Hans-Joachim Otto, MdB der FDP hat in einer Pressemitteilung ein wenig gegen das Konzept der Kulturflatrate argumentiert und dabei das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Golem berichtet darüber im Sinne einer Nacherzählung der Pressemitteilung.
Seine Kernaussage „Die „Kulturflatrate“ ist eine Mißachtung des Urheberrechts“ ist dabei jedoch Produkt eines gedanklichen Irrtums, denn selbstverständlich fällt etwa dem Bundestag das Recht zu, eine Kulturflatrate im deutschen Urheberrecht zu verankern. „Legalisierung von Cannabis ist unmöglich, da es ja verboten ist“ wäre vielleicht eher als kreisrunde Argumentation aufgefallen.
Noch fehlen mir eindeutige Hinweise, daß die FDP den deutschen Parlamentarismus im Speziellen oder Demokratie im Allgemeinen ablehnt, die Zeichen von Otto sind jedoch nicht ermutigend.
Ob Eigentumsrechte, wie sie das Grundgesetz gebietet oder ein gesetzgeberischer (änderbarer!) Rahmen von europäischer Ebene möglicherweise Probleme aufwerfen können, sei einmal dahingestellt. Im ersten Fall wäre es dann ein verfassungsrechtliches Problem und immer noch kein urheberrechtliches.
Was Otto vorwerfen könnte, wäre die „Verletzung des Geistes des (deutschen/europäischen) Urheberrechts“ und das wäre dann weniger eine Argumentation auf faktischer, denn auf emotionaler Ebene.
Die FDP unterstützt alle Bemühungen, die einer weiteren Stärkung des Urheberrechts im digitalen Kontext und einer Förderung des Respekts vor dem geistigen Eigentum dienen. Die FDP lehnt eine „Kulturflatrate“ deshalb strikt ab.
Das darf sie.
Die FDP verbreitet in der Mitteilung auch mindestens eine Falschaussage:
„Sowohl die Einspeisung geschützter Werke in solche Foren, als auch der Download aus „Tauschbörsen“ geht über die der Privatkopie zugrundeliegende Idee weit hinaus und ist bereits nach geltendem Recht eindeutig unzulässig.“
Nach geltendem Urheberrecht ist der Download aus Tauschbörsen eindeutig nicht unzulässig. Das würde die FDP natürlich gerne ändern, aber so klingt das fast schon nach Manipulation und „Raubkopierer sind Verbrecher“-Rhetorik.
Sehr geehrter Herr Otto,
mit Interesse habe ich Ihre Pressemitteilung zu den Forderungen nach einer Kulturflatrate gelesen.
Sie schreiben:
Sowohl die Einspeisung geschützter Werke
in solche Foren, als auch der Download
aus „Tauschbörsen“ geht über die der
Privatkopie zugrundeliegende Idee weit
hinaus und ist bereits nach geltendem
Recht eindeutig unzulässig.
Dieser Satz ist in der gewählten Formulierung falsch. Ich möchte Ihnen dazu ein Gegenbeispiel geben.
Wikipedia ist ein Projekt zur Erstellung einer Enzyklopädie in mehreren Sprachen. Die Texte unterliegen einer sogenannten freien Lizenz. Die Autoren erlauben, daß ihre Beiträge (die selbstverständlich urheberrechtlich geschützt sind) im Rahmen dieser Lizenz frei genutzt werden können. Dazu gehört die Modifikation der Inhalte, die Übersetzung oder beispielsweise die Integration in Anwendungen. Dies kann auch zu kommerziellen Zwecken geschehen.
Eine solche Anwendung ist ein Produkt eines Berliner Verlages, der seit Jahren Lob für die Digitalisierung alter Lexika einfährt. Directmedia kombinierte die hauseigene Software zur Erschließung großer Textmengen mit den Inhalten der Wikipedia. Heraus kam eine Lexikon-CD-ROM, deren dritte Auflage im Verlag Zenodot über den Buchhandel bestellbar ist. Gleichzeitig ist es den Kunden erlaubt, Kopien dieser DVD anzufertigen und beispielsweise die Inhalte auf Tauschbörsen weiterzugeben.
Die Einspeisung geschützter Werke (wie die Wikipedia eines ist) in Tauschbörsen erspart das Vorhalten teurer und aufwendiger Rechner und Bandbreiten. Es wäre für den Verlag eine Belastung, tausende Male jeweils 9 Gigabyte (der Inhalt einer Dual Layer-DVD) bereitzustellen. P2P-Anwendungen verteilen diese Last und ermöglichen die kostengünstige Verbreitung eines jungen und teilweise schon hochgelobten Nachschlagewerkes.
Herzliche Grüße,
Mathias Schindler
PS: Bitte erlauben Sie mir, Ihre Antwort zu bloggen.