Netzsperren sorgen für Streit in der Union

Heute vormittag berichteten wir, dass Dr. Günther Krings, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU, im Namen der Union darauf gedrängt habe, „die in der Koalition vereinbarte einjährige Testphase ohne Internetsperren nicht auszudehnen“. Die Ergebnisse nach einem Jahr seien eindeutig. „Ohne Internetsperren geht es im Kampf gegen Kinderpornografie nicht“, so Krings gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, wiederum aufgegriffen von der Nachrichtenagentur DAPD.

Auf Twitter distanzierte sich bereits Dorothee Bär, Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Vorsitzende des CSU-Netzrates, sowie stv. Generalsekretärin der CSU von den Plänen:

@DoroBaer:
Sic est! RT @elawprof: Für mich als Mitglied des #CSU #Netzrats hat sich nichts geändert: #Netzsperren verfassungswidrig&kontraproduktiv

@DoroBaer:
RT @elawprof: #Netzsperren auch als Innovationshemmnis: Die #Cebit hätte wohl viel weniger Aussteller. #Wirtschaftsfaktor #Netzrat

In einer Vorabmeldung berichtet heute.de
nun über weitere Kritik innerhalb der Union. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer, habe die Forderungen aus den eigenen Reihen zur Wiedereinführung von Netzsperren zurückgewiesen.

„Die CDU tut gut daran, die Erfahrung der letzten zwei Jahre zur Kenntnis zu nehmen“, sagte Kretschmer dem ZDF-Nachrichtenportal heute.de. Man könne kinderpornografische Seiten innerhalb von Stunden löschen. „Nur dadurch verschwindet das Zeug wirklich.“ Netzsperren seien ein Irrweg.

Interessanterweise geht Kretschmer seinen Partei – und Fraktionsvorstandskollegen Günther Krings laut heute.de offensiv an:

Kretschmer bezweifelte die Kompetenz seines Parteikollegen in dieser Frage. „Da ist viel Unkenntnis über die technischen Hintergründe im Spiel“, so Kretschmer zu heute.de. Wer sich mit der Frage beschäftige, komme zu der Erkenntnis, dass nur das Löschen von kinderpornografischen Inhalten zielstrebig seien. Er glaube nicht, dass sich die Union mit dem Vorstoß durchsetzen könne. „Unser Koalitionspartner hat dort eine klare Position.

Wir lassen uns mal überraschen, wie es weitergeht und wünschen den progressiven Kräften innerhalb der Unionsfraktion viel Erfolg bei dem Versuch, die Zensurbefürworter in die Schranken zu verweisen. Bis dahin bleibt die Alarmstimmung wegen des Nichtanwendungserlasses des BMI (FDP erklärte heute, diese würde erst im Herbst auslaufen), denn es ist unklar, ob diese sich auch durchsetzen können.

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14 Ergänzungen

  1. Tut mir leid liebe Regierungsfraktion, schon verkackt… Dauerhaft, übrigens, und auch schon länger…
    Man nicht erst herausposaunen, dass man die Zensurinfrastruktur braucht und dann via Twitter, um quasi potentielle Jungwähler zu erreichen, wieder was ganz anderes erzählen.

  2. Ich frage mich langsam, ob ihr Netzpolitiker die CDU und CSU infiltriert habt! Nun bestätigen sich die Politiker schon gegenseitig Inkompetenz.
    Und wenn die jetzt schon plötzlich Zensur als verfassungswidrig einstufen, muss doch da irgendwas seltsam sein!

  3. Einmal schon den Laufpass bekommen.

    Die nächsten Landtagswahlen werden genauso schmerzhaft. BW wird besonders interessant.

    Ich hoffe auf siebenmalige Rechnungsstellung.
    Von der Steuer leider nicht abzusetzen.

    Elfi

  4. Wo ist denn da der „Streit“?

    In einer so großen Volkspartei gibt es natürlich immer verschiedene Meinungen. Netzkonservative Positionen (Netzneutralität, Offene Standards und Schnittstellen, Löschen statt Sperren usw.) haben in der Union nicht die Rückendeckung, die man vermuten sollte. Das ist auch normal, weil es eine Volkspartei ist, die sich vorrangig an der BILD-Leserschaft, nicht notwendigerweise Werten u. Prinzipien verpflichtet fühlen muss. Technische Überlegungen, warum Sperren architekturfremd für das Netz sind, haben gegen den Populismus keine Chance. Das haben wir doch schon im Wahlkampf mit der Kipo-Matrone U. von der Leyen gesehen, und die Dame ist durchaus populär in der Zielgruppe.

  5. Vorsicht, Sarkasmus inside!

    Ich habe mir überlegt:

    1. Es sollten nur noch Leute ein Wahlrecht haben, die einen IQ ab 130 besitzen.

    2. Es sollten nur noch Leute ein Wahlrecht haben, die arbeiten! (Es gibt sie noch)

    3. Es sollten nur noch Leute ein Wahlrecht haben, die vorher ein Zeugnis ihrer Wahlfähigkeit abgelegt haben. (Die meisten Deutschen wissen nicht mal, wieviel Bundesländer es gibt etc.)

    Nur, wer soll dann wählen?

    Vor allem, wenn man weiß, daß die Wahlbeteiligung sowieso im Schnitt nur bei 50% liegt?

    Deutschland, ein Land der Dichter und Denker?

    Nein!

    Deutschland, ein Land der Doofen und Deppen.

    Elfi

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