Die Büttenrede des Ansgar Heveling zur Netzpolitik (Update)

Den mit Abstand lustigsten Text über Netzpolitik in letzter Zeit hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling im Handelsblatt publizieren lassen: Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren! Auch wenn der Text wie eine Büttenrede klingt, ist er wohl Ernst gemeint.

Denn, liebe „Netzgemeinde“: Ihr werdet den Kampf verlieren. Und das ist nicht die Offenbarung eines einsamen Apokalyptikers, es ist die Perspektive eines geschichts-bewussten Politikers. Auch die digitale Revolution wird ihre Kinder entlassen. Und das Web 2.0 wird bald Geschichte sein. Es stellt sich nur die Frage, wie viel digitales Blut bis dahin vergossen wird.

Bitte beachten: Immer den Tusch nach jedem Satz mitdenken. Tata-tata-tatahhhh!

Also, Bürger, geht auf die Barrikaden und zitiert Goethe, die Bibel oder auch Marx. Am besten aus einem gebunden Buch! […] Und offensichtlich sind Narzissmus und Nerdzismus Zwillinge. Natürlich soll niemandem verboten werden, via Twitter seine zweite Pubertät zu durchleben. Nur sollte man das nicht zum politischen Programm erheben.

Ansgar Heveling sitzt übrigens für die CDU/CSU-Fraktion in der Enquete-Kommission Internet & Digitale Gesellschaft…

Mein Lieblingskommentar dazu auf Twitter stammt von @clemensweins:

Bravourös und mit einem großen Hechtsprung hinter den Zug gesprungen

Update: Aus der Büttenrede hat sich das Mem #hevelingfacts entwickelt.

Update: Da hat wohl jemand seine Webseite gehackt. Auf Twitter gab es das Gerücht, dass Nutzername „heveling“ und Passwort „ansgar“ war. Das muss aber nicht so gewesen sein, gut möglich, dass jemand Sicherheitslücken gefunden und dann das Admin-Passwort dahingehend verändert hat.

Update: Und hier die vertonte Büttenrede durch Metronaut.de: Metrolaut Special: Die Büttenrede des Ansgar Heveling.

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99 Ergänzungen

    1. Nö, das ist als Gastbeitrag gekennzeichnet, und ich finde es durchaus wichtig, dass publiziert wird, wenn so krudes Gedankengut mit einem Bundestagsmandat ausgestattet ist.

      1. Richtig. Denn hätte das Handelsblatt den Beitrag schon vorher aussortiert, hätten sie sich wieder angreifbar gemacht.

    1. Die Rede nicht die CDSU schon. Es werden einfach solange Existenzen vernichtet, bis wir den Kampf aufgeben. Das wird aber nicht passieren, das wird Gott sei dank übersehen.

    1. Doch den Zusammenhang gibt es, während der Französischen Revolution wurde ein Urheberschutz eingeführt (Propriété littéraire et artistique).

      1. Ja, aber der hatte sicherlich nichts mit dem Urheberschutz zu tun, der heute betrieben wird. Die Vorsilbe Ur- hatte da noch einen wesentlich höheren Stellenwert, das glaub mal!

  1. Seinem Text nach ist Hevelings Geisteshaltung von Unverständnis und Ablehnung gegenüber dem Internet geprägt. Wie wenig Heveling von einer Welt versteht, die durch das Internet bereichert wurde, drückt am deutlichsten in der Unterscheidung zwischen Internet und “der realen Welt” aus. Heveling scheint wahlweise nicht zu verstehen, oder zurückdrehen zu wollen, daß das Internet jetzt da ist, da bleibt.

    Wer heute von “medialer Schlachtordnung” spricht, die zweifelsohne zwar gegeben ist, sie im gegenwärtigen Stand jedoch zum “Endkampf um Mittelerde” stilisiert, trägt damit lediglich mangelnde Umsicht offen zur Schau. Ob Ansgar Heveling einen Schimmer davon hat, daß der Kampf ums general computing erst noch bevorsteht? Dein Text lässt daran arg zweifeln.

    Eben so wenig begreift Heveling, daß aus der freien Verfügbarkeit von Informationen und liberalisierter Nutzungsrechte mehr Kulturgüter entstehen und eine größere Kreativität freigesetzt wird, als die ordinären kommerziellen Schmieden des von ihm so vergöttertem “geistigen Eigentum” imstande zu leisten wären.

    Zweifelsfrei brauchen Immaterialgüter Schutz zum Zwecke der Monetarisierung. Aber findet sich auch nur ein dezenter Hinweis auf die legitimen Ansprüche der Gesellschaft zu einer Liberalisierung der sich zusehends stärker präkarisierenden Urheberrechtssituation? Selbstverständlich nicht.

    Hevelings Einlass ist als der eines Gestrigen, wenn nicht Vorgestrigen zu betrachten, der lauthals nach Verbündeten sucht und sich anschickt, statt eines konstruktiven Dialoges mit den Akteuren der digitalen Sphäre, lieber auf die bereits erwähnte “Schlachtordnung” im Sinne der Merheitsverhältnisse zu setzen. Diese Haltung offenbart Hevelings Kapitulation gegenüber den Argumenten dieser “Netzcommunity”, die es freilich nie gegeben hat.

    “Bürger, verteidigt eure Werte auch im Netz”, raunt Heveling.

    “Bürger, verteidigt eure Werte und das Netz gegen Vorgestrige wie diesen Heveling und die Lobbyverbände, für die er implizit das Wort ergreift”, antworte ich.

  2. Ach!
    Etwa der Herr Heveling vom letzten Mittwoch? Der, der mit dem feinen Herr Krings zusammen SOPA soooo toll findet?

    Dann ist das ja nicht so schlimm.
    Der wollte nur mal von seiner Hinterbank an’s Mikro.
    Und für den Rest seiner Karriere muss er dann wieder zurück.

    Ansonsten hätte man sich aufregen müssen.
    Aber für den?
    Neee!

    1. Ah daher kannte ich den Namen! Hatte mich letzte Woche schon erschreckt, dass dieser Kerl Jünger ist als ich. Scheint wohl keiner von denen zu sein, die schon Anfang der 1990ger Jahre mit freier Software in Berührung gekommen sind.

  3. Ich hatte beim Lesen sehr lange die Hoffnung, dass es ein satirischer Kommentar ist. Aber der Herr meint es ernst!

  4. Das ist der absolute Wahnsinn: „Während die „digital natives“ den realen Menschen zum Dinosaurier erklären, vergessen sie dabei, dass es sich bei dieser Lebensform um die große Mehrheit der Menschen handelt.“

    Diese große Mehrheit ist jedoch nicht auf die Gesamtbevölkerung (schon gar nicht in 10 Jahren) gerechnet, sondern aus seiner eigenen Erfahrung heraus. Mit wievielen Leuten umgibt sich Herr X denn, die überhaupt im Stande sind, digital zu denken?

  5. > Ansgar Heveling sitzt übrigens für die CDU/CSU-Fraktion in
    > der Enquete-Kommission Internet & Digitale Gesellschaft…

    *kotz*^h^h^h^h^h^h*argh*

    Stand das vorhin noch nicht da oder habe ich es einfach nur verdrängt?

  6. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich jedesmal, ob es denn in dem ganzen vergangenheits-verliebten Verein nicht einen PR-Berater gibt.

    Oder einfach einen guten Bekannten oder klügeren Kollegen oder zur Not auch die Ehefrau in der Küche, der/die einem dezent auf den Rücken tippt, um dann mit leicht verzogenem Gesichtsausdruck fast unmerklich den Kopf zu schütteln.

    Vielleicht steht es auch irgendwo im Parteiprogramm, daß man sich stets der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung entgegenstellen muß – notfalls bis zum Untergang. Man hat vielleicht verloren, aber man ist standhaft geblieben.

    Siehe auch hier:
    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,680956,00.html

  7. Am interessantesten find ich ja dass der verlinkte Twitterkommentar (Lieblingskommentar) ins Leere läuft.
    Gelöscht oder zensiert?

  8. „…nur weil man sagt, man sei gut, ist man es noch lange nicht.“
    Das interpretiere ich mal als Selbstkritik.

  9. Das die CDU, SOPA & ACTA als Angriffskrieg auf die Netzgemeinde, in einer Art Kulturellen-Weltkrieg sieht, finde ich erschreckend.
    Aber als betroffenes Opfer gut zu wissen.

  10. Ich verstehe leider nicht wen er hier eigentlich bedroht und von wem oder was er sich bedroht fühlt?

  11. Der Ansgar ist anscheinend wirklich verzweifelt (da weigern sich doch Provider im benachbarten Ausland die Bucht zu sperren!!!!).

    Next Stop: One flew over the weißtschon ;)

  12. @markus:

    In der selben Enquete-Kommission, in der du auch sitzt? Kannst du das nächste mal mit dem Finger auf ihn zeigen und laut lachen? Tu´s für uns ^.^

  13. Lieber Ansgar Heveling,

    gern schreibe ich meine Kommentare unter Pseudonym, vor allem nachdem ich Alkohol genossen habe. Vielleicht können Sie das in Ihrem augenblicklichen Zustand nicht verstehen, aber glauben Sie mir: sobald der Rausch vorüber ist, sind Sie sehr froh, wenn Sie besorgniserregend wirre Texte nicht unter Ihrem Realnamen veröffentlicht haben.

    Ein amüsierter
    Tharben

  14. Naja, anscheinend hat Hr. Heveling selber auf Mittelerde zugebracht. Allerdings eher in den Minen von Moria. Da hat er halt nicht mitbekommen, dass Rousseau VOR der Französischen Revolution gestorben ist und sein „Du Contract Social“ (der ja den Citoyen beinhaltet) bereits von 1762 ist. Also definitiv nicht in den Gassen von Paris: „(…) hat sich in mühevoller Arbeit aus den Barrikaden der Französischen Revolution heraus geformt – so entstand der Citoyen. Und genau dort, in den Gassen von Paris im Jahr 1789 (…)“

  15. also ich schenke einem durchschnittlichen twitternutzer mehr aufmerksamkeit und halte ihn auch für glaubwürdiger als solch ein politiker?

  16. Überaus unterhaltsam, wenn auch etwas erschreckend.

    Mich irritiert die Fülle und merkwürdige Zusammenstellung von Metaphern. Und es gibt einige Inkonsistenzen trotz des angeblichen Geschichtsbewusstseins: Etwa den Begriff „Clash of Civilizations“ habe ich noch als Konflikt zwischen dem Westen und vornehmlich der islamischen Welt im Gedächtnis. Wenn da nicht eine Neudeutung auf das Internet stattgefunden, die mir entgangen ist, kann man nicht einfach so den Begriff umdeuten, wenn man von „lang erwartet“ spricht. Ich sehe das Web 2.0 ja weniger als „imaginäres Lebensgefühl“ und mehr als realexistierendes Buzzword. Die Wikipedia meint, das „Statute of Anne“ von 1710 war das erste moderne Urheberschutzgesetz also über 80 Jahre bevor die Gassen von Paris das geistige Eigentum gebähren. Die Wikipedia meint übrigens auch der erwähnte Internetkritiker heißt Jaron Lanier und nicht Lavier. Auch dass es eine Debatte in der Geschichtswissenschaft darüber gibt, inwieweit schwache Urheberrechtsregime sich in der Vergangenheit als Entwicklungsmotoren erwiesen haben, davon scheint es hier keine Kenntnis zu geben.

    Dann die Fülle von Gegensätze, die konstruiert wird und teilweise echt hanebüchen ist. Seit wann ist der „reale Mensch“ obsolet? Der Konflikt, der unter dem Stichwort Digitale Spaltung zusammengefasst wird, bezieht sich auf die Nutzungsformen des Internets. Und ein Teil des heute über das Internet verfügbaren Wissenschatzes sind gerade Bücher. Allerdings sind sie in digitalisierter Form für viele Menschen leichter zugreifbar, überhaupt auffindbar und vorallem erstmals durchsuchbar. Veredelt das gebundene Buch den Inhalt? Ist eine von Papier zitierte Passage irgendwie besser als eine vom Bildschirm abgelesene. Wirrer Unsinn.

  17. Der ist in der Enquete-Komission? OMG… das ist ja wie… wie mit Herrn Wulff gegen die Weltkorruption zu kämpfen — das geht doch nicht!

  18. ..Spätestens wenn Öl und Kohle zu Neige gehen, sind eure Firewalls dahin, liebe Netzgemeinde, …Der Ansgar hat schon viel Holz gebunkert und wird daraus einige Trojaner bauen!

  19. Hehehehe….es ist Karneval, da kommen schonmal solche Utopien raus von unwissenden Polit-Menschlein ! Hahahaha….

  20. Was an dieser (sagen wir mal) geistigen Haltung und der dafür ursächlichen Allgemeinbildung solche Zahnschmerzen verursacht, ist die Tatsache, dass ein 18-Jähriger, der diese Eigenschaften an den Tag legte, heute auf lange Zeit keinen qualifizierten Ausbildungsplatz fände. Wer mit Angstgeschrei vor technologischen, sozialen, kommunikativen und kulturellen Veränderungen wegrennt, um sich in mythologische Bilder von Krieg und Weltuntergang zu drücken, der hat schlicht und ergreifend nicht das intellektuelle Rüstzeug, sich mit der Gegenwart auseinanderzusetzen. Mehr von diesem Typus, dann schafft sich Deutschland tatsächlich ab. Dann landet Deutschland in der Unmündigkeit, die vor jeder Zukunftschance einknickt.

  21. Dieser webaffine Schreimob reagiert immer wieder zuverlässig wie ein pawlowscher Hund. Das ist purer Netzpopulismus.

  22. Ihr habt es hier ja selbst erkannt: Der Herr hat getrollt. Das kann doch nichts anderes als Satire sein. In einem Satz verweist er auf den Herrn der Ringe, in einem anderen klingt er wie ein Anhänger lediglich der Klassiker. Er parodiert das Internet, das sich manchmal (Hand aufs Herz) sehr wichtig nimmt. Aber wer so ohne sachliche Argumente ein Wortgemälde des digitalen Weltunterganges malt, der kann das doch nicht ernst meinen.

    Bitte.

  23. Meine Oma, lieber Herr Heveling, wäre auf diese wirre Polemik, die die wahren Machtverhältnisse dreist verkehrt, sicher hereingefallen. Mein Oma hätte bereits bei der abgedroschenen Phrase „Bits und Bytes“ abgeschaltet, weil sie weiß, dass sie davon noch weniger Ahnung hat, als Sie, Herr Heveling. Ab da hätte Sie Ihnen Ihren wirren Stuss geglaubt, Ihnen selbst den Schaum vor’m Maule verziehen und brav weiter ihr Kreuz in die Schwärze gegeben.
    Ihr Problem, Herr Heveling, ist allerdings: Selbst in einer überalterten Gesellschaft wie der unsrigen gehen Ihnen bald die Omas aus. Meine Oma macht nur noch ein paar Jahre lang ihr Kreuz, dann legt sie sich unter ein selbiges. Meine Generation

  24. Meine Oma, lieber Herr Heveling, wäre auf diese wirre Polemik, die die wahren Machtverhältnisse dreist verkehrt, sicher hereingefallen. Meine Oma hätte bei der abgedroschenen Phrase „Bits und Bytes“ abgeschaltet, weil sie weiß, dass sie davon noch weniger Ahnung hat, als Sie, Herr Heveling. Ab da hätte Sie Ihnen Ihren wirren Stuss geglaubt, Ihnen sogar den Schaum vor’m Mund verziehen und brav weiter ihr Kreuz in die Schwärze gegeben.
    Ihr Problem, Herr Heveling, ist dennoch offenkundig: Auch in einer chronisch überalterten Gesellschaft wie der unsrigen werden Ihnen bald die gutgläubigen Omas ausgehen. Meine Oma macht nur noch ein paar Jahre lang ihr Kreuz, dann legt sie sich unter ein selbiges. Dann bleiben Ihnen nur noch Wähler der nachfolgenden Generationen, und die wissen zu Ihrem Unglück sehr genau, wovon die Rede ist. Diese Wähler sehen, dass das jetzige Urheberrecht den Fortschritt, den es sicher einmal befördert hat, oft eher behindert als vorantreibt. Diese Wähler sehen auch Ihre Angst, Herr Heveling, vor den Partizipationsmöglichkeiten des Netzes: Vor der Möglichkeit, dass Sie eines Tages tatsächlich das tun müssen, was diejenigen, die Sie gewählt haben, wollen.
    Fabulieren Sie noch ein wenig, Herr Heveling. Üben Sie Ihre Abgesänge auf Dinge, die Sie nur unzureichend verstehen, und deren Untergang sich doch nicht herbeischreiben lässt. Bald, wenn Sie von der Last Ihres Amtes befreit sind, werden Sie reichlich Zeit zum Schreiben finden. Wer weiß, vielleicht erbarmt sich das ja Handelsblatt mit einer späten Gefälligkeit – und sei’s nur mit einer Zeitarbeitsstelle in der Wetter-Redaktion.

    1. Das Video ist in Deutschland gesperrt. In diesem Fall ist eine ausländische IP-Adresse zu verwenden, um das Video aufzurufen.

  25. Gerade als Mail an Heveling rausgegangen, jetzt hier veröffentlicht (es lebe die Transparenz!):

    Sehr geehrter Herr Heveling,

    soeben bin ich durch einen prominenten Vertreter des „Nerdzismus“, Felix von Leitner, auf ihren Artikel in der Printausgabe des Handelblattes aufmerksam geworden und möchte mit dieser E-Mail auf den denkwürdigen Text reagieren.

    Um möglichen Vorwürfen der Naivität zu begegnen: Mir ist bewusst, dass Politik im Tagesgeschäft zu betreiben auch heißt, sich gewisser Themen auf polemische Art anzunehmen ,um seine Position zu profilieren. Ihre Position ist – wenig überraschend – konservativ. Das hat der Text durchaus deutlich zu machen verstanden!!!

    Aber gerade aus solchem Polit- und PR-Profi- Gebaren heraus Ihren Parteifreund Altmaier zu diskreditieren, finde ich schon wirklich lustig. Ihnen selbst muss doch klar sein, dass neben dem konservativ-grünen „Wut“bürger nach Art von Kretschmann weitere soziale Entwicklungen vollzogen sind und sich vollziehen werden, die dem aktuellen ‚Konservativen‘ den zukünfigen so fremd machen dürfte wie aktuell Hans Peter Uhl und Marina Weisband sich kontradiktorisch gegenüberstehen.

    Ich habe fast Mitleid mit Ihnen, auch wenn ich eben herzlich lachen musste über ihren Trotz und die Bitterkeit ihrer verächtlich-anbiederenden Worte. Politiker wie Sie werden abstürzen, und zwar nicht, weil Sie die „Avantgarde“ nicht mitnehmen können, sondern weil das Sicherheitsideal, was sich in Ihrer Gesellschaftsideologie als Zentrum konsoldiert hat, den realen Menschen weder zum Fressen noch zur individuellen Freiheit nutzt. Nicht der sich fortsetzende Bruch mit dem Vier-Buchstaben-Schundmedium, sondern die fehlende Bereitschaft, ihre Vorstellungen der Wirklichkeit mit der wirklich wahren Welt da draußen abzugleichen, wird den politischen Tod vieler angesehener Männer und Frauen der „bürgerlichen Mitte“ bedeuten.

    Als einen Ansatzpunkt für eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem von Ihnen ausgeschlachteten Thema empfehle ich als erfolgreicher und dazu noch – durchaus polemisch verstanden – effizienter Philosophiestudent einer gnadenlos unterfinanzierten und auf „Wettbewerb“ um Drittmittel getrimmten Universität im Osten, die trotz Überbelegung um jeden Neuankömmling kämpft, genau zwei Dinge:

    1. Informieren Sie sich einmal wirklich über das aktuelle Dilemma im Urheberrecht. Als Recherchegrundlage würde ich die tatsächlichen finanziellen Einbußen dieser Industrie angeben, die – so schön es wäre – nicht einfach durch den illegal erworbenen Gewinn eines Kim „Dotcom“ Schmitz u.a. aufgewogen werden können. Ich muss Ihnen einschlägige Artikel dazu wohl nicht von der Autorschaft her vorstellen, denn Sie kennen diese als „Feinde der freiheitlich-demokratischen Ordnung Deutschlands“ oder als Vertreter des „rechtsfreien Raums Internet“. (Stichwort: Tauss) Wenn Sie mir zur Erzeigung ihres guten Willens antworten wollen, so erläutern sie mir in dieser Antwort doch bitte einmal den Unterschied von P2P-Vertrieb per Filesharing und dem Einzelvertrieb durch One-Click-Hoster wie Megaupload – ohne guttenbergsches Copy-Paste-Verfahren, das würde mir Google, also der böse Monopolist, ohne moralische Vorurteile anzeigen können -, damit ich Ihre Antwort in der adäquaten und vollständigen Güte und Anerkennung für meine Sache ernstnehmen kann. Auch wenn Ihnen Progressivität von ihrer Sozialisation aus fern liegt, schätzen Sie möglicherweise den intellektuellen Austausch mit ebenbürtigen Gegner bei aller Vorliebe zur Aufpeitschung der Massen doch etwas und begeben sich in den transideologischen Austausch.

    2. Fragen Sie sich jeden Tag, an dem Sie nicht in der BILD auf Reaktionen zu diesem „Traktat“ warten, sondern möglicherweise in der FAZ online – ich habe, wenig überraschend, Herrn Schirrmacher trotz aller offensichtlich opportunistischen Kuscheleien mit dem CCC in letzter Zeit schätzen gelernt – auf den Spuren der bürgerlich-konservativen „Volksseele“ sind, warum Sie sie weder dort noch an irgend einem anderen Ort finden, warum Sie nach einer erfolgreichen politischen Vita in den fruchtbaren Kreisen der CDU und der Bunderwehr nur noch von Wahl zu Wahl, von Sekunde zu Sekunde leben können, ohne in der „realen Welt“ auf den Kern Ihrer ureigenen Überzeugung zu treffen – im Angesicht der Breiviks, Tea Parties und Netanjahus dieser Erde. (Nur kurz: Gleiches könnte man einem Siegmar Gabriel auf den Teleschirm werfen, mit dem Unterschied, dass die Trias dort lautetete: Achmadineschad, Hartz IV, Putin.)

    Mit dem Wissen, dass Sie ähnliche „hater mails“ jeden Tag ertragen müssen und dennoch in der inständigen Hoffnung, dass Ihr Beitrag doch eher für die Titanic gedacht war und Sie nicht im Stile Galileis widerrufen, sonderm im Sinne Einsteins bereuen, wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Start in die heiße Phase des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 2013.

    Mit freundlichen Grüßen

    1. Hallo Johnny, großartige und zugleich faire Email, die zeigt, dass auch die Nerds und Anarchisten im Internet durchaus formulieren koennen und nicht nur wie die Vandalen fremder Leute Websites angreifen und mit ihren unflätigen aussagen beschmieren koennen.

      Bin gespannt auf die Antwort und hoffe diese, so sollte eine kommen Hier finden zu können.

      Liebe Grüße Anders

  26. bei aller unfreiwilliger Komik: das Vokabular dieses wirren Oberprimaner-Aufsatzes lässt mich schaudern. Zitat:
    „Wenn wir nicht wollen, dass sich nach dem Abzug der digitalen Horden und des Schlachtennebels nur noch die ruinenhaften Stümpfe unserer Gesellschaft in die Sonne recken und wir auf die verbrannte Erde unserer Kultur schauen müssen, dann heißt es, jetzt wachsam zu sein. Also, Bürger, auf zur Wacht!“
    Das sollte die Masse Mensch vor den Maschinen in der Tat wachsam stimmen…

    Vielleicht sollte Monsieur Heveling trotz allem Degout mal Wikipedia bemühen (solange es „das Netz“ überhaupt noch gibt!) und das schöne Stichwort Enquete-Kommission nachschlagen:
    „Ziel ist es, bei Problemen zu einer Lösung zu kommen, die von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung (auch von dem Teil, der sich nicht durch die jeweilige Mehrheitsfraktion vertreten fühlt) mitgetragen werden kann.“

  27. der text ist eben überhaupt nicht komisch.

    stattdessen provoziert er praktischer weise vieles von dem, was er behauptet und formuliert en passant kämpferische thesen, die wir ernst nehmen müssen. und das nicht erst, wenn sie bundestagsdrucksache, gesetz oder slogans à la kohls „geistige wende“ geworden sind.

    beispiele aus dem text:

    – „digital natives“ vs. reale menschen, von ersteren zu sauriern erklärt
    – revolutionen sind undemokratisch
    – dazu: die digitale ist keine technische, sondern „vorschrift einzelner menschen hinter vielen maschinen“, die uns unsere lebensentwürfe vorschreiben wollen.

    ich finde den text schlimm. interessant finde ich aber, dass a. h. das verlachen an seiner zielgruppe gemessen zwar recht anständig hinbekommt, für seinen appell dann aber tief in die mottenkiste der inhaltsleeren pauschalfeindbilder greifen muss.

    dass er dabei halbwegs elegant antikommunismus mit einer verschwörungstheorie des techno-kapitals verknüpft, sollte aber nicht über folgendes hinweg täuschen:

    a. h. führt kein schlüssiges argument, erklärt keinen einzigen zusammenhang zwischen technik und kultur. er trifft uns aber an einer empfindlichen stelle: unserer hektischen selbstverliebtheit.

    wenn der mann nur ein halbes pfund talent hat, können wir die paar tausend gesammelten tweets bald ausgedruckt in irgend einer diskussion wedeln sehen. an ihrem ende einen für viele augen frischen bundespolitiker, der dafür beklatscht wird, die gefährlichen computerversteher in ihre schranken weisen zu wollen.

    und zwar schwiegermutterkonform und ohne die jungen magier ohne kinderstube gleich auf den scheiterhaufen stellen zu müssen wie anno dazumal.

    .~.

  28. Die Tatsache, daß es sich bei diesem „Internetexperten“ ausgerechnet um eine als Sachverständiger getarnte Marionette der Unterbelichtungshaltungskonzerne handelt, bestätigt einmal mehr das nun beinahe 20 Jahre alte Zitat von Georg Schramm.

    „Politikerkarrieren sind Heute nur noch Absteigequartiere für strebsame Minderbegabungen.“

  29. Rofl ich hab noch nie so gelacht als ich den Zeitungsartikel gelesen habe.
    So viel Spaß hatte ich nicht mal bei Axel E Fischer und Kaudergate

  30. /sigh
    Ich bin mir teilweise nicht sicher, ob ich lachen oder weinen soll. Die Gründe fürs erstere sind, denk ich mal, offensichtlich. Beim Letzteren weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Es deprimiert mich immer wieder zu sehen was für (teilweise) ahnungslose Hohlköpfe doch bei uns in der Regierung sitzen. Und die sollen bestimmen wohin unser Land steuert? Natürlich sollte es jedem klar sein, dass Internet und vor allem Deep Web kein Kinderspielplatz ist und dass es auch dunkle Seiten hat. Aber das was der gute Herr von sich gelassen hat bzw. SOPA/PIPA und mit ihnen kommende Verletzung der Menschenrechte ist mit Sicherheit keine Lösung. Es wurde ja jetzt schon ein Weg gefunden die „Sperre“ zu umgehen.
    Dann die ganzen Kriegsmetaphern… ganz ehrlich? Auch wenn ich jetzt in die Verlegenheit komme Godwin’s Law zu nutzen, mich hat es eher an die Nazipropaganda erinnert, als an Herr der Ringe und da bin ich offensichtlich nicht die einzige. Es dämmer mir, dass sich der gute Mann bei diesem Meme hier bedient hat: http://9gag.com/gag/1978518?ref=fb-share Aber aus dem Mund eines Politikers klingt das doch…anders.
    Mit dem Fehlen jeglicher Argumente brauchen wir erst gar nicht anzufangen >_>
    Aber wisst ihr was ich befürchte? Dass Bild sich diesen Hampelmann schnappt und ihn noch weiter Labern lässt. Weils ihnen Clicks und Auflagen bringt. Das würde ich dem Drecksblatt zutrauen. Und der Typ bekommt noch mehr unnötige Aufmerksamkeit als er jetzt schon hat.


  31. Was ist an der Sache so lustig?

    Heveling ist doch nur ein ganz typischer Vertreter seiner Gattung. Der Gattung „Grabsch und nach mir die Sintflut“, von Lobbyisten bearbeitet, so dass Gehirnwäsche eigentlich neu definiert werden müsste.

    Diese neue Pest sitzt überall in der Politik, in den Ausschüssen, in den Parlamenten, und dass die Finanzindustrie, aber weiß Gott nicht nur die, hier im Fast-Staat BRD wie EU-weit machen kann, was sie will, liegt vor allem auch an den unzähligen unfähigen, faulen, korrupten, eitlen, charakterlosen, gewissenlosen Drecksäcken vom Schlage eines Heveling.

    Heveling ist keine Ausnahme, er ist die Regel, die sind alle so, und das Lachen sollte uns im Halse stecken bleiben!

    Wenn ESM, wenn ACTA kommt, wenn „unsere Jungs“ von der Wirtschaftsarmee uns bald vor iranischen Atomen beschützen werden, wenn das alles und noch viel mehr wird, dann weil die Hevelings hier wie EU-weit sich haben kaufen lassen.

    Und wir alle haben es, aus welchen Gründen auch immer, nicht verhindert! Das ist nicht lustig!

    1. Wenn ich alle diese geistreichen Kommentare lese, sehne ich mich tatsächlich zurück an die Zeit vor dem Internet.

  32. wie er schon selbst feststellt: „Das Wissen und vor allem die Weisheit der Welt liegen immer noch in den Köpfen der Menschen“

    genau das wollen wir doch allen zur verfügung stellen und nicht nur einer kleinen elite! naja aber weiter denken scheint ja nicht seine stärke zu sein ;)

  33. Der gute Herr hat wohl den Nerv getroffen, sonst wäre die Aufregung nicht so groß. Die netwerker installieren – sogar manchmal unbeabsichtigt – ihr eigene Elite und benehmen sich auch so, wie man sieht und lesen kann. Alle kleine Guttenbergs……… smart, modern und am liebsten anonym, wenns ans Eingemachte geht.

  34. Ich würde den Fall Heveling nicht nur als symptomatischen Fall der CxU-NetzINkompetenz sehen oder gar als blosse Lachnummer breittreten. Herr Heveling vertritt durchaus bestimmte Klientel wie dieser Artikel sehr gut zeigt:

    http://www.gulli.com/news/18000-ansgar-heveling-nackenschmerzen-vom-kopfschuetteln-kommentar-2012-02-01

    Glücklicherweise scheint sein lobbyistiches Pamphlet ziemlich in die Hose gegangen zu sein! Trotzdem: Für mich ist Herr Heveling ein Wolf im Schafspelz.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.