.org-VerkaufTransparenz à la ICANN

Nach breiter Kritik am geplanten .org-Verkauf hat die ICANN nun Dokumente veröffentlicht, die Einblick in den Deal geben. Dabei tauchen neue Fragen nach den künftigen Eigentümern sowie deren Unternehmensstrukturen auf.

Bei näherem Hinsehen bleiben viele Fragen offen – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Bud Helisson

Es gibt Neuigkeiten zum geplanten Verkauf der .org-Domain. Bereits im November 2019 wurde bekannt, dass die Internet Society (ISOC) die Zuständigkeit für die beliebte Top-Level-Domain (TLD) an die kurz zuvor gegründete Investmentgesellschaft Ethos Capital verkaufen möchte. Aus der Netz-Community kam damals viel Kritik, einer der Schwerpunkte war dabei immer wieder die fehlende Transparenz des ganzen Deals.

Die für die Vergabe von einmaligen Namen und Adressen im Internet zuständige ICANN hat nun am 11. Januar als Reaktion darauf Details zum geplanten Verkauf veröffentlicht. Aus dem Dokument geht hervor, dass die Public Interest Registry (PIR) nicht an Ethos Capital, sondern an ein Unternehmen namens Purpose Domains Direct, LCC (PDD) verkauft werden soll. Die PIR verwaltet die .org-TLD und ist bisher im Besitz der gemeinnützigen ISOC.

Geplante PIR Besitzverhältnisse nach Verkauf laut Veröffentlichung

Geschwärzte Namen und undurchsichtige Strukturen

Aus den veröffentlichten Dokumenten wird deutlich, dass Ethos Capital lediglich als Financier auftritt und Purpose Domains Direct der eigentliche Besitzer werden soll. Dies wirft jedoch weitere Fragen auf, da die Eigentümer von PDD in dem Dokument geschwärzt wurden. Laut golem.de ist PDD am Sitz einer auf juristische Dienstleistungen für Unternehmenskunden spezialisierten Firma gemeldet, weshalb man dort davon ausgeht, dass es sich bei PDD um eine Briefkastenfirma handelt.

Aus dem Dokument geht außerdem hervor, dass die PIR in eine LLC umgewandelt werden soll, was ungefähr einer GmbH in Deutschland entspricht. Laut der britischen Website „The Register“, die als erste über die Veröffentlichung berichtete, wirft diese deshalb letztendlich mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

Der Kampf geht in die nächste Runde

Des Weiteren ist der Widerstand gegen den Verkauf der .org-TLD an ein profitorientiertes Unternehmen ungebrochen. Vergangene Woche wurde bekannt, dass eine Gruppe von angesehenen Internet-Pionieren und Führungskräften aus dem Nonprofit-Bereich eine Alternative zum Angebot von Ethos Capital gemacht hat: eine gemeinnützige Genossenschaft.

Die Gründungsunterlagen für das neue Unternehmen, die Cooperative Corporation of .ORG Registrants, wurden vergangene Woche in Kalifornien eingereicht, wie die New York Times berichtet. Zwei prominente Mitglieder dieser Gruppe sind Esther Dyson, die Gründungsvorsitzende von ICANN und Katherine Maher, die Stiftungschefin der Wikimedia Foundation ist, der Muttergesellschaft von Wikipedia.

Es bleibt abzuwarten, wie ernst es die ICANN mit ihrer Transparenzinitiative wirklich meint und in welcher Form sie auf das neue Angebot eingeht. Die Veröffentlichung der Dokumente kann eigentlich nur der Anfang sein.

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