Rechtsanwältin lässt Blogger abmahnen

Die mit Inkassogeschäften für fragwürdige Internet-Unternehmen bekanntgewordene Rechtsanwältin Katja Günther lässt derzeit Blogger abmahnen, die eine Pressemeldung der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein wiedergegeben haben.

Die Verbraucherzentrale hatte darin getitelt: „Deutschlands unbeliebteste Anwältin zu Schadensersatz wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt“. Das ist sachlich falsch, wie RA Sebastian Dosch schreibt:

Anstatt zu schreiben, dass das Gericht das Vorgehen der Anwältin als versuchten Betrug wertete und sie daher zum Schadensersatz verurteilte, titelte die Verbraucherzentrale statt dessen, sie sei „zu Schadensersatz wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt“ worden.

Das ist ein für Juristen jedenfalls nach zweitem Hinschauen erkennbarer Unterschied: „wegen“ einer Straftat kann man nur im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens verurteilt werden. Schadensersatz jedoch gibt es nur im zivilrechtlichen Verfahren.

Also: Geurteilt hatte ein Zivilgericht. Dieses Gericht zog in seinem Urteil auch strafrechtliche Schlüsse – jedoch verurteilte es nicht wegen dieser Straftat (das hätte es auch gar nicht dürfen).

Katja Günther macht nun gegenüber Bloggern, die diese Pressemeldung oder ihren Titel übernommen haben, eine Unterlassungsanspruch geltend, weil ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht tangiert sei. Da sie sich dabei von einem Kollegen vertreten lässt, sollen diese auch Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 10.000 Euro bezahlen.

Allerdings scheinen ihr bzw. dem abmahnenden Kollegen dabei gleich mehrere Fehler unterlaufen zu sein. RA Thomas Stadler weist daraufhin, „dass diese Kosten einschließlich Umsatzsteuer gefordert werden, obwohl […] der Verletzer in diesen Fällen nicht zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet ist.“ Sebastian Dosch hält es zudem für fraglich, ob Günther sich als Anwältin in dieser Frage überhaupt anwaltlich vertreten lassen und die Kosten von den Abgemahnten einfordern kann.

(via)

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19 Ergänzungen

  1. Pass nur auf, dass du jetzt nicht abgemahnt wirst…Ich hasse diese Pseudoselsbstjustiz. Gibt es für diese Leute inzwischen eigentlich einen Fachausdruck? abmahnen bzw Abmahnwahn könnte doch mal ein schönes Unwort des Jahres werden…

  2. Die spannende Frage: Irrte sich der Zivilrichter oder müsste nun ein strafrechtliches Urteil mit der selben Würdigung der Tätigkeiten Günthers folgen?

  3. Wieso wird solchen Anwälten nicht die Lizenz entzogen?

    Die bewegen sich ganz massiv in einer rechtlichen Grauzone.

    Alleine die Tatsache das man sich durch einen anderen Anwalt vertreten lässt (Um Anwaltsgebühren fordern zu können?) halte ich für überaus fragwürdig und falsch.

    Zudem wirft alleine die Tatsache das Sie sich durch einen Kollegen verteidigen, bzw. durch Ihn abmahnen lässt gewisse Fragen auf. Als Anwältin verfügt Sie doch wohl über die notwendigen Kompetenzen, daher die Inanspruchsnahme von Amtskollegen unnötig sein.

  4. Der BGH meint in einer ähnlichen Sache (BGH VI ZR 175/05, 12.12.06):

    „Bei typischen, unschwer zu erkennenden und zu verfolgenden Rechtsverletzungen habe der Betroffene seine eigene Sachkunde einzusetzen. Als Abmahnung – um ein Kostenrisiko nach § 93 ZPO zu vermeiden – habe ein einfaches Unterlassungsverlangen genügt. Für den Kläger als Rechtsanwalt sei es nicht erforderlich gewesen, hiermit einen anderen Anwalt zu beauftragen. Es bestehe deshalb auch bei einem Selbstauftrag kein Gebührenanspruch. „

  5. Sollte es dabei bleiben, dass der Urheber einer Pressemitteilung für etwaige Rechtsverstöße nicht haftet, sondern derjenige, der diese verwendet, wäre der PR-Branche ein Bärendienst erwiesen.

    Anders gesagt: Es widerspricht meinem Rechtsempfinden, dass ein Blogger, der sich auf Inhalte einer PM beruft, für diese gerade stehen muss – zumal, wenn es sich hier um einen seriösen Absender handelt, von dem der Blogger (dem gesunden Menschenverstand folgend) annehmen kann, dass er keinen Blödsinn verschickt.

    Sicherlich sollt jeder überdenken und prüfen, was er veröffentlicht, doch in einem solchen Fall ist mit vernünftigem Aufwand keine Prüfung möglich.

    Herzlichst Guido

  6. Katja Günther? Ist das nicht die, die tausende von Abmahnungen ausgedruckt, verschickt und damit ein Millionenvermögen abkassiert hat? Wieso liegt die nicht längst am Südseestrand? Hat die noch nicht genug? Immer diese FDP-Wähler. ;)

  7. Ist es tatsächlich möglich, dass man jemandem juristisch ans Bein pinkelt wegen einer Wortklauberei, die für den Nichtjuristen absolut nicht erkennbar ist?

  8. Bezüglich anwaltlicher Vertretung: Auch wenn ich die Dame bestimmt nicht mag, von einem Juristen habe ich den Spruch: „Wer sich als Jurist vor Gericht selbst vertritt, hat einen Idioten als Mandanten“.

    Klaus

  9. Fällt euch zwischen Katja Günther und Günther v. Gravenreuth etwas auf.

    Beide heissen Günther, beide mahnen ab, und beide sind Anwälte.

    Die Katja sollte sich echt mal fragen, ob Sie auch so gelassen ins Kittchen geht, wie Herr v. Gravenreuth.

  10. Meines Erachtens liegt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor, schon deshalb nicht, weil Straf- und Zivilurteil immer völlig unabhängig voneinander sind. Das bedeutet, dass die zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz wegen einer Betrugshandlung niemals eine Aussage darüber trifft, ob der Strafrichter das Geschehen ebenfalls als Betrug werten würde.

    Daher ist die Bezeichnung „Schadensersatz wegen Beihilfe zum Betrug“ für sich genommen schon eindeutig und enthält keine falsche Tatsachenbehauptung des Inhalts, dem Zivilurteil sei ein entsprechendes Strafurteil vorausgegangen; das ist nämlich gar nicht nötig.

  11. Und, um die juristische Verwirrung noch etwas zu mehren: auch die Aussage im obigen Netzpolitikartikel, Schadensersatz gäbe es nur im zivilrechtlichen Verfahren, ist falsch. Man kann auch Schadensersatzansprüche im Wege des sog. Adhäsionsverfahrens unmittelbar im Strafprozess geltend machen, auch wenn es nicht unbedingt ratsam ist, weil damit einige Strafrichter überfordert wären. Mehr dazu im Überblick hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Adh%C3%A4sionsverfahren

  12. Wie ein angestochenes Tier, das wild um sich beißt.

    Bringt raffgierige Abmahn-Anwälte wie sie endlich zum Schweigen! Sie suchen sich jede noch so kleine Gelegenheit, sich an wahrhaftig unschuldigen Bürgern zu bereichern, ohne Rücksicht auf deren Existenz. Das ist sozialer Raubmord!

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