Gestern lief auf irgendeinem der vielen ZDF-Kanäle eine Dokumentation namens „ZDFzoom – Hilfe, ich bin nackt“. Die Dokumentation beschäftigte sich mit Privatsphäre und Datenschutz in Zeiten von sozialen Medien und nahm dabei eher eine Anti-Post-Privacy-Haltung ein. Die halbe Stunde Sendung gibt es im Netz zu sehen, zumindest bis sie depubliziert wird.
Thomas Praus (aka @stylewalker) wurde als Opfer ausgesucht und sein digitales Leben nach recherchiert. Die Ergebnisse wurden ausgedruckt und an eine Wand gehängt, wie man es aus Krimis kennt. Aber als Visualisierung von Datenspuren im Fernsehen fand ich das kreativ gelöst. Thomas schreibt in seinem Blog über das Erlebnis.
Dann bastelten Informatiker an der Uni Darmstadt eine Android-App, die unbemerkt im Hintergrund alle Daten ausliest und zu einem Server hochlädt. Diese App wurde wiederum (ob jetzt gestellt oder real) an Personen auf der Straße auf das Handy installiert.
Höhepunkt ist übrigens der Verwaltungsmensch am Ende, der eine Namensänderung damit ablehnt, dass man doch wissen müsse, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei.
Den „Verwaltungsmensch“ muss man schon wörtlich zitieren, damit man das Ausmaß des Unsinns erfassen kann:
Lutz Zacharias (Standesamt Köln):
All das, was sie mir jetzt gezeigt haben, hat mit Internet zu tun.
Internet ist ein rechtsfreier Raum.
Das weiß auch jeder, der mit dem Internet zu tun hat.
Und das bedeutet: jeder betritt freiwillig diesen rechtsfreien Raum und ist letztendlich dann auch für sich selber verantwortlich.
Und das war, wenn ich mich recht erinnere, das unkommentierte Schlusswort. Einfach so.
Ja, das ist schon unangenehm.
Aber das war halt auch eine der Aussagen des Films, verständlich (wenn auch verwerflich), dass die Autoren, sich das nicht kaputt machen wollen.
Denn gerade gegen Ende des Films spitzte es sich auf genau das zu: Wir Nutzer seien den Firmen ausgeliefert und könnten nur wenig dagegen tun.
Dass AGBs auf eine Bildschirmseite begrenzt seien ist mir aber auch gänzlich neu. Ich hol mir doch n Datentarif fürs Telefon, da kann ich ja jeden Scheiß als rechtswidrig ablehnen ;)
Will sagen: Was ist denn Eine „Bildschirmseite“? (Oder bezieht sich das vielleicht ursprünglich auf Video-Text? Dann wäre es eine klare Zeichenmenge)
Also mal anders überlegt:
Hinsichtlich Datenschutz und Privatssphäre hat er durchaus recht mit der Aussage (Anm.: habe es selbst noch nicht gesehen).
Um unseren Datenschutz müssen wir uns selbst kümmern. Die Gesetze die es dazu gibt interessieren keinen. Rechtsdurchsetzung ist durchaus schwierig (als bspw Verbraucher gegen Facebook) und mit hohen (Kosten)Risiken verbunden.
Er hat es sicherlich so nicht gemeint. Aber bitte :D
Schöner Beitrag und sowas vom ZDF – Glückwunsch. Jetzt kann jeder nachvollziehen, wie leicht sich die vielen Einzeldaten zu einem großen Gesamtbild zusammenfügen lassen. Auch die Sache mit der App, letztendlich können damit alle Daten vom Smartphone herunter kopiert werden, prima Demonstration dieser Möglichkeit.
Der Standesbeamte zum Schluß war noch einmal ein echter Schenkelklopfer. Allein für die Phrase „Internet ist ein rechtsfreier Raum“ gehört er auf Lebenszeit ins Düsseldorfer Exil verbannt. ;-)
Bis dieser Michael Thiel, dieser RTL-Talkshow „Psychologe“ aufgeutacht ist wars ja noch glaubwürdig. Aber der Typ zieht ja wohl ALLES auf RTL „Niveau“
@Wiegald: Den Psychologen fand ich auch mehr als grenzwertig mit seinen Aussagen.
„… an eine Wand gehangen …“
Gehängt.
Also beim „rechtsfreien Raum“ zog es mir mal wieder glatt die Schuhe aus!
Über das ZDF.de-Kontaktformular hab ich den Autorinnen entsprechende Hinweise und Links zum angeblich „rechtsfreien Raum“ gesendet.
Da könnten durchaus noch ein paar Kommentare abgesendet werden ;-)
Scheint ja ein bisschen von der englischen Dokumentation abgeschaut zu sein. Das mit den Sachen an der Wand haben dort Privatdetektive ebenfalls gemacht.
Diese Reportage war nichts weiter als heiße Luft.
Einzig die Sache mit der App hat vielleicht etwas nachdenklich gemacht.
Aber sonst war es halt nur das übliche Bla Bla. Wirklich aufgeklärt und was man tun kann und tun sollte um sich „zu schützen“ wurde nicht.
Letztlich kam einfach nicht herüber, wo die eigentliche Gefahr ist.
Und das mit dem „rechtsfreien Raum“ hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt.
@jemand: Worin sollte Deiner Meinung nach der Schutz bestehen? Datensparsamkeit? Häkchen im Submenu bei Facebook entfernen? OS immer brav updaten? Anzeige / Anfrage beim neu geschaffenen Cyberdingsbums-Center?
Einigermaßen SICHER kann doch nur der sein, der sich dem Netz völlig entzieht. Aber selbst dann können noch andere Daten über ihn veröffentlichen ( z.B. Schulfreunde-Seiten, Telefonverzeichnisse, Sportvereine usw. ) .
Das gibt es als Podcast. Und damit auch für curl zum Download – noch.
Hier, 93.4 MB
Noch ein Versuch. Den Beitrag gibt (noch) als Podcast zum Download mit curl.
Hier klicken!
Da es nur 97 MB sind, sehr kleines Bild.
Olol, „Woher habt ihr meine Adresse?“ Flasche.
Argh! Das war so klar, dass diese Stelle mich als totalen Idioten outen würde. Meine Überraschung rührte daher, dass ich alle meine Websites auf die Firmenadresse eingetragen hatte, aber das war wohl noch nicht überall angekommen, daher die Verwunderung.
Nachtrag: Interessant zu lesen ist folgender Kommentar: http://www.stylewalker.net/2011/06/15/ich-bins-der-nutzer/#comment-1163951
Schön, dAss auch nich gesagt wurde, dAss es sich um android handelt…mein dAd wollte mich sofort zwingen die eBay-App Mit acc+Passwort von ihn von meinem iPod Touch zu löschen….
Sry für die Rechtschreibung, iPod Auto – correct
Was für ein dümmlicher Scheiss. Werde mich beim ZDF über diesen Kindergarten beschweren. Null journalistische Leistung, Null Erkenntnisgewinn, keine Kontextualisierung, tatsächliche „Gefahren“ oder besser „Kommerzialisierungen“ werden boulevardesk dargestellt.
Die beiden „Jounalistinnen“ sind auf meiner Blacklist vermerkt. Man sollte sich wirklich Gedanken machen, was da an Informationsmenschen-Nachwuchs dümmlich herangezogen wird.
Die Experten – oder vielleicht wäre „Spezialexperten“ hier angebrachter – kommen teilweise sehr merkwürdig rüber. Insbesondere am Ende, als der Medienwissenschaftler über jemanden, der neben ihm steht, in der dritten Person spricht. Erinnert mich ein bisschen an einen Arzt der Mutti seine Diagnose einer schweren Internetexpositionssucht beim kleinen Thomas erklärt. Ich würde mich als Wissenschaftler auch nicht mit den zum Teil sehr absoluten Aussagen so weit aus dem Fenster lehnen. Zum Beispiel, dass die Totalverweigerung nichts hilft, halte ich für äußerst fragwürdig. Ich bezweifle, dass bei jemandem, der allein schon Twitter und Facebook oder vergleichbare Angebote nicht nutzt, die Wand (unter ansonsten gleichen Bedingungen) genauso hätte gefüllt werden können. Nutzungsverhalten macht einen Unterschied, mag sein, dass das mit zunehmenden Kontrollverlust irgendwann nicht mehr stimmt, aber da sehe ich uns noch nicht.
Allgemein würde ich sagen, bei diesem aufklärerischen Fehlgriff hakt es an allen Ecken und Enden.
Sehr verdächtig finde ich (als Kommentar zu #8) auch die Reaktion der Testperson mit der App.
Hat sonst wer weitere Infos, dass die Experten bezahlt wurden für die INterviews?! Der verlinkte Kommentar ist doch etwas zu wenig hintergründig.
Habs am 10.10.2011 zufällig gesehen. Der Standesbeamte
Lutz Zacharias sagte gestern immer noch:
„All das, was sie mir jetzt gezeigt haben, hat mit Internet zu tun.
Internet ist ein rechtsfreier Raum.
Das weiß auch jeder, der mit dem Internet zu tun hat.
Und das bedeutet: jeder betritt freiwillig diesen rechtsfreien Raum und ist letztendlich dann auch für sich selber verantwortlich.“
„grusel“