Stiftung Datenschutz gescheitert: Datenschutzbeauftragte und Oppositionsparteien boykottieren zahnlosen Tiger

Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern haben gestern beschlossen, auf ihre Sitze im Beirat der geplanten Stiftung Datenschutz zu verzichten. Damit dürfte das einstige Datenschutz-Prestige-Projekt der Bundesregierung gescheitert sein. Auch SPD und Grüne schließen sich dem Boykott an.

Im Koalitionsvertrag vereinbarte die schwarz-gelbe Bundesregierung die Gründung einer „Stiftung Datenschutz“. Im Juni brachte die Regierung dann einen Antrag im Bundestag ein, der die Stiftung zum zahnlosen Tiger werden ließ. Schon damals kommentierten wir:

In dieser Form kann man die Stiftung Datenschutz getrost als gescheitert ansehen.

Inhaltlich ist von den eigentlichen Aufgaben nicht mehr viel übrig geblieben. Statt effektivem Verbraucherschutz sollen die Interessen der Wirtschaft im Vordergrund stehen. Die Unabhängigkeit ist durch die Angliederung im Innen-Ressort und die Einbindung der Wirtschaft nicht gewährleistet.

Dem haben sich jetzt auch die staatlichen Datenschützer angeschlossen:

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern am Donnerstag beschlossen, auf ihre drei Sitze im Beirat der Stiftung zu verzichten. Grund: Sie halten die Stiftung so, wie sie konzipiert ist, nicht für sinnvoll. „Die Mitarbeit in dem Beirat wäre mit unserer Unabhängigkeit als Datenschutzbeauftragte nicht vereinbar“, sagte Dagmar Hartge, Vorsitzende der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.

Die SPD-Bundestagsfraktion schließt sich an:

Die SPD-Bundestagsfraktion schließt sich dieser Entscheidung an und wird ebenfalls keinen Vertreter aus ihren eigenen Reihen in den Beirat dieser Stiftung entsenden. Wir sehen keinen Mehrwert in dieser von der Wirtschaft dominierten Stiftung. Wir sehen nicht, wie bei einem Mehrheitsverhältnis im Beirat durch Wirtschaftsvertreter, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger für einen effektiven Datenschutz gewahrt sein sollten.

Und die Grünen auch:

Als grüne Bundestagsfraktion werden wir uns den Datenschutzbeauftragten anschließen und ebenfalls keinen Vertreter in den Beirat der Stiftung entsenden.

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Eine Ergänzung

  1. Der Vollständigkeit und Gerechtigkeit halber kann man natürlich noch erwähnen, dass sich auch die Linkspartei gegen die Stiftung Datenschutz ausgesprochen hat.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.