet Zugriff auf alles habe, was ich brauche. Zumindest international. Wie übrigens die Vietnamesen auch. Es gibt hier CNN und BBC und Deutsche Welle im Fernsehen. Das kann jeder empfangen. Wir wissen nur nicht so wirklich gut, was im eigenen Land passiert oder eben auch nicht passiert. Es ist ein wenig schizophren: Medien dürfen offenbar Missstände anprangern, aber nicht die Verantwortlichen, meist die Vertreter der Partei, benennen.

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7 Ergänzungen

  1. Toll. So lebt es sich in EINEM Land mit Zensur, nämlich Vietnam. Wie sich das in ANDEREN Ländern mit Zensur lebt, werden wir wohl so schnell nicht erfahren, weil’s wegzensiert wird.

  2. @SeveQ so pessimistisch würde ich die Sache nicht sehen. Zensur ist selten absolut, und selbst scheinbar unüberwindliche Hürden lassen hin und wieder Informationen nach außen dringen. Wenn man nicht gerade über Nordkorea oder Turkmenistan spricht, sind eigentlich immer Informationen verfügbar – und selbst diese Länder sind nicht perfekt abgeschlossen (siehe zB Guy Delisles Graphic Novel „Pyongyang“).

  3. Technologisch scheint mir Zensur perspektivisch wirkungslos, jeder, der in China und anderen Zensurstaaten die Zensur umgehen will, kann das tun. Das Problem scheint mir eher der Konformismus der Leute zu sein: die wenigsten wollen sich mit kontroversen und dem Zeitgeist widersprechenden Themen befassen.

  4. Nicht wollen… Es ist in diesen Ländern eben gefährlich für das eigene Wohl, für die Familie und auch für das soziale und echte Leben.

  5. Bei uns ist es nur begrenzt gefährlich, sich zu informieren. Es macht trotzdem kaum jemand. Die Brot-und-Spiele-Strategie funktioniert so gut, da bedarf es gar keiner Zensur. Ein Beispiel: Eine SED-nahe Frau ist gerade von Leuten, die immer Kommunistenhasser waren, zum zweiten Mal ins Kanzleramt gewählt worden. Jeder hätte sich informieren können über das Photo, das die Dame in jungen Jahren als Teil eines mutmaßlichen Überwacherteams des Havemann-Grundstücks zeigt. Nur: niemand informiert sich.

  6. Ich hoffe der sarkastische Unterton kommt heraus, wenn ich sage es lebt sich „nicht schlecht“. Ich wollte damit lediglich sagen, dass Zensur gut funktioniert, weil die Nicht-Information uns einlullt, ich mir aber dessen durchaus bewusst bin. China macht das perfekt: Sie nehmen einfach nicht Stellung zu Vorwürfen.
    Solange der Westen abhängig ist von der billigen Produktion in Asien, wird sich nichts ändern. Meine Befürchtung ist, dass wenn der Westen nicht mehr billig produzieren kann, die asiatischen Länder dann so stark sind dass es sie einen Dreck schert was man im Westen sagt.

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