“I’M the world!” – 1&1 Internet AG erhält den deutschen Document Freedom Award

Es wurde ja bereits über die Zensur bei Microsofts Chatprogramm berichtet. Daneben gibt es andere Probleme: Wer mit anderen bei Facebook chatten will, muss einen Facebook-Zugang haben. Wer mit anderen bei Microsoft Network (MSN) chatten will, muss einen MSN-Zugang haben. Genauso bei Skype, ICQ oder Yahoo Massenger. Gerade Facebook und MSN könnten das schnell beheben: Sie benutzen bereits den Offenen Standard XMPP, verbinden ihre Server aber nicht mit anderen XMPP-Servern. Gut, dass es Unternehmen gibt, die ihren Benutzern erlauben, mit anderen Menschen zu kommunizieren, ohne diese an ihren eigenen Dienst zu binden.

1&1, GMX und WEB.DE erhalten den deutschen Document Freedom Award 2012 für die automatische Integration Offener Standards. Der Preis wird von der Free Software Foundation Europe (FSFE) und dem Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII) verliehen.1&1 erhält den Preis für die automatische Bereitstellung des Offenen Standards XMPP für alle Kundinnen und Kunden ihrer Mailangebote. Der Document Freedom Award wird jährlich anlässlich des Document Freedom Day – dem internationalen Tag für Offene Standards – vergeben. Preisträger der letzten Jahre waren unter anderem tagesschau.de, Deutschlandradio, und damals noch das Auswärtige Amt.

Das Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP, früher Jabber genannt) ist ein Offenes-Standard-Kommunikationsprotokoll, welches zum Chatten verwendet wird. Eine Vielzahl von Chatprogrammen unterstützt das Protokoll. Jede Nutzerin einer Email-Adresse von 1&1, GMX und WEB.DE, erhält automatisch einen XMPP-Account mit demselben Namen wie deren E-Mail-Adresse.

Wie 1&1 können alle, die es wollen, einen eigenen XMPP-Server aufsetzen und ihn dazu bringen, sich mit anderen XMPP-Standard-fähigen Servern auf der Welt zu verbinden. Personen, die einen Account von 1&1 haben, können mit anderen Kontakten innerhalb und außerhalb des 1&1-Netzwerkes chatten und dabei einen beliebigen XMPP-Client verwenden. Sie können auch mit Kunden von anderen Unternehmen, die wie Google (mit Google Talk) XMPP unterstützen, chatten. Darüber hinaus gilt dies für alle Personen, die einen eigenen freien XMPP-Server betreiben. Wenn man hingegen Skype, ICQ, Facebook, Yahoo! Messenger oder Microsoft Network (MSN) verwendet, müssen alle Personen, die miteinander chatten wollen, dazu denselben Anbieter benutzen.

Peter Saint-Andre, Vorstand der XMPP Foundation dazu:

„Anders als geschlossene Dienste wie Facebook und Skype, hat 1&1 seit vielen Jahren eine Offene Verbindungsmöglichkeit mit dem Rest des Jabber/XMPP-Netzwerkes hergestellt. Ihnen gebührt ein Lob für die Unterstützung wahrlich freier Kommunikation durch die Nutzung von Internet Standards“

Torsten Grote (FSFE), hatte am Montag bereits ein Interview mit DRadio Wissen über „autarkes Chatten“ geführt (Audio, leider nur mp3).

Unterstützt wird der DFD dieses Jahr von über 34 Partner (z.B. auch Digitale Gesellschaft). Neben der Preisverleihung in Karlsruhe finden weltweit über 48 Veranstaltungen statt; in Deutschland z.B.:

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

16 Ergänzungen

  1. Ein wenig entschärfen kann man die Problematik bei dem ein oder anderen Anbieter ja mit den Transports die es gibt. Aber eine zufriedenstellende Lösung ist das auch nicht wirklich.

  2. XMPP finde ich wirklich schön bei denen. Nur einen Fehler darf man nicht machen: Niemals, niemals darf man ihren „Multimessenger“ installieren, da der Deine Kontaktliste mit schrecklichen Icons ausschmückt. Dass die Software über neue Mails informiert und die Info dazu nicht über XMPP empfängt, zeigt denn doch erheblichen Nachbesserungsbedarf.

    (Das war zumindest bei alten versionen so – wurde da nachgebessert?)

  3. Danke für diese Infos!
    Nur scheint der Link zur mp3-Datei von dradio.de defekt zu sein, es wird auf eine html-Seite mit .mp3-Endung verlinkt.
    Das Gespräch selbst habe ich jetzt aber auch nur über Audio on Demand bei dradio.de gefunden….

  4. Lustig, aber wieso bekommt Google den Preis nicht? Jeder Google Account erzeugt auch einen Xmpp Account. Google Talk ist reines Xmpp.

    1. Hallo Moritz, wir suchen immer Organisationen in Deutschland. Deshalb haben wir uns für 1&1 entschieden. (Außerdem hätte ich es komisch gefunden einen der Groß-Spender des DFD auszuzeichnen.) Aber ja, Google zeigt auch, wie man so etwas richtig machen kann. Nicht so wie Facebook oder MSN.

    1. Wie viele Millionen Benutzer hat dein selbst aufgesetzter XMPP-Server?

      Die Kunst ist nicht, den Dienst an sich bereitzustellen, sondern dass ein eigentlich gewinnorientiertes Unternehmen von sich aus, ohne konkrete Gegenleistung, diesen Dienst für alle seine Kunden (ok, für alle Kunden mit E-Mail-Adresse) anbietet.

  5. Kann dem nur zustimmen, habe heute die letzten beiden wichtigen ICQ Kontakte zum offenen XMPP gebracht, Account war ja dank gmx/web.de vorhanden :).

  6. Und wie genau kann ich das jetzt nutzen? Ich besitze Accounts bei all diesen Anbietern, aber wüsste jetzt nicht wie ich diesen Messaging-Service nutzen kann. Kann man dazu extern etwas herunterladen? Was kann ich meinen Freunden empfehlen, die das auch nutzen möchten?

    1. Du brauchst ein Chatprogramm wie zum Beispiel Pidgin (Linux, Windows), Miranda-IM (Windows) oder Adium (Mac).
      Dort fügst du einfach ein neues XMPP Konto hinzu, wobei du als Domain web.de bzw. Entsprechendes angibst.
      Als Benutzernamen nimmst du den Teil vor dem @ in deiner E-Mailadresse, Passwort ist das gleiche wie für den E-Mailzugang.

      Dann kannst du Kontakte hinzufügen indem du dir ihren XMPP-Handle (sieht wie eine E-Mailadresse aus – Schema jabberuser@jabber.org) geben lässt.

      Viel Erfolg!

      1. Ahja, von Jabber/Pidgin etc. hatte ich schon gehört. Dann werde ich mich da mal einlesen. Danke!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.