Soziale NetzwerkeTwitter jetzt weniger wert als die Schulden, die es hat

Der Wertverlust von Twitter innerhalb eines Jahres ist spektakulär. Expert:innen schätzen den Wert des sozialen Netzwerkes nur noch auf acht Milliarden Dollar ein. Elon Musk hatte Twitter für 44 Milliarden gekauft.

Zwei Bücher, auf denen Elon Musk mit gefalteten Händen zu sehen ist.
Biografien über Elon Musk im Sonderangebot. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Nach etwa einem Jahr im Besitz von Elon Musk ist Twitter, das nun X heißt, finanziell in echten Schwierigkeiten. Der Wert des Unternehmens wurde schon im Mai dieses Jahres nur noch auf ein Drittel eingeschätzt, mittlerweile soll Twitter laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters nur noch acht Milliarden Dollar wert sein. Musk hatte Twitter vergangenen Oktober für 44 Milliarden Dollar gekauft.

Mit den 13 Milliarden Dollar Schulden, die Twitter hat, wäre das Unternehmen damit nicht einmal so viel wert, wie die Schulden, die es hat. Twitter muss jeden Monat 300 Millionen Dollar Schulden abzahlen.

Hinzu kommt, dass der klassische Werbemarkt, der bislang 90 Prozent der Umsätze von Twitter ausgemacht hat, eingebrochen ist. Der Anzeigenumsatz von Twitter im US-Werbemarkt ist laut Reuters im August 60 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen, über das Jahr seit der Übernahme verteilt sind es mehr als 55 Prozent.

Im Bericht heißt es weiter:

Nimmt man alles zusammen, ist X nicht nur weniger wert, als Musk dafür bezahlt hat, sondern wahrscheinlich auch weniger als seine Schulden. Nehmen wir an, dass der Umsatz des Unternehmens im letzten Jahr 4,7 Milliarden Dollar betrug, basierend auf den Ergebnissen vor der Privatisierung. Wenn die Werbung um die Hälfte zurückgegangen ist, dürfte der Umsatz in diesem Jahr bei etwas über 2,5 Milliarden Dollar liegen. Legt man den gleichen Unternehmenswert-Umsatz-Multiplikator wie bei Snap zugrunde, der auf das Dreifache gesunken ist, dann ist X etwa 8 Mrd. USD wert.

Twitter befindet sich seit der Übernahme durch Elon Musk Ende Oktober 2022 in einer Abwärtsspirale. Ständig neue Änderungen am sozialen Netzwerk verunsichern Nutzer:innen und Werbekunden ebenso wie die immer stärkere Hinwendung seines Besitzers zu rechtsradikalen Inhalten und Verschwörungsideologien. Wegen der politischen Ausrichtung haben zuletzt bekannte jüdische Persönlichkeiten zum Werbe-Boykott des Netzwerks aufgerufen. Seit der Übernahme Musks gab es zudem immer wieder Exodus-Bewegungen zu anderen sozialen Netzwerken wie Mastodon oder nun gerade wieder zu Bluesky.

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8 Ergänzungen

  1. Mastodon und andere dezentrale Netzwerke sind die einzig gangbare Lösung in einer Welt, wo verschiedene Gesetze gelten. Große Plattformen werden niemals wirklich frei sein, da sie unzählige Gesetze aus aller Welt beachten müssen und das zum Nachteil von bestimmten Benutzern.

    Da ist es nicht verwunderlich das einige Menschen ihr eigenes Netzwerk aufziehen, um dem Einfluss der großen Plattformen zu entkommen.

  2. Interessiert Musk alles nicht. Sein Ziel konnte man in seiner neuesten Autobiografie lesen: Twitter zerstören, weil die Plattform dafür verantwortlich war, dass sein Sprössling eine Geschlechtsangleichung vollzieht.

    1. Ja, es geht um die Zerstörung von Twitter, der Rest ist eine Nebelwand. Mit 44 Mrd. kannst du dir riesige IT-Departments kaufen, die sowas wie Twitter innerhalb von 1-2 Jahren hochziehen. Inkl. performantem Code und super UI/UX. Die Marke Musk würde wirken, wenn es nicht um was anderes ginge.

  3. Wenn das Unternehmen in BRD sitzen würde, müßte es unter diesen Umständen nicht Insolvenz anmelden?
    Gerade mit einem Taxifahrer in Berlin gesprochen, wo die Taxifirma zum Ende des Jahres Insolvenz anmelden muss trotz genügend Aufträge aber ohne genügend Finanzmittel (danke übrigens an Uber, die Aufträge ohne Lizenz abgreifen und weder Steuern noch Sozialabgaben in BRD zahlen)

    1. Schulden per se sind kein Insolvenzgrund. Insolvenz bedeutet dem Wortlaut nach dass ein Unternehmen auf absehbare Zeit nicht mehr genug Geldmittel zur Verfügung hat um seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Ich kann 100 Millionen Euro Schulden haben und bin nicht insolvent, so lange ich genug Geld erwirtschafte um die Zinsen zu bedienen.
      Ich würde aber davon ausgehen, dass Twitter zumindest einen Teil davon Elon Musk selbst schuldet weil z.B. ein „Gesellschafterdarlehen“ oder ähnliches von ihm gewährt wurde.

      1. Korrekt!
        Deshalb muss man bei Schulden auch immer auf die Einnahmeseite der Firma sehen.

        Da X in den letzten Monaten sich aber immer wieder Klagen wegen nicht gezahlter Mieten u. a. eingehandelt hat … nun sagen wir mal so: Die Sache mit einer möglichen Insolvenz würde ich keinesfalls abtun.

        1. Musk könnte auch so Geld reinpumpen, welchen Sinn auch immer was macht.
          Jedenfalls ist der extern ermittelte Wert irrelevant, da Twitter nicht mehr an der Börse ist. An der Börse würde der Kurs einbrachen, woraufhin dann die Anleger Maßnahmen ergreifen würden.

          Andersherum muss man hinterfragen, welches Unternehmen in der Geschichte zum „realen Wert“ gekauft worden ist. Gerne drunter, wenn die nicht anders können, aber bei Beseitigung vom Markt ist auch schon oft mal viel viel mehr gezahlt worden, als das Unternehmen wert gewesen ist. Konkurrenten, Zukunftswetten, Know How, usw. Was Musk hier bekommt, oder für sich bereits erreicht hat, wird die Geschichte uns später verraten.

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