Sebastian Meineck Okay, hallo Anke. Sitzt alles gut? Bist du bereit? Anke Prochnau Hallo Seb, ich bin noch nie so bereit gewesen wie jetzt. Sebastian Meineck Super, jetzt müssen wir nur noch den Ingo anrufen, der heute nicht live bei uns im Studio sein kann. Hallo. Hallo Ingo. Hier ist das Podcaststudio von Netzpolitik.org. Na, schön dich zu sprechen. Bist du bereit für eine Aufnahme von Off the Record? Aber sowas von bereit. Warum bist du heute eigentlich nicht mit uns im Podcast-Studio? Ingo Dachwitz Ich bin in Wien. Ich habe hier diese Woche zwei Veranstaltungen zu meinem Buch Digitaler Kolonialismus. Ich darf es auf dem Buch Wien vorstellen und habe heute Abend eine Lesung in der Buchhandlung einer kleinen, die den passenden Namen analog trägt, die Buchhandlung analog, und arbeite deshalb von Wien aus. Sebastian Meineck Schön, also tagsüber arbeiten und dann abends nochmal arbeiten. Ja. Anke, mit welchen Erwartungen gehst du in deine erste Podcast-Folge für Netzpolitik.org? Anke Prochnau Dass mein Vertrauen in dich und Ingo nicht enttäugt wird. Sebastian Meineck Und damit hallo und willkommen zu OffOn, dem Podcast von Netzpolitik.org. Heute mit einer Folge Off the Record. Das heißt, wir nehmen euch mit hinter die Kulissen von Netzpolitik.org. Ich bin Sebastian Meineck, Redakteur bei Netzpolitik.org. Und in dieser Ausgabe stellen wir euch unsere Kollegin Anke Brochnau vor, die seit einer Weile den Laden als Geschäftsführung am Laufen hält. Und mein Kollege Ingo und ich geben euch ein kleines Making-of unserer neuesten Recherchen zu den Data Broker Files. Aber zuallererst kommen wir zur ersten Rubrik unseres Podcasts, der Blattkritik. Wir reflektieren unsere eigene Arbeit. Eine Sache, die gut lief, eine Sache, die schief lief. Kann auch eine Kleinigkeit sein. Ihr habt beide was mitgebracht, richtig? Ingo Dachwitz Klar, lass mich eben meinen vorbereiteten Zettel rausgraben. Nee, fang du gerne an, Anke. Fang du gerne an, Anke. Anke Prochnau Okay, das habe ich nicht auf meinem Zettel stehen, deswegen kann ich jetzt einfach lossprechen. Also, ich habe mitgebracht, dass ich gerade zu Beginn der Budgeterstellung für nächstes Jahr sitze. Das ist eine meiner Lieblingstätigkeiten. Oh, wirklich? Man glaubt es kaum, genau. Ich liebe es, Excel-Tabellen, die ich auch gerne farblich gestalte, damit die, die später drauf gucken, sich besser zurechtfinden, mir Geschichten erzählen. Und zwar erzählen sie mir Geschichten aus der Vergangenheit von Netzpolitik, weil ich muss ja Ableitung machen der Tendenzen, der Entwicklung. Ich muss mir angucken, wie verändern sich Stellenpläne oder wie erhöhen sich Kosten an welcher Stelle. Und ich muss einen Ausblick machen auf das nächste Jahr, was uns erwartet. Das heißt, ich gucke, während ich auf meine farbige Excel-Tabelle gucke, gucke ich zugleich in die Vergangenheit als auch in die Zukunft und sehe diese Zahlen einerseits natürlich als Vergleichszahlen auch zu dem, was war und was kommt, aber auch als Geschichten, was bei Netzpolitik passiert. Sebastian Meineck Das ist ja fast schon poetisch. Und hast du auch was mitgebracht, was nicht so gut lief? Anke Prochnau Ja, die Budgettabelle. Die Herausforderung, also alles, was man gut planen kann, wo man weiß, das sind die Kosten, das ist der Stellenplan, das ist alles gut planbar. Da wir aber zu fast 100 Prozent spendenfinanziert sind, ist da die meiste Musik bei der Planung der Einnahmen. Und das sind auch Geschichten, die einem erzählt werden von was man erwartet hatte, was vielleicht nicht so gut geklappt hat, wo man oft auch nicht genau weiß, woran es lag. Manchmal gibt es auch Erfolge, wo es gut geklappt hat, wo man aber auch nicht genau weiß, woran es lag. Da kann man dann auch nicht gut nochmal sich eine Geschichte erzählen, dass es in der Prognose genauso gut wird. Und da ist so eine, ich würde sagen, das sind auch Geschichten, aber es ist auch immer der Blick in den Nebel. Und da ist natürlich meine Aufgabe vor allem auch mit anderen zusammen, das mache ich ja nicht alleine, das weißt du, auch Ingo weiß das, eine schlüssige Erzählung dafür zu finden, was meiner Meinung nach die richtige Erwartung ist. Sebastian Meineck Da werden wir später noch tiefer einsteigen. Ingo, dein Top und Flop, was hast du mitgebracht? Ingo Dachwitz Ich fange mal mit dem an, was nicht so gut lief. Und zwar renne ich gerade einer bestimmten Person hinterher für eine Recherche. Ich möchte gerne was von der. Das ist eine Person, die, so viel kann ich vielleicht sagen, die in einem Landtagsparlament sitzt. Und ich möchte gerne was von der wissen. Anke Prochnau Es dämmert mir, genau, erzähl weiter. Ingo Dachwitz Mit der sprechen und die ghostet mich. Ich erzähl es noch nicht ganz als Fail, weil ich gebe das nicht auf. Aber es gibt wirklich für diese Information, die ich brauche, nur diese eine Person, die mir da weiterhelfen kann. Und die möchte aber offensichtlich nicht mit mir sprechen, diese Person. Hört die Person diesen Podcast? Ich weiß sie nicht. Wenn sie ihn hört, dann bitte rede mit mir. Ich tue doch nichts Böses. Sebastian Meineck Sehr gut, dann haben wir diese Gelegenheit auch nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ingo Dachwitz Genau, was gut lief. Tja, wo fange ich an? Nee, also ich habe mich sehr gefreut letzte Woche über die Data Broker Files. Wir sprechen ja heute auch drüber, aber da haben wir wirklich lange dran gearbeitet. Es ist das nächste Kapitel der Data Broker Files, um im Bild der Erzählung zu bleiben, das wir letzte Woche veröffentlicht haben. Wir haben gezeigt, wie man die EU mit diesen Daten ins Visier nehmen kann. Und ja, es hat sich herausgestellt, dass es echt gutes Timing war. Wir haben lange gebraucht, bis wir es rausbekommen haben, das Stück, und hätten kein Stückchen später sein dürfen. Weil in der gleichen Woche, in der wir das veröffentlicht haben, sind Pläne durchgestochen worden von der EU-Kommission, in denen sie den Datenschutz aufweichen will. Wir werden ja später noch darüber sprechen. Aber das war jetzt mal wirklich gutes Timing. Sebastian Meineck Das Timing als Win. Mein Top und Flop, das ich mitgebracht habe, hat auch mit der Data Broker Files Recherche zu tun. Das Top ist, kooperieren ist super. Wir hatten dieses Mal eine Kooperation mit teilweise Partnern, die wir schon kannten aus vorigen Recherchen. Ein neuer Partner war dabei, Leco aus Belgien. Mit an Bord waren auch wieder der Bayerische Rundfunk, BNR aus den Niederlanden und Le Monde aus Frankreich. Und obwohl es dieses Sprichwort gibt, dass viele Köche den Brei verderben, habe ich das völlig anders erlebt. Ich fand das wirklich beflügelnd und inspirierend. Ich glaube, wir haben uns gegenseitig gepusht, noch mehr rauszufinden. Wenn ein Team oder ein Kollege, eine Kollegin nicht weiter wussten, hatten die anderen noch eine Idee. Und das ist, mag sicher auch mal anders laufen, aber das war wirklich ein gutes Beispiel dafür gewesen, wie Kooperationen super laufen. Und auch der Fail hängt mit dieser Recherche zusammen. Ich habe mir da jetzt nur auf meinen Notizzettel geschrieben, die Geschichte mit der Vorab-Info. Anke kennt sie noch nicht. Das macht es umso schöner, es dir und dem Publikum zu erzählen. Gelegentlich, wenn wir etwas Exklusives herausfinden, verschicken wir eine Vorab-Info an Nachrichtenmedien, die sich dafür interessieren könnten. So eine Art Pressemitteilung unter JournalistInnen. Da steht dann knapp zusammengefasst, was wir herausgefunden haben. Die Links sind schon drin, auch wenn die noch nicht freigeschaltet sind. und eine Sperrfrist. Also bitte nicht berichten bis, in unserem Fall war das 5 Uhr morgens, weil wir wussten, da gehen wir mit den Sachen raus. Wir haben das sogar in zwei Sprachen dieses Mal gemacht, Deutsch und Englisch, haben also auch englischsprachige Medien dazugenommen. Und das ist ein Moment, bei dem ich nervös bin. Wenn ich eine E-Mail schreibe an so viele Redaktionen, alle sind dabei, der Spiegel, die Süddeutsche, die Zeit, englischsprachige Medien, der Guardian ist dabei, Wired, TechCrunch und so weiter, New York Times. da möchte man nichts falsch machen. Vor allem das Datum soll stimmen und die Uhrzeit. Und so weiter. Ich achte darauf, dass die Empfänger sich nicht gegenseitig sehen. Denn das wird dann auch immer komisch, wenn man sieht, na, wen haben die denn noch so angeschrieben? Also ich möchte alles richtig machen. Und dann ist Folgendes passiert. Ingo lacht schon. Ich lache, ich war mit im Verteidiger. Anke Prochnau Vielleicht würde ich es lieber nicht wissen. Sebastian Meineck Ohne Ingo wäre es mir nie aufgefallen wahrscheinlich. Also es kann etwas Ungewöhnliches passieren. Man kann eine E-Mail-Nachricht in weißer Schriftart verschicken. Wenn man selber den Dark Mode benutzt, sieht alles aus wie immer. Aber nicht so viele Leute benutzen den Dark Mode. Und wenn man den Standardmodus hell hat, dann bekommt man eine E-Mail, in der nichts steht. Ingo Dachwitz Beziehungsweise zu sehen waren eben die Links, weil die waren blau eingefärbt. Und ich habe Sebastian dann nach wenigen Minuten angeschrieben, du sag mal, ich kann irgendwie diese E-Mail nicht. lesen, steht da nichts drin. Und es dauerte nicht lang, bis Sebastian sagte, ich habe einen schrecklichen Verdacht. Sebastian Meineck Und ich schrieb noch, das ist 50% lustig und 50% Kacke. Und das war es auch. Ingo Dachwitz Naja, aber wir nehmen Datenschutz sehr, sehr ernst. So ernst, dass wir Sebastian Meineck selbst unsere E-Mails gut haben. So ist es. Wir haben dann eine E-Mail hinterher geschickt, haben das kurz erklärt und gedacht, mein Gott, wir kennen das. Man bekommt gelegentlich auch mal eine doppelte E-Mail, gerade bei Vorab-E-Mails, alles im Rahmen der menschlichen Fehler, die bei so einer Arbeit passieren. Anke Prochnau Aber weiß auf weiß ist Kunst, oder? Sebastian Meineck Absolut. Ingo Dachwitz Und es hat zum Beispiel ein Medium wie TechCrunch, ein wichtiges Tech-Medium aus den USA, aber auch andere nicht daran gehindert, die Thematik aufzugreifen und dann zu berichten. Vielleicht gerade deshalb, wir wissen es nicht. Anke Prochnau Vielleicht haben wir einen Dark-Modus. Sebastian Meineck Wir kommen zur nächsten Rubrik, das sind die Hausmitsteilungen. diese Folge nicht ganz so viele. Wer uns schon eine Weile verfolgt, weiß das, jedes Jahr zum Jahresende ist die Zeit für die neueste Spendenkampagne. Aber was dieses Jahr ansteht, dazu kann ich heute noch nichts verraten. Aber natürlich sind die Planungen schon angelaufen. Es geht, wie immer, um nicht weniger als die Sicherung unserer Finanzierung, damit es Netzpolitik.org weiterhin gibt. Und um zumindest noch eine Sache hinterher zu schicken, vielleicht werdet ihr mich im Rahmen der Kampagne bald auf einer Leiter stehen sehen. Außerdem, unsere neue Praktikantin Paula Klamor hat sich schon warm geschrieben. Praktikantinnen versorgen uns immer wieder mit Themen jenseits unseres eigenen Tunnelblicks. Zum Beispiel hat Paula geschrieben über eine Kampagne gegen Instrumentalisierung von Obdachlosen durch Influencer. Den Link packen wir in die Shownotes. Warm geschrieben hat sich auch unsere neue Kollegin aus Brüssel, Anna Ströbele Romero. Denn während der Großteil der Redaktion in Berlin sitzt, hilft es natürlich, wenn wir an einem netzpolitisch so wichtigen Ort wie Brüssel auch Augen und Ohren haben. So, das war es schon mit den Hausmitteilungen für diese Ausgabe. Darf ich noch was ergänzen, Sebastian? Ingo Dachwitz Bitte, Ingo, wenn du noch einer hast. Wir haben einen Transparenzbericht veröffentlicht, und zwar den für das dritte Quartal. Liebe HörerInnen, ihr kennt das ja schon, wie kein anderes Medium legen wir unsere Finanzen offen und berichten in Quartalsberichten über unsere Einnahmen und Ausgaben. Da steht drin, wie viele Spenden wir bekommen haben in einem Quartal und da steht auch drin, wie viel wir ausgegeben haben und wofür. Und der letzte ist vor einigen Tagen erschienen für das dritte Quartal 2025. Sebastian Meineck Danke für die Ergänzung. Und damit ist Zeit für die Rubrik Maschinenraum. Unser Blick nach innen. Meine Kollegin Anke Brochnau führt die Geschäfte bei Netzpolitik.org. Kannst du einmal so einfach wie möglich erklären, was ist das überhaupt Geschäftsführung bei Netzpolitik.org? Anke Prochnau Es sind zwei Fragen. Die eine ist, was ist Geschäftsführung und was ist Geschäftsführung bei Netzpolitik? Muss man das differenzieren? Ich glaube schon. Das ist vielleicht auch ein Hinweis darauf, warum ich hier bin bei Netzpolitik. Also Geschäftsführung an sich bedeutet ja, dass jedenfalls die Geschäftsführung, wie ich sie ausführe, für Finanzen und Verwaltung, dass ich zum einen die Finanzen verantworte, nicht sozusagen alleine im operativen Schorn, aber in der Gesamtverantwortung natürlich mit meinem Vorstandskollegen Daniel, der aus der Chefredaktion ist. Und da geht es vor allem darum, dass eine Bilanz erstellt wird, dass der Kontakt zum Finanzamt mit der Steuer gut läuft, wenn da überhaupt was zu erwarten ist, dass das Fundraising gut aufgesetzt ist. Das ist ja, was wir bisher gemacht haben, sind das die Spendenkampagnen. Wir wollen das aber auch ein bisschen erweitern. Wir wollen andere Formate finden. Es ist auch eine Herausforderung zu gucken in der nächsten Zeit, wie erreichen wir überhaupt neue Leute? Wie erreichen wir jüngere Generationen? Das wird uns sehr beschäftigen in der nächsten Zeit. Dann bin ich in der Geschäftsführung jetzt auch wegen einer Arbeitsteilung mit meinem Kollegen aus der Finanzbuchhaltung verantwortlich für die Personalverwaltung. Das heißt, ich mache die Gehälter, ich mache die Verträge das Personal. Ich mache da auch den großen Block Arbeitsschutz. Darüber gibt es immer sehr viele freundliche Witze beim Mittagessen. Und dann ist es natürlich die Verwaltung allgemein. Ich nenne das gerne Haus und Hof. Das sind die Büroräume, das sind Versicherungen. Da geht es darum, dass wir unseren Berichtspflichten nachkommen, was natürlich vor allem in meinen Aufgabenbereich fällt. Und dann nimmt man den zweiten Teil noch hinzu mit der Vorstandsarbeit. Da ist die Geschäftsführung für Finanzenverwaltung vor allem gemeinschaftlich immer verantwortlich mit dem Kollegen Daniel für die finanzielle und rechtliche Absicherung. Wir sind ja ein gemeinnütziger Verein. Das heißt, wir müssen immer darauf achten, dass wir unser Geld satzungsgemäß ausgeben. Wir haben konkrete Satzungszwecke und das müssen wir auch beachten. Da müssen wir auch Dinge prüfen. Wir sind natürlich auch verantwortlich dafür, dass wir mit den Spenden sorgfältig umgehen. Da gibt es gesetzliche Regularien, wo wir auch sehr darauf achten, dass uns da kein Risiko unterläuft, weil wir auf der Seite auf jeden Fall safe sein wollen. Und dann gibt es die Personalverantwortung, die liegt auch zum Teil im Vorstand. Bei mir liegt es bei allen Menschen, die bei Netzpolitik arbeiten, die nicht in der Redaktion beschäftigt sind und bei Daniel zusammen mit Anna, die zusammen die Chefredaktion sind, natürlich für alle Kollegen und Kolleginnen aus der Redaktion. Und nach außen vertreten wir den Verein als Vorstand in allen Rechtsgeschäften. Sebastian Meineck Das ist eine ganz schöne Liste, die da zusammenkommt. Anke Prochnau Ja, genau. Ja, das ist schon. Netzpolitik ist von der Struktur her, wie die Finanzen aufgebaut sind, recht übersichtlich. Wir haben bei den Einnahmen fast 100 Prozent Spenden. Wir haben bei der Verausgabung, glaube ich, 75 Prozent Personal und der Rest sind dann Sachkosten. Sebastian Meineck Miete wahrscheinlich auch noch in Posten. Anke Prochnau Genau, Miete ist ein großer Posten, Versicherung kommt dazu. Dann haben wir natürlich die Honorare in der Redaktion, die noch ein signifikanter Posten sind. Dann was so an Dienstleistungen dazu kommt, Palasthotel unterstützt uns bei der Website. Wir werden demnächst eine neue Spendensoftware aufsetzen, bekommen dann neuen Dienstleister. Das ist aber lizenzfrei, da können wir dann im Nachgang wieder Geld sparen. aber das sind so die Dinge, die grundsätzlich immer anfallen. Und auch in jedem Verein fällt das an, wenn man eine Geschäftsführung macht und dann noch in einer Kombination mit dem Vorstand. Sebastian Meineck Mir fällt auf, dass wir wahrscheinlich noch keine Folge hatten, die so sehr wirklich den Maschinenraum unserer Organisation beschrieben hat, wie wenn du schilderst, was wirklich im Maschinenraum läuft, damit wir in der Redaktion unsere Artikel schreiben können. Anke Prochnau Das ist spannend, dass du das so als Bild hast. Für mich ist das Bild Maschinenraum die Redaktion. Sebastian Meineck Ach was. Und wo würdest du dich dann eher sehen und den Kollegen Marco? Anke Prochnau Also ich würde eher sagen, wir sind wirklich im Büro, im Office. Also wir sind ja auch sozusagen, na gut, es ist nicht so, dass Netzpolitik jetzt eine Redaktion ist, die sehr viel auswärts recherchiert. Aber es kommt doch auch vor und auch zunehmend. Der Kollege ist gerade in Wien, macht da sozusagen wegen einer anderen Sache, die aber auch verbunden ist mit Netzpolitik, eine Arbeit. Ingo Dachwitz Vor allen Dingen kann ich mich hier treffen mit lauter, Wien ist ja die geheime Hauptstadt des europäischen Datenschutzes. Hier hat Neub, die Digital-Datenschutz-NGO, und Max Schrems ihren Sitz. Wolfi Christel, der Privacy-Forscher, sitzt hier. Ich habe gleich mehrere Termine, die ich hier machen kann. Das ist ja grandios. Auch im Rahmen der, nicht nur im Rahmen meiner Buchpräsentation, sondern kann das gut kombinieren. Sorry, Anke. Anke Prochnau Ich wünsche, Brüssel wäre das auch. Aber da gibt es vielleicht noch... Ingo Dachwitz Guter Punkt. Anke Prochnau Irgendwann Bewegung. Es gibt ja übrigens, sorry, Ingo Dachwitz ich bin jetzt vollkommen am derailen. Ich bin fürs Labern zuständig in dieser Folge. Apropos Datenschutz-Hauptstadt, wart ihr schon mal in Wien? Ja. Habt ihr schon mal versucht, hier eine Wohnung zu finden? Leute, die hier wohnen. Ich hab das schon wieder komplett vergessen gehabt. Die haben ja keine Klingelschilder hier. Beziehungsweise die haben keine Namen an den Klingelschildern. Ach so, das ist mir nämlich aufgefallen. Ich habe mich gestern dumm und dämlich gesucht. Da steht dann einfach, da steht dann Top so und so oder Wohnung so und so und ich habe gedacht, ich stehe vor dem falschen Haus, habe die ganze Zeit nach diesem Namen gesucht. Na gut, also Wien, geheime Hauptstadt des Europäischen Datenschutzes. Sebastian Meineck Ja, und damit zurück in das Büro, das nicht immer der Maschinenraum ist von Netzpolitik.org. Was hat dich eigentlich zu Netzpolitik.org geführt, Anke? Angefangen hat das, glaube Anke Prochnau ich, als ich mit Mitte 20 bei der Taz Bremen aufgeschlagen bin und da im Verlag mit Ich glaube, ich war die Einzige, die jemals dort war, vor mir die Erfahrung mit Verwaltung hatte und die auch wusste, was Buchhaltung ist. Und ich glaube, ich hätte ziemlich viel anstellen müssen dafür, dass sie mich nicht nehmen. Aber es war Glück, glaube ich, für beide Seiten. Ich habe da gute fünf Jahre verbracht und habe danach angefangen zu studieren, weil ich vorher das Abi auf dem zweiten Bildungsweg gemacht hatte. Und die Taz war sozusagen eigentlich nur gedacht für ein Jahr, damit ich meinen BAföG-Anspruch nicht verliere. Damals war das noch so, wenn man über 30 war, wenn man über den zweiten Bildungsweg kam, hatte man nur ein Jahr Zeit, das Studium aufzunehmen. Aber es war völlig klar, es war schon nach drei Monaten klar, dass ich bleibe. Ingo Dachwitz Wer kennt das nicht? Man braucht irgendeinen Job, damit man weiter BAföG bekommt. Und dann wird man eben Geschäftsführerin von der Regionalausgabe einer wichtigen Zeitung. Vielen geht es so. Anke Prochnau Ja, also bei mir war es genau andersrum. Ich hatte das BAföG verloren. Ich habe sozusagen investiert. Aber das war dann, als es dann soweit war und ich mich weiter mit Buchhaltung auch erstmal finanzieren konnte und später mit Stipendien war das alles total in Ordnung. Und diese Zeit, diese fünf Jahre haben mich enorm geprägt. Und ich habe viele Stationen danach gemacht und habe immer, ich glaube, ich habe oft gesagt, bei der Taz war das damals so und so. Also die Taz Bremen ist nicht ein zu einzusetzen mit der Taz Berlin, viel kleiner, viel lokaler natürlich. Bremen als Stadtstaat, eine völlig andere Nummer, als wenn man in einer überregionalen Zeitung sitzt. Aber ich habe das sozusagen jahrzehntelang mit mir rumgetragen, immer diese Sehnsucht, ich will dahin zurück. Und habe dann tatsächlich, als ich auf der Suche war nach einer neuen Stelle, bin ich über Netzpolitik gestolpert und habe gesagt, okay, Digitalisierung hat mich immer begleitet. Also ich habe angefangen mit Telefax und bin angekommen beim Smartphone irgendwann, aber auch erst 2020. Sebastian Meineck Du hattest bis 2020 kein Smartphone? Anke Prochnau Ja, und dann musste ich eins haben, weil ich stellvertretend Abtannungsleiterin geworden bin. Sebastian Meineck Ich verstehe. Anke Prochnau Darin hatte ich einen Knochen von Nokia und den habe ich auch nicht mehr selbst besorgt. Dann hat mir jemand gegeben, damit ich erreichbar bin, weil ich so oft mit dem Zug unterwegs war und oft verspätet, dass man sich absprechen kann. Sebastian Meineck Was für ein spannendes Seitendetail, wann Technik-SkeptikerInnen dann doch sich das Smartphone holen. Bei mir war es die Regionalzeitung und ich musste Termine finden und war desorientiert und da habe ich es mir dann geholt für Navigation. Anke Prochnau Ich muss gestehen, ich habe das auch genossen, wenn ich jemanden in der Nähe hatte, der ein Smartphone hatte, weil das ist doch ein gewisser Vorteil, der hatte dann ab einer gewissen Zeit. Genau, und ich habe dann einfach gesehen, also ich bin auf die Homepage, ich habe mir angeguckt, was ihr so macht, ich habe ein bisschen gestöbert und habe gedacht, ey, das kann doch nicht sein, das kann doch nicht sein, dass ich nach all dieser langen Zeit wirklich wieder in so etwas komme, wie ich es damals hatte. Sebastian Meineck Also du hattest so ein Taz Bremen Gefühl, als du unsere Seite und unsere Arbeit gesehen hast? Anke Prochnau Ja, ich habe euch eine ähnliche Größe. Die Redaktion natürlich sehr groß, alle anderen Stellen sind die sogenannten Solitäre, sozusagen eine Person IT, eine Person Campaigning, eine Person Finanzen, also Finanzbuchhaltung und eine Person Geschäftsführung. Das ist so ein Klassiker für so einen Laden und das ist auch gerechtfertigt. Und dann aber, ich glaube, die Hauptsache, was ich dachte, was ich bei euch finde, ist die Lebendigkeit, die mich damals bei der Taz Bremen so fasziniert hat. Sebastian Meineck Jetzt muss ich natürlich sofort fragen, ob du das auch gefunden hast, ob deine Hoffnungen wahr wurden. Anke Prochnau Ich wurde nicht enttäuscht. Ingo Dachwitz Also lebendig ist es. Anke Prochnau Ja, es ist lebendig in den Themen, es ist lebendig in der Zusammenarbeit, es ist lebendig im persönlichen Miteinander, es ist lebendig auch bei Auseinandersetzungen. Also es ist nichts Festgefahrenes, nichts Undynamisches. So erlebe ich das. Sebastian Meineck Nun hast du dich ja auch verändert von Taz Bremen zu Netzpolitik.org. Wie ist es, als deutlich erfahrenere Geschäftsführerin nun in einen Laden zu kommen, bei dem dich die Gefühle an eine Zeit von früher erinnert haben? Anke Prochnau Das ist eine sehr gute Frage, auf die ich nicht vorbereitet bin. Ich versuche es mal so. Also es gibt glaube ich einen Moment in mir, der absolut anschlussfähig ist an die alte Taz Bremen. Da habe ich sozusagen leicht eine Brücke gefunden zur Netzpolitik. Das andere ist, dass es natürlich ganz viel in dem, was ich zu tun habe, ich habe dann bei der Taz Bremen am Ende der Zeit auch die Geschäftsführung übernommen, in einer ähnlichen Situation war, nämlich als einzelne Person für eine Vielzahl von Themen am besten gleichsam fit zu sein. Und das ist kaum möglich. Und sozusagen immer wieder damit zu hadern, dass man bestimmte Dinge leichter fallen, dass es sozusagen schneller geht, dass es geschmeidiger ist, dass es mehr Freude ist. Und bei anderen Themen so, also Arbeitsschutz war damals noch nicht so das Thema. Das ist jetzt neu und da kann man sich ganz schön die Zähne ausbeißen, weil das auch sehr viel Zeit kostet. Aber auch in anderen Dingen, also sozusagen wie priorisiere ich meine unterschiedlichen Themen, die auch völlig unterschiedliche Arbeitsweisen erfordern. Wie kriege ich ein Gespür für die Dynamik des Ladens? Wir haben ja vor kurzem die Klausur gehabt und haben da auch so einen Delegationspoker gemacht, um nochmal zu gucken, wann wird was wie mit wem entschieden und wo wird berichtet, wer muss informiert sein, vorher, während oder danach. Und das sind bei mir immer wieder Dinge, die aufschlagen, weil ich nicht so nah dran bin am Gesamtteam wie andere. Und ich glaube, das ist bei mir so eine Sache. Ich habe sozusagen größere Entscheidungen andauernd auf dem Tisch. Wenn wir uns das Wochenmeeting angucken, wo wir uns einmal die Woche treffen, ist andauernd alles voll mit Finanzen und Verwaltung. Da muss ich immer Rede, Antwort. Deswegen schreibe ich auch kein Protokoll, weil ich das nicht gleichzeitig kann. Ich kann nicht gleichzeitig berichten und gucken, was sagen die Leute, wie verhalten sie sich und dann Protokoll schreiben. Aber das ist sozusagen etwas, was ein Klassiker ist in dieser Konstellation einer Redaktion, die halt dann die Verwaltung und die Finanzen in einem sehr kleineren Bereich hat, wo dann eben aber auch schwerwiegende, oder nicht schwerwiegende, das kann man so nicht sagen, aber schon auch Entscheidungen getroffen werden müssen, die ertragfähig sind und wo man auch gucken muss, dass die Leute, die es betrifft, mitgenommen werden. und aber auch dann in der Umsetzung, in der Arbeit dann auch zu gucken, wie passt das zusammen von der Arbeitsweise? Was für eine Erwartung habe ich, was für eine Erwartung habt ihr, gerade wenn man mit Verwaltung und Redaktion zusammenarbeitet? Sebastian Meineck Du hast es gerade angesprochen, dass du meinst, du hast das Gefühl, du kriegst nicht so viel vom Gesamtsteam mit. Da habe ich mich gerade gefragt, wer kriegt überhaupt etwas vom Gesamtsteam mit? Auf eine Weise, niemand hat, glaube ich, so viel Anlass, mit jedem einzelnen Angestellten über alles Mögliche mal zu sprechen, wie du in der Geschäftsführung. Von manchen Teammitgliedern kriege ich ja manchmal gar nichts groß mit, wenn zum Beispiel man tief in einer Kooperation steckt. Also ist es nicht eigentlich umgekehrt? Anke Prochnau Das ist schön, dass du darauf ansprichst, weil so wollte ich es gar nicht verstanden haben. Das ist genauso, wie du sagst. Ich kenne, glaube ich, jede Person bei Netzpolitik auch nochmal auf eine andere Art, weil wir auch manchmal persönlich sprechen müssen bei den Themen, mit denen ihr zu mir kommt. Alleine bei der Personalverwaltung habe ich natürlich auch vielleicht bei der einen oder anderen Sache auch einen anderen Einblick und einen anderen Blick auch da drauf. Und trotzdem würde ich das so beschreiben, dass die Art, wie ich arbeite und wie ich meine Woche plane und auch in welche Programme ich gucke. Ich werde häufiger mal angesprochen, kommst du, wir haben jetzt ein Treffen. Und ich habe nicht permanent den Blick auf den Chat, weil ich im Buchhaltungsprogramm bin, weil ich in anderen Kontexten unterwegs bin. Tief abgetaucht in den Zahlen. Ja, genau. Das war zum Beispiel heute so. Und ich habe schon überlegt, ob ich meinen Laptop auf die andere Seite stelle, dass ich da eher drauf gucke. Aber ich kann das auch nicht leisten. Ich habe zwei Bildschirme und Laptop. Ich kann das auch nicht leisten, alles drei im Blick zu haben. Und dann passiert das bei mir, glaube ich, häufiger als bei anderen, dass ich darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass man mich erwartet. Sebastian Meineck Oder du bist einfach sehr gewissenhaft, denn mir passiert das auch gelegentlich, dass ich gerade mitten im Schreiben bin und plötzlich ist eine halbe Stunde rum und die Konferenz geht schon los. Ingo Dachwitz Ah, sorry. Darf ich nochmal eine Sache zu Anke fragen, weil die Leute sie ja auch ein bisschen sozusagen kennenlernen sollen, hier nicht nur über die Arbeit. Und ich mich, du, ihr seid da eben so ein bisschen drüber weggegangen. Zwischen der Taz Bremen und Netzpolitik.org lagen ja viele, viele Dinge. Ich finde es sehr interessant, dass du zwischendurch nicht nur in der Wissenschaft gearbeitet hast, sondern auch im zivilgesellschaftlichen Bereich, unter anderem in der Geschäftsführung von Medico International und deshalb von uns aus sozusagen so ein bisschen eingestellt worden bist, auch mit dem Blick auf, da ist eine Person, die sich auch mit Gemeinnützigkeit, mit gemeinnützigen Organisationen und eben auch mit dem Gemeinnützigkeitsrecht auskennt, in einer Situation, in der Gemeinnützigkeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen infrage gestellt wird, für Journalismus ohnehin fragwürdig ist. Spielt das in deiner täglichen Arbeit eigentlich eine Rolle? Anke Prochnau Das ist eine gute Frage. Also ich glaube schon, wie so ein Scanner läuft das mit die ganze Zeit. Also ich lese Texte, ich höre Podcasts von Netzpolitik und dann fallen mir Formulierungen auf, die ich vielleicht etwas anders gewählt hätte, die ganz undramatisch sind. Aber wo ich merke, ich habe wirklich dieses, was ist Gemeinnützigkeit und welche Begriffe verwenden wir am besten dafür, dass niemand sozusagen Fragezeichen im Kopf kriegt. Und das ist aber alles etwas, das ist alles nicht dramatisch, aber ich merke, dass ich da sozusagen, ich höre das. Und das hängt aber vor allem mit meiner Zeit bei Attac zusammen. Ich habe bei Attac gearbeitet. Sebastian Meineck Noch eine von deinen vielen Stationen. Genau, und ich habe gerade da gearbeitet. Erklärst du kurz, was Attac ist für alle Hörenden, die das nicht kennen? Anke Prochnau Genau, Attac ist die deutsche Variante der, das in Frankreich gegründeten Zivilgesellschaften in jünglichen Organisationen, wo es um die Besteuerung der Finanztransaktionen geht. Und das war der Ausgangspunkt für diese zivilgesellschaftliche Organisation, die sich aber in Regionalgruppen in Deutschland, ich glaube es sind immer noch über 160 Regionalgruppen, um ganz viele Themen bemühen, aber auch in größeren Arbeitskreisen überregional dann arbeitet, zu Finanzierung von Gesundheit zum Beispiel, das war ein großes Thema, was ich immer sehr spannend bei Attac fand. Und ich war zu der Zeit da, als die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde und die große Frage im Raum stand, was passiert jetzt? Und dann wurden Gutachten eingeholt, das hat alles viel Geld gekostet. Wahnsinnig viel Arbeit war damit verbunden. Die Finanzbehörde wollte alle möglichen Unterlagen sehen, auch der Regionalgruppen. Das hat uns schon ganz schön lahmgelegt. Und auf der einen Seite konnte man schon so ein bisschen erwarten, wenn man sich auch sozusagen mit der Abgabenordnung auskannte, dass man dachte, okay, das wird sehr schwierig für Örtak. Und dann gab es aber bei dem, das war das Finanzgericht in Kassel, das Landesgericht hat ja die Gemeinnützigkeit, also die Aberkennung widersprochen. Das war ein wahnsinniger Erfolg. Ich war auch bei der Gerichtsverhandlung dabei, neben mir saß der Steuerberater von Attac, der jetzt der Steuerberater von Netzpolitik ist und auch von Medico. Und dann gab es einen enormen Aufschub. Es gab dieses, die politische Willensbildung hat ein Mandat, auch mit der Gemeinnützigkeit. Das war natürlich enorm. Und dann kam aber natürlich der Bundesfinanzhof hat das dann kassiert und hat auch in seiner Urteilsbegründung das unglaublich zunichte gemacht. Wie auch immer das jetzt ausgegangen ist, es war für den weiteren Prozess für viele Zivilgesellschaften enorm wichtig, dass es dieses Attac-Urteil gab, dass Attac sich gewährt hat und nach wie vor, dass es Attac gibt und nach wie vor Spenden finanziert ist und versucht ohne Gemeinnützigkeit, was relativ viele Konsequenzen hat, Fördergelder kriegt man nicht, man kriegt bestimmte Räume nicht, wenn man nicht gemeinnützig ist, schon auch eine Herausforderung ist und dass sie das aber immer noch tun. Das ist auch anstrengend. Sebastian Meineck Ja, zum Stichwort Gemeinnützigkeit. Wir sind gemeinnützig. Wir machen keinen Profit als Netzpolitik.org. Und jedes Jahr müssen wir aufs Neue hoffen, dass wir genug Spenden erhalten, um unsere Arbeit so weiterzuführen. Traditionell ist immer der Dezember der Hauptspendenmonat, in dem ein Großteil von dem reinkommt, was wir dann als Budget für die nächste Zeit nutzen. Mich macht es jedes Mal nervös. Es beginnt schon jetzt im November mit der Nervosität. Dabei kenne ich die Bilanzen lange nicht so genau wie du. Bist du auch nervös und wie gehst du damit um? Anke Prochnau Wieder eine sehr schöne Frage, Seb. Im Vergleich zur Taz Bremen bin ich völlig gelassen. Bei der Taz Bremen haben wir wirklich jeden Groschen, damals noch Groschen, umgedreht. Wir haben eine Liquiditätsplanung jede Woche gemacht. Können wir die Rechnung bezahlen? Vor der Zahlung der Gehälter haben wir geguckt, reicht das? Müssen wir irgendeine Zahlung schieben, damit wir das bezahlen können? Wir waren zum Teil so funktioniert über Berlin. Ich glaube, Berlin hat das so ausgedrückt. Wir haben was anders gesehen. Wir haben halt einen Teil der Abo-Gelder bekommen, die ja an Berlin gegangen sind. Und wir hatten natürlich dadurch, dass wir eine sehr kleine lokale Redaktion hatten, mit einer gewissen begrenzten Reichweite auch nicht viel Möglichkeiten, das zu verbessern. Es war klar, die Tats' Problem steht immer auf der Kippe. Ich bin eingestiegen, da gab sie schon zehn Jahre. Und ich habe jetzt den Eindruck bei, und es waren Abonnenten und bei Netzpolitik sind es Spenderinnen. Und ich habe relativ schnell gesehen, dass die Anzahl der Spenderinnen unfassbar beeindruckend ist bei Netzpolitik. Und wenn ich mir alleine diese… Sebastian Meineck Hast du eine Zahl im Kopf, wie hoch die ist? Anke Prochnau Wir haben ja leider, das ändern wir ja gerade durch eine andere Spendenverwaltungssoftware, damit wir da bessere Daten haben. Wobei wir ja immer, wir sind Netzpolitik, das heißt unsere Spenderinnen sind datensparsam und unsere Abfragen sind doch entsprechend datensensibel, datensparsam. Das heißt, wir legen es nicht darauf an, dass wir alle Daten bekommen, um eine sehr gute Analyse zu haben dessen, was uns erreicht oder was wir noch erreichen könnten. Aber was wir wissen ist, dass wir sehr, sehr viele Menschen erreichen, die uns für unterstützenswert halten. Wir haben sehr viele Menschen, die relativ kleine Beträge spenden und das machen Menschen entweder, weil sie schon seit Ewigkeiten eingerichtet haben und nicht daran denken, dass man es vielleicht auch mit einer Kommaverschiebung auch erhöhen könnte. Der Werbeblock muss sein. Oder aber, dass es Menschen sind, die sehr darauf achten, wie sie ihre Einnahmen selbst sozusagen wieder verausgaben können und dann aber an Netzpolitik denken, sozusagen symbolisch. Und das ist enorm viel wert, denn das bedeutet ja, dass diese Spenderinnen eine starke Verbindung haben zur Netzpolitik. Und zwar nicht nur, was wir schreiben und welche Themen wir bearbeiten und in die Welt und an die Politik bringen, sondern auch, wer wir sind. Und wir sind ja schon ein Medium, das mit Haltung und mit klarer antifaschistischer Haltung auch trotzdem sehr nahbar ist. Also so erlebe ich das bei Netzpolitik. Und ich glaube, das ist das, was sehr viele Menschen registrieren und deshalb auch Netzpolitik spenden. Und sobald ich mir diese riesige Gruppe an Menschen vorstelle, die wir in Teilen auch, also wir erreichen ja diese Menschen gerade bei der Jahresendkampagne vor allem dadurch, dass wir auf der Homepage das große Fenster aufmachen und rausrufen, wir brauchen euer Geld. Sebastian Meineck So viel brauchen wir noch, damit es weitergeht. Anke Prochnau So viel brauchen wir noch, genau. Damit wir wieder zum Jahresende die Kassen gefüllt haben, damit wir im nächsten Jahr mit unserem Spendenteil wieder zurechtkommen. Wer unsere Transparenzberichte liest, der wird wissen, was es bedeutet. Und das lässt mich gut schlafen. Also natürlich auch, weil wir Rücklagen haben. Wir leben nicht von der Hand in Mund, wie das damals bei der Taz Bremen war. Wir sind nicht abhängig von einer überregionalen Zentrale, wie die Taz Bremen, das von der Taz Berlin war. und wir sind unabhängig, wir sind handlungsfähig. Also auch, wenn wir mal einen stärkeren Einbruch haben sollten, werden wir uns als erstes hinsetzen und mit einem kühlen Kopf und warmen Herz überlegen, was wir zu tun haben. Sebastian Meineck Was für ein schönes Motto, Anke. Einen Aspekt möchte ich aber noch, bevor wir die Rubrik schließen, nicht unter den Tisch fallen lassen, nämlich deine Leidenschaft für Filme. Das steht sogar im Internet. Für welchen Film schlägt gerade dein Herz am höchsten? Kannst du da einen rauspicken? Anke Prochnau Und ich schwöre wieder, es ist nicht abgesprochen. Ich war letzte Woche in Cottbus beim Filmfestival. Jedes Jahr im November bin ich die erste Woche für Termine bei Netzpolitik nicht zu haben, weil da bin ich beim osteuropäischen Filmfestival. Das ist gesetzt. Und es gibt einen fantastischen Gewinnerfilm als Spielfilm, als Hauptfilm. Es gibt einen ganz fantastischen Kurzfilm. Es gibt eine tolle Auszeichnung für einen Schauspieler. Aber es gibt einen Film, der mich besonders berührt hat. Und der heißt Mr. Nobody against Putin. Das ist eine Dokumentation von einem Menschen irgendwo in so einer großen Industriestadt, die von sich selbst oder durch andere bestätigt bekommen hat, dass sie die schlechteste Luftqualität ever hat, weil die Industrie da so die Luft verschmutzt. Und er arbeitet an einer Schule, das ist ein relativ junger Mensch. und ist da zuständig für die Schulevents und auch um den jungen, den jugendlichen Schülerinnen oder auch Jüngeren sozusagen einen Raum zu geben, wo sie kreativ sein können. Und er hat ein Smartphone und er nimmt dann alle möglichen Events auf, die er auch mitplant, die er auch mit durchführt und ist ein ganz lebendiger, sehr angenehmer Erzähler auch. Und dann beginnt der Angriffskrieg gegen die Ukraine und die russischen Behörden und Putin selbst ruft dann die Bildungsoffensive auf, wo auch natürlich die Militarisierung einen großen Platz bekommt. Und er registriert als sozusagen ein Teil des Kollegiums, der aber nicht Lehrer ist, wie sich die Inhalte verändern, wie sich die Ansprache an die Schülerin im Klassenraum verändert. Dass plötzlich Marschieren und patriotische Gesänge über den großen Vaterländischen Krieg wieder erscheinen. Und das macht ihn alles ganz unruhig und er findet es alles ganz furchtbar. Und natürlich, es fängt doch an, dass Schülerinnen, die die Schule verlassen, werden natürlich angeworben vom Militär. Bis dahin, dass sogar die Wagner-Gruppe da auftaucht. Mit schweren Waffen und besonders die männlichen Jugendlichen anspricht. Und das Interessante ist, dass er in seiner Not, was bedeutet das eigentlich und was mache ich hier eigentlich? Muss ich nicht abhauen oder muss ich mich nicht zur Wehr setzen, aber feststellt, dass er den Mut nicht hat? dann sich im Netz umtut und auf eine europäische Zivilgesellschaft trifft, die wiederum Leute sucht aus Russland, die die Veränderungen beobachten und dokumentieren seit dem Angriff auf die Ukraine. Und mit dem schließt er sich kurz und dann entsteht tatsächlich auch dieser Dokumentationsfilm, wo er all das, was er so am Tag filmt und was ihm so auffällt, abends in seinem Smartphone auch wieder begleitend spricht, dass man so weiß, wie es sich entwickelt. Und es wird schon eingeleitet, dass er, bevor natürlich so ein Film veröffentlichen werden kann, er das Land verlässt und die zivilgesellschaftliche Organisation unterstützt ihn dabei. Sebastian Meineck Womit wir wieder bei der Zivilgesellschaft werden. Wunderbar. Mr. Nobody against Putin. Link dazu zu weiteren Infos. Packen wir in die Shownotes. Sehr schön. Und damit kommen wir zur nächsten Rubrik, dem Thema des Monats. Es geht wieder um die Data Broker Files. Ingo und ich, wir haben da gemeinsam nachgelegt, zusammen mit einer Reihe von Partnermedien. Die Recherche ist noch ziemlich frisch, das macht es einfacher, drüber zu reden. Ingo, magst du vielleicht anfangen mit einer Sache, die sich vielleicht manche da draußen fragen? Data Broker Files, das war doch letztes Jahr im Sommer. Wieso bringt Netzpolitik.org schon wieder was? Ingo Dachwitz Ja, weil das Problem weiter besteht. Wir zeigen ja mit den Data Broker Files, wie leicht es ist, an Daten zu kommen von kommerziellen Datenhändlern, die unter anderem genaueste Bewegungsprofile von uns allen ermöglichen, weil sie eben Tracking-Daten aus dem Ökosystem der Online-Werbung enthalten. Und das Problem gibt es weiterhin. Das hat sich nicht geändert, dadurch, dass wir darüber Bericht erstattet haben, auch wenn unsere ersten Recherchen einiges an Welle ausgelöst haben. Und ja, auch wir als Rechercheteam haben immer mehr Daten bekommen. Inzwischen haben wir 13 Milliarden Standortdaten aus fast allen europäischen und weiteren Ländern der Welt vorliegen. Und in diesem Fall haben wir gesagt, nun die politische Lösung dieses Problems, die findet in der Europäischen Union statt. aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht auf einer nationalen Ebene, sondern bei der EU. Und tragen wir doch dieses Problem nach Brüssel, indem wir es ganz konkret machen, ganz anschaulich machen für die Personen, die damit arbeiten. Also haben wir uns angeschaut, welche Daten haben wir denn eigentlich zu Belgien und Brüssel vorliegen, haben darin geguckt, welche Personen entdecken, welche Bewegungsmuster entdecken wir da von Personen, die bei Institutionen der Europäischen Union arbeiten. Und dann machen wir das, was wir nicht gerne machen, aber was die Gefahr ist, dass andere es damit machen und spionieren denen ein bisschen hinterher. Gucken, wo die wohnen, wo gehen die einkaufen und so weiter. Dabei haben wir einige hochrangige Leute gefunden. Sebastian Meineck Ihr könnt es im Artikel nachlesen. Fünf Personen, die für Institutionen arbeiten, davon einige in hochrangiger Position. Eine Person, die für die Europäische Kommission in einer Spitzenposition arbeitet, in einem Bereich, der Ursula von der Leyen zugeordnet ist. Ingo Dachwitz Ich erinnere mich noch. vorrechnen können, vorzeigen können, die dann auch uns diese Echtheit der Daten bestätigt haben. Da haben wir oft hin und her diskutiert. Ich fand immer, wenn wir so diese fünf Personen nach vorne stellen, das klingt so wenig. Es gibt ja eigentlich tausende, Millionen Menschen, die davon betroffen sind. Und deshalb ist mir das immer wichtig, dazu zu sagen. Sebastian Meineck Ich finde das super, dass du das Thema aufgreifst, weil das auch einen Teil unserer Arbeit hinter den Kulissen ausmacht. Dass wir sehen, okay, wir haben da diesen Missstand. Und wie erzählen wir ihnen? Was sind die Zahlen, die wir berichten? Was ist der Nachrichtenwert? Und da hat man einmal auf der einen Seite des Spektrums die Nachricht, hey, potenziell alle Menschen mit Handy sind betroffen, weil potenziell jede werbefinanzierte kommerzielle App solche Standortdaten leaken kann. Also da hat man sozusagen die Botschaft alle. Und dann machen wir uns auf die Suche. Wir finden tausende Bewegungsprofile an sensiblen Orten wie der EU-Kommission oder dem NATO-Hauptquartier oder dem EU-Parlament und folgen dann in wochenlanger, mühsamer Klickarbeit den kleinen Standortdaten zu verschiedenen Privatadressen. Manchmal findet man schon online, wer hinter einer Privatadresse steckt, weil vielleicht Menschen ihre Adresse ins Interesse umschreiben. Manchmal braucht es einen Besuch vor Ort und das Klingelschild verrät schon alles. Und dann kommt man raus am anderen Ende des Spektrums bei der Zahl 5. Und beides ist Teil der Geschichte. Aber ja, gefährdet sind wir alle. Ingo Dachwitz Und als datenschutzsensibles Medium Warum müssen wir dann auch noch diese fünf so beschreiben, dass sie auf keinen Fall identifizierbar sind? Das ist ja eine der Herausforderungen, vor denen wir immer stehen. Wir wollen gerne möglichst konkret den Leuten erzählen, wie invasiv das ist und es auch anfassbar machen. Und gleichzeitig darf natürlich niemand erfahren, wer diese Personen sind, weil es ja gar nicht um die geht, dass es da irgendwelche Top-Beamten der EU irgendwelche Fehler gemacht haben bei ihren Datenschutzeinstellungen am Telefon. Nee, das Problem ist das System dahinter, dass alle, die nicht sehr, sehr, sehr viel Zeit darauf verwenden und am besten ausopten aus dem digitalen Leben, keine Apps auf dem Smartphone mehr benutzen, davon potenziell betroffen sind und dadurch gefährdet werden. Sebastian Meineck Ja, man bräuchte eigentlich den schwarzen Gürtel in digitaler Selbstverteidigung, um sich da vorzuschützen. Nur wie wir gelernt haben, Anke war bis zum Jahr 2020 nicht betroffen, weil du kein Handy hattest. Anke Prochnau Völlig unbekannt. Sebastian Meineck Natürlich auf eigenen Wunsch, muss man dazu sagen. Wir haben allen Leuten die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern, Kontaktversuche gestartet. Manche wollten gar nicht mit uns sprechen, andere haben sich ausdrücklich gewünscht, nicht zitiert zu werden und so kommt es dann zustande, dass wir dann nicht einen Namen oder mehrere von den gefundenen Top-Personen in unseren Artikeln drin hatten. Was ich ganz erzählenswert finde, ist die Geschichte, wie dieser Europatech immer größer wurde. Wir hatten im Vorfeld schon kurz gesprochen, Ingo, was unsere erste Erinnerung ist an das erste Recherchevorhaben und ich habe mich an einen Detail erinnert, das du schon nicht mehr präsent hattest. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass wir mal kurz überlegt hatten, dass wir nur einen Absatz zu Brüssel in einen anderen Artikel verpacken. Denn das lief so, dass wir zuerst nur diesen Deutschland-Datensatz hatten. Das war die Grundlage für die ersten Berichte. Und weil wir also bemüht waren, viele Datensätze zu bekommen, sind dann einfach noch welche nachgetröpfelt sozusagen. Und so kam es dann jetzt über die längere Zeit zu dieser Summe von mehreren Datensätzen mit 13 Milliarden Standortdaten. Ja und dann hatten wir eben da diesen Belgien-Datensatz in der Hand und dachten, ja was machen wir denn jetzt daraus? Sollen wir jetzt echt sozusagen das gleiche Programm, das gleiche Rechercheprogramm nochmal fahren wie für Deutschland? Es gibt ja auch eine gewisse Recherchemüdigkeit, gerade im direkten Anschluss zu großen Veröffentlichungen und da war der allererste Gedanke, wir machen nur einen Absatz. Und das haben wir dann verworfen. Und dann kam der nächste Gedanke. Magst du weitermachen, Ingo? Ingo Dachwitz Ja, also ich habe es anders in Erinnerung. Jedenfalls relativ früh hatte ich im Kopf, dass ich gerne eigentlich eine Brüssel-Geschichte dazu machen möchte, weil ich eben dieses Gefühl hatte, das müssen die Leute in Brüssel, die EU-BeamtInnen ja selbst erleben, um es verstehen zu können. Aber diese Geschichte ist natürlich immer größer geworden. Woran ich mich gut erinnern kann, ist, dass wir, als wir Anfang dieses Jahres beziehungsweise Ende letzten Jahres dann in einer anderen großen internationalen Recherche-Kooperation zu diesem Thema standen, ja, dann immer so gesagt haben, okay, und dann soll es auch noch ein Brüssel-Tag geben. Und ich weiß auch noch, dass unser Kollege Maximilian Henning, damals unser EU-Korrespondent vor Ort in Brüssel, inzwischen ist er nicht mehr bei uns, sondern arbeitet bei Eurective, dass der im Januar schon losgezogen ist und an Haustür auf Klingelschilder geguckt hat und auf die Namen. In Österreich übrigens, oder ihr erinnert euch, in Wien wäre das überhaupt nicht so leicht möglich, diese Form der Recherche, weil hier keine Namen an den Klingelschildern stehen. Sebastian Meineck Oh ja, da hätte man bis zum Feierabend warten müssen und hoffen, dass Leute schon zu Hause sind. Ingo Dachwitz Genau, aber das hat der im Januar gemacht. Und ich weiß noch, dass ich im Januar, also Anfang dieses Jahres, immer noch gedacht habe, ja klar, vielleicht gelingt es uns, diese Story im März rauszubekommen oder im April. und es hat jetzt einfach doch wieder noch ein Dreivierteljahr gedauert, fast ein ganzes Jahr. Aber die Geschichte ist eben auch größer geworden. Wir haben Partner dazu geholt. Es ist ein weiterer Datensatz dazu gekommen. Wir haben noch mehr Personen identifiziert und die Geschichte ist am Ende eben noch runder, noch größer geworden. Die EU-Kommission hat am Ende gesagt, wir sind hochgradig besorgt oder wir sind besorgt. Hochgradig hat sie nicht gesagt, nicht falsch zitieren. Sie sind besorgt, dass diese Daten in Umlauf sind, dass man die Tracking-Daten von Millionen BürgerInnen, aber eben auch von EU-Beamten haben kann. Wir haben eigene neue Schutzmaßnahmen oder Schutzempfehlungen ausgesprochen und veröffentlicht für ihre Angestellten, nicht für die Bürger in Europa, sondern für ihre Angestellten, um sich zu schützen. Und sagt, sie haben entsprechende Stellen bei anderen Institutionen der Europäischen Union, aber eben auch die für Sicherheit zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten informiert und auf das Thema aufmerksam gemacht. Sebastian Meineck Ziemlich beachtlich fand ich auch die Reaktion aus dem EU-Parlament. Beispielsweise Alexandra Gese von der Fraktion der Grünen hat einmal mehr betont, dafür setzt sie sich schon länger ein, dass es ein Verbot von Tracking und Profilbildung zu Werbezwecken braucht. Das Besondere am Data Broker Files Take auf das Thema ist, dass wir nicht mehr nur von Privatsphäre und Datenschutz sprechen, sondern eben auch von nationaler Sicherheit, weil sensibles Personal ausspionierbar ist, Militärgelände, Geheimdienste und so weiter. Und auch Axel Voss beispielsweise aus der konservativen Fraktion hat deutlich gesagt, das muss man abstellen. Auch er hat die Gefahr betont. Und selbst zur Frage nach dem Verbot von Tracking und Profilbildung zu Werbezwecken sagte er nicht pauschal nein, sondern das muss man sorgsam abwägen. Also wir sehen hier eine Bewegung und ein breiteres Bewusstsein für so ein Thema, auch an Orten, bei denen man jetzt nicht erwartet hätte, dass die für Datenschutz und Privatsphäre brennen. Ingo Dachwitz Und erstaunter waren wir, als noch am gleichen Tag, als wir diese Recherche veröffentlicht haben, man will ja danach, eigentlich fällt man in so ein kleines Loch und das ist auch gut so, dass man ein bisschen Ruhe hat danach und erstmal durchatmen kann. Als ich von mehreren Seiten kontaktiert wurde und hörte, da braut sich womöglich was zusammen, was die Datenschutzregulierung angeht. Wir haben natürlich uns vorgestellt, dass es ja, es muss regulatorische Konsequenzen geben. Es muss Regulierung geben. Offensichtlich haben wir Probleme. Wir legen das in unserem Artikel ausführlich da, warum die Datenschutzgrundverordnung an der Stelle nicht das macht, was sie soll. Warum sie nicht greift. Warum der europäische Datenschutz versagt und zeichnen auch nach, warum die Europäische Union in der Vergangenheit, obwohl es mehrere Anläufe gab, das Problem in den Griff zu bekommen, es nicht geschafft hat, da konsequent zu regulieren, konsequent Regeln zu erlassen und dann auch durchzusetzen. Und natürlich hatten wir uns vorgestellt, dass es dann auch Policy-Konsequenzen geben wird. Und ja, der Schock war einigermaßen groß, als sich dann die Gerichte verdichteten im Laufe der Woche. Die Europäische Union wird wohl tatsächlich den Datenschutz aufmachen und anfassen, auch die Datenschutz-Grundverordnung anpacken, was lange Zeit eigentlich als undenkbar galt. Aber sie wird, jedenfalls das ist der Vorschlag der Europäischen Kommission, den wir dann Ende der Woche sogar veröffentlicht konnten, leaken konnten, dann waren es keine Gerüchte mehr, sondern wir hätten es schwarz auf weiß, dass die Europäische Union nicht etwa ein Verbot von Profiling vorschlägt oder andere Maßnahmen, mit denen das, was wir aufgedeckt haben, gelöst werden kann, sondern ein Frontalangriff auf die Datenschutzgrundverordnung fährt. Man kann es nicht anders sagen. Max Schrems spricht von einem Einreißen von 40 Jahren Grundrechtsdoktrin in der Europäischen Union in verschiedensten Stellen die Datenschutz-Grundverordnung aufbohren, abschleifen will. Und letztendlich, das ist nicht nur meine Einschätzung, sondern eben auch die Einschätzung von Max Schrems und der Datenschutzorganisation Neub, das, was wir aufgedeckt haben, praktisch legalisieren würde. Sebastian Meineck Ich muss dann, ohne dir schmeicheln zu wollen, ein Lob aussprechen, Ingo. Du hattest so schnell umgeschaltet, als diese Gerüchte rauskamen und dann später auch die Papiere. Ich war noch paralysiert. Ich war wirklich entsetzt. Also erstmal müde natürlich, weil so eine große Recherche, die ist mit viel Aufregung, auch viel Arbeit verbunden. Und ich dachte, na jetzt können wir mal in Ruhe gucken, wie die Resonanz kommt. Und dann ist das erste große, was wir erfahren, ja die EU plant praktisch das genaue Gegenteil von dem, was nötig wäre, um die Missstände abzustellen, über die wir berichtet hatten. Und ich weiß noch, ich saß da im Homeoffice, ich war einfach fassungslos, ich habe den Kopf geschüttelt und dachte, das geht jetzt einfach nicht. Geht jetzt einfach nicht. Und du hast dich hingesetzt und den ersten Bericht geschrieben. Und es hat wirklich gedauert bis zu dem Freitag, als ich dann auch den Wochenrückblick geschrieben hatte, bis ich das Gefühl hatte, ich kann das jetzt auch aufgreifen und journalistisch verarbeiten. Also an dieser Stelle Chapeau für deine dicke Haut und Wendigkeit, dass du da direkt drauf angesprungen bist. Ingo Dachwitz Ja, danke. Ich habe mich innerlich schon ein bisschen darauf vorbereitet, dass was kommen könnte. Ich mache seit zehn Jahren Datenschutz und Datenschutzgesetzgebungsberichterstattung. Und ja, dass es gerade eine an Fahrt aufnehmende Debatte gibt, um eine mögliche Reform der Datenschutzgrundverordnung, das war mir länger klar. Ich habe immer gehofft, lass diesen Kelch dann mit vorübergehen. Vor allen Dingen lass es nicht jetzt sein. Und tatsächlich, das ist ja auch das komplett Absurde, dass es bis vor wenigen Tagen eben noch hieß, auch auf Antwort, wenn man Leute aus der EU-Kommission gefragt hat, ja, eventuell 2026, größerer Rahmen, da ist ein Fitness-Check, das ist wohl der Rahmen, das ist eben auch das, was Max Schrems berichtet, was eigentlich so die Stakeholder beim Multi-Stakeholder-Dialog auf Einladung der EU-Kommission in Brüssel gesagt haben, wenn anfassen, dann richtig gut, muss gut austariert sein. Eigentlich eine große Reform wollen viele nicht. Ja, und deshalb war ich aber innerlich schon so ein bisschen darauf eingestellt, dass es irgendwann kommen würde, dass es dann jetzt so direkt kommen würde. Ja, das hat nicht nur mich schockiert. Und da ist dann ja drüber schreiben, Berichterstattung auch ein Weg, den Schock zu verarbeiten und wieder ins Handeln zu kommen, was wir eben mit unterschiedlichen Artikeln dann direkt gemacht haben, unter anderem dem Leak der Dokumente am Freitag. Sebastian Meineck Wir packen euch die wichtigsten Links dazu in die Shownotes, dann könnt ihr auch aufarbeiten und euch aufschlauen. Wir kommen zur letzten Rubrik. Ach bitte, Ingo, wolltest du noch was nachlesen? Ingo Dachwitz Ich hätte noch sehr Lust, darüber zu sprechen. Wir müssen, glaube ich, das bald in einem Podcast noch mal ausführlicher machen. Am 19. November, das will ich nur einmal sagen, kurz nachdem dieser Podcast rauskommt, wissen wir mehr. Bislang ist es ein Leak, ein Arbeitsstand, das, was die Kommission mutmaßlich vorschlagen wird. Ob es wirklich so kommt, erfahren wir in wenigen Tagen. Und dann werden wir hier noch mal in Ruhe weiter darüber sprechen. Sebastian Meineck Vielen Dank für die Ergänzung, Ingo. Und damit kommen wir zur letzten Rubrik, dem Postfach. Wir beantworten eure Fragen. Ich habe ein paar kurze mitgebracht, weil ich ahnte, dass wir schon in den vorigen Rubriken richtig viel zu besprechen haben. Michael interessiert sich für Desktop-Betriebssysteme und möchte wissen, welche Desktop-Betriebssysteme sind bei euch so im Einsatz und wie unterscheidet sich dabei die prozentuale Aufteilung von anderen typischen Redaktionen? Also, haben wir Windows-Nutzende überhaupt? Ja, ja, natürlich. Oh, oh, oh, okay. Anke Prochnau Verwaltung. Sebastian Meineck Alles klar, alles klar. Ingo Dachwitz Ich bin auch Windows-Knecht. Ich habe mehrfach Versuche unternommen zu wechseln. Habe es auf Mac versucht, habe es auf unterschiedliche Linux-Distributionen versucht. Bin immer wieder zu Windows zurückgekehrt. Bin absolut faul, was das angeht. aber habe den nächsten Wechsel in meinem Kopf, stelle ich mich auch schon darauf ein, so ein bisschen den nächsten Wechselversuch. Sehr gut. Sebastian Meineck Ich finde es auch gut, dass man an dieser Stelle einmal sieht, dass auch wir, die uns viel mit Datenschutz beschäftigen, dann manchmal einfach hängen bleiben auf Betriebssystemen, bei denen wir ja selber wissen, dass sie nicht die optimalen sind. Ich glaube aber, unsere Zusammensetzung ist nicht repräsentativ. Ja, bitte. Ingo Dachwitz Sie ist nicht repräsentativ, voll nicht. Ich glaube aber, der Punkt ist ja eben auch, Wir finden Datenschutz wichtig und geben auch gerne Tipps zum Selbstdatenschutz. Aber das ist halt, finde ich, das hat unsere damalige Praktikantin oder Werkstudentin Jana mal in einem Kampagnenvideo so toll ausgedrückt, die sich so ein bisschen verschämt hat. Die hat das so ein bisschen lustig, die hat auch Windows damals genutzt, dann hat das so ein bisschen verschämt dargestellt auf eine lustige Art und Weise. Aber sie hat den richtigen Punkt gemacht. Es geht ja eben nicht nur darum, dass wir sagen können, works for me. Für mich passt es. Ich kann mich selbst gut genug schützen, sondern wir brauchen politische Lösungen. für die Datenschutzproblematik. Und so wichtig der Selbstdatenschutz ist und die Schritte da sind und so verschämt ich selber auch bin dafür, dass ich immer noch größtenteils Windows nutze. Ich glaube eben, der Weg dahin zu einer Lösung muss ein politischer sein. Dass eben auch die Leute, die sich nicht auseinandersetzen können, die nicht die Kapazitäten, nicht die Zeit haben, sich auseinanderzusetzen und für sich eine gute, datenschutzfreundliche Lösung zu finden, trotzdem sicher sind und geschützt sind. Sebastian Meineck Das trifft den Nagel auf den Kopf. Also um das Bild zu vervollständigen, also repräsentativ, ich habe die Zahlen gar nicht. Ich kann nur aus dem Bauchgefühl reden. Ich sehe überzeugte Mac-Nutzende. Ich arbeite selber auf Mac. Ich finde das nicht optimal aus genannten Gründen. Das war tatsächlich mein Berufseinstieg. Als ich angefangen hatte, erste Festanstellung, Redakteur bei Weiß, dem Magazin, da haben alle mit Mac gearbeitet und ich habe meine ersten Arbeitswochen damit verbracht, ständig winzige Dinge googeln zu müssen, weil ich nicht wusste, wie ich ein Fenster minimiere. oder die Toneinstellungen für den Kopfhörer ändere, war mir total peinlich. Inzwischen habe ich mich so sehr an Mac gewöhnt, dass ich, wenn ich wirklich effizient arbeiten will, wenn die Recherche im Mittelpunkt steht und ich nicht lange herumklicken will, dann sitze ich am Mac. Aber auf meiner Wunschliste steht das zu tun, was auch einige andere im Team machen, nämlich Linux in irgendwelchen Versionen nutzen. Ingo Dachwitz Der Großteil der Redaktion. Sebastian Meineck Wie hältst du es mit Linux, Anke? Steht es auf deiner Wunschliste? Anke Prochnau Das ist eine gute Frage. Also Netzpolitik ist die erste Organisation oder der erste Ort, wo ich überhaupt mit so viel Open Source und so viel Datenschutz in Kontakt komme, was ich auch fantastisch finde. Ich habe ein Handy mit zwei SIM-Karten und profitiere da auch sozusagen mit meiner privaten SIM-Karte davon, mich damit besser auszukennen. Andererseits sind wir an bestimmte webbasierte Software gebunden und wir können mit den Browsern switchen. Also dass wir zum Beispiel Edge und Chrome vermeiden und dann auf Brave gehen. Oder Mozilla geht manchmal auch manchmal nicht. Ist ein bisschen unsicher so. Aber mein Kollege Markus der Finanzbuchhaltung, der ist da versierter als ich und der hat schon gesagt, dass wenn wir mit der Spendenverwaltungssoftware wechseln können und uns da freimachen können dann von Windows, er auch überlegt, auf Linux zu gehen. Und ich werde mir das mit Sicherheit angucken. Ich bin mir nicht sicher, ob ich gleichziehe. Aber ich habe mal vor vielleicht 20 Jahren, ich weiß nicht genau, in Hamburg ein Wochenende gemacht zu Linux. Also ich kann mich noch gut an die Baumstruktur erinnern, die man selbst anlegt und die fliegen muss. Ingo Dachwitz Damals schon im Kommen, Linux. Ich glaube, das ist wirklich sehr nicht repräsentativ, die Zusammensetzung hier in diesem Podcast. Wir müssen die Frage, glaube ich, nochmal stellen. Absolut. Sebastian Meineck Und vielleicht auch nochmal in ein paar Jahren, wenn sich die Entwicklungen verändert haben. Aber ich glaube, so andere Redaktionen arbeiten gar nicht mit Linux. So die ganz typische Redaktion. Das ist vielleicht für so ein paar Osind oder Tech-ExpertInnen. Aber das ist doch eher untypisch. Übrigens geht unser Fragenvorrat langsam zu Neige, liebe Hörenden. Damit wir weiterhin in der Rubrik Postfach Dinge zu beantworten haben, löchert uns doch gerne. Kann ernst sein, kann locker sein. Schreibt alles, was euch dazu einfällt an podcast.netzpolitik.org. Diese Adresse könnt ihr auch benutzen, wenn ihr sonstige Fragen oder Feedback habt zu diesem Podcast. Wir lesen das selbst und antworten podcast.netzpolitik.org. Bitte gebt unserem Podcast auch eine gute Bewertung, damit ihn andere besser finden können. Dieser Podcast und alles, was wir sonst machen, wird über eure Spenden finanziert. Somit macht ihr möglich, dass es uns überhaupt gibt. Und eure Spende ist Solidarität für andere, die gerade kein Geld übrig haben und trotzdem Netzpolitik.org hören und lesen. Deshalb, wenn ihr das könnt, unterstützt uns bitte unter netzpolitik.org. Liebe Anke, lieber Ingo, danke, dass ihr dabei wart. Anke Prochnau Lieber Seb, vielen Dank für deine Moderation. Ciao Ingo, nach Wien. Sebastian Meineck Ciao. Anke Prochnau Tschüssi. Bis zum nächsten Mal.