In der Serie “Remixer/in” erzählen Menschen über ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Robin Skouteris.
Robin Skouteris ist ein griechischer Video- und Musikproduzent sowie DJ. Er führt bisweilen auch Regie und arbeitet als Cutter, aber in der Regel nur wenn es musikalische Bezüge aufweist. Zahlreiche aktuelle Mashups finden sich in seinem YouTube-Kanal.
Wie würdest Du selbst Deine künstlerische Arbeit beschreiben?
Film oder Video und Musik waren schon immer meine zwei großen Leidenschaften. Als Kind wollte ich viele Jahre lang Filmregisseur werden, aber die Musik war mein bester Gefährte. Ich habe beim Fernsehen gearbeitet, bei ein paar Dokumentarfilmen Regie geführt und Musikvideos für griechische Independent-Künstler gedreht; ich habe das aber dann sein lassen, weil es mir sozial zu anstrengend wurde. Da ich mehr auf eigene Faust arbeiten wollte, habe ich damit begonnen, meine Lieblingstracks zu remixen, bis daraus meine hauptsächliche Tätigkeit geworden ist. Nachdem ich meine ersten Mixes ins Netz gestellt und großartige Rückmeldungen erhalten hatte, wurde ich eingeladen meine Arbeit in Clubs vorzustellen. Und das war die Zeit als ich ernsthafter über DJing nachzudenken begann. Davor mochte ich die Idee nicht besonders, weil ich nie die Musik anderer Leute spielen wollte, solange ich ich sie nicht mit meiner persönlichen Handschrift versehen hatte. Das hätte mich nicht von den meisten DJs dort draußen unterschieden und ich wollte meinen eigenen Sound kreieren. DJing und das Produzieren von Remixes und Mashups ist nun seit einigen Jahren meine hauptsächliche Beschäftigung – und damit ist ein Traum wahr geworden.
Was macht für Dich einen guten Remix aus?
Ich glaube ein toller Remix ist ein Remix, der für sich alleine stehen kann. Du musst ihn nicht mit dem Original vergleichen. Eigentlich solltest Du in der Lage sein, über dem Remix das Original zu vergessen. Mir war es dabei immer egal, ob es sehr der Unterschied zum Original sehr groß ist, weil, zum Beispiel, ein toller Remix auch einfach nur ein Extended Mix sein kann. Aber der Remixer sollte es schaffen herauszufinden, was das Original gut gemacht hat und das noch weiter auszubauen. Alles was zählt ist die Melodie. Ein großartiger Mix muss dabei nicht immer ein Dance-Mix sein; er kann auch langsamer sein als das Original, was selten ist, weil die Mehrheit von uns bei Remix an einen Club-Mix denken. Aber in meinem Kopf sollte der Remix für sich sehr für sich alleine stehen können, dass man beim ersten Mal hören glaubt, es würde sich um das Original handeln. Es muss sich authentisch und gut strukturiert anfühlen.
Auf welche Weise verwendest Du selbst Werke Dritter?
Ich habe ein paar ursprüngliche Kompositionen erstellt, an denen ich immer noch arbeite, um Sie irgendwann einmal zu veröffentlichen, aber Sampling ist immer ein großer Teil meiner Arbeit gewesen. Meine bekanntesten Arbeiten sind Mashups. Ich habe immer die Idee von Mashups gemocht, weil Du dabei etwas nimmst, das Du bereits liebst – und das bereits auf der ganzen Welt geliebt wird – und präsentierst es auf eine neue Art und Weise, deine Art und Weise. Du kriegst die Möglichkeit mit Deinen Lieblingsliedern zu arbeiten. Du kombinierst Dinge, von denen jemand anderes vielleicht niemals gedacht hätte, dass sie zusammenpassen. Viele Menschen glauben, dass das keine große Sache ist, aber Dinge zu kombinieren ist eine Kunst, sofern Gedanken dahinter stecken. Es ist auch ein kreativer Prozess. Ich meine, Eier sind toll. Aber Du kannst Eier in einem Omelett verwenden und Du kannst Eier für einen Kuchen verwenden. Es kommt darauf an, wie Du die Dinge verwendest, damit etwas anderes und einzigartiges dabei herauskommt, das Deine Handschrift trägt. Die gleichen Zutaten können unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Manchmal ist es mir nicht wichtig ob es gut oder schlecht ist, entscheidend ist nur dass klar als von „MIR“ erkennbar ist. Das ist es doch, was Du dort draußen darstellst, oder?
Hast Du schon einmal ein Werk aus rechtlichen Gründen nicht verwendet?
Ich persönlich nicht, nein. Ich mache meine Mixes und stelle sie online und dann liegt es an der Plattform nachzusehen, ob sie glaubt, dass es ihre Regeln verletzt. Manchmal nehmen sie es wegen des Urheberrechts wieder runter. Aber diese Sache mit dem Urheberrecht auf YouTube und ähnlichen Seiten ist wirklich verwirrend. Manchmal glaube ich, sie wissen selbst nicht, was sie wollen. Mashup-Künstler und Bootleg-Remixer sind auch Kreative und Kunstschaffende im Bezug auf ihr Endergebnis, weshalb eine solche Industrie ihre Arbeit und ihren Input nicht ignorieren sollte. YouTube mag meinen Video-Mix runternehmen, weil es Material von Michael Jackson enthält. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht daran gearbeitet habe und dass meine Arbeit nicht auch dort draußen und für andere Menschen einsehbar sein sollte. Abgesehen davon, wenn korrekt zitiert wird, gibt es keinen Schaden. Ich habe nie behauptet, der Komponist zu sein, ich behaupte der Remixer zu sein und das ist die Art und Weise, wie meine Arbeit dort präsentiert werden soll. Wer stellen uns und unsere Fähigkeiten als Remixer durch Projekte wie diese in die Auslage, weil es das ist, was Remixer machen: sie schaffen neue Sounds durch das Verwenden existierenden Materials.
Stört es Dich, dass ein großer Teil Deiner Arbeit illegal ist?
Genauso wie ein Film-Cutter kein illegaler Beruf ist – er oder sie arbeitet auch mit existierendem Material das er oder sie nicht selbst gefilmt oder angeleitet hat. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum ein Bootleg-Remixer seine Arbeiten nicht legal veröffentlichen kann. Vor allem weil Remixing in den meisten Fällen mehr ist als etwas neu zusammenschneiden, sondern bedeutet auch das Produzieren und Komponieren neuer Elemente für den Mix. Aber es fühlt sich derzeit wie eine Übergangsphase an. Das Zeitalter digitaler Musik ist unglaublich schnell explodiert und alle diese Remixangelegenheiten werden spätestens dann gelöst werden, wenn die Plattenfirmen erkennen, dass es für alle das beste ist. Im übrigen bekommen Mashup-Künstler kein Geld für ihre Mixes und ein Remix ist vor allem auch Werbung für das Original, sodass es deren Urheber sind die eigentlich von den Mixes profitieren.
Hattest Du schon einmal rechtliche Probleme wegen künstlerischer Praktiken?
Ich hatte bislang keine rechtlichen Probleme weil ich nie einen meiner Remixes verkauft habe, der Arbeiten von anderen beinhaltete, ohne dass das offiziell geklärt war. Zumindest ist das derzeit der Stand. Das Internet ist für mich jene Plattform, die mir dabei geholfen hat meine Werke international auszustellen und so die Aufmerksamkeit vieler großartiger Leute zu bekommen, mit denen ich letztlich zusammengearbeitet habe. Manchmal nehmen Webseiten Deine Remixes offline und Du akzeptierst das. Es mag sich manchmal unfair anfühlen, aber das ist zumindest derzeit die Rechtslage. Und ja, wir alle wünschen uns, dass sich das ändert, weil auch der Remixer eine Menge harte Arbeit reinsteckt, die er auch Anerkennung verdient. Derzeit sind Mashups und gesampelte Werke nur eine Demo von dem was ich mache, und Du kannst die Welt nicht darum bitten, für Deine Demo zu zahlen. Aber ja, ich sähe es sehr gerne wenn meine Mashups eines Tages offiziell bei iTunes erhältlich wären.
Was hältst Du von der Idee, ein vergütetes Recht auf Remix einzuführen?
Natürlich würde mir diese Idee gefallen. Es würde darauf hinauslaufen, das zu machen was ich ohnehin tue, aber auch die entsprechende ideelle und finanzielle Anerkennung dafür zu bekommen. Das wäre eine faire Angelegenheit. Remixer sollten bezahlt werden und die ursprünglichen Künstler ebenso. Beide sind Bestandteil des Tracks, wenn auch auf verschiedene Art und Weise. Genauso wie es für den DJ legal ist, am Abend Musik in einem Club aufzulegen und dafür Geld zu bekommen, sollte es mir erlaubt sein ähnliche Dinge auf meinem Computer zu tun. Es ist schließlich auch Arbeit. Die rechtlichen Probleme damit sind aber natürlich verständlich, weil wer entscheidet wann ein Remix ein Remix ist? Jemand könnte einfach die Reihenfolge der Strophen ändern und es einen Remix nennen. Sollte er dafür auch belohnt werden? Das ist eine schwierige Frage und klingt chaotisch, denn wer würde entscheiden wie viel ein Song geändert werden muss, damit man tatsächlich als Remixer bezeichnet werden kann? Das ist sicher nicht einfach, aber hoffen wir dass in den nächsten Jahre Lösungen dafür gefunden werden, mit denen alle zufrieden sind und auch Jobs wie meiner für ihre Kreativität und ihre harte Arbeit anerkannt werden.
Zum Abschluss, was ist Dein persönlicher Lieblingsremix?
Mein liebster offizieller Remix könnte Enigma – Mea Culpa (Orthodox Remix) sein. Mein liebster unoffizieller Remix wäre wohl Depeche Mode – Enjoy The Silence (Dans54 Reinvention Remix, siehe Embed) – ich überlege bald einen Mashup mit diesem Remix zu machen.
Wenn Du mich nach meinen liebsten eigenen Arbeiten fragst, dann würde ich wahrscheinlich sagen The Moonlight Hotel,
und PopLove:
Das ist ein Crosspost vom Blog der Initiative Recht auf Remix, die in einer Petition um Unterstützung samt Link zum persönlichen Lieblingsremix bittet. Auf right2remix.org findet sich auch das englische Originalinterview.
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