In zahlreichen Initiativen arbeiten die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten an der Ausweitung des polizeilichen Informationsaustauschs. Die gegenseitige Anforderung, Überlassung und Anerkennung von Beweismitteln wird EU-weit ebenfalls neu geregelt. Dies betrifft auch den Bereich der Forensik, also die Sicherstellung und Auswertung von Beweisen vor Gericht. Ziel ist die Festlegung kriminaltechnischer Mindestvorschriften und Mindestnormen für alle Schritte kriminaltechnischer Tätigkeiten „vom Tatort bis zum Gerichtssaal“.
Immer mehr machen die zuständigen kriminaltechnischen Institute von digitalen Spuren Gebrauch, Häufig kommen dabei Data Mining-Verfahren zur Suche nach Kreuztreffern in verschiedenen Datenbanken zur Anwendung. Allerdings sind die Formate der Datensätze in den Mitgliedstaaten häufig unterschiedlich, auch die von der Kriminaltechnik eingesetzte Software variiert.
Qualitätssicherung und Standardisierung
2011 hatten die Innen- und JustizministerInnen deshalb mit der Initiative „Europäischer Kriminaltechnischer Raum“ („European Forensic Science Area, EFSA) die Qualitätssicherung und Standardisierung der Auswerteverfahren beschlossen. In den unter polnischer Präsidentschaft verabschiedeten Ratsschlussfolgerungen stand der damals bereits praktizierte polizeiliche Austausch von Fingerabdrücken und DNA-Profile im Rahmen des Prüm-Verfahrens im Mittelpunkt.
Mit dem weiteren Aufwuchs von EU-Datenbanken und Einreisesystemen gewinnt die Forensik-Initiative an Geschwindigkeit. Die EU-Kommission finanziert Forschungen zur Analyse von DNA-Profilen, Fingerabdrücken oder Finanzströmen. Weitere Projekte befassen sich mit der Auswertung von Spuren von Ballistik, Sprengstoffen, Suchtstoffen, Handschriften, gestohlenen Fahrzeugen oder Banknoten. „Innovative kriminaltechnische Untersuchungen“ werden besonders gefördert.
Im Mittelpunkt der Forschungen stehen Verfahren zur „digitalen/ rechnergestützten Kriminaltechnik“. Digitale Spuren können etwa auf beschlagnahmten Telefonen und Rechnern, aber auch in Video- und Audiodateien vorliegen. Strafverfolger machen überdies von automatisierten Überwachungsmethoden Gebrauch, etwa zur Nummernschilderkennung oder zur musterbasierten Analyse der Videoüberwachung.
Forschungsgelder aus dem Programm „Horizont 2020“
Nun sollen über das letztes Jahr gestarteten EU-Forschungsprogramm „Horizont 2020“ weitere Gelder in die Kriminaltechnik fließen. Begünstigt werden die Forensik-Abteilungen der Mitgliedstaaten, die sich im „Europäischen Netz der kriminaltechnischen Institute“ (ENFSI) zusammengeschlossen haben. Beteiligt sind außer dem Bundeskriminalamt mehrere Landeskriminalämter, darunter Düsseldorf, Hamburg und Berlin.
Auch die Strafverfolger forschen an neuen Methoden zur Verfolgung und Auswertung digitaler Spuren, zuständig ist dafür das „Europäische Netz technischer Dienste für die Strafverfolgung (ENLETS). Dabei geht es unter anderem um Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Trackings mit Peilsendern oder den Einsatz von Drohnen.
Vor der Festlegung und Bewilligung neuer Forschungsprojekte hatte die Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“, zu der die beiden Polizeinetzwerke ENFSI und ENLETS gehören, einen Fragebogen in den Mitgliedstaaten zirkuliert. Abgefragt wurden die dort vorhandenen Methoden und Strukturen, aber auch ob die europäische Standardisierung freiwillig sein soll oder vorgeschrieben werden sollte.
Die Teilnehmenden der Umfrage befürworteten eine Roadmap zur Schaffung eines „Europäischen Kriminaltechnischen Raums 2020“. Nach dem Ende des gestrigen Ratstreffens der Innen- und JustizministerInnen ist im Mai eine weitere Konferenz in Amsterdam geplant. Die EU-Kommission kündigt die Bewilligung weiterer Fördergelder an.
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