Zensur beim chinesischen Mikroblogging-Dienst Weibo: Werktags, Nine to Five

Das chinesische Pendant zu Twitter, Sina Weibo, wird von staatlichen Stellen überwacht und unliebsame Äußerungen darin zensiert. Eine Gruppe US-amerikanischer Wissenschaftler interessierte sich für die genaueren Umstände dieser Zensur und verfolgte daher 15 Tage lang die Weibo-Aktivitäten von 3,500 Nutzerinnen und Nutzern [Studie]. Sie fanden heraus, dass 13 Prozent aller Posts gelöscht wurden: Einige von den Nutzerinnen und Nutzern selbst, andere jedoch von Drittparteien, nach deren Löschungen eine „permission denied“ Nachricht gesendet wird. Diese Drittparteien-Löschungen sahen sich die Wissenschaftler genauer an, um mehr über die Zensuraktivitäten der chinesischen Regierung herauszufinden.

Sie beobachteten, dass 5 Prozent der Löschungen innerhalb von 8 Minuten nach dem Post geschahen, 30 Prozent spätestens nach einer halben Stunde und 90 Prozent während eines Tages. Die Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass Weibo in Echtzeit überwacht und zensiert wird, neben wahrscheinlichen automatischen Filtern bei bestimmten Schlüsselwörtern. Laut ihren Schätzungen müssten für diese Echtzeit-Überwachung 1400 Menschen jederzeit zensieren. Die These, dass es Menschen sind, die Weibo beobachten und zensieren, sieht die Gruppe auch dadurch bestärkt, dass nachts viel weniger zensiert wird als tagsüber, morgends dann aber, zu Zeiten des üblichen Arbeitsbeginns, besonders viele Löschungen vorgenommen werden. Etwas weniger Löschungen sind es auch um 19 Uhr, wenn die Nachrichten laufen.

Als nächstes wollen die Wissenschaftler die Inhalte gelöschter Posts untersuchen.

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