Wahlcomputer: Mit Vertrauen allein ist noch keine Wahlmanipulation abgewehrt

Beim 35. Chaos Communication Congress erklärte Alex Halderman, welche Probleme und Sicherheitslücken bei den Wahlcomputern und der Wahlinfrastruktur in den Vereinigten Staaten aktuell bestehen. Auch von Fortschritten bei der Absicherung der US-Wahlverfahren kann er allerdings berichten.

E pluribus unum. CC-BY 2.0 Eli Christman

Beim 35. Chaos Communication Congress berichtete Alex Halderman über die Neuigkeiten in Sachen US-amerikanische Wahlcomputer: In den Vereinigten Staaten sind nicht-transparente und sicherheitstechnisch riskante Computersysteme für Wahlen verbreitet, nur einige haben papierne Nachweise der Stimmabgaben. Entsprechend gestaltet sich die Überprüfung der Abwesenheit von Softwarefehlern, menschlichen Irrtümern oder Wahlmanipulationen als schwierig bis unmöglich. Für Wahlhelfer und Wähler steht eben oft eine „Black Box“ im Wahllokal. Dennoch sieht Alex Halderman keine Belege dafür, dass es tatsächlich absichtliche erfolgreiche Manipulationen von Wahlcomputern bei den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 gegeben hätte. Der Computersicherheitsexperte will sie allerdings auch nicht ausschließen und verlangt für das Jahr 2020 daher erhebliche Nachbesserungen.

Das berichtet er in seinem Vortrag mit dem Titel Election Cybersecurity Progress Report – Will the U.S. be ready for 2020? auf dem 35. Chaos Communication Congress in Leipzig. Halderman spricht dabei nicht nur Schwächen der Wahlcomputer selbst an, sondern auch angreifbare Wahlinfrastrukturen.

Im Vortrag gibt er auch einen Überblick, welche Technologien in den Vereinigten Staaten aktuell im Einsatz sind und wo die Probleme damit liegen, insbesondere wenn die Computer veraltet und über sie mannigfaltige Sicherheitslücken bekannt sind. Einige erfreuliche Entwicklungen kann Halderman dabei berichten, da heute wieder mehr Stimmen auch auf Papier, also nachzählbar, festgehalten werden als in den vergangenen Jahren. Verantwortliche Politiker hätten zumindest teilweise bereits reagiert.

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Alex Halderman beim 35. Chaos Communication Congress. - CC-BY-NC-SA 4.0 Chaos Computer Club

Natürlich spart der Wissenschaftler der Universität Michigan auch nicht an Anekdoten und Beispielen aus verschiedenen US-Bundesstaaten, die zuweilen Kopfschütteln verursachen. Halderman verlangt für die Zukunft, auf überprüfbare Wahlsysteme mit festen Regeln zum beweisfesten Testen zu setzen, um Angriffe abzuwehren oder zumindest nicht unbemerkt zu lassen. Die Ideen decken sich mit denjenigen im Bericht „Securing the Vote“, in dem noch weitere Vorschläge erarbeitet wurden, um auch die Wahlinfrastruktur abzusichern.

Die Umsetzung der Vorschläge sei kein Wunderwerk, sagt Halderman:

To defend our elections, we don’t need rocket science. […] Unfortunately today, our dialog about elections isn’t based on evidence. It is largely based on faith. […] But I think voters deserve better.

Mit Vertrauen allein sei noch keine Wahlmanipulation abgewehrt. Dass es aber Fortschritte bei der Absicherung der US-Wahlverfahren gibt und noch bundesweite Standards im US-Kongress beschlossen werden, dafür zeigt Halderman immerhin einigen Optimismus.

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Haldermans Vortrag bei media.ccc.de ist auch als Audio-Datei verfügbar.

Dieser Beitrag ist ein Crosspost und erschien zuerst bei papierwahl.at.

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6 Ergänzungen

  1. Abgesehen von dem aus unserer Sicht vielleicht komischen Wahlsystem der Amis, noch mehr dem schlechten Geschmack bei der Auswahl der Kandidaten und dann auch Präsidenten (Clinton, Bush II, Obama, wer von denen hat denn Punkte gebracht?) wird Politik manipuliert. Der Wähler soll seine Stimme im wahrsten Sinne des Wortes abgeben. Das ist vor allem das System Europa incl. EU und erst recht Bundesrepublik. Man denke mal an die Rückenprobleme des großen Vorsitzenden der EU. Das gab es zuletzt mit Jelzin und das führte dazu, dass Kinder Klebstoff schnüffelten und auf Müllhalden nach Essbarem suchten. Dagegen begehren jetzt immer mehr Bürger europäischer Länder auf, zuletzt die Gelbwesten in Frankreich. So funktioniert die Welt wieder etwas besser.

    Wen dürfen wir denn überhaupt wählen? Parteien? Das sind Typen, die meistens über Listenplätze in die Parlamente geschleust werden. Niemand würde sowas wählen. Dort verstecken sie sich hinter dem Fraktionszwang. Und im Zweifelsfall z. B. dem Misstrauensantrag gegen Brandt kaufte sogar die Stasi höchstpersönlich die Stimmen für dessen Machterhalt. Ihre Diätenerhöhungen koppelten sie schon mal vorsorglich an die Inflationsrate. Da wünscht man sich glatt Deflation. Dann bliebe noch die Frage der Überhangmandate zu klären.

    Das amerikanische System, über das wir gern die Nase rümpfen, könnte gerechter sein als das unsrige. Allein dadurch, dass dort kein Präsident (Ausnahme Krieg) länger als 8 Jahre am Ruder bleibt. Zum Glück, wir haben spätestens mit der NSA-Schnüffelei und den Snowden-Geschichten gesehen, was für eine verlogene Bande Bush, Obama und seine europäischen Schuhputzer waren/sind. Diese Typen werden jetzt, einer nach dem anderen demokratisch entsorgt. Das finden die nicht lustig, deshalb musste Terror her. Der soll bekämpft werden. Im Zweifelsfall noch der lupenreine Demokrat aus dem Land der großen Bären als Superfeind. (Das ist die Krönung von Dummheit schlechthin, selbst wenn man russische Zaren nicht mag.) Aber ukrainische Nazis, die lieben wir. Tschetschenische und georgische „Flüchtlinge“, denen helfen wir. Und zionistische Rassisten sind eine Sache der Staatsräson.

    Wenn man an „Politik“ denkt, worüber soll man als erstes ko*zen? Deutschland ist ein wunderbares Land, aber es gehört ziemlich viel Kraft dazu, dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt.

    Nebenbei braucht ihr meine Kommentare nicht auf Urheberrechtsverletzungen prüfen zu lassen, es sind meine eigenen Gedanken.

  2. Vertrauen in Wahlcomputer?
    Das hat sich bei mir nach dem Wahldesaster in Hessen erledigt.
    Bis heute ist m.W. nirgends schlüssig erklärt, was da schief gelaufen ist. Die Ergebnisse sollen offensichtlich falsch gewesen sein, weil sie nicht mit der gleichzeitig erhobenen Statistik übereinstimmten. Wurden schließlich die „fehlerhaften“ Wahlergebnisse der Statistik angepasst? Und sind Sie deswegen jetzt richtig? Das wäre doch Wahlbetrug, oder? Oder wie muss man sich das sonst vorstellen?

    Da wurden die Ergebnisse aus einzelnen Wahllokalen angeblich telefonisch übertragen. Wäre das so, wäre jede Manipulattion Tür und Tor geöffnet.

    1. Dann hast du vermutlich einfach nicht nach einer Erklärung gesucht.
      Zu unterscheiden ist zwischen der Schnellmeldung und dem vorläufigen Ergebnis (meist noch am Wahlabend) und dem eigentlichen, amtlichen Endergebnis.
      Das erste ist ein Service, das zweite die eigentlich interessante Zahl. Die wird nicht telefonisch übertragen. Die Schnellmeldung bei Funktionieren aller Systeme auch nicht.

      1. Das ist richtig: Ich werde tatsächlich nicht „nach einer Erklärung suchen“, weil das nämlich reine Spekulation ist. Ich erwarte eine fundierte Information dazu vom Wahlvorstand und vom Landtag, vermittelt über die Medien. Das steht noch immer aus.

        Allerdings halte ich Deine Erklärung durchaus für schlüssig. Das reicht mir aber bei einem so wichtigen Thema nicht.

  3. Die Wahl ist immer die Ultima Ratio – also die letzte Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen. Der (in einer echten Domokratie) vorausgehende Konsens, der zwischen den verschiedenen Meinungen im öffentlichen Debattenraum ausgehandelt werden soll, existiert ja fast nicht mehr. Der öffentliche Debattenraum ist durch private Medien, den politisch abhängigen öffentlichen Rundfunk (in den USA sowieso nicht existent), und dem (freien?) Internet (in dem anderen Meinungen unterdrückt bzw. diffamiert werden) fast nicht mehr existent. Wie soll also Demokratie in solch einem Umfeld gelebt bzw. am Leben gehalten werden? Eine gesunde Demokratie existiert doch garnicht mehr! Das was wie hier sehen, ist nur noch ein verfaulter Demokratie-Kadaver.

    Die Profiteure dieser Demokratie-Simulation sind eine kleine Minderheit.

  4. @ Jones
    Im Kern gebe ich Dir Recht.
    Die Demokratie krankt an Realitätsverweigerung, mangelnder Diskursfähigkeit, öffentlichem Rundfunk, aber noch lebt sie. Und es profitieren Alle von unserem sozialen, abwägenden Rechtsystem und einer weitgehend gelungenen Rechtsprechung. Die Demokratie ist – wie alles andere auch – unter den Bedingungen von IT und KI neu zu erfinden. Wirke doch einfach mit guten Vorschlägen daran mit.

    Es gibt aber junge Pflänzchen, die sich entwickeln. Eines davon ist Netzpolitik.org.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.