GCHQ hat 1,8 Millionen Yahoo-Nutzer durch ihre Webcams angeschaut

Wir wussten ja bereits, dass sich der britische Geheimdienst GCHQ in seinem steten Bemühen, die Erde zum sichersten Planeten dieses Sonnensystems zu machen, erstaunliche Sachen einfallen lassen hat. Fast wie eine Krönung wirkt dabei das, was der Guardian heute veröffentlicht hat: Mit dem Optic-Nerve-Programm hat GCHQ massenhaft Webcam-Bilder von Yahoo abgegriffen. Dabei wurden innerhalb von sechs Monaten 1,8 Millionen Benutzer Opfer der Spähattacke. Nebenbei diente das System zum Testen von Gesichtserkennungssoftware. An der Stelle kann man dem Dokument ein Detail entnehmen, das Terroristen, die mit dem Yahoo-Messenger videochatten, in die Hände spielt: Man sollte dabei den Kopf möglichst schräg halten, damit haben sie wohl noch Probleme. Ansonsten natürlich prima, dass mit automatisiertem Abgleich Menschen gesucht werden, die einer Zielperson ähnlich sehen. Was soll dabei schon schief gehen, wenn ein Geheimdienst mit experimenteller Software den kompletten Bestand aller Yahoo-Webcam-Nutzer durchscannt?

Mit Unterstützung der NSA, die die gesammelten Daten auch über xKeyscore auffindbar machte, hat GCHQ mit dem System Standbilder abgegriffen, die alle 5 Minuten angefertigt wurden. Das belegen Dokumente aus den Jahren 2008 bis 2010. Darunter sollen auch viele Eingriffe in tiefere Bereiche der Privatsphäre bzw. Intimsphäre sein (es soll ja Leute geben, die Videochat auch ohne Hose benutzen). Darüber klagt der Geheimdienst in einem der Dokumente: Eine „überraschend hohe Anzahl von Leuten“ nutzten Webcam-Kommunikation, um einer anderen Person „intime Stellen ihres Körpers“ zu zeigen. Versuche, solche Bilder automatisiert zu entfernen, schlugen fehl, weil die Filter Gesichter auf Grund des Anteils freiliegender Haut für „Pornographie“ hielten.

GCHQ habe sich bemüht, den Zugriff seiner Mitarbeiter auf sexuell eindeutige Bilder einzudämmen. Auch sonst war man sehr bemüht, da nicht irgendwelche komischen Rechte allzusehr zu verletzen:

Rather than collecting webcam chats in their entirety, the program saved one image every five minutes from the users‘ feeds, partly to comply with human rights legislation, and also to avoid overloading GCHQ’s servers.

Es gibt Menschenrechts-Gesetzgebung, die nicht verletzt wird, wenn man die Bilder nur alle 5 Minuten aufnimmt? Erstaunlich. Da ist das mit den Servern irgendwie das glaubwürdigere Argument…

Yahoo hat dem Guardian-Bericht zu Folge wütend auf die Erkenntnisse reagiert. Man habe von nichts gewusst und das Ganze stelle eine komplett neue Ebene der Verletzung der Privatsphäre der Nutzer dar. Man werde sich verstärkt um Verschlüsselung bemühen. Die Daten sollen von GCHQ aus dem abgegriffenen Traffic der Glasfaserkabel extrahiert worden sein.

Auch wenn man es wohl eigentlich nicht mehr erwähnen braucht, der Vollständigkeit halber: GCHQ ist sich keiner Schuld bewusst. Eine genauere Stellungnahme gibt es aber wie immer auch nicht:

GCHQ insists all of its activities are necessary, proportionate, and in accordance with UK law.

Die Möglichkeiten zum Videochat mit ihren Liebsten werden für die Terroristen immer kleiner. Und für alle anderen auch.

29 Ergänzungen

  1. Mir fällt dazu echt einfach nichts mehr. Ich weiß nicht mehr wie das noch schlimmer werden kann und doch tut es das doch noch mit jeder weiteren Enthüllung und geändert hat sich bisher trotzdem noch nichts.

    1. Daran wird sich auch nichts mehr ändern, die etablierten Parteien sind unwissen oder auf dem „ich habe nichts zu verbergen“ tripp. Während sich die Piraten nur noch mit Gender und Linksextremen Antifa shit beschäftigten. In der Politik gibt es niemanden mehr wo sich auch nur einen Dreck darum kümmert.

      Die einzigste Möglichkeit ist daher darknets aufzubauen, alles zu verschlüsseln und ins TOR zu verlegen usw. Freie Software nutzen.

      Auf die Politik braucht man nicht warten, das ist hoffnungslos.

      1. @anonym

        „Die Linke hat eine ganz klare Haltung zur Schleppnetzüberwachung und den Enthüllungen von Snowden.“

        Die Haltung nutzt nur leider nichts, wenn offenbar ganz andere Dinge viel wichtiger sind, z.B. nackte Tatsachen mit einem netten Spruch zu präsentieren. Für derlei Aktionismus sind sie offenbar noch zu haben, aber dafür, daß man sich aktiv für die Wahrung von Bürgerrechten einsetzt, anscheinend nicht. Das werden wohl andere übernehmen müssen, die sich hoffentlich gegen eine solche Vereinnahmung besser wehren werden als die Piraten.

  2. Auch wenn das etwas „radikal“ klingt, aber evtl müssen wir ja einfach mal mehr „Betroffenheit“ schaffen?

    Wäre sehr schön, wenn da jetzt ma bilder von n paar hunderttausend Deutschen bei abfallen – die müsste man an sich ma nur alle auf ner Page veröffentlichen und Viral werden lassen.

    Sofern die kritische Masse irgendwo groß genug ist, oder n paar bekanntere halböffentliche personen bei ist, gibt das hoffentlich n größeren #Aufschrei

    1. Mehr Betroffenheit? Ok, I try:

      Denkt denn niemand an die Kinder? Auch die haben Webcams! Jetzt ist die NSA voller Kinderpornographie und das ist sogar staatlich genehmigt UND durch die Menschenrechte gedeckt!

      Reicht das? Gut, dann einfach nochmal mit einer besseren Meldung versuchen: „NSA speichert Kinderpornographie!“

      1. Wirkliche Betroffenheit wäre, wenn die entstandenen Bilder öffentlich wären. Wer sind diese 1,8 Millionen Nutzer? Bist du dabei, deine Familie, deine Kinder, deine Freunde?

        Die Überwachungsopfer haben selten ein Gesicht, da man meist nur Zahlen kennt (soundsoviele wurden überwacht), aber nie konkret weis, ob man selbst oder ein Bekannter betroffen ist.

        P.S.: Das soll jetzt kein Aufruf an die Journalisten sein, entsprechende Bilder (falls sie welche haben) zu veröffentlichen ;-)

    2. Man könnte ja eine Seite erstellen, mit lauter komischen Gesichtern und Körperteilen, und dann auf FB und Twitter als geleakt herum gehen lassen :D

  3. Der NSA-Skandal ist tot. Lassts einfach, es intessiert erst wieder jmd, wenn es einen Prominenten betrifft.

    Es gibt NIX, was in Sachen Privatssphäre heute noch jemand aufregt, denn man hat ja selbstverständlich nix zu verbergen.

    Und auch die versehentlich aufgenommen Kinder vor den WebCams sind in Zeiten öffentlicher Fotoalben nicht der Rede wert. Aber vlt. weiß Edathy nun, wo er sich bewerben kann, wenn er neue Bildchen braucht…

    1. Dem kann ich mich nicht anschließen. Ja, das ist ein langwieriger Prozess, aber die Beobachtung der Deutschen führt schon zu einer Veränderung. Es dauert zwar, aber die Geheimdienste haben den Bogen gewaltig überspannt und sie wissen es auch. Vor paar Jahren hatte ich versucht Freunde dazu zu bewegen OTR zu benutzen. Das hat nur bei einigen funktioniert, jetzt ist es alles einfacher und eine lange Diskussion, warum man das machen sollte, erübrigt sich. Die meisten haben wenigstens schon einmal von tor oder i2p gehört. Die einzigen die sich im NSA/GCHQ Fall schwer tun, sind die Politiker den die haben noch nicht wirklich begriffen was genau los ist oder was die Leute wollen. Aber das ist auch kein Wunder, wenn man sich die „Netzexperten_innen“ der Parteien anguckt.

      Wer das Machtspiel um das Internet gewinnen wird, ist relativ eindeutig. Wielange es dauern wird, wird aber niemand sagen können.

      1. Die Politiker wissen mittlerweile ganz genau was da läuft!
        Die billigen das selbstverständlich, denn das ist ja so gewollt…:-(

  4. So, und nun ratet mal, warum bei meinen Rechner seit Jahren die Webcams überklebt sind. Am Anfang waren die Teile ja lustige Gimmicks, aber die Faszination hat doch schnell nachgelassen.

    1. Weil die Auflösung dieser Dinger im Vergleich zu Handycams h grottig ist? Im Ernst. Ich würde die Teile auch nutzen wenn diese mal brauchbare Bilder geschweige denn Videos aufnehmen würden. Das ist doch Schund was in den meißten Laptops verbaut ist.
      Noch dazu sind die Mikrofone ständig am Lauschen. Nein, Gerät deaktivieren reicht nicht. Wenn dann eher physisch abklemmen :D

      Ich hab gehört, dass man mit einem Geheimdiesntalgorythmus die Tastenanschläge zuordnen kann mithilfe vom Mikro. Also hilft dir allein das abkleben recht wenig wenn du eine Backdoor drin hast.

      In diesem Fall wurden ja die Streams direkt abgegriffen also ist das abkleben ja nicht so verkehrt.
      Frage mich was mit den Leuten passiert, die vom Bund gratissticker bestellen. Kommen bestimmt auf eine Watchlist.

      P.S. Ich hab meine eigenen Sticker. Sind zwar nicht oft wiederzuverwenden aber abwaschbar alle mal (ohne Wasser). Nennt sich Notizzettel. Sind diese kleinen Gelben mit Kleberand : )

      1. Habe mir jetzt die Pril-Blumen-Stzicker vom Familienministerium bestellt.

        Den Geheimdienst möchte ich sehen, der am Tastenanschlag erkennt ob ich rasiert bin. Für das Mikro hab ich ständig WDR5 laufen, das hält kein Überwacher lange durch ;-)

  5. Man hätte sich vielleicht auf Marissa Mayer beschränken sollen, dann hätten man nicht die Probleme mit dem ganzen Pornozeugs gehabt. Aber mal im ernst, ich merke wie die ganze Geheimdienstscheisse allmählich nur noch ein müdes Achselzucken verursacht. Man stumpft ab, die Politik erklärt sich für nicht zuständig und viele, die ich kennen sagen auch nur noch, „da kann man nicht machen – is eben so“. Überwachungsstaat durch Abstumpfung.

  6. Da „Sexting“ eine weitverbreitete Praktik unter Jugendlichen zu sein scheint, sind die Geheimdienste damit wohl einer der größten Produzenten von Kinderpornos. Vielleicht sollte man die Debatte ja mal auf diese Ebene bringen, da sensibilisiert man vielleicht Leute, die man anders nicht erreicht. Klappt ja für die Gegenseite auch immer, oder?

    1. so oder so ähnlich müsste die Schlagzeile lauten:
      Edathy, mutmasslicher Geheimdienstler, konsumierte mutmasslich KiPo über das bespitzeln unbescholtener Bürger und deren Kindern über WebCams in Handy, Laptop, PC und Fernseher.
      Es gilt die Unschuldsvermutung.
      Denkt denn niemand an die Kinder?

  7. Ich schmeiß demnächst diesen Sch.. PC auf den Müll. Und dann tschüss NSA und Kumpane. Ich warte schon längst bis so eine Welle anrollt. Hoffentlich bald.

  8. Haha,
    wer hat’s denn nicht kommen sehen. Wer tatsächlich glaubt, das die Kameras an PC und Mobiltelefon zum Spaß der Konsumenten eingebaut wurden, glaubt es vermutlich immer noch.

    Das Schlimme aber ist, das die kritische Masse sicher längst erreicht ist, sich aber nicht formieren lässt, geschweige organisiert ist.
    Wehe uns, wenn wir nichts tun.

  9. schön, dass man drüber geredet hat so wie herr steinmeiner in den usa. und, was wird passieren? NUUUUUUUUUUUUUUULLLLLL!!

    1. ach so, nur yahoo. ich dachte die überwachen auch andere dienstleister…..wie, das ist dann die nachricht von übermorgen?? icq-chats, google-chats etc. werden auch überwacht????? aber meien cam geht doch nur wenn das komische rote licht an ist…HAHAHA. ihr dummen schnüffler……

  10. Schon schrecklich, wie schnell es diesmal wieder von den Tagesthemen genommen wurde.

    Selbst auf Spiegel, Heise oder ähnlichem wars nicht mehr als eine kurze Meldung, in der Tagesschau gestern wurde es gar nicht erwähnt (vlt wars dafür aber auch zu kurzfristig und kommt heute).

    Klar gibs es auch andere wichtige Themen, trotzdem sehr erschreckend…

  11. Bei dem Pornomaterial, was die Geheimdienste auf ihren Festplatten haben, ist BRAZZERS dagegen die reinste Klitsche.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.