36. Chaos Communication CongressDieses Add-On übersetzt Cookies in Musik

Das Netz von heute ist ohne Cookies kaum vorstellbar. Auch Werbe-Cookies von Drittanbietern werden häufig immer noch ohne vorherige Einwilligung gesetzt. Mit dem Plugin „Listening Back“ macht die Audio-Künstlerin Jasmine Guffond die Allgegenwärtigkeit der kommerziellen Überwachung erfahrbar.

Plötzlich ist es ganz still im Raum Eliza. Bisher war die Vortragshalle von einem konstanten Surren und Plingen erfüllt. Jasmine Guffond stellt hier auf dem 36. Chaos Communication Congress ihr Kunstprojekt „Listening Back“ vor. Ein Add-On für die Browser Chrome und Firefox, das in Echtzeit Töne von sich gibt, wenn beim Surfen im Netz Cookies gesetzt werden.

Cookies sind kleine Textdateien, die Websites auf den Geräten von Nutzer:innen speichern, um diese wiederzuerkennen und Informationen über sie zu sammeln. Unterschiedliche Cookie-Arten erzeugen in Guffonds Add-On unterschiedliche Klänge. Wird ein Cookie zum Beispiel lange gespeichert, ist auch der Klang länger. Während die australische Audio-Künstlerin verschiedene Seiten besucht, ist beispielsweise immer wieder ein gleicher Ton zu hören: Der Klang vom Google Analytics-Cookie. Es entsteht eine faszinierende Klang-Kollage, die die alltägliche kommerzielle Überwachung im Netz erlebbar macht.

Still wird es dann, als Guffond in ihrem Browser einstellt, dass Third-Party-Cookies blockiert werden sollen. Das sind die Dateien, bei denen nicht die besuchte Seite, sondern Dritte die Informationen über den Besuch erhalten. Diese Dritten sind meistens Werbefirmen, die über ein komplexes Geflecht der Datenflüsse Informationen über fast alle Webnutzer:innen sammeln und teilen.

Der Klang des Überwachungskapitalismus

Immer wieder muss Guffond ihren Vortrag kurz unterbrechen, weil die Klänge ins Stottern geraten. Browser-Add-Ons sind nicht dafür gemacht, so viele Töne gleichzeitig abzuspielen, erklärt sie. Viele Seiten würden so viele Cookies einsetzen, dass es zur Überlastung des Add-Ons komme.

In ihrem vom Klang des Überwachungskapitalismus begleiteten Vortrag gibt Guffond außerdem einen kurzen Überblick über die Geschichte der Cookies. Sie erklärt, wie sie Online-Shopping überhaupt erst möglich machten und wie sie zur Standard-Methode wurden, um im Netz Informationen über Nutzer:innen zu sammeln.

Heute gebe es eine „default culture“ in der das Datensammeln ohne vorherige Erlaubnis normalisiert worden sei, kritisiert Guffond. Ihr Kunstprojekt ist eine Art akustische Intervention, die die unsichtbare Infrastruktur der Überwachung erkundbar macht.

Der Talk zum Nachschauen

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Eine Ergänzung

  1. Geil. Ich schaue regelmässig in die Cookielisten, die Websites in ihren Cookie-Optionen eingebettet haben. Manche haben mehrere hundert 3rd Party Cookies.

    Statt ein Notenblatt kann man nun also eine Liste von Websites ‚abspielen‘, um Musik zu machen?
    Gibt es schon so eine Liste, also ein fertiges wenn auch nicht-statisches Musikstück?
    Ich werde auf jeden Fall mal versuchen etwas zu komponieren.

    Glück auf fürs neue Jahr allerseits!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.