Was vom Tage übrig bliebChinesische Dystopien, japanische Animationsfilme und weltweites Phishing

In China bekommen nun auch lokale Polizeibehörden umfassende Überwachungsmöglichkeiten, Nex stellt seine Datensammlung zu Phishing-Seiten zur Verfügung und das Studio Ghibli bietet seine Filme endlich auch digital zum Kauf an. Die besten Reste des Tages.

The year of the Fernsehturm, too.

A Surveillance Net Blankets China’s Cities, Giving Police Vast Powers (NYT.com)
Der chinesische Staat rollt gerade ein Überwachungsnetzwerk aus, bei dem lokale Polizeibehörden zu jedem Zeitpunkt sehen können, wer wo wann ist und mit wem sich die Person trifft. Das System kombiniert IMSI-Catcher, Zugangserkennung an Wohnhäusern, Gesichtserkennung und Kennzeichenscanner mit den Daten, die über jeden Bürger ohnehin schon in den staatlichen Datenbanken liegen. Die New York Times zeichnet dieses System am Beispiel eines überwachten Wohnkomplexes nach. Wer nach der Lektüre einen dystopischen Schock hat, dem sei an dieser Stelle gleich gesagt: Auch westliche Staaten haben die technischen Fähigkeiten zum totalitären digitalen Überwachungsstaat.

Studio Ghibli movies are finally available to purchase digitally — but missing a major title (The Verge)
Besser spät als nie: Die Animationsfilmschmiede Studio Ghibli verkauft nun fast alle seine Filme auch digital. Bisher konnte man diese nur auf physischen Datenträgern kaufen. Lediglich der Film „Die letzten Glühwürmchen“ ist wegen fehlender Rechte nicht dabei. Der Sachverständigenrat freut sich über Unterhaltung mit Totoro und anderen wundervollen Kreationen vom Studio Ghibli über die Feiertage.

The Year of the Phish (nex.sx)
Dieses Jahr kann als das Jahr des Phishing gelten. Das Umgehen von Zweifaktorauthentifizierung ist beliebter geworden, es gibt neue Variationen von OAuth Phishing und traditionelle Formen des Phishing feiern ein Comeback. Der Sicherheitsforscher Nex präsentiert ein paar Beobachtungen dazu und stellt seine 25GB-Datensammlung über die letzten Phishing-Seiten zur Verfügung.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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2 Ergänzungen

  1. „Bundesjustizministern Christine Lambrecht (SPD) hat die Kritik an der Passwortabfrage im Zusammenhang mit dem Maßnahmenpaket gegen Hassrede und Hetze zurückgewiesen. Sie führe nichts Neues ein, sondern präzisiere nur die seit 2007 geltende Praxis der Herausgabe durch einen Richtervorbehalt, sagte Lambrecht am Mittwoch in der von Heribert Hirte (CDU) geleiteten 74. Sitzung des Bundestags-Rechtsausschusses. […] Argumente gegen eine Übertragung dieser Pflicht an private Unternehmen könne sie nicht nachvollziehen.“

    https://www.bundestag.de/presse/hib/674148-674148

    „Der Finanzausschuss hat am Mittwoch unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes (19/12088) zugestimmt. […] Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung der Befugnisse des Zollfahndungsdienstes vor. So wird unter anderem die Möglichkeit zum Einsatz verdeckter Ermittler zur Abwehr schwerwiegender Gefahren geschaffen sowie eine Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten eingeführt. Diese Befugnis sei angesichts der technischen Entwicklung im Telekommunikationsbereich erforderlich.“

    https://www.bundestag.de/presse/hib/674120-674120

  2. Die Akademie der Künste hat Rechtsstaatlichkeit angemahnt für Julian Assange:
    https://www.adk.de/de/news/index.htm?we_objectID=60556

    16.12.2019, 15 Uhr

    Akademie der Künste fordert humanen und rechtsstaatlichen Umgang mit Julian Assange

    Die Akademie der Künste zeigt sich besorgt um den Zustand von Julian Assange. Wie der Journalist, Publizist und Verleger in seiner unbegründet weiterlaufenden Isolationshaft im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh behandelt wird, zeigt ein Fehlen rechtsstaatlicher Standards.

    Der bisherige gerichtliche Umgang mit Julian Assange ist ein Beispiel der Erosion demokratischer Grundwerte. Die zu erwartende Überstellung an US-amerikanische Gerichte mit dem dort neu geltenden Espionage Act wird weitreichende Konsequenzen für die Situation aller Journalistinnen und Journalisten weltweit haben, in der direkten Folge auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Künstlerinnen und Künstler. Bedroht ist nichts weniger als die Freiheit des Wortes. Julian Assange ist das Exempel, das statuiert wird, um eine Einschüchterung und Schwächung der vierten Instanz zu erwirken. Einem Angriff auf die Freiheit der Presse, der Wissenschaft und der Kunst darf nicht über vermeintlich demokratische Instanzen stattgegeben werden.

    Die Akademie der Künste fordert einen humanen und rechtsstaatlichen Umgang mit Julian Assange.

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