Was vom Tage übrig bliebSchminke, Syl­la­bi und Spekulationen

Was gegen Gesichtserkennung hilft und was nicht, was Evgeny Morozov mit „The Syllabus“ erreichen will, woran Julia Reda derzeit arbeitet, wie der Bundestag virtuell tagen könnte, und wie Italien auf Infiziertenjagd geht: Die besten Reste des Tages.

Himmel über Berlin
Ein kleines Wölkchen, dann ein etwas größeres, dann ein noch größeres: Hoffentlich entwickelt sich das Wachstum nicht exponentiell!

Want to dodge AI’s prying eyes? Here’s how, and how not, to evade facial recognition. (Politico)
Mit einer Fotostrecke illustriert Politico, was gegen Videoüberwachung mit Gesichtserkennung (individuell) hilft und was nicht. Ausgestattet mit einem kostenlosen Schnupper-Account des Marktführers Amazon warf das Team unterschiedlich manipulierte Aufnahmen in dessen Rekognition-Software. Fazit: Schminke, falsche Bärte oder Sonnenbrillen bringen so gut wie nichts, Aussicht auf Erfolg haben derzeit nur Ansätze wie Masken, die zumindest weite Teile des Gesichts verdecken.

The most important technology critic in the world was tired of knowledge based on clicks. So he built an antidote (The Correspondent)
Der Tech-Kritiker Evgeny Morozov und ein kleines Team kuratieren seit einigen Monaten „The Syllabus“. Das Projekt will aus tausenden wissenschaftlichen Neuerscheinungen jede Woche die Besten auswählen und so die Spreu vom Weizen trennen. Dabei muss es nicht immer um Technik und Netzpolitik gehen. Zur Auswahl stehen unter anderem thematische Sammlungen rund um Kunst, Politische Ökonomie oder Aktivismus.

Ex-Piratin mit neuer Mission (Spiegel)
Die ehemalige EU-Abgeordnete Julia Reda hat nun nicht nur eine Kolumne bei Heise, sie arbeitet nun auch für die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Wir gratulieren! Mit ihrem Projekt „control ©“ will sie dort mit strategischen Klagen dafür sorgen, dass die EU-Urheberrechtsreform grundrechtskonform ausgelegt wird. Und sie liefert gleich ein Beispiel für misslungene, automatisierte Inhaltekontrolle: Youtube sperrte kürzlich eine Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, weil angeblich der TV-Sender Canal+ die Rechte daran hatte. C’est scandaleux!

Drones take Italians‘ temperature and issue fines (France24)
In der schwer von der Coronakrise geschüttelten Lombardei gehen italienische Behörden nun mit Drohnen auf Infiziertenjagd – samt himmlischer Kontrolle der Körpertemperatur. Zuverlässig scheint das zwar nicht zu funktionieren, aber Hauptsache irgendwas mit Technik.

Animal Crossing removed from sale in China amid Hong Kong protests (BBC)
Animal Crossing ist ein digitales Phänomen, das wir bisher noch nicht ganz verstanden haben. Das Spiel aus dem Nintendo-Universum scheint eine Art „Die Sims“ auf asiatisch zu sein und ist gerade aufgrund eines neuen Releases für die Switch wieder sehr populär. In China darf es aber aktuell nicht mehr verkauft werden, weil kreative Hongkong-Protestierende die offene Spielewelt genutzt haben, um auf ihre Anliegen für ein freies Hongkong hinzuweisen.

Wie der Bundestag virtuell tagen könnte (Süddeutsche Zeitung)
Könnte der Bundestag in Pandemie-Zeiten auch virtuell tagen? Juristisch und politisch ist die Frage nicht trivial. Dem steht das Grundgesetz im Weg und die Opposition hat gerade keine Lust, auf die Schnelle im Krisenfall das Grundgesetz zu verändern. Zumindest Ausschusssitzungen könnten aber virtuell stattfinden (Bitte aus Sicherheitsgründen kein Zoom! Oder Skype! Oder Google Hangouts! Oder …).

Non-disclosure agreement (Clic.pro)
Offenbar kommen jetzt auch schon Apps mit einer Verschwiegenheitsklausel daher. Zumindest kann man es ja probieren. Wobei uns nicht ganz klar ist, was diese NDA genau erreichen soll. Geht es darum, negative Bewertungen und Kommentare im App Store zu verhindern? Oder darum, dass man kein Sterbenswörtchen darüber verliert, wie diese App funktioniert? Fragen über Fragen, und wir sind keine Juristen. Spekulationen und sachdienstliche Hinweise nehmen wir gerne in den Ergänzungen entgegen.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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Eine Ergänzung

  1. Spekulationen und sachdienstliche Hinweise nehmen wir gerne in den Ergänzungen entgegen.

    Big Proprietary will uns unten halten… *toke*.

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