… das macht Wil Harris mit einer einfachen Rechnung auf: Wenn die Investoren kein Geld mehr in all die aktuellen Startups schießen und diese selber Geld verdienen müssen (Youtube verbrennt angeblich 1 Mio Dollar am Tag für Bandbreite): Was ist das einzige von Wert, dass sie besitzen? Die Daten der User, und zwar extrem feinkörning und mit viel Informationen über soziale Beziehungen. Damit werden sie dann Geld verdienen müssen. Irgendwie klingt das ja bekannt, und seit dem Platzen der Web 1.0-Blase ist immerhin einiges an Datenschutz-Bewusstseinsbildung passiert. Kim Cameron meint daher (nicht überraschend), dass es von der Architektur abhängt, ob wir wirklich unsere Daten noch kontrollieren können. Langsam kommt die Debatte über Privacy 2.0 also in Gang. Sehr schön. Dazu gibt es noch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Thema „wie denken die Web-User eigentlich über Privacy?“
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ich warte zur Zeit eigentlich nur noch auf den Spider, der durch Blogs und andere Web 2.0 Dinge zieht und hinterher das perfekte Persönlichkeitsprofil von dir und mir ausspuckt. Wenn du clevere Informatiker und gute Geisteswissenschaftler an einen Tisch bekommst, dann kommen am Ende die Userprofile fein sauber hinten raus.
Das mag für alle die kein Problem sein, die zu ihrer Meinung stehen und ein „gefestiges Wesen“ sind. Aber für all die hippeligen Konsummäuse werden wohl das perfekte Opfer für unsere moderne Konsumgesellschaft werden.
In meinem Blog nutze ich mein Pseudonym auch nicht mehr, da ich mir gedacht habe: Hey, ich will wichtige Dinge unter die Leute bringen, also kann ich das auch mit meinem Klarnamen machen. Ich steh zu meinem Geschreibsel, auch wenn es manchmal etwas „flach“ sein sollte. Sicher wird man aus meinen Umgebungsgedanken die ein oder andere Neigung herauslesen können, doch damit hab ich kein Problem, da ich denke, dass genau diese Neigungen wichtig sind. Ich will diese Gedanken ja unter die Leute bringen.
Stephan hat recht — warum verkaufen, das meiste steht doch eh offen im Netz und muss nur aggregiert werden. Gab’s in letzter Zeit auch ein paar nette Artikel zu:
– http://www.applefritter.com/bannedbooks (finding subversives with amazon wishlists)
– http://www.secondaryscreening.net/static/archives/2006/01/web_20_data_min.html (noch ein Bericht darüber)
– http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,420514,00.html (SPIEGEL: MySpace, Datenmine der Geheimdienste?)
(und mehr, bin aber zu faul, noch weiter zu suchen).
Insofern ist selbst ohne Verkauf von Kundendaten die „Transparent Society“ (David Brin, http://en.wikipedia.org/wiki/The_Transparent_Society — Offenheit als neues Privacy-Paradigma) längst mehr Realität als manchem lieb ist.
Das Internet ist ein öffentlicher Raum. Wenn ich auf den Strich gehe, dann kann ich dort nur von Passanten und Kameras gesehen werden. Im Internet kann ich potentiell von jedem anderen gesehen werden. Auch wenn dem „Web 2.0“ der Profil-Verkauf verboten wird, bleibt ein Restrisiko durch Hacker und weil die Unternehmen es einfach missachten können. Natürlich gibt es relative Anonymität durch Proxys und Proxyketten – aber das geht zu Lasten der Datengeschwindigkeit. Deshalb halte ich es für falsch, sich allein auf die Unantastbarkeit von Nutzerprofilen zu versteifen.
Um das Anonymitätsproblem zu lösen, sollte man sich vielleicht mehr mit den Folgen beschäftigen.
Individuell zugeschnittene Werbung finde ich eher unproblematisch – da bietet das Internet einfach zuviel Alternativwahlfreiheit gegenüber den meinungsbildenden Massenmedien.
Problematisch dagegen ist die Versicherungswirtschaft. Sie benutzen Risikostatistiken, die sich durch Nutzerprofile super ergänzen lassen. Wenn ich zum Beispiel Selbstmordliteratur bei Amazon ausleihe und ich kein Psychologe bin, wird mir keiner eine günstige Lebensversicherung anbieten wollen.
Das ist ein schwieriges Thema für die Politik, denn es gibt eine gewisse Gerechtigkeit in der Logik – so wurde zum Beispiel diskutiert, dass Raucher höhere Krankenkassenbeiträge zahlen sollten.
Die Ungerechtigkeit liegt aber darin, dass Diskriminierung nie perfekt ist. Wenn der Raucher zum Beispiel Sport treibt und Obst isst, ist er vielleicht gesünder als ein Nichtraucher, der nur zu McDonalds geht.
Natürlich werden die Risikoberechnungsmodelle immer feiner, aber was bleibt ist eine ungerechte Diskriminierung, da die Berechnung von Risiko eine zu komplexe Angelegenheit ist und Risiko nie Sicherheit ist.
Der Gesetzgeber muss die Versicherer zur scheinbaren Unwissenheit zurückführen. Der Gesetzgeber muss die Kriterien absegnen, mit denen die Versicherer arbeiten. Anhand anderer Kriterien darf keinem Kunden ein Vertrag verwehrt oder verteuert werden. Ein Antidiskriminierungsgesetz für Geschäftsbeziehungen.
Die Ursache des Anonymitätsverlustes ist das Internt. Und das Verbindngsdatenspeicherung aufgegeben wird, ist erst zu erwarten, wenn es kein Verbrechen mehr gibt. An Anonymität im Internet lässt sich nur ungenügend rumdoktern. Man muss sich auf die Folgen konzentrieren.
Bewußtsein. Bewußtsein über Öffentlichkeit, Privatheit und der Tatsache, dass das Netz selten etwas vergisst. Das müssen die User wissen und im Gedächtnis behalten. Dann klappts auch mit der Privatsphäre.
Denn bei allen möglichem Datamining in der Web2.0Welt, letztlich gibt jeder User seine Daten freiwillig preis. Und muss damit für sich selbst ganz persönlich die Grenze ziehen.
Die zentrale Bereitstellung von Bandbreite erscheint heute antquiert. Bei der wachsenden Zahl von Breitbandanschlüssen ist es nur eine Frage der Zeit bis sich auch P2P- Techniken im Multimediastreaming durchgesetzt haben.
Wenn Youtube 1 Millionen in Bandbreite investiert, dann kann man nur sagen: Selber schuld.
Den Global Player ist die Thematik sehr wohl bewusst.. Nicht umsonst laufen Gespräche zwischen Warner und Bitorrent.
Das Geschäft mit den Userdaten ist auch nur soweit wertvoll, wie Firmen ihre Kunden erreichen können. Wenn ich an die Spamflut denke, die erfolgreich von meinen Spamprogrammen abgefangen wird, dann mahen da 5-20 neue Versuche in mein Postfach zu dringen auch nichts mehr aus.
Das „Geschäft“ mit Userdaten wird sich langfristig als Flop heraustellen, weil die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird.
Eine Millionen Dollar für Bandbreite am Tag ist ziemlich aus der Luft gegriffen. Youtube verbreitet pro Tag 80 Millionen Videos, und die San Jose Mercury News von gestern meint dazu:
„The monthly bandwidth bill alone is at least $300,000 to $400,000, industry insiders say.“
Kleiner Unterschied. :)
Im Falle von Youtube seh ich auch wirklich nicht, was der Verkauf von Nutzerinformationen bringen sollte. Die meisten Youtube-Nutzer sind ganz offensichtlich nicht bei der Webseite registriert. Viele Videos werden ja nicht mal direkt auf Youtube.com angeschaut, so dass es auch wenig Anreize zu einer Registrierung gibt.
Die Info über die Bandbreiten-Kosten von Youtube hatte ich aus dem Text von Harris übernommen:
„Perhaps a more extreme example is YouTube. It is reportedly burning $1m a day in bandwidth costs to serve the amount of video being put up there.“
Macht das qualitativ einen Unterschied zur Frage: Wie verdienen die das Geld?
Zum Einwurf vn Stephan und Till, dass man die Infos ja ohnehin frei im Netz kriegt: Das ist eben nicht so. Man kann natürlich ganz viel Daten ernten durch Bots etc. (und die NSA macht das ja offenbar auch neuerdings), aber feinkörnigere Daten über Clickstreams und so weiter haben die Betreiber der Dienste schon noch exklusiv. Bei OpenBC wollen die ja sogar Geld von mir, damit ich sehen kann, wer mein Profil angeklickt hat.
Der Hinweis von JoCa auf Bittorrent und Bandbreiten-Verteilung ist wichtig. Das zeigt eben auch genau, dass es auf die Architektur ankommt. Man könnte solche Sachen wie MySpace.com also auch ohne große Privacy-Probleme und sogar P2P bauen. Aber: Wird MySpace unter Murdoch diesen Schritt gehen, also sich in einen wirklich öffentlichen Raum mit User-kontrollierter Identitätsfreigabe transformieren? Oder werden sie das alte Web-1.0-nach-dem-Platzen-der-Blase-Modell anwenden?