EU-Telekom-Paket: Vorbereitung für eine dritte Lesung

Hier beschreiben wir mal etwas konkreter, wie auf EU-Ebene die nächsten und letzten Schritte beim Telekom-Paket aussehen werden und wie man da noch agieren kann.

Sobald der europäische Ministerrat die Änderungsanträge formal zurückweist, für die das europäischen Parlament in der zweiten Lesung abgestimmt hat, wird das Telekom-Paket in eine Beratungsphase übergehen. In dieser Verhandlung entscheidet ein Vermittlungsausschuss, bestehend aus jeweils 27 Repräsentanten des EU-Ministerrats und des EU-Parlaments, hinter verschlossenen Türen über das Schicksal des offenen, freien und neutralen Internets innerhalb der EU. Dieser Text soll Dir eine kleine Hilfestellung geben, um die Abläufe besser zu verstehen und dabei mitzuhelfen, offene und progressive Mitglieder des Parlaments dazu zu motivieren, an diesem Vermittlungsausschuss teilzunehmen.

Das Vermittlungsverfahren

Status des Paketes.

Die Prozesse dieser Vermittlungsverfahren sind in diesem offiziellem Dokument beschrieben.

Zusammengefasst:

Der Vermittlungsausschuss umfasst zum einen 27 Mitglieder des EU-Parlamentes, die in ihrer Konstellation das Verhältnis der Parteien im EU-Parlament widerspiegelt (11 EPP, 9 S&D (ehemals PSE/SPD), 4 ALDE (FDP), 1 Grüner, 1 E/NGL (Linke), 1 ECR (ehemals UEN)) + 27 Repräsentanten der Mitgliedsstaaten aus dem EU-Ministerrat (CoRePer, Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten bestehend aus ungewählten Diplomaten).

3 Vize-Präsidenten des EU-Parlaments (diese sitzen dem Ausschuss bei, zusammen mit dem betreffenden Minister Åsa Torstensson, dem Stellvertreter der schwedischen Präsidentschaft) + Rapporteure + Vorsitzende der Ausschüsse (ITRE / Industrieausschuss) + IMCO / Binnenmarkt&Verbraucherschutz-Ausschuss) sind Teil der Delegation des EU-Parlaments (Abgezählt nach den parteipolitischen Verhältnissen).

Nachdem die Änderungsanträge für die zweite Lesung des EU-Parlaments vom Rat abgelehnt wurden, bleiben maximal 6 Wochen Zeit (nach Übereinkunft sogar 8), bis der Vermittlungsausschuss ins Leben gerufen wird. Nach den letzten Angaben zu Folge ist es gut möglich, dass dies bereits Anfang Oktober passieren wird.

Das CODE-Sekretariat (mitenscheidende EU-Beamte) + Sekretäre der zuständigen Ausschüsse (ITRE und IMCO) spielen eine wichtige Rolle bei der Vereinfachung der Debatte. Die Beratungsgespräche sind offen für das Parlamentspersonal.

Zwischen den verschiedenen Sitzungen des Vermittlungsausschusses finden Triloge statt (Rapporteure für das EU-Parlament + Komission + der Rat in einer kleinen Formation).

Sie arbeiten an einem 4-Spalten-Dokument, dass zwischen dem EU-Parlament und dem Rat hin und her gereicht wird: Die erste Spalte ist die erste Lesung des Rates / die zweite Spalte ist die zweite Lesung des EU-Parlament / die dritte die Reaktion des Rates / die vierte stellt die Position des EU-Parlaments dar.

Der Vermittlungsausschuss hat 6 bis 8 Wochen Zeit, um eine Einigung über den endgültigen Text zu erzielen. Sollte sie es in diesem Zeitraum nicht schaffen, wird das ganze Paket abgelehnt. Wird jedoch eine Einigung erzielt, dann wird das Ergebnis der Vermittlungen in einer dritten Lesung dem Rat und dem Parlament präsentiert. Sollte eines dieser beiden Instanzen das Ergebnis ablehnen, wird der Vorschlag zurückgezogen. Im anderen Falle tritt es als neues Telekom-Paket in Kraft.

Umfang des Vermittlungsverfahrens

Der Vermittlungsausschuss stimmt darüber ab, über welche Teile der Richtlinien verhandelt werden soll und bestimmt damit praktisch über den Verhandlungsspielraum. Dies kann vom Änderungsantrag 138 (Änderungsantrag zum Schutz fundamentaler Bürgerrechte und Freiheiten, welcher in der zweiten Lesung die einzige Unstimmigkeit zwischen Rat und Parlament darstellte – konkret geht es um Internetsperrungen bei Urheberrechtsdelikten) bis hin zum ganzen Telekom-Paket reichen. Der Verhandlungsspielraum ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des endgültig vereinbarten Textes und damit entscheidend für die Zukunft des Internets und die fundamentalen Bürgerrechten.

Die Berichterstatterin Catherine Trautmann sagte in einer ITRE-Sitzung am 2. September, dass nur der Änderungsantrag 138 verhandelt werden würde. Nach ihren Angaben sollte Anti-Netzneutralitätsbestimmungen nicht noch einmal diskutiert werden. Der schwedische Minister für Informations- und Kommunikationstechnologien, Åsa Torstensson (HIER FEHLT) hat eine ähnliche Erklärung bei einem Interview in der schwedischen Zeitung DN abgegeben.

Es ist wichtig, dass die Verhandlungen die schädlichen Bestimmungen gegen Netzneutralität einbeziehen, die in der zweiten Lesung verabschiedet wurden, um sie aus dem Telekom-Paket zu entfernen.

Was muss jetzt getan werden?

Werdet aktiv und helft, Transparenz in diesen verschleierten Prozess zu bringen. Die fundamentalen Rechte und Freiheiten sollten nicht für private Interessent geopfert werden. Auch die Zweckmäßigkeit des europäischen Legislativprozesses sollte nicht maßgebend für die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs sein. Es ist sehr wichtig, dass:

Das Bewusstsein für das Thema Netzneutralität und die Grundrechte und Freiheiten der Nutzer weiter in den verschiedenen Mitgliedsstaaten steigt.

Bloggt und tweetet darüber, kontaktiert Journalisten, um mit ihnen darüber zu sprechen und dies mit anderen aktuellen nationalen Ereignissen in Verbindung setzen.

Ruft die Abgeordneten des EU-Parlamentes an, die in der Vergangenheit Unterstützer der bürgerlichen Grundrechte und Freiheiten waren und fordere sie auf, alles zu tun, um an den Vermittlungsausschuss teilzunehmen. Weise auf die wichtige Bedeutung dieser Themen hin und dass Artikel 20 und 21 der Universaldiensrichtlinie (als auch die anderen Artikel in dem Paket) extrem gefährlich und diskriminierende Praktiken sind.

In einigen Mitgliedsstaaten können nationale Parlamente die Mandate für die Vertreter des Landes im Ministerrat wählen. Damit können sie demokratisch entscheiden, welche politische Position das eigene Land einnimmt. Bürger der Mitgliedsstaaten sollten sich bereit machen, um die nationalen Parlamente zu informieren.

Dies Kampf ist extrem wichtig für die Zukunft unserer digitalen Gesellschaft. Wir müssen sicherstellen, dass Europa ein freies, offenes und neutrales Internet garantiert. Jeder, dem etwas am Internet liegt, sollte sich davon angesprochen fühlen und mitmachen!

(Dank an Chris und La Quadrature du Net für die Mitarbeit an diesem Artikel)

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

6 Ergänzungen

  1. Der schwedische Minister für Informations- und Kommunikationstechnologien, Åsa Torstensson (HIER FEHLT)
    Ich glaube, da fehlt was ;D

    Die fundamentalen Rechte und Freiheiten sollten nicht für private Interessent geopfert werden.
    Und da ist ein t zu viel :)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.