„Informationsdefizite“ – ein Abgesang auf den Dresdner Polizeichef

Eigentlich ist es nur ein schwacher Trost – und zu wissen, dass es nur ein Bauernopfer ist, steigert die Freude auch nicht gerade. Aber immerhin: Der Dresdner Polizeichef Dieter Hanitsch ist gegangen worden.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig hat ihn „wegen Informationsefiziten“ abberufen. Informationsdefizite? Da fragt man sich doch, wie die denn wohl zustande gekommen sein können – immerhin hat der Mann die ganze Stadt überwachen lassen, wie kann da noch Mangel an Information herrschen?

Aber doch – ich erinnere mich: Als am 19. Februar Nazis ein Wohnhaus angriffen und die Polizei seelenruhig aus sicherer Ferne dabei zusah – da hatte Hanitsch auch schon mal so ein Informationsdefizit. An die Pressekonferenz kann ich mich noch gut erinnern:

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Vermutlich scheint sich ein Informationsdefizit aber vor allem darin gezeigt zu haben, dass die ausgespähten Daten in allen möglichen Pipi-Repressionsverfahren verwendet wurden, und nicht nur bei den „großen Fällen“, denen schwere Straftaten zur Last gelegt werden: Die Fälle, in denen aus Demonstranten Terroristen gemacht werden, und die Öffentlichkeit gerne mal ihre rechtsstaatlichen Manieren vergisst. Dann braucht man nicht mehr zu argumentieren. Aber friedliche Blockierer, die sich den Menschen in den Weg setzen, die gestern Nacht übrigens 5 Häuser in Berlin in Brand gesetzt haben?

Denen kann man so nicht kommen, da hat wohl jemand das Memo nicht gelesen.

Im Alleingang wird Hanitsch die Sache aber wohl kaum durchgezogen haben. Eher im Gegenteil: Es hat ja auch niemand aus seinen Reihen Kritik geübt. Sowas nennt sich dann „nicht mehr haltbar“ – was ja implizit schon ausdrückt, dass man ihn gerne halten würde.

Deshalb sollte man sich nicht durch diesen Rücktritt befrieden lassen.
Eher könnte man über die Ungerechtigkeit klagen, dass es nur ihn trifft.

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11 Ergänzungen

  1. Gewalt von links oder rechts ist erstmal immer falsch, warum der Focus derzeit überwiegend bei der Herrausstellung von linker Gewalt liegt, kann ich mir als Normalbürger derzeit nicht selbst erklären. Ich will nicht glauben das die Polizei Angst vor den Rechten hat und lieber mit den Linken „spielen“ will, was wäre eine Polizei die Angst hat den von Wert?

    mfg

  2. die abgerufenen Handydaten hat die Dresdner Polizei natürlich nur dafür genutzt den pösen linken Landsfriedensbrechern habhaft zu werden … der braune Mob der das Wohnprojekt angegriffen hat, wurde bis heute nicht ermittelt …

  3. „Informationsdefizite“, „Abberufen“… Also wenn ich solche Vokabeln höre, kann ich nur den Kopf schütteln.

    Solange so etwas wie in Dresden passiert, es SWIFT-Abkommen gibt, wiederholt Initiativen für eine Zensurinfrastruktur gestartet werden,

    solange sollen sich die Politiker in Punkto Datenschutz mal nicht so aufplustern und gegen Googles Streetview und Facebook wettern.
    Bei Facebook muss man nicht mitmachen, und Google erlaubt das Pixeln der Häuser.
    Der Staat nutzt persönlichste Daten wie Passagierlisten, Geldbewegungen und Geodaten aus Handys und man hat als Bürger keine Wahl…

  4. Na huch, das hätte ich aber nicht erwartet. So ein „gegangen werden“ deutet meisst darauf hin, dass derjenige der gegangen wird nur seinen Kopf hinhält. Dass die Polizei die Neonazis randalieren lässt ist mir unbegreiflich. Natürlich ist bei 3000 Linken Demonstranten „mehr los“, als bei 100 bis 200 Neonazis, aber das ist doch keine Entschuldigung.

    Eine Veröffentlichung der Einsatzbefehle zusammen mit einem öffentlichen Hearing der Beamten zu dieser gesamten Geschichte wäre wünschenswert, bleibt aber wohl eher ein Wunschtraum. Kein Normalo aus dem Volk wird je erfahren was da wirklich von wem angeordnet wurde.

    Man kann garnicht so viel essen, wie man k**** möchte.

  5. Die Innenmister sollten mal ihre Grenzen aufgezeigt bekommen — sie sind eben nicht dafür da, einen Überwachungs-Polizeistaat zu errichten. Die Polizisten nutzen die Mittel, die sie bekommen können — warum auch nicht, wenn hier niemand aufpasst/seinen Job macht. Das Thema wird wieder schnell vergessen sein. Hoffentlich hilft es als Warnung vor der VDS.

  6. Erinnern wir uns an die Geschehnisse um den 13.02. Da war doch noch ein paar Tage zu vor, diese Hausdurchsuchung im Büro der Linken in Dresden Nord, obwohl man ja eigentlich das auf der anderen Straßenseite befindliche Büro „Roter Baum“ („Dresden Nazifrei“) ausheben wollte. Das beruhte doch auch auf einem Irrtum der einheimischen Sondereinsatzkräfte. Sorry: http://tinyurl.com/44x6n7l Andere haben es aus ihrem Gedächtnis gestrichen, so auch alle Dresdner Tageszeitungen und der MDR (oder habe ich falsch gesucht)

  7. Die Polizei ist offensichtlich auf dem „rechten Auge“ blind. Hatten wir das nicht schon mal?

  8. Leider ist es ganz einfach… Die „Rechten“ sind gegen die bösen ™ Ausländer die dem braven deutschen Bürger den Job weg nehmen. Das lässt sich super vermarkten und deshalb wird dieser Hass wann immer möglich geschürt und die entsprechenden Stellen unterstützt. Ob jetzt „Hilfe, der Islam kommt“, „Die faulen Griechen“ oder „Deutschland schafft sich ab“: Wird der Hass umgelenkt, z.B. auch gegen die „Sozialschmarotzer H4“ trifft es nicht die Politik. Simple Ab- bzw Umlenkungstaktik…

    Greetz,
    GHad

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.