KDE / Wikipedia Partnerschaft auf dem LinuxTag präsentiert

Free Knowledge for a free Society

Zur Eröffnung des Freien Vortragsprogramm hielt Jimmy Wales, Gründer der Enzyklopädie Wikipedia die Keynote. Diese führte in Wikipedia ein und schlug eine Brücke von der Freien Software Bewegung hin zur Bewegung des Freien Wissens.

Wikipedia ist am erfolgreichsten in europäischen Sprachen. Mehr als eine halbe Millionen Artikel mit über 200 Millionen Wörtern hat mittlerweile die englische Ausgabe. Damit ist sie grösser als die „kommerziellen“ Enzyklopädien Britannica und Encharta zusammen. Die deutschsprachige Ausgabe schafft in den nächsten Tagen den Sprung über 250000 Artikel und ist damit gleich gross wie Brockhaus. Das ist im Allgemeinen etwas verwunderlich, weil deutsch nur in Mitteleuropa gesprochen und geschrieben wird. Weit verbreitete Sprachen wie Spanisch oder Portugiesisch (u.a. Brasilien) sind derzeit bei knapp über 50 000 Artikel. Sprachen wie Hindi und Arabisch sind hingegen noch steigerungsfähig: Gerade 3300 Artikel fasst derzeit die arabische Version, die Hindu-Version gar nur 1500. Hier sind vor allem in der Zukunft grosse Steigerungsraten möglich, wenn die digitale Spaltung in diesen Ländern verringert wird.

Mehr als 70 Servers stehen weltweit der Wikipedia zur Verfügung. Die ganze Infrastruktur basiert auf Freier Software und wird von einer Community von Freiwilligen gewartet. Helfer werden immer gesucht, allerdings bekommt man verständlicherweise erst Root-Zugang, wenn Vertrauen aufgebaut wurde. Eine Möglichkeit dazu ist, im IRC bei Wikipedia „abzuhängen“ und mit zu diskutieren.

Um das Entwicklungs-Modell von Wikipedia zu verdeutlichen, verglich Jimbo Wales das „Emergent-Modell“ mit dem „Community-Modell“. Ersteres wird bei Seiten wie Ebay, Amazon oder Slashdot verwendet. Es ist eher eine TopDown Kommunikation, wo die Nutzer klein und ohne Macht sind und nur Punkte zur Reputation gegenseitig vergeben können. Das „Community-Modell“ ist dem überlegen, da Reputation durch Soziale Interaktion entsteht. Die Nutzer müssen sich gegenseitig respektieren, eine neutralen Standpunkt finden und haben sehr viel Macht.

Die deutsche Wikipedia-Community besteht aus mehr als 3200 aktiven Schreibern. Ca. 450 von denen gelten als sehr aktiv. Insgesamt 9% aller registrierten User sind für 90% der erzeugten Artikel verantwortlich. Gar 212 User sind für mehr als die Hälfte der Artikel verantwortlich.

Das wichtigste Prinzip der Wikipedia ist Freies Wissen. Die Free Document Licence verhindert, dass jemand die gemeinschaftlich erzeugten Texten in seinen Privatbesitz bringen kann. Wie bei Freier Software sorgt die Lizenz dafür, dass alles erzeugte Allgemeineigentum wird und damit allen frei zur Verfügung steht. Auch wenn viele es nichts glauben können – das Prinzip funktioniert. Gerade dadurch werden Menschen motiviert, ihre Freizeit dafür einzusetzen, die Wikipedia zu erweitern. Die FDL-Lizenz sorgt dafür, dass selbst bei kommerziellen Nutzungen der Name „Wikipedia“ weiter verbreitet und somit das Projekt populärer wird. Ohne Namensnennung des Urhebers, bzw. in diesem Fall Wikipedia als Projekt, wird ein Urheberverstoss begangen.

Das zweite Hauptprinzip ist der neutrale Standpunkt, da in dem offenen Projekt viele unterschiedliche Meinungen zusammenkommen. Es wird zur Not solange über einzelne Punkte debatiert, bis man eine für alle zufriedenstellende Fassung bekommen hat.

Wikipedia und KDE Partnerschaft

Eine Weltneuheut, die präsentiert wurde, ist eine Partnerschaft zwischen der Wikipedia-Community und dem KDE-Projekt. Das KDE-Projekt hat die populärste grafische Oberfläche für Linux und Unix geschaffen, die mittlerwiele in der Version 3.4 vorliegt und die ich auch verwende. Die Basis für die Partnerschaft ist ein Austausch von APIs, den Programmierschnittstellen. Wikipedia stellt seine Webservices-API, basierend auf dem Offenen Standard SOAP, zur Verfügung und KDE erstellt eine native-API für Wikipedia. Ein grösseres Problem für das Offline-Lesen der Wikipedia war bisher, dass für einige Betriebssysteme keine Freie Software zur Verfügung stand. Es gibt zwar die Wikipedia-DVD, allerdings wird diese von einem Verlag herausgebracht, der die dazu passende Software in seinem Eigentum hält und wohl nur für Linux als Freie Software zur Verfügung stellt.

Dieses Problem soll jetzt durch die Partnerschaft und den KDE-Entwicklern und die APIs gelöst werden. Desktop-Nutzern soll ein Zugang zur Wikipedia gewährt werden, der über das Browsen auf den Wikipedia-Seiten hinaus geht. Knowledge heisst der derzeitige Arbeitstitel für den Offline-Browser. Dieser soll bei einer Internetverbindung Änderungen automatisch herunterladen. Gut möglich sind damit auch Linux-Distributionen, die zugleich mit KDE eine Momentaufnahme von Wikipedia mit liefern.

Der KDE-Medienplayer amaroK hat jetzt schon eine Schnittstelle zur Wikipedia integriert. Beim Abspielen von MP3s einer Band werden gleichzeitig, wenn vorhanden, die Wikipedia-Artikel zu Album, Künstler und Titel angezeigt.

Mögliche weitere Projekte könnten die Integration von Wikipedia in KStars sein, dem KDE Planetorium. Informationen zu Sternen und Astronomie könnten so direkt in das Programm integriert werden. Viele weitere Projektkooperationen sind möglich. Globepedia ist eine weitere Idee, um länderspezifische Informationen in das Kartentool zu integrieren. Dazu bietet sich noch Kalzium, eine Chemie-Applikation an, oder die Integtration von historischen Verweisen zu jedem Tag direkt in den Kalender, bzw. die Verwendung des Fremdwörter-Projektes Wictionary in alle möglichen Projekte.

Feedback und Helfer werden für alles gesucht. Das ganze ist eine echt coole Sache und wird einige
Auswirkungen auf die Entwicklung einer freien und offenen Wissensgesellschaft haben.

Jetzt ist auch unsere Pressemitteilung in Kooperation mit Wikipedia und KDE veröffentlicht:
LinuxTag: Partnerschaft zwischen Wikipedia und KDE vorgestellt

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5 Ergänzungen

  1. Superinteressantes Thema. Wann ist dann in Knoppix das alles eingebaut? ;-)
    —-
    Ich will´s ja nicht übertreiben – aber es gibt dort oben ´ne MENGE Schreibfehler.

  2. Ist mir schon bewusst. Ist auch live mitgebloggt. Sobald wir die offizielle Pressemitteilung dazu in Kooperation mit Wikipedia und KDE fertig haben, finde ich auch etwas Zeit, die Flüchtigkeitsfehler zu entfernen.

  3. Auch der IRC-Client konversation hat schon wikipedia-Links integriert.

    Eine falsche Information: Der Linux-Reader für die Wikipedia-DVD wurde von DirectMedia schon vor einiger Zeit als OpenSource freigegeben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.