Deutschlandfunk: Die Kinder des Großen Bruders

Sehr interessant sind die Anmerkungen zur Datenschutzdebatte von Hans Leyendecker im Deutschlandfunk: Die Kinder des Großen Bruders.

Das Erstaunliche dabei ist, dass viele Bürger die Kapitulation der Privatheit schulterzuckend hinnehmen. Dabei ist es erst 24 Jahre her, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil Grundlegendes über das Recht auf Privatheit gesagt hat. Die Richter wandten sich gegen eine Gesellschaftsordnung, „in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß“. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, es steht nicht wortwörtlich in der Verfassung, aber es wurde von den Richtern vor mehr als 20 Jahren definiert. Der Bürger solle, so hieß es damals, nicht befürchten müssen, „dass abweichende Verhaltensweisen notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergeben werden dürfen“. Das Urteil stammt exakt vom 15. Dezember 1983. Aber die Frage, wer was wann und warum bei welcher Gelegenheit über jemanden in Erfahrung bringen will, klingt heute schon fast anachronistisch.

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2 Ergänzungen

  1. Vor 24 Jahren wurden die mehrseitigen Formulare noch mehr oder weniger zeitaufwändig von Hand ausgefüllt. Da sah man seine Daten, und hatte eine konkrete Vorstellung davon, wer sie bekam (die „große, mächtige“ Regierung eben). Der Nutzen der ganzen Aktion war eher abstrakt.
    Heute werden uns die Daten bei Verträgen, Registrierungen, Bestellungen, dem einen oder anderen Behördengang, etc. in kleinen Häppchen und mit einem immer erkennbaren „Gegenwert“ aus der Nase gezogen. Die allermeisten Menschen gehen davon aus, dass ihre Daten zumindest im Umfeld des anfragenden Geschäftsbereichs bleiben. Der dahinter liegende Handel mit persönlichen Daten ist zwar diffus bekannt, wird aber allenfalls mit ein paar zusätzlichen Werbezettelchen oder der einen oder anderen Spam-Mail in Verbindung gebracht. Kritisches Hinterfragen bei Abfrage privater Daten findet fast nie statt („ist ja klar dass man was angeben muss um was zu bekommen“), Schutzmechanismen wie PGP, Tor, etc. sind dagegen (z.T. auch mir) zu komlipiziert und auch unverständlich. Versuch mal bitte jemand Vater, Onkel, Mutter, Tante, Neffen, Kumpels, Nintendo- und Handy-Kids das Prinzip privater und öffentlicher Schlüssel zu erklären, und wie man sowas in seinem Betriebssystem einfach und elegant installiert. Aber so, dass sie´s auch tun. Viel Glück beim Versuch.
    Nein, hier müssen die Bürgerverbände, die Blogs, der CCC, (Netzpolitik), viel mehr Druck machen. Dann bekommen vielleicht auch die Medien mal den Hintern hoch, und unterstützen den Meinungsbildungsprozess mit ein paar kritischen Filmchen außerhalb von Arte (gern auch mal in den Tagesthemen, aber spätestens seit Tom Burow ist dort ein seltsam muffiges Mittelmaß eingekehrt). Dann bestünde eventuell die Chance, dass der eine oder andere Hersteller von Sicherheitstools auch mal ein wenig auf die Usability für die große Zahl der Durchschnittsuser schaut, oder die eine oder andere brauchbare Funktion in einem Betriebssystem integriert.
    Auf die Politik brauchen wir übrigens nicht zu warten. Dass dort kein Interesse an unserer Privatheit besteht, dürfte wohl auch der bildungsfernsten Schicht klar geworden sein.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.