Überwachte G'schichtFunkzellenabfragen rund um Kanzlei des Ibiza-Video-Anwalts

Julian Hessenthaler war der Mann hinter den Ibiza-Videos, die Österreich in eine Regierungskrise stürzten. Er saß bis vor kurzem in Haft, doch nicht wegen der Videos selbst. Eine Recherche von Correctiv zeigt, dass bei den Ermittlungen gegen Hessenthaler offenbar auch die Kanzlei des Berliner Anwalts Johannes Eisenberg überwacht wurde.

Julian Hessenthaler im Gerichtssaal
Julian Hessenthaler am Landesgericht St. Pölten in Niederösterreich. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / photonews.at

„B’soffene G’schicht“ – eine besoffene Geschichte – war in Österreich Unwort des Jahres 2019. So verteidigte Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das, was auf den international bekanntgewordenen Ibiza-Videos zu sehen war, die von Spiegel und Süddeutscher Zeitung veröffentlicht wurden. Es geht um Gespräche über verdeckte Parteispenden und Korruption, sie führten zum Sturz der österreichischen Regierung.

Der Mann, der hinter den Videos stand, landete im Gefängnis. Doch Julian Hessenthaler saß nicht wegen der Videos selbst hinter Gittern, sondern wegen vermeintlichen Drogenhandels und Urkundenfälschung.

Gegend um Berliner Anwalt überwacht

Correctiv hat in einer Recherche das Vorgehen gegen den österreichischen Privatdetektiv aufgearbeitet. Hessenthaler selbst sagt, der Prozess gegen ihn liefere „eine Blaupause, wie man einen politisch unbeliebten Akteur ausschaltet – indem man ihn einfach strafrechtlicher Vergehen beschuldigt“.

In den Unterlagen, die Correctiv einsehen konnte, wird deutlich, dass auch deutsche Behörden Überwachungsmaßnahmen für die österrischen Ermittler:innen durchführten. Sie machten Funkzellenabfragen in Berlin und zwar ausgerechnet rund um die Kanzlei des Rechtsanwalts Johannes Eisenberg. Laut der taz sei die Überwachung von der österreichischen Soko „Tape“ ab August 2019 veranlasst worden, auf Wunsch der Staatsanwaltschaft Wien und einer Richterin. Eisenberg habe erfolglos versucht, rechtlich dagegen vorzugehen.

Funkzellenabfragen blieben ergebnislos

Die Abfragen verliefen erfolglos, Hessenthalers Nummer ging den Ermittler:innen nicht ins Netz. „Auf die Idee, mich einfach anzurufen und mir einen Termin auf einer Wache anzubieten, sind die Ermittler offenbar nicht gekommen“, sagt Hessenthaler gegenüber Correctiv. „Die gesamte Verdachtsschöpfung war von vorneherein rechtsbeugerisch“, sagt Eisenberg gegenüber der taz.

Hessenthaler wurde im Dezember 2020 in Berlin festgenommen und später nach Österreich ausgeliefert. Dort verurteilte ihn 2022 ein Gericht zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Drogenhandels und Urkundenfälschung. Mittlerweile ist Hessenthaler wieder frei, wegen guter Führung. Doch sein Fall ist noch nicht erledigt. Sein Anwalt hat im Februar Beschwerde vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eingelegt. Er wirft dem Richter vor, „Zweifel an der Beweislage“ im Verfahren nicht berücksichtigt zu haben, und sieht einen „(partei)politischen Hintergrund des Falls“.

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