MarktmachtFacebook muss Giphy möglicherweise wieder verkaufen

Der kartellrechtliche Gegenwind für Facebook verschärft sich. Die britische Wettbewerbsbehörde meldet Zweifel an der Zulässigkeit der Übernahme der Gif-Suchmaschine Giphy und veröffentlicht bemerkenswerte Zahlen zur Marktmacht des Tech-Konzerns.

Die britische Wettbewerbsbehörde meldet Bedenken an der Übernahme der Gif-Suchmaschine Giphy durch Facebook an.
Die britische Wettbewerbsbehörde droht Facebook mit einem Daumen runter für die Giphy-Übernahme. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Barefoot Communications

Die britische Wettbewerbsbehörde meldet Bedenken an der Übernahme der Gif-Suchmaschine Giphy durch Facebook an. In einer vorläufigen Untersuchung ist sie zu dem Schluss gekommen, dass der Kauf den Wettbewerb auf dem Social-Media-Markt und auf dem digitalen Werbemarkt behindert. Das teilte die Competition and Markets Authority (CMA) am Donnerstag in einer Pressemitteilung mit.

Der blaue Plattformkonzern hatte Giphy 2020 für 400 Millionen Dollar erworben. Sollte die Wettbewerbsbehörde ihre vorläufigen Erkenntnisse bestätigen, könnte Facebook gezwungen sein, den Dienst als Ganzes wieder zu verkaufen, so die CMA.

Innovativen Konkurrenten ausgeschaltet?

Gifs sind Kurzvideos mit häufig popkulturellen Anspielungen, die ein fester Bestandteil digitaler Kommunikation und Alltagskultur sind. Giphy gilt als die weltweit größte Gif-Datenbank und -Suchmaschine. Sie ist bei vielen westlichen Sozialen Netzwerken und Messengern eingebunden, sodass deren Nutzer:innen unkompliziert Gifs versenden können. Als einzig ernst zu nehmende Konkurrentin gilt die weniger verbreitete Gif-Suchmaschine Tenor von Google.

Diese wichtige Stellung des US-Unternehmens löst bei den britischen Marktwächtern Unwohlsein aus. Ihre Sorge: Facebook könnte sich durch die Übernahme im Wettbewerb mit anderen Social-Media-Diensten Vorteile verschaffen. So könne das Unternehmen seinen Konkurrenten bestimmte Bedingungen für die Nutzung der Gif-Suchmaschine diktieren oder sich über die Programmierschnittstelle Zugang zu weiteren Datenreservoirs verschaffen, die Facebooks dominante Marktstellung weiter zementieren.

Darüber hinaus hätte sich Giphy zu einem relevanten Herausforderer auf dem digitalen Werbemarkt entwickeln können, konstatiert die CMA. Seit 2017 versuchte der Venture-Capital-finanzierte Gif-Dienst, durch Online-Werbung profitabel zu werden. Dem Tech-Medium The Verge zufolge war das Unternehmen dabei nur mäßig erfolgreich, doch die britische Behörde stufte das visuelle Werbeangebot des Dienstes als innovativ ein. Der Pressemitteilung zufolge beendete Facebook Giphys Werbepartnerschaften mit Firmen wie Pepsi oder Dunkin‘ Donuts nach der Übernahme.

50 Prozent des Display-Werbemarktes

In einer Stellungnahme an die Wettbewerbsbehörde [PDF] bestritt Facebook im Mai 2021 beide kritischen Punkte. Weder sei Giphy ein relevanter Konkurrent auf dem Werbemarkt gewesen, noch sei der Dienst so wichtig, dass er Facebook im Wettbewerb mit anderen Unternehmen einen unfairen Vorteil verschaffe. Schon vor der Übernahme sei Facebook der größte Schnittstellen-Nutzer von Giphy gewesen. Zugleich biete etwa der Messenger WhatsApp, der ebenfalls Facebook gehört, Gif-Suche sowohl via Giphy als auch über Tenor an.

Lange Zeit konnten große Tech-Konzerne wie Facebook und Google relativ ungehindert Konkurrenten aufkaufen und so potenzielle Konkurrenz ausschalten. Die Übernahmen von WhatsApp und Instagram etwa gelten als wichtige Bausteine für Facebooks dominante Stellung im Geschäft mit Sozialen Medien und digitaler Werbung. Seit einiger Zeit sind Tech-Konzerne in den USA, Europa und China deshalb erhöhtem Druck durch Wettbewerbsbehörden ausgesetzt.

Weil es wenig verlässliche Zahlen zur tatsächlichen Nutzerschaft und Nutzungsintensität der Dienste gibt, ist schwer zu klären, wie groß ihre Marktmacht wirklich ist. Von besonderem Interesse sind deshalb die Zahlen, die die CMA zu Facebook veröffentlicht hat. Mit seinen Diensten Facebook, WhatsApp und Instagram vereine der Konzern rund 70 Prozent der Zeit auf sich, die Menschen mit Sozialen Medien verbringen. 80 Prozent aller Internetnutzer:innen würden eines der drei Angebote mindestens einmal im Monat nutzen. Außerdem würden etwa 50 Prozent des 5,5 Millionen Pfund schweren britischen Marktes mit Display-Werbung auf Facebooks Konto gehen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.