Anna Biselli Ich habe auf Aufnahme gedrückt und ich hoffe, alles funktioniert. Hallo Fio, was machst du gerade? Lucas Fiola Hallo, ich bin das erste Mal hier im Podcast und ich glaube relativ frisch im Netzpolitik.org-Team. Anna Biselli Und Daniel, woran arbeitest du gerade? Daniel Leisegang Ich bin gerade halb durch mit Kommentaren zum Medizinregistergesetz. Das klingt langweilig, es steckt aber eine Menge drin. Anna Biselli Okay, damit hallo und herzlich willkommen zu OffOn, dem Podcast von Netzpolitik.org. Heute mit einer Folge Off the Record. Das heißt, wir nehmen euch mit hinter die Kulissen von Netzpolitik.org. Ich bin Anna Biselli. In dieser Ausgabe lernt ihr Fio kennen, der neu im Team ist und unseren Auftritt in Social Media aufmöbelt. Außerdem dabei ist Daniel, der uns von seinem Besuch auf dem Digitalgipfel erzählt. Aber bevor wir ans Eingemachte gehen, kommen wir zur ersten Rubrik unseres Podcasts, den Hausmitteilungen. Und da gibt es heute gar nicht so super viel zu sagen. Ich glaube, das Wichtigste in Bezug auf die nächsten Wochen ist, dass falls auch ihr sowie größere Teile unseres Teams in Hamburg auf den 39C3 geht, dass ihr uns da treffen könnt. Zum einen halten einige Menschen von uns Vorträge, beispielsweise Chris erzählt was zu ihren Recherchen über Ausländerbehörden, Konz wird einen Vortrag halten, andere Leute sind auch da. Vielleicht gibt es auch einen Podcast auf dem Kongress, das kündigen wir euch noch extra an. Und wahrscheinlich wird es auch wieder ein Leserinnen-Treffen geben, den Termin dazu findet ihr dann in der Programmvorschau, die wir kurz vor Weihnachten veröffentlichen. Und die zweite Hausmitteilung, die ist so halb Haus, halb Raum Mitteilung. Wir sind heute zum ersten Mal mit Kameras im Raum. Also ihr kennt ja vielleicht dieses Selfie, das wir öfter vergessen als machen, das wir vorm Podcasten immer machen wollen und dann manchmal doch nicht machen. Dieses Mal können wir das nicht so richtig vergessen, weil wir sind umgeben von zwei Kameras. Und vielleicht seht ihr dann Ausschnitte, wie wir hier versuchen, konzentriert einen Podcast zu machen, auf Social Media und vielleicht ja auch im Text auf der Seite. Mal schauen, je nachdem, wie es wird. Wir probieren das mal aus. Das waren aber schon die Hausmitteilungen. Wir kommen zum Thema des Monats, nämlich, ich habe es schon gesagt, dem Digitalgipfel, der dieses Mal nicht Digitalgipfel hieß, sondern, wie hieß der Daniel? Daniel Leisegang Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität. Ich habe es, glaube ich, mehrfach falsch geschrieben, bis ich es endlich mal drin hatte. Anna Biselli Und für Menschen, die jetzt vielleicht noch nicht so viel mit Digitalgipfeln oder Gipfeln zur europäischen Souveränität zu tun hatten, was ist das? Daniel Leisegang Ja, das ist eigentlich was Neues und was Altes zugleich. Also die vergangenen Jahre gab es immer den Digitalgipfel, der fand in verschiedenen Städten statt. Ich glaube seit 2006, wenn ich so aus dem Kopf krame. Wir waren noch bei einigen und die Zivilgesellschaft war auch eingeladen, aber in der Regel war das so ein Schaufenster, Bühnenspektakel, wo dann alles aufgefahren wurde, was in den Ministerien gerade in Planung ist zum Digital Großthema, Querschnittsthema heißt es ja immer. Und jetzt aber ein Novum. Also der Gipfel in diesem Jahr war zum ersten Mal transeuropäisch, mag man fast sagen. Also er wurde gezogen von einer deutsch-französischen Lokomotive, besetzt von Merz und Macron. Und das Thema war digitale Souveränität, eben ausgelöst durch die US-amerikanische Debatte mit Blick auf Trump und wie man damit umgeht und darauf reagiert. Anna Biselli Okay, aber war das jetzt eher so eine Lokomotive, so Deutsche Bahn mäßig, so mit Weichenstörungen und Zugausfall oder war das eher so, also was war das für eine Lokomotive? Daniel Leisegang Also es kam viel Rauch raus, das auf jeden Fall. Und ein bisschen heiße Luft, aber eben nicht nur. Und das macht es inhaltlich tatsächlich auch sehr spannend, weil dort eben auch angekündigt wurde, dass man jetzt endlich ins Machen kommen wollte und das eben gemeinsam macht. Und da haben beide sehr abgestimmt und auch die MinisterInnen, die dort vor Ort waren, sehr abgestimmt den Weg geebnet, was eben einen Tag drauf dann auch verkündet wurde in der EU, der digitale Omnibus, über den wir auch sehr breit berichtet haben. Im Grunde genommen haben sie angekündigt, wir wollen jetzt mal richtig der Wirtschaft die Leinen ablegen, damit sie endlich loslegen kann. Thema KI bis Quantenforschung, ich weiß nicht was. Und da ging es dann hauptsächlich darum, den Weg zu bereiten für die Deregulierung und die verschleppte KI-Verordnungsumsetzung, die dann am nächsten Tag von der Kommission verkündet wurde. So würde ich das Programm da lesen. Anna Biselli Okay, aber was sind denn da für Leute? Also wie viele Leute sind da? Da stehen da nur Menschen im Anzug auf einer Bühne und erzählen wichtige Sachen. Also wenn man das jetzt so gar nicht vor Augen hat, wie sieht es denn da aus? Was macht man da den ganzen Tag? Du warst ja den ganzen Tag da. Daniel Leisegang Ich war den ganzen Tag da. Es ist vorne ein großes Zelt aufgebaut, da geht man erstmal rein, da gibt es eine Sicherheitsüberprüfung, sehr umfassende Art. Dann kommt man rein und da gibt es dann mehrere Räume mit großen Bühnen, Zuschauerraum. Alles sehr neonfarben, bunt, ausgeleuchtet, es wirkt sehr professionell. Und es sind viele Anzugträgerinnen und Blazer- und Hosenanzügeträgerinnen vor Ort, das schon. Und es gab dann auch eine Ecke, da hat sich die Zivilgesellschaft versammelt. Die war weniger auf den Bühnen vertreten als vielmehr im Zuschauerinnenraum. Das war in den vergangenen Jahren zumindest das Bemühen gleich groß. Aber ich würde auch sagen, da waren dann mehr Menschen auf der Bühne, die aus der Zivilgesellschaft waren. Diesmal wirklich Vertreterinnen der Kommission, großer Tech-Unternehmen, Telekom, Schwarzgruppe, KI. Start-ups bis Großunternehmen. Also es war, man hat sich die Hände gereicht, man hat gesagt, wie wichtig es ist, dass es jetzt endlich losgeht und am Ende wurde skarniert durch den Auftritt eben auch sehr pompös tatsächlich, also groß mit Flaggen im Hintergrund und Pressekonferenz, zwei Keynotes von Macron und Merz, die dann eben auch da nochmal ganz klar sagten, was jetzt Programm sein soll. Anna Biselli Okay, aber welche Rolle hat denn jetzt, wir haben ja jetzt zum ersten Mal so einen richtigen, also einen vorrangigen Digitalminister und nicht mehr einen Verkehrsdigitalminister oder irgendwas mit Digitalminister. Was hat der da für eine Rolle gespielt? Weil wenn ich so jetzt irgendwie erstmal höre, Digitalgipfel oder Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität, dann denke ich mir ja, der ist ja dann bestimmt auch, spielt ja auch eine Rolle. Und jetzt sagst du, okay, Macron und Merz, aber was ist denn da passiert? Daniel Leisegang Eigentlich war das Programm zweigeteilt. Also den Vormittag hatten die Digitalministerin das Wort, also die französische Amtskollegin von Carsten Wildberger war da, er persönlich war da. Die haben erstmal Vorträge und Pressekonferenzen gegeben und am Nachmittag war dann eher noch, wenn man so will, die Dramaturgie so gebaut, dass dann eben die Regierungschefs dann nochmal vor Ort waren, beziehungsweise der Präsident aus Frankreich. Und ich hatte den Eindruck, dass sie unisono alle in die gleiche Richtung schon argumentierten. Also Deutschland, Frankreich ziehen nicht immer an dem gleichen Strang, aber an dem Tag war es schon so, dass sie insgesamt eben die Botschaft ausgegeben haben, jetzt geht's los, die Regulierung müssen wir jetzt kappen, damit wir loslegen können. Frankreich hat das eher aus der Perspektive gemacht, wir müssen jetzt unsere nationalen KI-Firmen fördern. Deutschland hat das eher im Sinne gemacht von, wir müssen gleich im Wettbewerb global mitziehen können. Und man traf sich halt auf der Ziellinie, würde ich sagen, indem es eben darum geht, was dann eben am nächsten Tag verkündet wurde, nicht wie Macron und Merz das wollten. zwölf Monate Verzögerung der KI-Verordnung, sondern die Kommission hat dann sogar 16 vorgegeben, bis zu 16 Monate. Das heißt, ja, es war letztlich ein Programm. Also solche Konferenzen, ich frage mich dann immer, wenn ich auf solchen Konferenzen bin, wofür sind die eigentlich gedacht? Und ich würde sagen, sie sind dafür gedacht, damit die Medienvertreterinnen die Bilder liefern, um dann eine politische Botschaft in der Tagesschau zu versenden, wenn man es mal so auf einen Punkt bringen will, würde ich sagen. Anna Biselli Perfekte Überleitung, Daniel. Du warst ja zwar nicht in der Tagesschau, Aber du warst ja auch eine dieser Medienvertreterinnen, die Botschaften gesendet haben und zwar für Phoenix. Wie lief das denn ab? Du hast ja mehrmals am Tag Dinge in Kameras gesagt. Daniel Leisegang Ja, das kam relativ überraschend. Phoenix hatte am Vortag angerufen und gefragt, ob ich bereit wäre, die Pressekonferenzen einzuordnen. Also die hatten Interesse daran, dass jemand vor Ort ist und dann eben, wenn die Pressekonferenzen der Digitalministerin waren oder eben der Regierungschefs des Präsidenten des Französischen, dass man dem beiwohnte und dann schnell rausrannte zu der Kamera, die da den ganzen Tag aufgebaut war mit einem armen Kameramenschen, der wirklich den ganzen Tag bitterlich froh. Der kam nämlich nicht rein, das war das Problem. Also der Kameramann stand die ganze Zeit vor dem Gebäude. Ich habe dann ab und zu einen Kaffee vorbeigebracht und ihm versucht, gute Laune zu machen. Aber im Grunde stand er wirklich die ganze Zeit neben seinem Auto oder saß im Auto Gott sei Dank dann auch und hat darauf gewartet, dass eben die großen Herrschaften dann irgendwann vor die Kamera traten, sagten, damit er die Kamera anschalten konnte. Dann wurde die Leitung, vermutlich nach Bonn, ich weiß gar nicht, wo Phoenix genau sitzt, Köln, Köln vermutlich sitzt, dass die dann gelegt wurde und dann wurden drei Fragen gestellt und dann habe ich das einordnen dürfen. Anna Biselli Ja, wir haben das hier verfolgt. Ich weiß noch, nachdem du mittags gesagt hast, dass es so kalt war, haben wir dann irgendwie abends nochmal geguckt und du hattest dann tatsächlich so eine rote Nase und wir hatten so das Gefühl, es könnte auch auf einem Weihnachtsmarkt aufgenommen sein, weil es war dann schon so dunkel und im Hintergrund waren so verschwommene Lichter, die hatten auch Buden Ich fand das von der ganzen Stilistik her ganz spannend. Aber nochmal zurück zum Inhalt, was ich glaube, der vorletzte Digitalgipfel, auf dem ich war. Ich glaube, das war der in Jena. Da war ich selber auf so einer Diskussionsbühne und da erinnere ich mich noch daran, da hat dann ein Mensch aus einem, nach seinen Angaben, mittelständischen Unternehmen, hat dann irgendwie gefordert, also hat sich aus dem Publikum gemeldet und hat dann gefordert, ja man müsse doch das mit der Regulierung jetzt endlich mal sein lassen und man soll erst mal die Produkte machen und erst mal loslegen und dann hinterher regulieren. Und damals hatte ich das Gefühl, ja es gab vielleicht ein paar Menschen in einer ähnlichen Situation wie er, die das irgendwie gut fanden, aber ich hatte eher das Gefühl, das war so ein bisschen so ein betretenes Schweigen und das fand man jetzt nicht so konsensfähig. Zumindest war das damals meine Wahrnehmung. Und jetzt stellt sich da der Digitalminister hin und sagt selber, was hat er gesagt, Product First oder so? Daniel Leisegang Regulation Second kann sein. Anna Biselli Regulation Second. Also das war so eine Losung, ich weiß nicht, was die genauen Worte waren. Und das fand ich schon irgendwie ziemlich krass, dass man jetzt innerhalb von wenigen Jahren von sowas, was man zwar fordern kann, wo man jetzt aber auch nicht irgendwie so eine fruchtbare Diskussion drum hat, zu so einem, weiß ich nicht, so dem politischen Claim irgendwie kommt. Und das finde ich schon so ein bisschen schwierig. Und ich frage mich dann auch immer so, weiß ich nicht. Das heißt ja auch, dass man selber in seiner Rolle als Digitalminister oder als welcher Minister auch immer man gerade ist, dass man selber diesen Gestaltungsspielraum mehr oder weniger komplett an die Wirtschaft abgibt und dass man sich überhaupt nicht mehr fragt, wie will man denn, dass so eine digitale Welt funktioniert, sondern man lässt erst mal laufen und dann guckt man sich im Nachhinein die Probleme an. Ich fand das irgendwie sehr bedenklich tatsächlich. Daniel Leisegang Also wenn man Carsten Wildberger auf der Bühne sieht oder auch in Interviews liest, was er so sagt, er ist einfach sehr, sehr fest davon überzeugt, dass KI einen großen Vorteil für uns alle bringen wird und auch ein enormes Wachstumspotenzial birgt. Und die Unternehmen machen da gehörig Druck. Und was spürbar wurde gerade auch so zum Ende des Tages, ist die geopolitische oder die geoökonomische Zwangslage, in der man sich da offenbar sieht. Also eingefärcht zwischen den USA auf der einen Seite und China auf der anderen Seite, versucht Europa eben nicht mehr, ich würde sagen, mit einem alternativen, eher datenschutzgestärkten Modell sich dort zu platzieren, sondern tatsächlich mitzulaufen. Also als wäre man in einem Rennen schon eine halbe Runde abgeschlagen und müsste man jetzt nochmal alles geben, alles reinpumpen, alle Kräfte entfesseln, die der Markt gerade zur Verfügung hat, bloß nicht hemmen. Und dann könnte man dieses Rennen noch gewinnen. Und ich fand, das wurde im Laufe des Tages immer klarer, dass dort einfach eine Abkehr und sogar eine Umkehr von dem risikobasierten Regulationsmodell, was die KI-Verordnung ja war, die wurde ja explizit im Vorfeld diskutiert und ins Leben gerufen, weil man sagte, wir wollen die Risiken bändigen, bevor sie überhaupt Wirkung zeigen. Und jetzt dreht man praktisch auf dem Absatz um und rennt in die entgegengesetzte Richtung. Und ich glaube, das ist wirklich diese Mischung aus KI, Zauberbude, wird alles wunderbar neu machen und wir müssen in diesem Wettrennen unbedingt mithalten, koste es, was es wolle. Und das wird auch so gesagt, das wird ganz explizit gesagt und das fand ich schon sehr deutlich und relativ erschreckend, mit welcher Einhelligkeit das da vertreten wurde. Anna Biselli Okay, Fio, du hast die Gelegenheit. Was wolltest du schon immer mal über den Digitalgipfel zur europäischen Souveränität wissen? Hält dir eine Frage ein? Lucas Fiola Wenn ich so spontan darüber nachdenke, dann frage ich mich tatsächlich, wie kann dieser Glaube daran, dass jetzt so ein Rennen noch zu gewinnen sei, in dieser Form artikuliert werden, wenn wir eigentlich wissen, ein Europa, was so divers aufgestellt ist, was auch Regulierung angeht, ich meine alleine ein einheitliches Policy Paper zu entwickeln, was irgendwie für ganz Europa gilt, ist quasi unmöglich. Wie soll ein Rennen gewonnen werden gegen eine USA, die praktisch der Regulierung den Kampf angesagt hat und alles den privaten Tech-Unternehmen überlässt? Daniel Leisegang Ja, das ist eine gute Frage und das war auch, ich weiß noch, mittlerweile ist die Debatte so ein bisschen abgeebbt, aber damals oder also vor wenigen Wochen, als der Gipfel stattfand, war ja noch das große Thema KI-Blase kam ja noch oben drauf. Also du hast völlig recht und das war ja damals die Frage, ist das eine Sache von Tagen, Wochen oder noch Monaten, bis sie platzt, aber alle sind sich einig, sie wird platzen. Und dann stellt sich eine Riege an PolitikerInnen auf die Bühne durchweg zusammen mit UnternehmensvertreterInnen und sagt, das Ding muss jetzt passieren und mit voller Kraft und ich weiß es nicht. Ich kann mir das nicht erklären. Lucas Fiola Ich habe so ein bisschen das Gefühl, erinnert ihr euch noch an diese Debatte rund um Flugtaxis und Bavaria One und deutsche Innovation? Anna Biselli Darüber konnte man besser lachen. Lucas Fiola Genau, da konnte man besser drüber lachen, aber letzten Endes fühlt es sich ähnlich an. So unglaublich weltfremd und auch realitätsverweigernd. Daniel Leisegang Ja, es ist sogar noch mehr als damals. Ich erinnere mich manchmal an die Debatte um Blockchain. Blockchain war auch so ein Zaubermittel, was überall als Gewürz dazukommen musste und obendrauf. Das ist sogar nochmal eine Spur härter. Also wirklich nochmal, das ist das Allzweckmittel, was jetzt tatsächlich uns alle erretten soll. Das ist wirklich der feste Glaube und das wird auch nicht mehr sachlich diskutiert. Da geht es nicht mehr darum, was sind Rechenzentren, was brauchen wir tatsächlich, welche Folgekosten hat das und ganz zuletzt die Frage, ist das überhaupt gesellschaftlich gewünscht, ist das sinnvoll, das kommt da alles nicht mehr vor. Dafür ist kein Raum, der ist nicht gewollt. Anna Biselli Okay, Überleitung hart, aber ich greife das Wort auf Raum. Wir gehen über zur nächsten Kategorie, der Maschinenraum. Total elegant. Bevor wir in den großen KI-Rand einsteigen und dann nicht mehr rauskommen, dann wird es nämlich nichts mehr mit der Folge, die halbwegs eine halbe Stunde lang sein soll. Genau, Maschinenraum, das ist die Kategorie, in der wir darüber erzählen, was gerade so intern bei Netzpolitik.org passiert und was uns besonders beschäftigt. Es gab ein weiteres Stichwort Wettrennen, beziehungsweise wir machen ein Wettrennen gegen das Jahresende und gegen das Jahresende rennt unser Spendenbalken, der euch vielleicht schon aufgefallen ist, falls ihr in den letzten zwei, drei Wochen, würde ich sagen, unsere Seite besucht habt. Weiß jemand von euch gerade, wie der Spendenbalken steht? Daniel Leisegang Ich glaube 39 Prozent. Lucas Fiola Ja, also als ich das letzte Mal gesehen habe, war knapp so zwischen 35, 36 Prozent. Wahrscheinlich ist er jetzt ein bisschen höher. Ich glaube heute Morgen waren 38, 39, irgendwas in der Richtung. Anna Biselli 39 stimmt, wir haben den 11. Dezember 15.12 Uhr. Der Spendenbalken steht bei 39 Prozent. Das ist in Geld ausgedruckt. Uns fehlen noch ungefähr 270.000 Euro bis zum Jahresende, um unsere Arbeit gut zu finanzieren. Und da seid ihr alle aufgerufen, uns zu unterstützen. Das kann man wie üblich machen unter netzpolitik.org.spenden oder dieses Jahr auch unter der Kampagnen-Domain. Und da kommt Fios Einsatz, nämlich netzpolitik.org.digitalfights. Genau. Und was hat es mit Digital Fights auf sich, Fio? Lucas Fiola Ich glaube, dieser Slogan, we fight for your digital rights, der begleitet Netzpolitik ja schon seit Jahren und Jahrzehnten. Das habe ich mir zumindest sagen lassen. Und dieses Motto ist ja so aktuell und wichtig wie eigentlich zu Gründungszeiten. Und in diesem Rahmen haben wir die Überlegung gehabt im Kampagnenteam, wie geht es weiter und wie kann man vor allen Dingen nach einer sehr, sehr starken und bunten und aussagekräftigen Kampagne im letzten Jahr jetzt darauf aufbauen. Und daher kam die Idee, wir befinden uns in Digital Fights. Wir haben große Debatten und Abwehrkämpfe geführt. Dieses Jahr war die Chatkontrolle wieder so omnipräsent wie lange nicht mehr. Wir haben große Leaks durch die Data Broker Files aufgearbeitet. Und man hat das Gefühl, ja im digitalen Raum passiert gerade vieles zum Negativen. Und in diesem Rahmen haben wir dann gedacht, wir können ja diese ganzen einzelnen Abwehrkämpfe, die wir da führen, auch in verschiedene Worte packen, die eigentlich die Diversität und Breite, was Netzpolitik.org ausmacht, beschreibt. Und daher kam dann diese Idee, Wortspiele daraus zu machen. Also Digital Fights, aber auch Digital Riots oder Digital Roots. Wo kommen wir her? Stichwort Dezentralisierung und Fediverse. Welche Alternativen gibt es zum Status Quo? Aber auch Digital Lights, also welche besonderen Herausstellungsmerkmale gibt es? Und daraus entstanden diese ganzen Wortspiele rund um Digital Fights. Und ich glaube, das ist im Augenblick die Kampagne und die greift so ein bisschen die Arbeit der letzten Jahre, aber auch Jahrzehnte auf. Anna Biselli Genau und auch in dieser Kampagne könnt ihr euch natürlich total ernste und überhaupt nicht unterhaltsame Videos von uns angucken, wie wir uns sehr ernst nehmen dabei darüber zu reden, wie wir so arbeiten. Dieses Jahr gibt es ja ein besonderes Setting in den ganzen Videos, das eher so ein Verhör-Setting ist. Wie kam es denn zu der Idee? Weißt du das noch? Lucas Fiola Ja, das war letzten Endes tatsächlich eine Überlegung, wie schaffen wir es, unsere Arbeit zu präsentieren, ohne dass man am Ende den klassischen Erklärbär hat, der erklärt, ja, weil liebe Leute da draußen, Chatkontrolle ist ein Problem und wir müssen das euch erklären, sondern wir wollten davon wegkommen und gleichzeitig ein Szenario schaffen, in dem unsere RedakteurInnen die Chance bekommen, ihre Arbeit auch selbstständig zu präsentieren. Und da dachten wir eben, wo kann man das machen, als in einer dystopischen Zukunft, in der es letzten Endes darum geht, was wäre, wenn es Netzpolitik.org nicht gäbe. Und da haben wir dann eine ominöse Autorität geschaffen in Form einer selbstgebauten Kamera und die führt dann sehr kritische Dialoge mit unseren RedakteurInnen über die jeweiligen Themen. Anna Biselli Ein Teil der Kamera ist quasi auch historisch und falls ihr sie erkennt, dann schreibt uns bitte eine E-Mail an postcast.netzpolitik.org. Ihr bekommt dann ganz besondere Anerkennung. Ich bin gespannt, ob jemand die Kamera in den Videos noch von früher erkennt. Wie war denn das für dich? Du bist ja noch gar nicht so lange im Team. Wie lange bist du jetzt? Lucas Fiola Ich bin seit Anfang September dabei. Anna Biselli Anfang September. Und du bist ja ins Team gekommen, um uns dabei zu unterstützen, unsere Social-Media-Arbeit überhaupt mal auf den Gleis zu bekommen, weil wir da glaube ich alle nicht so besonders Spezial-ExpertInnen sind. Wie war denn das für dich überhaupt, in das Team zu kommen? Und wir sind jetzt, würde ich sagen, fast alle nicht so diese klassischen Social-Media-Auskenner. Hattest du das Gefühl, das ist irgendwie schwierig, irgendwie zu vermitteln, dass man sich darum auch kümmern muss? Oder was war dein Eindruck? Lucas Fiola Tatsächlich nicht. Ich habe natürlich gemerkt, dass es eine große und sehr berechtigte Skepsis gibt. Ich bewege mich da ja quasi mit meiner Arbeit in einem quasi alltäglichen Widerspruch. Irgendwo stehen wir vor dieser Notwendigkeit, über Social Media Leute zu erreichen mit aber letzten Endes einer starken Kritik an Plattformmonopolen etc. Und natürlich gibt es bei einigen RedakteurInnen Vorbehalte Instagram zu nutzen als Plattform. Selbstverständlich und ich meine, alle können das nachvollziehen. Und ich glaube, wenn man dann anfängt, so eine Plattform dann aber zu relativieren und zu sagen, aber wir müssen da trotzdem hin, dann ist man ganz schnell in Grundsatzdiskussionen, die natürlich auch ein bisschen um die Identität von Netzpolitik.org sich kreisen. Und wenn du da neu dazukommst, dann gibt es da unter Umständen Vorbehalte, aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Redaktion mich da weitestgehend offen und sehr willkommen geheißen hat und auch mich hat machen lassen. Und das ist ja ein Prozess und ich würde das auch als solchen begreifen und gleichzeitig dürfen wir nicht davor wegschrecken, uns auch der Kritik zu stellen, auf diesen Plattformen präsent zu sein, also auch selbstkritisch zu sein und das ertrage ich quasi auch in meiner widersprüchlichen Rolle, glaube ich, an der Stelle. Anna Biselli Und hattest du vorher Berührungspunkte mit den Plattformen, denen wir so ein bisschen näher sind als vielleicht Instagram? Also gerade so Mastodon und andere dezentrale Alternativen oder das Fediverse? Oder wie nimmst du das wahr, jetzt wo du es wahrscheinlich ein bisschen mehr mitkriegst, was auf welcher Plattform irgendwie wie funktioniert? Was sind denn da so die Unterschiede? Also wir versuchen ja schon Sachen auch auf allen möglichen Plattformen zu posten, dass man sie auch auf der Webseite angucken kann, dass man jetzt nicht Instagram benutzen muss, um irgendwie so ein Video zu sehen. So die Sachen, die man basal an Zugang schaffen kann, damit niemand dazu gezwungen ist. Aber wie erlebst du so diese Plattformen in ihrer Unterschiedlichkeit? Lucas Fiola Also ich kannte die Plattform weitestgehend vorher. Ich war auch inaktiver Nutzer von Mastodon beispielsweise. Aber was ich schon merke, ist, dass es natürlich komplett unterschiedliche Zielgruppen sind. Und ich glaube, da darf man sich auch oder muss man sich ehrlich vormachen. Auf Instagram tummelt sich natürlich eine vermeintlich weitestgehend junge Zielgruppe, aber ich habe tatsächlich mir die Daten von unserem eigenen Account jetzt angeguckt. Dank der sehr intensiven Meta-Datenauswertung kann man ja relativ genau gucken, wer uns folgt, wer mit unseren Beiträgen interagiert. Und tatsächlich ist es überraschend, weil unsere Zielgruppe sich eigentlich in der Altersspanne überwiegend zwischen 25 und 45 bewegt auf Instagram und das relativ erfolgreich. Und ich glaube, dieser Zielgruppe, eine andere Plattform wie Mastodon, die ja eher von ihrer Struktur Twitter, dem ehemaligen Twitter ähnelt, die dort zu erreichen oder sie zu überzeugen, das ist dahingehend schwer, weil Instagram einen ganz anderen Zweck erfüllt. nämlich einen viel audiovisuelleren Zweck, als machst du dann ein Gluesky, das beispielsweise können. Und die Fediverse-Alternativen, die es gibt, die Instagram nachkommen sollen, die sind Stand jetzt so klein, dass es, glaube ich, schwierig ist, Menschen davon zu überzeugen, anstelle von Instagram diese Plattformen zu nutzen. Da reden wir einfach von Netzwerkeffekten. Und selbst medienkritische junge Leute wissen das und benutzen dann trotzdem Instagram, weil sie sich eben in diesen Netzwerkdynamiken befinden und es schwer ist, da auszubrechen. Daniel Leisegang Ich fand einen Punkt ganz interessant, was ich schon so gemerkt habe in den letzten Wochen, wo wir zusammengearbeitet haben, dass so die Arbeit, die du da machst, ja und du sagst, es verfolgt einen anderen Zweck, auch sich zurückspiegelt ja zu uns. Also diese stärkere visuelle Aufarbeitung geht ja einher zum Beispiel mit einer anderen Art der Vermittlung der Inhalte. Und ich merke, dass es selber uns ganz gut tut, tatsächlich mal bestimmte Dinge runterzubrechen auf diese Ebene. Oder dass wir jetzt überlegen, wie können wir eigentlich, du sprachst vorhin erklärbär Texte, wir überlegen ja erklärbär Videos zu machen, wo wir auch einfach schauen und erproben, ob wir unsere Inhalte, die mitunter ja auch technisch anspruchsvoller sind, dass wir versuchen, das dann anders mal darzustellen. Und darauf freue ich mich vor allem. Also mal zu schauen, wie wird das eigentlich in den nächsten Wochen und Monaten, wenn wir Themen wie biometrische Videoüberwachung eben nicht in Texten erklären, wo beispielsweise Martin in andere Städte fährt und sich das anschaut, sondern wenn man dann plötzlich das nochmal begleitet mit audiovisuellen Inhalten. Das finde ich sehr spannend an der Stelle. Lucas Fiola Ich glaube auch. Und ich glaube, das wird auch, ist generell ja eine, man muss es als Spielwiese begreifen. Und wir sind ja gerade auch in einem Stadium, das auszuprobieren. Und wir sind ja auch immer offen dazu zu erkennen, Instagram erfüllt keinen Zweck mehr oder Meta verschlimmert die ohnehin schon schwierigen Bedingungen, auf diesen Plattformen zu arbeiten. Und dann kann man ja das auch kritisch so reflektieren. Aber ja, ich sehe das auch, da wird noch viel passieren. Anna Biselli Okay, wir sind gespannt. Wahrscheinlich seht ihr davon noch einiges. Und dann gucken wir mal, ob wir uns in einem Jahr über ganz andere Plattformen unterhalten oder unseren großen LinkedIn-Durchbruch feiern oder was auch immer bis dahin noch passiert ist. Wir gehen mit einer starken Spendenempfehlung weiter in die nächste Kategorie, nämlich in unsere Selbstreflexion. Wir nennen es Blattkritik. Das ist die Kategorie, in der wir darüber reden, was bei uns vielleicht in den letzten Wochen nicht so gut gelaufen ist oder auch, was gut gelaufen ist. Wir sitzen ja jetzt hier nicht nur mit den schreibenden Menschen aus der Redaktion zusammen. Deshalb bin ich ganz gespannt, Fiu, hast du uns ein Beispiel mitgebracht und wenn ja, welches? Lucas Fiola Ich glaube, aus meiner eigenen Arbeit merke ich, wenn jemand versucht, Dinge grafisch zu erklären und ich habe versucht, die Chatkontrolle zu visualisieren. Anna Biselli Wie funktioniert die Chatkontrolle? Lucas Fiola Dass es nicht nur darum geht, wie liest man Grafiken und wie erstellt man diese Grafiken, sodass sie alle verstehen, sondern wie schafft man es, einen technischen Sachverhalt so zu erklären, dass Menschen es verstehen. Und dann sind wir in dem Fall daran gescheitert, dass ich erkannt habe, es gibt ja nicht nur diesen einen Weg der Chatkontrolle und die zahlreichen Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen und das noch in verständlicher Art. das frisst sehr viel Kapazitäten und entsprechend musste dieses schöne Schaubild Anna Biselli dann leider weichen und es hat es nie geschafft. Ich glaube, ich war schuld. Aber ich finde auch, das zeigt, ich finde, das war ganz wichtig. Also das war jetzt, das hat erstmal nur dich betroffen leider, aber eigentlich ist das eine total gute Erkenntnis irgendwie, was auch so ein bisschen wahrscheinlich die Quintessenz zur Chat-Kontrolle ist, dass eigentlich niemandem klar ist, wie das eigentlich genau funktionieren soll. Das heißt, du hättest diese Aufgabe überhaupt nicht bewältigen können, Weil nämlich überhaupt nicht klar ist, wie zur Hölle das denn überhaupt gehen soll. Und ich finde, das können wir jetzt leider nicht mit der Social-Media-Welt teilen, weil wir das Bild eben nicht so nutzen können. Aber eigentlich trifft das den Kern des Ganzen schon ganz gut. Deshalb würde ich sagen, es ist gar nicht so doof gelaufen. Ich finde, du bist auf die Quintessenz gestoßen. Jetzt können sich immerhin noch unsere Podcast-Hörerinnen mit darüber freuen. Vielleicht ist das dann doch noch gut. Daniel Leisegang Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, in Brüssel mal Menschen zu fragen, ob sie das mal aufmalen. Vielleicht werden sie schneller, aber der Erkenntnis, dass das Ding einfach nicht taugt, die Idee, die sie da haben. Mal's mal auf, bitte. Anna Biselli Das ist keine schlechte Idee. Ja, und was ist super gelaufen? Lucas Fiola Besonders gut lief einfach tatsächlich das Feedback der Leute. Man hat gemerkt, dass viele, die uns eh verfolgen, gemerkt haben, dass wir versuchen, visuell ansprechender zu arbeiten. Und das kam ganz positiv an. Und ich freue mich generell, dass die Spendenkampagne Stand jetzt mit tollem Feedback verknüpft ist, wo Leute sagen, ihr macht so wichtige Arbeit. Und das fühlt sich gut an, an der Stelle zu wissen, dass das, was man macht, auch Wertschätzung erfährt. Anna Biselli Das heißt nicht nur monetäre Unterstützung, sondern auch die ideelle Unterstützung. Ich freue mich tatsächlich auch, weil gerade so das Jahresende auch so eine Zeit ist, wenn Menschen auch einfach den Spendenaufruf teilen und dann vielleicht noch was dazu schreiben. warum das vielleicht irgendwie wichtig ist, uns zu unterstützen, finde ich das auch immer wieder sehr, sehr cool. Und das motiviert einen dann auch, weiterzumachen. Daniel, was ist bei dir gut oder nicht so gut gelaufen? Daniel Leisegang Also ich glaube, wenn ich so auf den letzten Monat schaue, dann würde ich sagen, die Berichterstattung zum digitalen Omnibus, den wir schon erwähnt haben, fand ich gut. Also gerade so mit dem League noch vor dem Gipfel, dann der Gipfel, dann was danach kam, dann die Analyse, die Stimmen, die wir eingeholt haben aus der Zivilgesellschaft. Also ich habe den Eindruck, da waren wir sehr nah dran und haben das auch gut vermitteln können. Und ich hatte, und ich will jetzt hier nicht billige Medienschelte machen an der Stelle, aber ich hatte den Eindruck, dass es nicht viele gemacht haben. Und das, obwohl das Thema extrem wichtig ist. Also wenn man sich anschaut, wie hoch die KI-Verordnung gehalten wurde und wie sie jetzt, ja, geschreddert wird sie noch nicht, aber wie sie zumindest zurückgehalten wird und wie das eingedämmt wird, dann ist das eine erstaunliche Diskrepanz. Und da waren wir nah dran und das freut mich sehr. Anna Biselli Was freut dich denn nicht? Daniel Leisegang Ich glaube, ich habe darüber nachgedacht, ob ich ein Negativ-Fallspiel habe. So direkt habe ich das nicht. Ich merke so zum Jahresende, wir sind jetzt so, also zum Jahresende zieht man ja so Resümee. Und wir sind jetzt so ein knappes Jahr unter Schwarz-Rot und einer Regierung März. Und es hat sich enorm viel verändert. Und ich merke, dass ich zum Jahresende sehr darüber nachdenke, was sich eigentlich verändert hat. Nicht nur der Ton, sondern auch mit welcher Geschwindigkeit und mit welchem Nachdruck und auch zum Teil mit welcher Bulldozer-Mentalität Grundrechte geschleift werden und gleichzeitig Repressionen nochmal durch die Tür gedrückt werden. dass ich selber, wenn ich das so mit dem Jahresanfang vergleiche, schon ein bisschen erschrocken bin, wie das zum Teil fast, also wie das spürbar ist, aber gleichzeitig auch nicht. Also wie man sich fast dran gewöhnt und wie schnell das geht. Und ich glaube, das ist so meine Sorge mit Blick aufs nächste Jahr. Und was ich so gerade zum Jahresende nochmal feststelle, bei mir sind einige Sachen noch auf dem Tisch. Unter anderem eben dieses am Anfang genannte Medizinregistergesetz. Das klingt, und das ist symptomatisch für die Zeit, ein wenig so, als wäre es eine Randnotiz, was irgendwo da in Berlin passiert. Aber wenn man dann reinschaut, dann stellt man fest, da wird KI, da werden Überwachungsmittel, da wird immer wieder sowas reingestreut. Und man muss mittlerweile, also mein Eindruck, immer noch mehr aufpassen als früher. Was wird da eigentlich gerade in welcher Anzahl durch die Tür gedrückt? Und das scheint mir gerade in der Frequenz enorm hoch. Und ich merke selber, das kann aber auch mit dem Jahresende zusammenhängen, dass das gerade an so einem Punkt ist, wo ich mich frage, wie lange geht das eigentlich? Also sinnvoll, wie lange kann man eigentlich sinnvoll Themen bearbeiten, wenn sie mit dieser Frequenz so kommen? Und gerade ist die Frequenz da sehr hoch. Es geht alles in die ähnliche Richtung, was so aus BMI vor allem kommt, aus dem Bundesinnenministerium. Aber das finde ich so, das ist schon, das ist nicht was, was nicht gut gelaufen ist, aber wo ich merke, da ist ganz schöner Druck im Kessel. Anna Biselli Ja, es ist auch interessant. Ich habe auch letztens daran gedacht, dass ich ja ungefähr vor einem Jahr mit Chris zusammen auf dem Kongress einen Talk gehalten habe zur autoritären Wende. Und das war vor einem Jahr. Und das ist so rückblickend, war das damals schon total schockierend. Und wenn ich das jetzt aber von damals irgendwie mit dem vergleiche, was heute so passiert, wirkt das auch total viel länger her irgendwie. Und das ist schon irgendwie krass. Aber da schließe ich gleich an mit meinem Beispiel, was nicht so gut lief. Mich hat total erstaunt, vor allem in der mangelnden Außenwahrnehmung, sowohl quasi von dem, was an Reaktionen von Lesenden kam, aber auch was irgendwie anging, wie viele andere Medien das Thema aufgegriffen haben, war so die ganze Berichterstattung zum neuen MAD-Gesetz, die ich gemacht habe. Das finde ich total krass. Also das heißt, wir haben jetzt ein neues Gesetz für den MAD, das heißt den Militärischen Abschirmdienst und damit ein neues Geheimdienstgesetz. Und da steht eine krasse Befugniserweiterung für den MAD drin und ziemlich viele neue Sachen. Und es ist auch der Auftakt für quasi eine ganze Reihe an Geheimdienstreformen. Das heißt, wir werden in den nächsten Monaten auch noch neue Gesetze für den BND bekommen. Das ist wohl schon in der Mache. Und wie es mit dem Verfassungsschutz aussieht, weiß ich gerade nicht. Aber ich würde auch davon ausgehen, dass da einiges neu gemacht wird. Das heißt, eigentlich hat man so eine ziemliche Signalbegründung. Und es interessiert niemanden. Und ich finde das total krass. Also das finde ich, ist überhaupt nicht gut gelaufen. Ich weiß nicht, wie viel ich dagegen hätte tun können. Ich habe versucht, darüber zu berichten und über die Kritik an dem Gesetz zu berichten. Und aufgegriffen wurde das irgendwie überhaupt nicht. Und ich habe das Gefühl, das Thema ist unglaublich untergegangen. Und das hat mich schon sehr geärgert. weil ich glaube, das hat wesentlich mehr Bedeutung als jetzt für den MAD selbst, sondern das gibt uns auch so eine Art Vorahnung, was wir in den nächsten Geheimdienstgesetzen so zu erwarten haben. Das fand ich bedauerlich. So zu dem Thema, was, glaube ich, gut gelaufen ist, habe ich zwei Sachen. Zu der einen kann ich noch nicht ganz so viel sagen, zu der anderen ein bisschen mehr, weil sie schon erschienen ist. Wir haben am Mittwoch eine Recherche zu Bundesdomains veröffentlicht und da habe ich mir und ein Sicherheitsforscher hat sich angeguckt, was denn passiert, wenn beispielsweise Behörden sich umbenennen oder Behörden irgendwelche Kampagnen beenden und dann die Domains, die dazugehören, aufgeben und nicht weiter registrieren. was dann passiert, wenn sich die andere Leute registrieren und die für nicht so erwünschte Dinge benutzen. Und ich muss sagen, es hat einfach tatsächlich sehr viel Spaß gemacht, irgendwie zu graben. Dann gab es dazu noch eine kleine Anfrage. Und da kamen dann noch mehr Beispiele raus, was dabei schiefgehen kann. Das dann auf so einer früheren Kampagnenseite zu einem Impfbuch, dass dann plötzlich Casino-Werbung erscheint. Und eine Seite, wo es mal um Kinderlieder ging, verteilt jetzt fleißig Schadsoftware. Das ist alles nicht schön und erfreulich. Aber tatsächlich fand ich das extrem nett, diese ganzen Sachen zu recherchieren und zu gucken, was da alles passiert. Kein schönes Ergebnis, aber vielleicht denkt ja nochmal irgendjemand darüber nach, ob der Ansatz, keinerlei Regeln dafür zu haben, wie man mit so alten Domains umgeht, zumindest bundesweit, ob das wirklich der richtige Ansatz ist. Und genau eine andere Sache, über die ich mich sehr gefreut habe. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben, was vielleicht auch ein bisschen peinlich ist, ein Archiv besucht. Und warum ich das Archiv besucht habe, das erzähle ich euch, glaube ich, nächstes Jahr, weil zumindest ist ein Artikel dazu im Januar geplant. Daniel Leisegang War es denn so, wie du es dir vorgestellt hast, ein Archivbesuch? Anna Biselli Es war mega schön. Also das war ein ehrenamtliches Archiv, kein besonders großes Archiv. Es war jetzt nicht ein Bundesarchiv oder so. Und da war ein Mensch, der schon in Rente ist und das ehrenamtlich macht und einfach sich sehr, sehr viel Arbeit damit gemacht hat, mit mir da die Sachen rauszusuchen, die ich vorher aufgeschrieben hatte. Da gab es so eine Excel-Liste, auf der konnte man eben gucken, was sie so da haben, zu welchen Themen. Und dann wurde ganz viel in Ordnern gesucht und eben nicht nur Bücher oder wirklich offizielle Dokumente, sondern tatsächlich auch viel Konversation und viele Dinge, die mit Schreibmaschine auf Butterbrotpapier getippt waren und so. Und das war einfach extrem cool. Und ich war sehr froh, dass es dieses Archiv, das da von engagierten Menschen betrieben wird und gepflegt wird, existiert. Und fand das echt, weiß ich nicht. Ich habe es ein bisschen bereut, dass ich noch nie in meinem Leben vorher im Archiv war. Ich glaube, ich habe einfach das Falsche studiert. Wenn man so Informatik studiert, dann sind die ganzen Quellen jetzt noch nicht so super alt. Zumindest, wenn man sich jetzt nicht mit historischen Phänomenen beschäftigt, dann muss man immer nicht in Archive gehen. Da kann man meistens irgendwie ins Internet gehen. Schade eigentlich. Ist mir was entgangen im vorigen Leben. Daniel Leisegang Du kannst ja noch einen Ehrenamt machen, wenn du Rentnerin bist. Anna Biselli Nee, mein Ehrenamt wird ja jetzt, dass ich irgendwie Briefe beim Weihnachtsmann beantworte. Darüber haben wir doch letztens schon geredet. Das ist jetzt mein Ziel. Wunschzettel von Kindern beantworten oder so. Vielleicht schreibt auch mal einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann. Ich gucke mal, ob man sich da irgendwo bewerben kann, dass man da mitmachen kann. Weg vom Weihnachtsmann hin zum Postfach. Das ist die Kategorie, in der wir Fragen von HörerInnen beantworten. Und wenn ihr auch Fragen an uns habt und wollt, dass die mal hier in aller Öffentlichkeit beantwortet werden, dann schreibt uns doch gerne auch eine Mail an podcast.netzpolitik.org. Und wir haben eine Liste, die ist erquicklich lang, aber da kommen alle Fragen rauf und wir arbeiten die dann in ein bisschen willkürlicher Reihenfolge ab. Dieses Mal habe ich zwei Fragen mitgebracht. X-Key fragt uns, warum Berlin? Daniel Leisegang Welcher Hinsicht? Warum wir in Berlin sind? Anna Biselli Da steht, warum Berlin? Das frage ich mich jedes Mal, wenn ich hierher pendle. Daniel Leisegang Es wäre ich interessiert, ob die Person X-Key aus Berlin kommt oder nicht. Und ob das eine Frage ist, die von außen gestellt wird oder von innen. Warum Berlin? Ich vermute mal, warum sind wir in Berlin? netspartig.org. Interpretier das, wie du willst. Anna Biselli Es gibt hier kein richtig oder falsch. Okay, ich versuche mal Daniel Leisegang diesen Ansatz. Also sagen wir mal, warum bin ich froh, in Berlin zu sein als Redaktion, mit der Redaktion, mit uns allen hier. Ich mag, wenn Menschen nach Berlin kommen, dann gewöhnen sich daran, dass sie ein Buch in die S-Bahn mitnehmen. Als es noch kein Smartphone war, habe ich mich daran gewöhnt. Mittlerweile hat man ein Smartphone, weil die Wege sehr lang sind. Dennoch sind die Wege hier sehr kurz, wenn man mal zu anderen Organisationen muss, wenn man zu Pressekonferenzen möchte, wenn man auch mal in die Bundestag geht und dort Menschen trifft unterhält. Insofern ist das schon mal ein großer Vorteil, würde ich sagen. Und wir selber sind ja auch in einem Haus, wo dann noch andere Organisationen sind. Insofern sind die Wege dann noch kürzer. Ich würde sagen, das ist für mich einer der wesentlichen Gründe, warum Berlin sinnvoll ist. Da wir aber auch digital arbeiten, müsste man das wahrscheinlich nicht mal tun. Anna Biselli Aber ich glaube, in Berlin dauert doch alles eine halbe Stunde. Also zumindest ich mache das so, wenn ich von Berlin nach Berlin irgendwie muss, dann gehe ich immer eine halbe Stunde früher los. Meistens funktioniert das. Selten ist man zu spät, manchmal ist man zu früh, aber ich finde halbe Stunde ist quasi der Abstand in Berlin, egal von wo nach wo. Ja, wenn man vom Weißensee Daniel Leisegang nach Neukölln muss, fahre ich nicht ganz, das stimmt, aber in der Regel ist das so, aber ich habe in Frankfurt studiert und da konnte ich in 15 Minuten mit dem Fahrrad durch die ganze Stadt fahren, da war ich von Ost nach Westen in 15 Minuten. Also insofern war das schon mal eine Verdopplung. Vom Gefühl Anna Biselli her war es sehr viel weiter. Okay, aber Fio, du plädierst gegen Berlin oder du verstehst es auch nicht? Lucas Fiola Ich finde, Daniel hat das gut zusammengefasst, nur ich glaube, wenn man nicht in Berlin heimisch ist, dann ist es umso anstrengender natürlich ein Pendelleben zu führen zwischen Zügen und Städten, die mit B anfangen. Anna Biselli Okay, wir haben eine zweite Frage und zwar Lord Siegelbewahrer fragt, wie viele Mitarbeiter des Monats gibt es und dürfen die sich auch selbst küren? Lucas Fiola Ich glaube, dann würde sich jeder bei uns kategorisch selbst küren. Anna Biselli Echt? Hältst du es für so ich bezogen? Das glaube ich nicht. Lucas Fiola Nein, weil wir einfach so grandiose Arbeit machen. Anna Biselli Ah, weil wir so grandiose Arbeit machen. Okay, ja, das, also wir haben keine Bildergalerie, in der wir die Fotos der Mitarbeitenden des Monats aufhängen. Ich glaube, was dem am nächsten kommt, ist, wir haben so eine Kategorie in unseren Teammeetings, die nennt sich Lob und Freude. Und in dieser Kategorie darf man bis zu drei Dinge sagen, über die man sich im Kontext mit der Arbeit in der vergangenen Woche gefreut hat oder ob man jemanden loben möchte. Und da gibt es ab und zu auch überraschende Lobeshymnen auf einzelne Personen im Team, die beispielsweise die Kisten, Getränke mal weggeräumt haben und das Leergut weggebracht haben. Oder weiß ich nicht, wofür gibt es noch so Lob bei uns? Daniel Leisegang Es gab am Anfang mal Lob für jemanden, der gerade dazukam. Der hat dann den seit Jahren brachliegenden Seifenspender im Bad repariert. Das gab sofort eine Lobeswelle. Viele das tatsächlich, ja weiß nicht, gefrustet nicht haben, sie freuten sich, dass es plötzlich ging. Anna Biselli Ja, total. Also ich glaube, das kommt dem am nächsten, oder? Daniel Leisegang Ja, ich muss gerade daran denken, gestern lief im Chat eine Anrede an unseren IT-Menschen Christoph. Das war, ich glaube, wenn ich es richtig zusammenkriege, du ehrenvoller Herr über unser aller Netze oder dergleichen. Und das fand ich eine sehr schöne Ansprache, wie man die IT ansprechen kann, wenn man ein Problem hat. Anna Biselli Wir reden natürlich immer so miteinander. Okay, ich hoffe, das beantwortet eure Fragen, Lord Siegelbewahrer und X-Key. Und damit sind wir auch am Ende unseres Podcasts. Vielen Dank, Theo, und vielen Dank, Daniel, dass ihr dabei wart. Und vor allem auch danke euch, liebe Hörerinnen, dass ihr zugehört habt. Und danke auch für eure Unterstützung. Denn Off the Record ist wie der ganze Rest, den wir bei Netzpolitik.org machen, durch Spenden finanziert und dieser Podcast ist nur deswegen möglich, weil uns Leute unterstützen. Wenn ihr uns spendet, ermöglicht ihr nicht nur euch selbst, unsere Seite zu lesen, unseren Podcast zu hören, sondern ermöglicht das eben auch anderen, die weniger Geld haben. Netzpolitik.org hat nämlich keine Paywall und muss nicht bezahlt werden. Also jede Spende ist also auch eine Art Soli-Abo für alle, die sich für unsere Inhalte interessieren. Wir freuen uns neben Spenden aber auch, wenn ihr uns anderswie unterstützen wollt, indem ihr beispielsweise diesen Podcast weiterempfehlt oder auf den gängigen Plattformen bewertet, damit die Plattformen den eben nach ihren Regeln, die sie so haben, auch sichtbar machen. Ich hatte es schon gesagt, unter podcast.netzpolitik.org könnt ihr uns Fragen einreichen. Ihr könnt uns aber auch gerne Feedback dalassen, was ihr uns immer schon mal sagen wolltet, was ja euch im Podcast gefällt oder auch was euch nicht gefällt. Dementsprechend vielen Dank euch und bis zum nächsten Mal. Tschüss. Lucas Fiola Ciao. Ciao.