Popkomm-Aktion bei SonyBMG: Kopierschutz entmündigt

Auf der Popkomm haben wir heute mit unserem grossen „Kopierschutz entmündigt“-Banner eine kleine Aktion auf dem SonyBMG-Stand gemacht. SonyBMG kooperiert bisher nicht mit Anbietern, die ihren Kunden Musik-Downloads ohne Restriktionen und Kopierschutz anbieten wollen. Hierfür würde sich das MP3-Format anbieten. Wir raten daher zu einem Boykott von SonyBMG-Musik, die mit Kopierschutz ausgeliefert wird. Die Firma Sony war verantwortlich für das Rootkit-Desaster, wo Millionen CDs mit Schadsoftware ausgeliefert wurden. Gleichzeitig ist Sony einer der grössten Hersteller von Hardware mit eingebauten Kopierschutzsystemen.

popkomm_sonybmg1_klein.jpg

popkomm_sonybmg2_klein.jpg

popkomm_sonybmg3_klein.jpg

popkomm_sonybmg4_klein.jpg

Praktischerweise waren zum Zeitpunkt der kurzen Aktion u.a. ein ARD-Kamerateam und ein dpa-Fotograf anwesend. Mal schauen, ob was in der Tagesschau kommt. Die vier Bilder gibt es auch in einem hochauflösenden Format (1 / 2 / 3 / 4). Diese können gerne kostenfrei mit Quellenangabe „netzpolitik.org“ verwendet werden.

Und hier gibt es gibt es noch etwas programmatischen Hintergrund zur Aktion: Kopierschutz entmündigt!

Hier gibt es mal fünf kurze Punkte, weshalb man sich kritisch mit dem dort beworbenen Themen DRM / Kopierschutztechnologien auseinander setzen solltest.

Warum sollte man sich Gedanken darüber machen?

1) Man verliert die Kontrolle über die eigene Hardware. Die Kontrolle über den eigenen Computer und elektronischen Geräte übernehmen die Anbieter der DRM-Systeme. Diese können das Medienverhalten der Konsumenten einschränken und überwachen. Und Nutzern jederzeit den Zugriff auf die erworbenen Medien entziehen. Ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist immer hilfreich.

2) Man verliert traditionelle Verbraucherrechte. Man verliert das Recht, die erworbenen Medien zu verkaufen oder zu verleihen. Man ist oft nicht mehr in der Lage sein, Privatkopien anzufertigen oder die eigenen Medien mit Freunden und Familie zu teilen.

3) Man sollte sich Sorgen um die eigene Privatsphäre machen. Wer möchte schon, dass eine detaillierte Übersicht über das eigene Medienverhalten ähnlich gespeichert wird, wie die Telefonrechnung? Auf den Servern von Firmen, die man nicht kontrollieren kann und ggf. mit dem Zugriff durch Sicherheitsbehörden? Wo Data-Mining Programme mehr über eine Person herausfinden können, als man denkt? Will man, dass die Musikindustrie weiss, wann und ob man im Schlafzimmer Kuschelrock hört?

4) DRM-Infrastrukturen eigenen sich hervorragend zur Zensur. Mit denselben Systemen, die hier den Medienkonsum kontrollieren wollen, können in z.B. China auf allen Rechnern die Wörter “Demokratie” oder “Dalai Lama” zensiert werden.

5) Kopierschutz und DRM-Infrastrukturen sind teuer und müssen von irgendwem bezahlt werden. Die Rechnung ist ganz einfach: Man zahlt als Verbraucher höhere Preise und die Künstler bekommen weniger Einkommen.

Kopierschutz entmündigt Verbraucher in ihrem Medienkonsum. Man kann die Macht als Verbraucher nutzen und diese Technologien einfach boykottieren. Just do it!

Kopierschutz ist liberal?

Sony hat heute auch auf der Popkomm eine Kooperation mit Musicload beschlossen. Dazu gibt es eine, in der Argumentation etwas merkwürdige, Pressemitteilung:

Joachim Franz, Vice President Musicload, zur Kooperation: „Wir begrüßen die Entscheidung von Sony – einem der weltweit bedeutendsten Hersteller von Musikplayern – seine mobilen Endgeräte für das Audioformat WMA zu öffnen. […]„Einheitliche Standards sind hierfür ein entscheidender Faktor.“ Aus diesem Grund setzt Musicload verstärkt auf Kooperationspartner, die neben dem kopierschutzfreien MP3-Format auch mit dem weit verbreiteten und liberalen DRM von Microsoft arbeiten.

Das Windows-Media-Audio-Format enthält sogenanntes Digitales-Rechtekontroll-Management (DRM) und ist unserer Meinung nach überhaupt nicht liberal, sondern ganz im Gegenteil: Es entmündigt Konsumenten bei ihrem Musik-Konsum.

Eine ähnliche Aktion hatten wir im vergangenen Jahr schonmal anlässlich der IFA in Berlin gemacht: Kopierschutz entmündigt!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

14 Ergänzungen

  1. Markus will gleich sicher noch dazu schreiben:

    Alle Fotos sind honorarfrei unter der Quellangabe „CCC“, „Gruene Jugend“ oder „netzpolitik.org“ abdruckbar.

    Wir bitten drum, liebe Redaktionen!

    In Creative Commons ausgedrueckt heisst das dann „CC BY“, neuste deutsche Version, klar.

    Der Aktionist.

  2. Schöne Aktion – aber warum schlagt Ihr das patentbehaftete MP3-Format vor? Wenn Ihr Musik ohne gängelnde Restriktionen wollt, dann doch lieber gleich zu Ogg Vorbis. Klingt auch besser.

  3. Ich hatte zuerst überlegt, Ogg zu schreiben. Aber die Forderung wollte ich verständlich vermitteln. Bei Ogg hätte das ein Geek-Publikum verstanden, aber die breite Masse leider nicht. Dafür hätte ich noch einige Sätze mehr schreiben müssen, die erstmal die Vorteile von OGG gegenübr MP3 beschreiben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.