Was vom Tage übrig bliebAntiviren, Amazon und AI

Großbritannien will das Internet der Dinge in den Griff bekommen, Facebook sich an Transparenz versuchen und Cambridge Analytica KI eingesetzt haben. Zudem scheiterte ein Überwachungsversuch, Antiviren-Software hat Surf-Verläufe verkauft und eine Aktivistin testete Amazons Gesichtserkennung. Die besten Reste des Tages.

Pantoffelkinogigant
Oha! Anzeichen eines blauen Himmels! Und das um 17:30!

Gesetz soll für mehr IoT-Sicherheit sorgen (golem.de)
Das Internet der Dinge ist, wenn dein Toaster einen Crypto-Trojaner auf deinen Computer spielt, um seine Spielschulden beim Kühlschrank zu bezahlen. So oder so ähnlich kann man das Sicherheitsproblem auf den Punkt bringen, das daraus entsteht, wenn immer mehr Geräte (von der Zahnbürste bis zum Vibrator) an das Internet angeschlossen werden, dabei aber sehr schlecht gesichert sind. Spektakuläre DDoS-Attacken der letzten Jahre konnten ihre Wucht vor allem deshalb entfalten, weil sie die Kapazitäten hunderttausender infizierter IoT-Geräte nutzen. In Großbritannien soll nun ein Gesetz verabschiedet werden, das zumindest die Basis sicherstellen soll: Keine Standardpasswörter, eine Meldestelle der Hersteller für Sicherheitslücken und Transparenz über die Mindestversorgungszeit mit Sicherheits-Updates. Firmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, sollen ihre Geräte nicht mehr in den Handel bringen dürfen.

Facebook zeigt jetzt, woher es Informationen über Sie bekommt (Spiegel)
Facebook hat mit Jahren Verspätung ein neues Werkzeug eingeführt, das Nutzer:innen mehr Transparenz darüber verschaffen sollen, aus welchen Drittquellen der Datenkonzern Informationen über sie hält. „Aktivitäten außerhalb von Facebook“ heißt das etwas versteckte Menü, das beispielsweise Infos über Websites enthält, die Menschen mit dem Facebook-Pixel tracken oder Apps, die Facebooks Software Development Kit nutzen und darüber Daten über Nutzer:innen weiterleiten. Wer möglichst detaillierte Infos möchte, sollte die Option „Daten herunterladen“ wählen, denn da gibt es offenbar mehr Angaben als in der Online-Version. Überwachungsforscher Wolfie Christl nimmt die „Transparenzinitiative“ in einem lesenwerten Thread auseinander und macht klar, dass das Problem mit Facebooks gigantischer Datensammlung nicht nur in der mangelnden Transparenz liegt, sondern primär darin, dass sie überhaupt geschieht.

Dopamin (ARTE)
In acht Kurz-Dokus erklärt ARTE die psychologischen Mechanismen hinter populären Apps, die ihre Nutzenden motivieren sollen, weiter aktiv zu bleiben.

Someone Tried to Hack My Phone. Technology Researchers Accused Saudi Arabia. (The New York Times)
Nach Amazon-Chef Jeff Bezos berichtet nun ein US-amerikanischer Journalist, dass es 2018 einen Versuch gab, sein Smartphone zu hacken und vermutlich Hacker im Auftrag der saudischen Regierung dahinter stecken. Der Artikel, der auf Untersuchungen des kanadischen Citizen Lab Bezug nimmt, nennt vier weitere Personen, die mit der gleichen Schadsoftware angegriffen wurden, darunter Menschenrechtsaktivisten aus Saudi Arabien. Die Hinweise deuten – wieder mal – darauf hin, dass die Software von der israelischen Überwachungsfirma NSO Group stammt.

Decoded: How Cambridge Analytica used AI (Politico)
In Politicos KI-Newsletter können wir heute über ein Gespräch mit Brittany Kaiser lesen, der Cambridge-Analytica-Mitarbeiterin, die zur Whistleblowerin wurde und gerade ein Buch vermarktet. Darin geht es um die Rolle, die sogenannte Künstliche Intelligenz in der datenbasierten Manipulation von Cambridge Analytica gespielt habe. Auch wenn Politio und Kaiser anderes behaupten: So groß war diese Rolle offenbar nicht. Konkret benennt Kaiser lediglich die standardisierte Bereinigung von Datensätzen und automatisiertes A/B-Testing – beides eher Branchenstandard.

Leaked Documents Expose the Secretive Market for Your Web Browsing Data (Vice Motherboard)
Google, Microsoft, McKinsey, Pepsi. Die Liste der prominenten Unternehmen, die unbemerkt erhobene Daten über das Surfverhalten von Millionen Menschen kauften, ist lang und eher wenig überraschend. Skandalträchtig ist dafür, woher die Daten stammen: Avast stellt sogenannte Antiviren-Software her, die Menschen auf ihren Rechnern und Smartphones installieren und die dort in der Regel den gesamten Internetverkehr überwacht. Eigentlich soll das dem Schutz vor Schadsoftware dienen, Motherboard zufolge hat Avast die Daten über das Browserverhalten jedoch über eine Tochterfirma an zahlreiche Firmen verkauft, darunter detaillierte Informationen über die Nutzung von Google Maps und Porno-Webseiten.

„Wer nichts zu verbergen hat…“ (@kattascha auf Twitter)
Datenschutzaktivistin Katharina Nocun hat anlässlich des gestrigen Datenschutztages dazu aufgerufen, das berühmt-berüchtigte „Ich habe nichts zu verbergen“-Argument aufs Korn zu nehmen. Nutzer:innen sollten dafür den Satz, „Wer nichts zu verbergen hat, …“ zu Ende führen. Dabei ist eine sehr nette Sammlung rausgekommen mit hunderten Antworten – von „Wer nichts zu verbergen hat, hat nicht gelebt“ bis zu „Wer nichts zu verbergen hat, schickt seine Daten ans Berliner Kammergericht“.

Darum solltet ihr im Netz niemals euren Namen verraten (LOGO)
Wir hatten das LOGO-Kinderfernsehen zu Gast bei uns und haben die Chance genutzt, kurz Kindern ein paar Grundregeln zum Datenschutz zu erklären.

Amazon’s Rekognition shows its true colors (Bits of Freedom)
Wie zuverlässig Amazons Gesichtserkennungstool Rekognition in der Praxis funktioniert, hat Paula Hooyman für die niederländische Digital-NGO Bits of Freedom im Selbstversuch getestet. Sie fütterte den Dienst zunächst mit einem Foto von sich und stellte sich dann auf einen populären Platz in Amsterdam. Dort steht eine Webcam, die Aufnahmen des Platzes live ins Internet überträgt. Hooyman griff den öffentlich zugänglichen Youtube-Stream ab, und siehe da: Obwohl der relevante Bildausschnitt mit Hooymans Gesicht lediglich 20 mal 26 Pixel groß war, erkannte sie das System mit einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit. Privatsphäre, Anonymität, Selbstbestimmung – was war das schnell nochmal?

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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