Protest gegen Verlängerung des Urheberrechtsschutz

Bislang ist in Europa der Schutz der Werke von Musikkünstlern auf 50 Jahre begrenzt. Hatte man mit 18 Jahren also einen Hit, konnte man sich bis 68 auf Tantiemen freuen. Einflussreiche Lobbygruppen machen sich jedoch seit Jahren für eine Verlängerung des Schutzes auf 70 oder 95 Jahre stark. So könnte ein mit 18 Jahren gewordenes One-Hit-Wonder bis ins Alter von 88 bzw. bis 113 Jahren verdienen.

An diesem Beispiel wird schnell deutlich, dass es bei der Verlängerung nicht um Musiker, sondern um deren Verwertungsrechte geht. Die Verlängerung kommt auch Angehörigen, aber vor allem diversen Organisationen und Firmen zugute, die die Verwertungsrechte innehalten.

Die Idee der Verlängerung war geboren, als die Verwerter befürchteten, die ertragreichen Lieder der 50er und 60er Jahre könnten in die Hände der Allgemeinheit fallen. Sie beschäftigten auch die EU mit ihrem Anliegen. Am 23. April stimmte das EU-Parlament für eine Verlängerung auf 70 Jahre.

Der Beschluss muss noch vom EU-Ministerrat akzeptiert werden, in dem sich noch eine Minderheit sträubt (Dänemark, Finnland, Schweden, Belgien, Niederlande, Österreich, Slowenien, Portugal, Slowakei und Ungarn). Auch gibt es vorher noch eine zweite Lesung im EU-Parlament nach den Europawahlen im Juni.

Einer der wesentlichen Kritikpunkte aus Musikersicht ist die Verringerung der Einnahmen aus Verwertungsgesellschaften für aktive bzw. nicht tote Künstler: Da der Topf der gesamten Einnahmen wahrscheinlich gedeckelt bleibt, nehmen die Toten von den Lebenden.

Hier ein Link zu Studien und Namen der protestierenden Wissenschaftler und hier ein Link zum Interview mit Martin Kretschmer.

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17 Ergänzungen

  1. „Auch gibt es vorher noch eine zweite Lesung im EU-Parlament nach den Europawahlen im Juni.“

    NACH den Wahlen? Das ist ja interessant …

  2. Jede Medallie hat zwei Seiten. Ich finde es nicht verwerflich, dass ein 80-jähriger seine Rente auch durch die Tantiemen seines One-Hit-Wonders als 18-jähriger bestreiten können soll. Auch die Übertragung der Rechte auf seine Erben halte ich für gerecht.
    Ich mutmaße mal, dass die meisten Gegner der Schutzfristverlängerung keine Urheber, sondern nur Konsumenten geschützter Werke sind. Ich kann sie verstehen, denn auch ich bin – neben meiner Position als Urheber – ein Konsument. Doch ich finde, dass man den Lobbyismus der Medienindustrie – und den mag ich ebenso wenig wie die meisten Leser – nicht gegen berechtigte Interessen der Urheber brechen soll.

  3. geht es hier nicht vielmehr um die rechte der ausführenden künstler und der verwerter, als um die rechte der urheber eines werkes?

    1. @heavy&metal

      Da war ich etwas schluderig in den Bezeichungen. Es geht hier um ein verwandtes Schutzrecht, das nicht das Urheberrecht der Komponisten und Texter betrifft. Aber volkstümlich kann man das schon als Urheberrecht bezeichnen. Schließlich hat Hendrixs „All Along the Watchtower“ doch eine gewisse Schöpfungsleistung gegenüber Dylans. Ohne hier Dylans Leistung schmälern zu wollen.

  4. Ich finde, innerhalb von 50 Jahren kann man genug mit Musik genug Geld verdienen. Entweder danach schwelgen nur noch ein paar Fans in der Musik, und die besitzen die dann sowieso, oder das Lied ist ohnehin ein Klassiker, und ich finde, dass man die dann ohne Probleme sowieso vom Urheberrecht befreien sollte.
    Ich finde jedenfalls, dass sich ein Künstler innerhalb von 50 Jahren weiterentwickeln sollte. Dann wäre diese Diskussion auch kein Problem.

  5. Ich versteh nur eins nicht, warum werden Menschen die sich für Musiker halten aktiv.
    Gegen solche kapitalistische perfide Auswüchse, ist die Schweinerippe ein Witz.

  6. da meines Wissens nach der Großteil der Musiker ihre Rechte komplett an ihr Label abtreten, scheint es auch klar wer hier genau einen längeren Urheberrechtsschutz fordert.

  7. Das ist wirklich ein schwieriges Thema. Es geht hier nicht um Urheberrecht, sondern um Copyright, also Vertriebsrecht. Die ausführenden Künstler („performing artists“) erhalten aus den neuen Einnahmen auch nur 20%, der Rest geht an die Konzerne. Ich hab das früher schon erklärt:
    http://11k2.wordpress.com/2009/04/26/eu-beschliesst-finanzspritze-fur-musikkonzerne-copyrightverlangerung/
    http://11k2.wordpress.com/2009/01/20/verlangerung-fur-copyright-an-aufnahmen/

  8. Die ausführenden Künstler kriegen beim Vertriebsweg „Internet“ also z.B. itunes etc. eigentlich 0 % der Urheberverwertungsanteile z.B. durch die Gema. Auch wenn die Gema dagegen jetzt vorgeht.

    Bezüglich der Auswertung seitens der Labls ist bei einem guten Internetlabel Deal aber mehr drin als nur 20 % wie bei der physischen Vermarktung (also z.B. CDs).

    Das sind unsere Erfahrung als kleines Label.

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