In Schweden endete der Gerichtsprozess gegen Pirate-Bay-Gründer Frederik Neij und Peter Sunde sowie den Unterstützer Carl Lundström in der letzten Instanz mit der Bestätigung der Verurteilung.
Hintergrund: 2009 wurden die drei von einem schwedischen Gericht in erster Instanz wegen Verletzungen des Urheberrechts zu jeweils einem Jahr Haft und einer Strafzahlung von insgesamt 32 Millionen schwedischen Kronen (3,6 Millionen Euro) verurteilt. Eine höhere Instanz wandelte das Urteil später um, Neij erhielt eine Haftstrafe von zehn, Sunde von acht und Lundtröm von 4 Monaten, die Geldstrafe beträgt 46 Millionen schwedische Kronen (5,2 Millionen Euro).
Unmittelbare Konsequenzen hat das für die Angeklagten erstmal nicht, da sie nicht mehr in Schweden leben, worauf im Blog auf thepiratebay.se (wohin TPB umgezogen ist, um nicht von US-Behörden beschlagnahmt werden zu können) hingewiesen wird; dort wird auch dargestellt, was die bald 9 Jahre des Bestehens der Seite für die Beteiligten bedeuteten:
Experiencing raids, espionage and death threats, we’re still here. We’ve been through hell and back and it has made us tougher than ever. The people running the site has changed during the years. No sane human being would put up with this kind of pressure for 8 years in a row. An insane hobby that takes time from our families, our work (sorry boss) and our studies.
Peter Sunde erklärte in einem Blogbeitrag, dass ihn das Urteil nicht überrasche, und wies auf die Rahmenbedingungen hin, die den Einfluss des Copyright-Lobbyings belegen:
From having the minister of justice pressured by the US to illegally make a case of TPB, through the police officer responsible for the investigation (Jim Keyzer) “just happened” to get a job at Warner Brothers the weeks before I myself got promoted from a witness to a suspect, to the judges in the court cases being either board members, or in one case the actual chairman of the board, for the swedish pro-copyright society, it was clear to us that the supreme court – where many of the judges make a lot of money on their own copyrights – would be hard to persuade to take the case. Even though most of the public would want the case tested there. Even though it’s one of the most important cases for all of the EU.
Der Beitrag endet mit dem Aufruf zum Boykott der Entertainment-Industrie. Sunde hat außerdem dem Magazin stern ein lesenswertes Interview gegeben, das eine gute Zusammenfassung der aktuellen politischen Ereignisse und einige Bonmots liefert. Kleiner Auszug:
Die US-Regierung und die Filmindustrie spammen uns mit Gesetzesvorhaben voll. Das sind DDos-Attacken mit Gesetzen. Und sie versuchen, uns dadurch abzuschrecken, dass sie jemanden wie Schmitz festnehmen.
Die USA kontrollieren die Infrastruktur des Internets, das System der Internet Domain Namen (DNS). Für die globale Demokratie ist das ein echtes Problem, weil wir alle von Entscheidungen von jemandem betroffen sind, den wir nicht beeinflussen können.
Dinge zu teilen, sie zu kopieren und neu zu schaffen, diese Handlungen sind Elemente unserer existenziellen Freiheit. Es geht hier um Menschenrechte. Wir haben nun Technologien zur Hand, die es uns ermöglichen, diese Freiheit mehr denn je zu nutzen. Politiker verstehen weder die Grundsätze dieser Technologie noch die Art und Weise, wie Menschen sie nutzen. Stattdessen wird ihre Wahrnehmung von mächtigen Lobbyisten getrübt, die ihre Ansichten als irgendeine Art von Kompromiss verkaufen.
Randnotiz: Dass die Industrie mit ihren monopolistischen Vertriebswegen einiges überdenken sollte findet bekanntermaßen auch Paulo Coelho, dessen Schlüsselerlebnis die Verbreitung des „Alchimisten“ per pdf im Jahr 1999 in Russland war, dem 12 Millionen verkaufte Exemplare in diesem Land folgten:
The good old days, when each idea had an owner, are gone forever.
First, because all anyone ever does is recycle the same four themes: a love story between two people, a love triangle, the struggle for power, and the story of a journey.
Second, because all writers want what they write to be read, whether in a newspaper, blog, pamphlet, or on a wall.The more often we hear a song on the radio, the keener we are to buy the CD. It’s the same with literature. The more people ‘pirate’ a book, the better.
In seinem Blog erneuert er diese Aussage und solidarisiert sich explizit mit The Pirate Bay:
Welcome to download my books for free and, if you enjoy them, buy a hard copy – the way we have to tell to the industry that greed leads to nowhere.
Kann man die Haftstrafen vielleicht noch verstehen (nachdem man das ganze wohl getrost als „gewerbsmäßige Beihilfe zur massenhaften Urheberrechtsverletzung“ interpretieren kann), so fehlt den Geldstrafen _jede_ Verhältnismäßigkeit.
„Und sie versuchen, uns dadurch abzuschrecken, dass sie jemanden wie Schmitz festnehmen.“
->
„Und sie versuchen, sich bei uns einzuschleimen, indem sie jemanden wie Schmitz festnehmen. “
Fixed that for him!
Wird es im Fall Kim Schmitz nach seiner Verurteilung hier auch einen entsprechend salbungsvollen Blog-Eintrag geben, oder ist der nur ein „fieser Warez-Seiten Betreiber“ und kein „heroischer Urheberrechts-Freiheitskämpfer“ wie die Jungs von ThePirateBay, wo es natürlich immer nur darum ging irgendwelche Linux-Distributionen herunterzuladen, wie man auf ihrer Seite ja so schön sehen kann:
http://thepiratebay.se/top/all
Also als ich gerade draufklickte war/ist die #1 „PrettyLights-BT“ und nach kurzer Recherche scheint es mir, als sei „PrettyLights“ ein Musik-Label, welches unfreie Musik kostenlos anbietet.
Ob das auf den dritten Blick auch so ist weiß ich freilich nicht, erstmal aber tendiere ich dazu von einem legitimen Torrent auszugehen.
Es sei aber nicht verschwiegen, dass die Plätze zwei und drei wohl von solchem Content belegt sind, deren Upload wohl in der Tat nicht mit der Rechtsprechung vereinbar sind (bei einem weiß ich es bei dem andreren nehme ich es an) und erst auf Platz drei wieder ein legaler Download folgt.
Die Kernpunkte sind und bleiben meiner Meinung nach:
Wenn eine Technologie illegales ermöglicht, aber auch für positive Dinge verwendet wird und verwendet werden kann, dann sollte man vermeiden diese Technologie zu verbieten oder unterbinden. Waffen sind in ihrem Handel aus gutem Grund sehr eingeschränkt, weil sie fast ausschließlich Schaden anrichten. Kraftfahrzeuge haben einen legitimen Zweck, obwohl sie viele Leben kosten und sogar zuweilen vorsätzlich zum Schaden anderer eingesetzt werden ist ihr Besitz und ihr Handel weitestgehend frei (ihre Benutzung ist meldepflichtig).
Daraus ergibt sich meiner Meinung nach relativ klar: BitTorrent sollte man unter gar keinen Umständen irgendwie begrenzen.
Ob gleiches für ThePirateBay gilt mag ein anderes Blatt Papier sein, aber auch dort werden wie oben dargestellt legitime und illegitime Dateien getauscht und weiterhin: TPB ist noch immer nur eine Plattform, die userGeneratedContent bereitstellt. Dass Betreiber und Nutzer davon wissen, WAS da so getauscht wird steht außer Frage, aber noch immer geht es nur um Informationen wie an etwas zu gelangen ist. Im Sinne der Redefreiheit bin ich auch noch immer dafür, dass die berühmten (und scheinbar nicht wirklicht existenten) Bombenbauanleitungen weiterhin verfügbar sein sollen. Es ist nur eine Information, was der Empfänger mit dieser Information anfängt ist noch immer seine Sache.
Der zweite wichtige Punkt ist, dass ich weiterhin anzweifle, dass Filesharing der Content-Industrie relevant schadet. Meine Selbstbeobachtung habe ich an so mancher Stelle bereits dargelegt (seit ich nichts mehr illegal herunterlade sind meine Ausgaben in diese Richtung nicht gestiegen, seit es freie Inhalte gibt haben sie sich über dies dort hin verlagert).
Und ich glaube weiterhin, dass es dort keinen Zusammenhang gibt. Schüler, die sich 8 Filme im Monat auf Video-Plattformen ansehen würden ohne diese mitnichten acht Mal ins Kino gehen in dem Monat, sie können es sich gar nicht leisten. Ich bin der festen Überzeugung, dass die aller aller meisten illegalen Up- und Download nur zusätzlicher Konsum von Software und Kultur sind, die ohne diese Angebote einfach nicht statt fänden. Derjenige, der das Geld hat, dem ist die Musik, der Film oder die Software durchaus ihr Geld wert. Ich kenne genügend Mittdreißiger, die darauf stehen ein hübsches DVD-Regal zu haben und die ordentlichen Kundensupport von Adobe wollen etc.pp.
Kurzum: Könnte Klein Fritzchen Photoshop nicht herunterladen würde er nicht 399$ ausgeben um es zu kaufen, er würde GIMP benutzen oder Bildbearbeitung sein lassen.
gerade um auf die Sache mit Photoshop oder anderer „genretypischer, aber für den Normaluser unbezahlbarer Software einzugehen:
Denkt mal daran, wieviele Leute schon als Jugendliche lernen, mit diesen kopierten Programmen umzugehen. Schaut euch auf Deviantart an, wieviele Jugendliche erstaunliche Kunst mit proprietären Bildbearbeitungsprogrammen entwerfen. All dieses Know-how hilft ihnen, eventuell später ihrem Hobby als Beruf nachgehen zu können, es hilft beim Studium und es verkürzt die Zeit, die sie in ihrem Job in entsprechende Programme eingearbeitet werden müssen. Und natürlich werden sie später im Job auch von den eventuell positiven Erfahrungen mit der Software berichten und so helfen, sie zu verbreiten. Und natürlich werden diejenigen, die Geld durch die Verwendung dieser Software erwerben (Agenturen, Freelancer…) sich eine Lizenz vom Hersteller besorgen.
Alternativ dazu könnte man natürlich auch freie Software benutzen, die sich die Agenturen von gewieften Proggis auf ihre Ansprüche zurechtschneiden lassen… aber da hat ein Riese wie Adobe dann auch nix mehr von ;)
Das könnte man alles auch von Megaupload behaupten!
Trotzdem ist Kim Schmitz jetzt der böse Warez-Pate, der hängen soll, während die Jungs von ThePirateBay von den „Netzaktivisten“ weiter bejubelt werden.
Jap kann man und völlig zu recht.
Bevor ich einen eigenen FTP-Server betrieb habe ich relativ oft rapidshare oder andere Onclickhoster benutzt, wenn ich große Datenmengen an mehrere Leute bringen wollte oder aus welchen Gründen auch immer nicht durch die e-Mail schieben (Größenbegrenzungen etc.). Und ich meine durchaus „legitime“ Daten.
Ich finde daher mitnichten gut, dass die Firma MegaUpload hochgenommen wurde, aber ich finde es legitim, denn hier wurden die Daten selbst angeboten und nicht nur die Information wo sie zu finden sind.
Dennoch keine Frage, das Geschäftmodell von sharehostern funktioniert wahrscheinlich nicht ohne Raubkopien.
Das Geschäftsmodell der GVU theoretisch auch nicht, aber zum Glück kann man im Zweifel ja auch andere Leute abmahnen, muss ja nicht stimmen.
Oh Nachtrag: Im Übrigen verwende ich BitTorrent tatsächlich ausschließlich für legale Inhalte. Im Wesentlichen sind das tatsächlich die angesprochenen Linux-ISOs sowie Podcasts.
In beiden Fällen ist die Zeitdifferenz marginal. Über HTTP brauche ich für den Download eines Podcasts 30 Sekunden, mit BitTorrent auch 30 Sekunden aber bis die Seeder gefunden sind dauert es nochmal so lange. Uhuuu ich habe eine ganze statt einer halben Minute gebraucht um 30-60 Minuten gesprochenes Wort zu laden. Großartig.
Ich gestehe aber ein, dass ich die Dateien niemals von ThePirateBay hole oder geholt habe, sondern in aller Regel direkt bei dem jeweiligen Angebot den Magnet-Link nutzte.
Nutze zwar TPB nicht, aber der Herr „Neij” hat Recht! „Dinge zu teilen, sie zu kopieren und neu zu schaffen, diese Handlungen sind Elemente unserer existenziellen Freiheit.“