Idlelo2-Konferenz in Kenia: Mit Freier Software die Entwicklung in Afrika vorantreiben

Soeben fand die zweite panafrikanische Freie Software-Konferenz „Idlelo2“ vom 23. bis 25. Februar 2006 in Nairobi, Kenia statt. „Idlelo“ stammt aus der Sprache der Zulu und bedeutet „Gemeinschaftsweide“. Ausgerichtet von der Free and Open Source Foundation for Africa (FOSSFA) diskutierten letzte Woche mehr als 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus 23 afrikanischer Staaten darüber, wie man mit Hilfe von Freier und quelloffener Software die UN-Millenniumsentwicklungsziele erreichen kann.

Mark Shuttleworth, Gründer des ubuntu-Projektes, formulierte in seiner Eröffnungsrede eine IT-Strategie für Afrika, um an der digitalen Zukunft teilnehmen zu können. Drei Schritte seien besonders notwendig, erklärte er: Afrika benötigt mehr Bandweite, denn diese sei laut Shuttleworth „das Lebensblut der digitalen Wirtschaft“. Mit Freier Software könnten effektive Infrastrukturen aufgebaut werden und die Förderung von Fähigkeiten sei die Vorraussetzung für Geistiges Kapital.

Weiterhin forderte Shuttleworth mehr freien Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation: Mehr Firmen sollten eine Chance bekommen, neue Geschäftsmodelle für den Internet-Zugang zu entwickeln. Gleichzeitig müssten neue Technologien wie Wireless Lan (WLAN) und Voice over IP (VoIP) aggressiv aufgenommen und eingesetzt werden.

Shuttleworth betonte: „Freie Software ist der effektivste Weg, digitale Infrastrukturen aufzubauen“. Schließlich hätten sich Ihre Sicherheit, Verlässlichkeit und viele modulare Funktionalitäten bewährt. Mittels Freier Software könnte eine Kostenwirksamkeit für die gesamte Wirtschaft erzeilt werden. Er erinnerte daran, dass Freie Software die Basis für aufsteigende Giganten wie eBay, Google und Amazon war. Für die schnelle Entwicklung und Förderung von Eigenschaften auf dem IT-Gebiet sei sie optimal.

Darüber hinaus sollte Freie Software in Schulen und Universitäten als universelle Bildungsplattform verwendet werden. Hierfür hat das ubuntu-Projekt bereits die Linux-Distribution Edubuntu entwickelt. Wichtig seien auch mehr Telezentren, um Zugang und die Teilhabe an allen digitalen Gemeinschaften auszubauen.

Als weitere Redner folgte ihm Balthas Seibold von der deutschen InWEnt, der Internationalen Weiterbildungs- und Entwicklungs gGmbH – neben der Wirtschaftskommission der United Nations for Africa und der kenianischen Regierung Sponsor und Mitausrichter der Konferenz. Er wies in seiner Rede darauf hin, wie Freie Software die Entwicklungshilfe und den Aufbau von IT-Infrastrukturen unterstützen könne: Freie Software sei eine erschwingliche Technologie, welche die ortsansässige Bevölkerung an ihre Bedürfnisse anpassen könnte. Ihr Einsatz unterstütze die Entwicklung, weil keine Lizenz-Abhängigkeiten bestehen würden und Nutzer die Software frei weiterentwickeln könnten. Als Mitausrichter der Konferenz wolle man dazu beitragen, die Marktposition der Freien Software Industrie in Afrika zu stärken.

Seibold erklärte weiter: „Das interessanteste Merkmal ist die Bewegung vom Verkauf der Codes hin zum Verkauf von Dienstleistungen, das mit der Verlagerung zu Freier Software in Verbindung gebracht wird. Die Bewegung zu einer Dienstleistungsindustrie kann wiederum mit der größeren Verlagerung von der Informationsgesellschaft zur Wissensgesellschaft gleichgesetzt werden: In der Wissensgesellschaft werden Know-How, Dienstleistungen und Interaktion zu Schlüsseldimensionen einer sozialen und ökonomischen Entwicklung und sind nicht mehr bloße Marketinginstrumente.“

Freie Software habe deshalb das Potential, einerseits zu den globalen „Commons of Software“ zu führen, andererseits das lokale Unternehmertum in Afrika anzukurbeln und damit den Code und das Wissen der Gemeinschaft zurückzugeben. „Mit Freier Software werden die allgemeinen gesellschaftlichen Ziele wie Offenheit, Unabhängigkeit, kulturelle Vielfalt und das Einbeziehen aller mit den wirtschaftlichen Zielen wie niedrige Kosten, hohe Qualitätsansprüche bei der Software, Sicherheit und die Geschäftsentwicklung in Einklang gebracht.“, so Seibold weiter.

In einer Sitzung zum Thema „Lokales Unternehmertum“ wurden Wege diskutiert, um Geschäftsmodelle rund um Freie Software aufzubauen und regionale Netzwerke zu schaffen. Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen wurde in einer weiteren Sitzung mit dem Titel „Freie Software und Geschlechtergerechtigkeit“ diskutiert. Auffallend viele Frauen auf der Konferenz waren nämlich bei den „Linux Chix Africa” organisiert. Dieses Netzwerk wurde vor einem Jahr von zwei Frauen aus zwei Staaten gegründet und ist heute bereits auf 500 Frauen aus 25 Staaten angewachsen.

Ein weiteres, wichtiges Thema auf der „Idlelo2“ war die Verortung von Software, um sie an lokale Dialekte anzupassen. Einige Referenten aus verschiedenen Regionen und Projekten in Afrika und Süd-Ost-Asien trugen ihre Erfahrungen vor und diskutierten, wie man neue Menschen für diese Projekte begeistert und die Kollaboration über die Projekte hinaus ausbauen könne. Denn obwohl viele vor allem im östlichen und südlichen Teil Afrikas Englisch sprechen, wurde die Notwendigkeit von Verortungen an einem Beispiel recht deutlich: Mit „wenn Du mit mir in meiner Muttersprache sprichst, sprichst du zu meinem Herzen. Wenn du zu mir in Englisch sprichst, sprichst du zu meinem Kopf”, brachte es einer der Referenten auf den Punkt. Eines der vorgestellten Projekte war Translate.org.za aus Südafrika. Dort gibt es alleine elf verschiedene lokale Sprachen mit einer zum Teil großen Verbreitung. Gängige Freie Software wie OpenOffice und Firefox wurden jedoch schon an die lokalen Sprachen angepasst. Eine Kollaborationsplattform namens Wordforge wurde auch vorgestellt. Dabei wurde deutlich, welche gewichtige Rolle solche Projekte bei der Überwindung der digitalen Spaltung in Afrika spielen.

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