Überwachung für alle!

Gestern noch ein Hack, morgen offizielle Politik:

Auf dem CCC-Kongress bereichteten unsere Freunde aus Österreich von einem Hack der örtlichen Überwachungskameras. Sie konnten sich (über die Funksignale soweit ich mich erinnere) Zugang zu den Bildern verschaffen und so sehen, was die Leute in den Überwachungszentralen so interessiert. Das waren dann interessanterweise mehr die umliegenden Wohnzimmerfenster als die Straßen – was die öffentliche Akzeptanz nicht gerade gefördert hat, als es raus kam.

In England ist man nun dabei, diese Idee als öffentliche Infrastruktur zu implementieren, wie Telepolis berichtet: In einem Modellversuch in einem Stadtteil von London bekommen die Anwohner dort ab März über Kabelfernsehen Zugang zu den 400 Überwachungskameras auf den Straßen. Am Ende sollen 20.000 Haushalte angeschlossen sein.

Das scheint wie eine Annäherung an das Konzept von „sousveillance“ (etwa: „alle überwachen“), aber im Rahmen einer öffentlichen Infrastruktur. Endlich wird dann Reality-TV nicht mehr vom Privatfernsehen angeboten, sondern kommt gleich aus dem richtigen Leben. Die beiden Bedeutungen von „Big Brother“ (RTL-Show und Überwachung) werden damit wieder zusammenfallen. Weiss jemand, was die britischen Datenschützer dazu sagen? Wilde Zeiten sind das jedenfalls.

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5 Ergänzungen

  1. Am Citizen-Cam hab ich gestern auch sofort gedacht, als ich die Meldung bei der BBC gelesen habe. Aber leider keine Zeit zum bloggen gehabt.

  2. Die Dokumenation über Island ist gut, und eher haarsträubend. In Reykjavík ist das wirklich heftig; wer schon mal da war fühlt sich heftiger überwacht als das in London der Fall ist.

    Und: dort wurde ein 24h-Stunden Fernsehkanal eingerichtet, um die Vorbehalte in der Bevölkerung zu besänftigen. Und was ist passiert? Neben amüsanter, aber nutzloser Gegenkultur haben sich vor allem psychische Krankheiten wie Verfolgungswahn und innere Unruhe ausgebreitet. Der praktische Nutzen ist eher gering, außer der als eine bittere, große Feldstudie.

  3. “Eine Theorie verändert die Realität, indem sie sie beschreibt.”

    Den Beitrag über CitizenCam habe auch ich beim ersten Schauen geschluckt und als ganz schön krass, aber auch gleichzeitig sehr bedenkenswert empfunden: Wenn Videoüberwachung aus Sicht der Regierenden notwendig erscheint, ist eine maximale Transparenz vielleicht schon wünschenswert. Die Bedenken dagegen wiederum sind auch klar: Die Befürchtung, dass die Überwacher mit den Daten Unfug treiben muss dann natürlich auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden.

    Allerdings fiel mir erst nach dem zweiten Schauen das letzte Bild des Abspanns ins Auge: Dies ist ein alles falsch. Nur *das* nicht: Bild von Echelon-Satellitenschüsseln.

    Dass der Fakefilm Realität wird, hat der oben zitierte Satz aus dem Abspann vorhergesagt. Der Fälschung auf dem Leim gegangen ist auch der Blogger von woweezowee.de.

  4. Interessante Wendung der Überwachungsschirme aus 1984. Durch das Wissen dass man selbst die anderen überwachen kann, wird das Gefühl des Überwacht-Werdens erst so richtig präsent. Ekelig.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.