Zehn Wahrheiten über das Web

Christian Stöcker hat auf Spiegel-Online „zehn Wahrheiten über das Web“ formuliert. Und das sind gute Thesen geworden: Warum die Dummheit des Internets ein Segen ist.

Am Besten gefällt mir diese:

Wir brauchen eine neue Definition von Öffentlichkeit

Das Internet und das, was darin geschieht, wird derzeit noch überwiegend als Pendant zum journalistischen Publizieren betrachtet: Wer etwas veröffentlicht, weil auf eine Web-Seite gestellt hat, ist selbst schuld. Wenn es erstmal draußen ist, darf es sich jeder ansehen, jeder darf daraus zitieren (manche Medien sind sogar der Meinung, sie dürften so veröffentlichte Fotos einfach übernehmen und abdrucken) und es bei Bedarf gegen den Autor verwenden. Für Gespräche in der Kneipe gilt diese Betrachtungsweise bislang nicht: Obwohl sie auch an einem öffentlichen Ort stattfinden, würde man auf wenig Gegenliebe stoßen, wenn man sie aufzeichnen und ihren Inhalt anschließend gegen die Gäste verwenden würde. Auch für das Internet sollte klar sein: Hier findet an von den Benutzern als geschützten Räumen wahrgenommenen Orten private Kommunikation statt. Nicht alles, was online ist, ist auch „öffentlich“ im herkömmlichen Sinn. Manche Anbieter haben diese schlichte Wahrheit technisch umgesetzt – etwa über abstufbare Systeme, mit denen sich Profilseiten je nach Betrachter privater oder eben diskreter gestalten lassen. Es ist aber auch ein Umdenken bei den Nutzern und vor allem den Kritikern digitaler Kommunikation nötig: Nicht alles, was belauscht werden darf, sollte belauscht werden, nicht alles, was zu sehen ist, muss man sich ansehen. Das ist eine Frage der Etikette.

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17 Ergänzungen

  1. Wenn es mich stört das ein Gespräch oder eine schriftliche Unterhaltung von mir von der Öffentlichkeit potentiell mitgehört, mitgelesen oder mitgeschnitten werden kann, dann mache ich dies eben nicht öffentlich sondern in einem von mir bestimmten geschlossenen Kreis. Dies war schon immer so und wird es auch weiterhin sein, ganz egal welches Kommunikationsmedium ich verwende. Es ist sicher richtig, das mir die Etikette bzw. die gute Erziehung das ein oder andere von selbst verbietet, doch kann ich mich darauf nicht berufen wenn dies jemand anderes nicht so handhabt. Daher halte ich das Geschrei für naiv.

  2. warum geht der link eigendlich auf die print version des artikels? ich bin doch kein „internetausdrucker“

  3. wahrscheinlich damit man nicht nach jeder „wahrheit“ nervigerweise auf weiter klicken muss so wie ich das grad getan hab :/

  4. Ich denke die Verantwortung liegt bei einem selbst. Wenn ich Daten von mir auf einer Webseite veröffentliche oder mein Community-Profil öffentlich zugänglich mache, so hab ich damit öffentlichkeit hergestellt. Der Vergleich mit einem (Privat-)Gespräch in einer öffentlichen Kneipe passt hier nun wirklich nicht.

  5. Diese Definition der Öffentlichkeit finde ich doch etwas merkwürdig/missverständlich formuliert. Warum sollte plötzlich der Nutzer verantwortlich sein? Wenn ich etwas ins Netz stelle, das jeder mitlesen kann, dann ist es öffentlich. Und dafür gelten die Gesetze der Öffentlichkeit. Der Vergleich mit der Kneipe hinkt gewaltig.
    Wenn ich privat etwas mitteilen will, dann verwende ich passwortgeschützte, geschlossene Netzwerke oder E-Mail. Aber beides zu vermischen und dem Nutzer die Last aufzubürden, geht nicht.

  6. Wir werden wohl alle relativ zeitnah damit anfangen müssen T-Shirts (oder Ähnliches) zu tragen, auf denen ein Impressum abgedruckt ist – für die Fälle, in denen wir in der Öffentlichkeit eine Aussage treffen.
    Zum Beispiel in der Fußgängerzone, wenn man sich mit Freunden unterhält. Oder beim Einkaufen, wenn man einem Bekannten gegenüber eine Ware kommentiert. Oder ….

  7. Habe den Spiegel-Beitrag gerade überflogen, und muss sagen, für Spiegel-Verhältnisse ist er doch sehr Pro-Internet, auch das Fazit stimmt milde:

    „Insgesamt aber muss, wer das Internet für überwiegend schädlich hält, ein Menschenfeind sein. Das
    Netz ist vor allem eins: Der größte Informationsvermittler und -speicher, den die Menschheit jemals zur
    Verfügung hatte. […] Manchmal kann man dieser Tage den Eindruck bekommen, dieser alte Konsens [der freien Wissensverfügbarkeit] gelte nun nicht mehr:
    Weil unter der vielen Information im Netz auch so viel ist, das dem einen oder anderen nicht behagt.“

    Schade nur, dass das nicht so auf der Titelseite der aktuellen Printausgabe steht. Oder im Print-Artikel selbst.

  8. @6: Finde ich auch seltsam dass der Spiegel offenbar zwei Schienen fährt und dem offline Publikum eine eher anti-netz gefärbte Version bietet und online doch recht im Sinne der Community schreibt. Würde mich mal interessieren woher eine derartige Schizophrenie kommt…

  9. @4: Medienkompetente und vorsichtige Menschen mögen das so sehen. Der Mehrheit der Internetnutzer ist dieser Unterschied nicht bekannt.

  10. @10.
    Davon kannst Du hundertprozentig ausgehen, bei anderen Zeitungen findet sich ebenfalls diese Print-Online-„Schizophrenie“.
    Schließlich wird auch massig Geld in Konsum/Konsumenten-Analysen gesteckt…

  11. mir gefällt der artikel; obwohl an einigen stellen äpfel mit birnen verglichen werden, sind doch die schlussfolgerungen in ordnung (nur leider mal wieder auf netzwelt statt auf politik, aber das ist wohl so). ich (jg. 59) war dermaleinst treuer spiegelleser und bin es schon lange nicht mehr, aber ich finde gut, dass SpOn sich zunehmend mit dem Thema beschäftigt – im prinzip sollte man ja für jede kenntnisnahme des sachverhalts in einem massenmedium äusserst dankbar sein…

    auch heute auf netzwelt:
    zitat: ‚*Jede* PC-Nutzung macht Frauen eifersüchtig. Denn das ist Zeit, die der Mann mit einem Spielzeug verbringt statt mit seiner Frau.`
    GEHT GAR NICHT.
    demnach wären ich und viele andere frauen pervers, und das bin ich und sind auch die anderen netzaffinen frauen (e.g. haecksen) definitiv nicht.

  12. Ich will ja nicht den Arroganten raushängen- aber was die Bewegten hier so an Zeichensetzung, Rechtschreibung und Satzbau abliefern, gerät bis zur Unverständlichkeit. Vielleicht die Hauptursache für den fragwürdigen Erfolg von Twitter.
    Subjekt, Prädikat, Objekt müßte auch möglich sein ohne Kenntnis Kantscher Bandwurmsätze und wäre sicherlich ein Gewinner beim Überzeugen neuer Anhänger.
    Also die bescheidene Bitte: mit minimalem Zeitaufwand sind Sätze formulierbar, die auch jeder versteht. Des brauchmer doch.

  13. @13: Danke für den Hinweis, den ich voll unterstütze. Ich muss aber auch sagen, dass ich schon schlimmere Foren gesehen habe, bei denen dieser Hinweis noch viel angebrachter gewesen wäre – man denke nur an amazon.de …*schauder*

  14. Ich habe den Artikel kurz nach seinem Erscheinen gelesen und mir ein ums andere mal meine Gedanken dazu gemacht. Mit Ausnahme einiger Belanglosigkeiten halte ich den Artikel an sich aber für gut.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.