Sommerliche Übersicht: Video Remixing Tools im Internet

„… writing with text is just one way to write, and not even the most interesting way to write. The more interesting ways are increasingly to use images and sound and video to express ideas“, hat Lawrence Lessig mal gesagt und damit sicher auch den Tatbestand gemeint, wenn jemand die Patzer von Bush und anderen sampelt und zum erbaulichen Clip online remixt. Das Remixen von Videos, das Mashen hat seine Kreise gezogen. War es letztes Jahr das fröhliche Rekontextualisieren, das ein geposteter, neuer Trailer für Stanley Kubricks „The Shining“ lieferte, lässt das San Francisco International Film Festival dieses Jahr freimütig Hand anlegen. Aus dem eben im Mai dort Gezeigten darf man Neues zusammen schnipseln: Beim Remix-Wettbewerb auf der Webseite kann jeder mit dem Tool Remixer die Festivalsbeiträge ineinander mixen und mit einem neuen Soundtrack versehen. Gebastelt wurde es von Yahoo! Research Berkeley, einer von Yahoo! gesponserten Abteilung an der Uni in Berkeley, die sich seit letztem Oktober hauptsächlich mit dem Phänomen der Social Software und dem Sharen, dem Teilen und Remixen im Web beschäftigt.

Das Mashen für Hobby-Schneidekünstler geht noch weiter: Was die britischen Sound- und Videotüftler Coldcut mit ihren Video-Mashups schon lange können und die VJs von Eclectic Method jüngst mit dem offiziellen Remix-Trailer für den Tanzfilm mit Antonio Banderas, „Take the lead“, darf jetzt jeder besser machen. Die Bootz von Audiofiles vor ein paar Jahren haben sich gemeinhin eingebürgert, die Remix-Kultur hat schon wieder ein neues Spielpferdchen des Web 2.0: Video 2.0 wird es getauft und schwelgt glücklich in dem gemeinschaftlichen Verwursten von Clips aus der großen Grabbelkiste von Portalen wie YouTube.

Genauer, jeder der will, ergötzt sich an Open Source und lädt seine Heimvideos auf die Seiten von Eyespot, vSocial oder Grouper. Andere dürfen sie im Einverständnis demokratisch mittels drag&drop zerschreddern und ihren eigenen Lieblingstrack darüber legen. Bei den Möglichkeiten des Schnitts sind die Tools meistens im Moment leider noch nicht ausgereift: Man kann mehrere, aus einer Bibliothek vorgegebene oder auch eigens hoch geladene Clips zur Kette aneinander reihen und sie lediglich an Anfang und Ende ein wenig stutzen. Am Schluss legt man noch ein Liedchen darüber – wenn es denn passt. Ganz so wie bei einer Präsentation in iPhoto, aber online. Die Freunde dürfen sich die ersten Gehversuche in Videoschnitt als Link per RSS-Feed gleich reinziehen. Einzig die versiertere Applikation/Webseite Jumpcut liefert eine kleine, feine Bedienoberfläche für den perfekten Schnitt, komplett mit einer Auswahl an überaus schicken Trash-Effekten und gezauberten Übergängen. Auf der Seite von Jumpcut durfte man bis vor kurzem auch mit diesem fortgeschrittenen Tool den Kinotrailer von Richard Linklaters neuen Sci-Fi „A Scanner Darkly“ remixen. Ganz neu ist die Erweiterung für Filme in anderen Sprachen: DotSub schafft eine Plattform, wo Untertitel für Videos in einer offenen und kollaborativen Weise für andere Sprachkreise zugänglich gemacht werden können. Jeder darf so bei einem englischen Video an den deutschen Untertiteln mitbasteln.

Doch: Irgendwann gibt es bestimmt eine Art FinalCut-Software für Masher im Netz, solange davor oder danach für etwas geworben wird. Apropos Werbung – kommerziell ausgeweidet wird das Online-Video-Remixen natürlich auch. Bei Eyespot kann man Audiosamples einer bestimmten Band hernehmen, sozusagen als frei verfügbaren Promo-Content. Bei Revver.com winkt sogar Geld, wenn man seine Clips hoch lädt: Das „Revverized video ad“ ist als pixeliges Standbild am Ende des Videos eingebettet und jedes Mal, wenn das Video weiter gepostet und angeguckt wird, soll der Autor Kohle bekommen. So bleibt man nah an der Zielgruppe, wird als Begründung auf den Seiten angegeben. Das war vielleicht nicht das, was Lawrence Lessig meint, wenn er die Freiheit auf den privaten Remix mit der Redefreiheit gleich stellt. Da geht es erstmal um die segensreiche peer production, die unter einer nichtkommerziellen Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht wird. Eine Spielwiese ist Video 2.0 immer.

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